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John Henry Mackay

John Henry Mackay oder der deutschdichtende Schotte. Ist es ein Wunder, wenn es den Deutschen schottisch vor den Augen wird, wenn sie seine Dichtungen lesen? Dafür sind die Schotten sowohl mit Stolz wie mit Dankbarkeit gegen ihn erfüllt. Denn es ist eine große schottisch patriotische That von ihm, daß er nicht schottisch dichtet. Pfui, dachte er, das ist ein schlechter Vogel, der sein eigenes Nest beschmutzt; dacht' es und setzte sich ins deutsche Nest.

Aber seine schauerlichen Verse, in denen der Mangel an Poesie fast monumental, die Unfähigkeit zur Sprachbeherrschung direkt rührend, die Geschmacklosigkeit geradezu blühend ist, sind immer noch nicht das Erstaunlichste an diesem mutigen Manne, der, wie nie jemand vor ihm, sich einem Berufe verschrieben hat, zu dem ihm Alles fehlt. Das Erstaunlichste an ihm ist seine geistige Oekonomie. Er hat einen Gedanken ausgenommen: Weder Herr noch Knecht! und damit operiert er, als wäre sein Gehirn eine Goldmine. Auf Grund dieses einen Gedankens, dessen Oberfläche er mit dem phrasentriefenden Fittich einer absolut concurrenzlosen Banalität gerade nur eben gestreift hat, nennt er sich einen Anarchisten, und es erfüllt ihn ein ungemeines Wohlgefühl bei diesem Titel. Kein Zweifel: John Henry ist ein guter Mensch. Nur wahrhaft gute Menschen haben diese Lämmerschwänzchenfreude an unbegriffenen Worten. Bei etwas Talent würde wirklich ein guter Sonntagslyriker aus ihm geworden sein können, wenn das Schicksal es gewollt hätte. Das Schicksal ist doch hart!


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