Friedrich Spielhagen
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Friedrich Spielhagen

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Elftes Kapitel.

Obgleich Gerhard sich gesagt, daß er im Salon der Schwestern sei, hatte er doch nur immer an Maggie gedacht, hatte er jetzt doch nur Maggie erwartet. Nun, da er Edith statt ihrer sah, war es eine Enttäuschung, die aber nicht eben lange anhielt. Denn alsbald berührte ihn mächtig die Eigenart des Mädchens, gerade wie bei der Begegnung an jenem ersten Abend, und gerade wie damals reichte ihr bloßer Anblick hin, um das falsche Bild, das Julie ihm von ihr aufgedrängt, zu zerstreuen, als wäre es nicht gewesen. Dies ist keine Frau, hatte er damals gesagt, und als er jetzt in ihre Augen schaute, sprach er bei sich: »Dieser reinen Mädchenseele ist Selbstvergötterung so fremd, wie finsteres Mißtrauen; nie hat ihr Herz eine leiseste Regung getrübt, über welche die keuschen bleichen Wangen hätten erröten müssen.«

Ihre Wangen waren sehr bleich, und aus den großen grauen Augen sprach lebhafte Angst.

»O mein Gott«, sagte sie, indem sie Gerhards dargebotene Hand festhielt, »was hat es gegeben? zwischen Ihnen und dem Vater? ich hörte seine Stimme so laut – ich lief durch den Garten – sah Sie aber nicht mehr auf dem Hofe – was war es?«

»Nichts zwischen mir und Ihrem Herrn Vater, der mich mit der größten Güte empfangen hat«, erwiderte Gerhard, »und auch nichts, glaube ich, was Sie besorgt zu machen braucht – es müßte denn der augenblickliche Zustand Ihres Herrn Vaters sein.«

Und er erzählte ausführlich seine Begegnung mit dem Vater vom ersten bis zum letzten Moment.

Sie hatte längst seine Hand losgelassen und ihn durch eine Bewegung aufgefordert, ihr gegenüber in einem der Fenster, wo wohl ihr gewöhnlicher Sitz war, Platz zu nehmen. Während er sprach, hingen ihre Blicke starr an seinen Lippen; nun, da er geendigt, atmete sie tief und sagte leise, wie mit sich selbst redend:

»Gott sei Dank! Gott sei Dank!« und dann seine Frage, ob sie nach dem Vater sehen wolle, beantwortend: »Nein, nein, er duldet das nicht; selbst ich darf mich in solchen Stunden nicht um ihn bekümmern, soviel Einfluß ich auch sonst auf ihn habe. Er sucht die tiefste Einsamkeit, am liebsten im Walde, wo er dann manchmal Tage und Nächte zubringt und sich nur heimlich auf den Hof schleicht, um seine Vögel zu füttern und einen Bissen Brot zu essen, den er immer im Vogelhause findet. Wenn er endlich, oft halb verhungert und verdurstet, zurückkehrt, ist er wieder ruhig und still wie gewöhnlich, so, wie Sie ihn fanden, als Sie kamen.«

»Und Sie haben häufiger so trübe, sorgenvolle Stunden durchzumachen?« fragte Gerhard teilnehmend.

»In den letzten Jahren«, erwiderte Edith, »früher selten, sehr selten. Jetzt freilich reicht oft eine scheinbar geringfügige Veranlassung hin, um ihn in diese fürchterliche Aufregung zu versetzen, worauf dann tiefe Abspannung unmittelbar folgt und ein Gefühl – wie soll ich es ausdrücken? – der Beschämung, daß er sich so hat hinreißen lassen, und dann flieht er vor den Menschen, ich glaube, vor sich selbst. Heute wird diese Empfindung um so stärker sein, weil gerade Sie es sind, der ihn so gesehen hat.«

»Weshalb gerade ich?« fragte Gerhard.

