Hermann Conradi
Lieder eines Sünders
Hermann Conradi

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Elisabeth.

                       

Du bist nicht schön . . . Ich könnte auch nicht sagen,
Daß ich dich liebte . . . Denn oft Stunden, Tage,
Oft ganze Monde denk' ich deiner kaum,
Wenn meine Seele heißere Reize sucht,
Nach Glut und Leidenschaft, nach Schönheit dürstet –
Im Taumel schrankenloser Hingebung
Sich ganz verzehren möchte . . .

Du bist nicht kalt, Elisabeth – nein! nein!
Doch meine Seele liebt das Bacchanal,
Da die Gefühle durcheinanderschäumen,
Gen Himmel schießen, in verzückter Brunft
Sich lodernd um die Frucht des Staubes klammern . .

Ich weiß: in diesem Sturme geh' ich unter –
Das ist Bestimmung, tiefste Herzenssatzung . . .
Und wenn mich Einer retten könnte: du –
Nur du wohl wärest dann mein guter Engel . . .

Doch siehe: Sehnsucht nur –
Geheimnißvolle Sehnsucht, die mir manchmal
Nach deiner edlen Herbheit in die Seele,
Die überreizte, tritt: sie kann allein doch
Uns nicht für immer aneinander schmieden . . .
Mitunter wohl wär' ich es ganz zufrieden –
Ich geb' es zu! – wenn die Penaten g'rade,
Des Herdes würd'ge Götter, mir voll Gnade . . .

Doch dann kommt's über mich – reißt mich der faustsche Drang
Unwiderstehlich in die Gärten, da
Das Leben seine goldnen Stunden feiert –
Es rauscht Musik – in der Mazurka Weisen
Jauchzt Chopin's glutgeborst'nes Herz sich aus –
Die Brunnen tönen – durch das Dunkel bebt
Geflüster, und die Sternenfeuer leuchten –
Des Frühlings warmer Atem tastet brünstig
Um der brunsttrunknen Erde üpp'ge Glieder:
Dann müßt' ich von dir gehen, meinem Sterne
Nachziehen unstät, und mein Herz gehörte,
Elisabeth, nicht dir und deinem Herde!
Die Enge würde mich zerlasten, würde
Sich auf mich wälzen wie voll erzner Bürde . . .
–   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –   –

Laß mich in deinen Kreis nur manchmal treten,
Wenn ich ermüdet heimatswärts mich sehne –
Dann trocknest du vielleicht mir eine Thräne –
Und tröstest mich mit einigen Pasteten . . .

Und unter Weinen, Lachen, Witzereißen
Lern' ich's, mein Elend gründlich zu verbeißen –
Lern' ich's, mich wieder auf mich zu besinnen
Und meine Freiheit – lieber zu gewinnen . . .
–   –   –   –   –   –   –   –


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