Hermann Conradi
Lieder eines Sünders
Hermann Conradi

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In schlafloser Nacht.

         

Ich liege schlaflos. – Die Gedanken kreisen
In alten und in neuen Geleisen.

Die Enge drückt mich – es drückt mich die Nacht –
Wehe dem Armen, der einsam wacht!

Wehe dem Armen der einsam büßt,
Dem nichts den Wermuth der Reue versüßt!

Ich liege schlaflos . . . und Alles still . . .
Es atmet die Nacht, die vergeben nicht will . . .

Da klappert ein Schritt die Straße heran . . .
Ein leiser Gesang . . . Und er schwillt an . . .

Und in mein einsam Kämmerlein
Flutet ein Lied der Sehnsucht hinein . . .

Ein Lied so ergreifend, so mild und so schwer . . .
An Entsagung so voll . . . an Entzücken so leer . . .

Da faßt' es mich jäh' – ich walle empor . . .
Tönt in mir ein brausender Engelchor?

Ich hebe mich auf – ich atme bang –
Und mich bezwingt unheimlicher Drang . . .

O! könnt' ich dich an die Brust wild reißen –
Dich, die dich habe gehen heißen!

Ich hielte dich sicher – und du vergiebst –
Und du sagst mir noch einmal, daß du mich liebst!

Die Schritte verhallen . . . Es schweigt der Gesang . .
Es bröckelt meiner Seele dämonischer Drang . . .

Nun wieder Stille . . . Es atmet die Nacht.
Wehe dem Armen, der einsam wacht!

Der einsam nach Verlorenem spürt . . .
Es atmet die Nacht – schicksalknüpfend und ungerührt.


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