Sagen aus Mecklenburg-Vorpommern
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Das spukhafte Weib zu Rittermannshagen

Drei Müllergesellen, die in der Faulenrostschen Mühle arbeiteten, gingen einst, nachdem sie Feierabend gemacht hatten, nach dem »Kruge« zu Rittermannehagen. Als sie spätabends wieder heimkehrten und gerade bei einem Kreuzweg angelangt waren, rief der eine Geselle dem anderen zu:

»Kik dort sitt!«

Die beiden andern Gesellen aber, die nichts Besonderes wahrnehmen konnten, fragten ihren Kameraden – der ein Sonntagskind war – was er denn eigentlich sehe.

»Dor bi'n Durnbusch sitt 'n oll Wif«, erwiderte der Geselle, und damit ging er, da er ein beherzter Bursche war, dreist auf den Dornbusch zu, um das dort hockende alte Weib anzureden. Kaum aber war er bei dem Gebüsch angelangt, so vernahmen die beiden zurückgebliebenen Gesellen einen gellenden Schrei. Entsetzen erfaßte sie, und eilends ergriffen sie die Flucht. Erst einige Stunden später kam ihr Kamerad in der Mühle an. Er war am ganzen Leib infolge der Anstrengung naß und konnte sich vor Mattigkeit kaum aufrecht halten.

Am andern Morgen erzählte er seinen Gesellen, daß das alte Weib ihm sofort auf den Rücken gesprungen sei und ihm jämmerlich zugesetzt habe. Trotz alles Rüttelns und Schüttelns sei es ihm erst kurz vor der Mühle gelungen, das Scheusal wieder loszuwerden, das sich so fest, als sei es angewachsen, an seinen Rücken geklammert habe.

Von nun an konnte der Müllergeselle nie wieder des Abends unangefochten nach Rittermannshagen gehen; denn jedesmal sprang ihm das alte Weib auf den Rücken. Zuletzt erschien sie sogar bei der Mühle und wartete dort auf den Gesellen, oder sie rief ihm auch, wenn er des Nachts mahlte, er solle doch zu ihr herauskommen. Dem so geplagten Müllergesellen wurde endlich die Sache zu bunt. Er schnürte sein Bündel, nahm den Wanderstab und reiste in die weite Welt hinaus.

Die beiden andern Müllergesellen aber blieben von dem nächtlichen Spuk verschont.

 


 


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