Hermann Conradi
Lieder eines Sünders
Hermann Conradi

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Erdeinsamkeit.

                               

O wir sind einsam –
Grenzenlos einsam!

Brüder! Meine Brüder!
Habt ihr bedacht schon:
Wie einsam wir sind?

Wir rollen dahin
In engen Bezirken,
Und ob wir auch tasten –
Mit pochendem Geistesfinger tasten
An die Pforten des Alls:
Unserer Weltennachbarn
Kein einziger spürt uns . . .

Sie kreisen und kreisen –
Und ob wir auch träumen,
Daß durch die Himmel
Ein einiges Ahnen
Geflügelt sich schwingt –
Auf Strahlenbrücken
Von Stern zu Stern
Bewußtsein trägt
Und brünstig wirbt,
Tiefen erwühlend,
Um der Botschaft Erhörung:

Brüder! O meine Brüder!
Es ist nur ein Traum,
Und keine der Leuchten,
Der Myriaden Leuchten,
Die unser Auge gebiert,
Erhört unserer Träume
Rauschenden Flügelschlag . . .

Sie sind alle so blind . . .
Sie sind alle so taub . . .
Und der sie bewegt,
Der urgeborene Geist,
Gab ihnen das Leben, –
Doch Leben heißt Grenze . . .

Aber der Tod ist der Meister,
Der da säet Staub und erntet Staub
Und über uns Alle,
Die menschengezeugt,
Hat sich der Cypresse Trauerlaub
Herabgebeugt! . . .

Und wir trauern . . .
Wir trauern.
Denn die Himmel sind leer,
Ob sie auch leuchten . . .

Wir wollen uns lieben, meine Brüder,
Denn wir sind einsam . . .

Wohl leuchten die Himmel,
Und ihr Leuchten berückt
Uns die Seele so ganz.

Und sie heben hinaus uns
Ueber irdische Kleinheit,
Den Engpaß des Lebens . . .

Doch wir sind sterblich.

Drum wollen wir heimkehren, meine Brüder,
Und wollen uns lieben
Mit geläuterten Sinnen . . .

Denn wir sind einsam . . .


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