Edith antwortete nicht sogleich. Sie hatte sich über ihr Nähkörbchen gebeugt und suchte darin, aber, wie es Gerhard vorkam, nur um die Röte zu verbergen, die plötzlich ihre Wangen bedeckte, als sie die letzten Worte gesprochen hatte. Sie kramte auch mit zitternden Fingern weiter, während sie mit leiser, zögernder Stimme erwiderte:

»Ich hatte dem Vater von Ihnen gesprochen, wie freundlich, wie gut Sie gegen mich gewesen, trotzdem ich Ihnen doch recht kindisch, recht töricht erscheinen mußte.«

»Aber Fräulein Edith!«

»Gewiß – es konnte nicht anders sein. Der Vater hatte es gern gehört – er ist glücklich, wenn ich – wenn mir ein Glück begegnet – es ist ja ein Glück, einem guten Menschen zu begegnen. Er sprach alle diese Tage wieder und wieder von Ihnen; er wünschte dringend, Sie zu sehen, kennenzulernen; er war betrübt, daß Sie nicht kamen. Ich war es auch. Ich hätte Sie gern um Verzeihung gebeten, oder, wenn Sie lieber wollen, mich Ihnen in einem besseren Lichte gezeigt, und schämte mich doch – Sie sehen, ich bin meines Vaters Kind – Ihnen zum zweiten Male unter die Augen zu treten. Und dann vor allem: ich hatte die Überzeugung, daß Sie meinen Vater verstehen würden, daß Sie gegen ihn so freundlich sein würden, wie Sie es gegen mich gewesen. Aber ich verfalle schon wieder in den larmoyanten Ton und hatte mir doch vorgenommen, wenn ich Sie wiedersehen sollte, recht mutig zu sein, recht fröhlich! Seien Sie mir nicht bös!«

Sie hatte das Gesicht erhoben und lächelte, aber die großen Augen glänzten feucht.

»Ich müßte es sein«, erwiderte Gerhard bewegt; »doch nur, weil Sie sich mir anders zeigen, anders zeigen wollen, als Ihnen ums Herz ist. Wie kann ich da mein Versprechen erfüllen, das ich Ihnen – wahrlich nicht aus leerer Höflichkeit, sondern aus vollem Herzen – gegeben: Ihnen zu dienen, wann und wo Sie meiner bedürften? Und Sie wissen, daß Sie Versprechen gegen Versprechen eingesetzt, daß Sie mir dann voll und ganz vertrauen, mir die Ursache Ihres Kummers sagen wollten. Ich brauche jetzt nicht mehr nach dieser Ursache zu fragen; Sie brauchen mir nicht mehr zu sagen, daß die Tochter sich um den Vater sorgt, um den Vater grämt. Sprechen Sie zu mir, wie eine liebe Schwester zum Bruder sprechen würde, der von einer langen Reise zurückgekehrt ist, und gegen den sie die Pflicht hat, ihn von dem zu unterrichten, ihn in das einzuweihen, was er nicht weiß und wissen kann und doch wissen muß, weil es der Sohn, weil es der Bruder ist: Sprechen Sie von Ihrem Vater!«

Er hatte ihr bei den letzten Worten die Hand gereicht, die sie ohne Verlegenheit für ein paar Momente festhielt und nun mit einem freundlichen Drucke losließ.

