Hermann Conradi
Lieder eines Sünders
Hermann Conradi

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Die müde schon verglühte . . .

   

Die müde schon verglühte,
Die leise schon verklang,
Jach ist sie wieder aufgeflammt
In jauchzendem Gesang!
Wie Cymbelton, wie Lautenschlag
Ward meine Liebe wieder wach,
Die müde schon verglühte,
Die leise schon verklang . . .

Und heller tönt ihr Rauschen,
Wie junger Frühlingswind,
Wenn er in heißem Schöpferdrang
Die Welt dem Licht gewinnt!
Und das Prophetenwort erläßt,
Daß nun der Menschheit Osterfest –
Ja! heller tönt ihr Rauschen,
Wie junger Frühlingswind!

Und wie durch Nebelschleier
Die Sonne siegreich bricht,
Der jungen Flur ein goldnes Band
Ums Lockenantlitz flicht:
So überglänzt mit Purpurschein
Die Liebe nun mein ganzes Sein,
Gießt goldne Feuer nieder
Und wirbt um neue Lieder . . .

Und nah und ferne quellen
Blitzende Wellen empor
An meinem Lebenshorizont
Aus Dunst und Wolkenflor!
Gedanken, die mir nie genaht,
Und Pfade, die ich nie betrat,
Entsteigen verborgenen Gründen,
Heilige Kraft zu entzünden!

Die leise schon verklungen,
Die müde schon verglüht:
Wild ist sie wieder aufgeflammt,
Im Lenzsturm stark erblüht!
Und lag ich wieder staubbedeckt,
So hab' ich mich nun aufgereckt,
Und die Gedanken schweifen
In großem Weltbegreifen!


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