Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Nationalökonomisches – Was ist Reichtum?

Was heißen Sie reich sein?

Viel Geld haben.

Da täuschen Sie sich. Die Südamerikaner hatten früher viel mehr Geld, als Sie jemals besitzen werden; aber da sie keine Industrie hatten, so fehlte ihnen alles, was man sich mit Geld verschaffen kann; sie lebten wirklich erbärmlich und elend.

Ich verstehe; nach Ihnen besteht der Reichtum im Besitz fruchtbaren Landes.

O nein! Die Tataren in der Ukraine haben eines der schönsten Länder Europas und es fehlt ihnen doch an allem.

Mit dem Wohlstand eines Staates verhält es sich wie mit den Talenten, die auch von der Natur und von der Kultur abhängen. So gründet sich der Reichtum auf Boden und Arbeit. Das reichste und glücklichste Volk ist das, welches den besten Boden bebaut, und das schönste Geschenk Gottes an den Menschen ist die Notwendigkeit, zu arbeiten.

Der wahre Reichtum eines Staats besteht nicht in Silber und Gold, sondern in der Fülle der Lebensgüter, er besteht in Industrie und Arbeit. Noch gar nicht so lange konnte man am La-Plata-Fluß ein spanisches Regiment sehen, dessen Offiziere alle goldene Degen trugen, aber keine Hemden und kein Brot hatten. Nicht weil das Geld, sondern weil die Industrie ums hundertfache gewachsen ist, sind wir, wie ich behaupte, hundertmal reicher als zur Zeit Hugo Capets. Hugo Capet – franz. König, Begründete die Dynastie der Kapetinger, † 996 Reich sein heißt genießen. Nun genieße ich ein besser gelüftetes, besser gebautes, besser angelegtes Haus als das war, das Hugo Capet hatte. Man pflegt die Weinberge besser, und ich trinke besseren Wein; wir haben jetzt gute Fabriken; so sind die Stoffe besser, mit denen ich mich bekleide; dank den Fortschritten der Kochkunst ist meine Speisekarte erlesener als die aller königlichen Festschmäuse Hugo Capets. Er ließ sich in einem Karren von einem seiner Häuser zum anderen führen; ich in einem komfortablen feinen Gefährt, in dem ich etwas sehe ohne vom Wind belästigt zu werden. Also – nicht das Geld macht einen Staat reich, sondern der Geist, ich meine den Geist, der die Arbeit leitet.


 << zurück weiter >>