»Ich will es gern«, sagte sie, »zu Ihnen – zu niemand sonst auf der weiten Welt, wenn die weite der engumgrenzten gleicht, die ich einzig und allein kenne. Es ist wohl nicht gut, in einer Welt aufzuwachsen, die eben keine ist – ein Paradies für unsere Kinderjahre – ein Gefängnis, wenn der Geist beginnt die Flügel zu regen. Ich habe das in letzter Zeit schmerzlicher und immer schmerzlicher empfunden und mich oft bang gefragt, ob ich nicht in meiner Weise auf demselben Wege bin, der meinen Vater dahin gebracht, daß er jedem fremden Menschen scheu ausweicht. Sie sind der erste und einzige, solange ich denken kann, vor dem er nicht geflohen ist, dem er gleich im ersten Moment sein wahres Antlitz gezeigt hat. Der Vater, so sehr der Schein dafür spricht, haßt die Menschen nicht – ich schwöre es Ihnen. Sein Herz ist voll Milde und Güte. Jemand leiden zu sehen, ohne beizuspringen, einen Bittenden zurückzuweisen, wäre ihm unmöglich. Er gibt, und gibt mit vollen Händen – oft, zu oft an solche, die seine Güte auf das entsetzlichste mißbrauchen – und ist dann tieftraurig, wenn, wie das ja nicht anders sein kann, seine guten, milden Hände zuletzt nichts mehr zu geben haben. Ich bin so arm, wie der Winter, sagte er einmal zu mir bei einer solchen Gelegenheit; der tut's gewiß auch nicht gern und läßt doch die unschuldige Kreatur erfrieren und verhungern. Und dabei standen ihm die Tränen in den Augen, ihm, der alle Kreatur liebt und den alle Kreaturen wieder lieben. Haben Sie es nicht bemerkt, wie zutraulich seine Vögel zu ihm sind? ich bin überzeugt, daß er ihre Sprache versteht, wie Menschenrede, und daß sie verstehen, wie er zu ihnen spricht. Ist doch selbst seine große Leidenschaft nur in scheinbarem Widerspruch mit seiner Tierliebe. Erst hat er in strengeren Wintern Hunderte und Hunderte der armen Geschöpfchen durchgefüttert, und so manche haben im Frühling nicht wieder fort gewollt; zu den freiwillig Gefangenen sind dann allerdings andere gekommen, die bleiben müssen, wie gern sie vielleicht entfliehen; aber sie haben es ja alle so gut, und der Vater ist so glücklich, wenn draußen der Schnee auf den Feldern und im Walde fußhoch liegt und es nun um ihn herum zwitschert und singt und jubelt wie im Mai. Das sollten doch die Tierchen auch bedenken und dem Vater dankbar sein. Meinen Sie nicht?«

»Gewiß«, rief Gerhard, »ich habe mich selbst davon überzeugen können, daß sie dankbar sind.«

Ediths Blick, der bittend und fragend auf ihn gerichtet gewesen, irrte niederwärts.

»Sie sind sehr gut«, sagte sie mit leiserer Stimme; »Sie lächeln nicht, während Sie mir doch wohl nur zustimmen, um mich zu trösten. – Doch das möchte noch sein, wenn sich der Vater nicht auch andere, persönliche Ungelegenheiten bereitete, die mir viel schwerere Sorgen machen. Es ist neuerdings verboten, Vögel zu fangen – wenigstens gewisse Arten – vielleicht mit Recht; aber der Vater kehrt sich nicht an das Verbot und liegt in fortwährendem Streit mit den Behörden – dem Grafen, ich meine: dem Herrn Landrat, dem Oberförster, der ein pedantisch strenger Mann ist, dem Förster, der gewiß seine Pflicht tut, wenn er den Weisungen seiner Vorgesetzten folgt. Bis jetzt sind nur noch immer Geldstrafen über ihn verhängt worden, die ich meistens habe entrichten können, ohne daß er es erfahren hat. Vor einigen Wochen aber ist der Vater abermals von dem Förster betroffen, der unglücklicherweise ein paar Arbeiter bei sich hatte, die es doch wohl ausgeplaudert haben würden, denke ich mir, so daß Herr Garloff denunzieren mußte; und ich fürchte, es wird diesmal nicht mit einer Geldstrafe abgetan sein; man wird, was man schon längst gedroht, zur Ausführung bringen und den Vater zum Gefängnis verurteilen. Es wäre fürchterlich – der Vater ertrüge es nicht – es wäre sein Tod!«

Edith hatte die Hände im Schoß gefaltet; aus den starren Augen rollten Tränen über ihre bleichen Wangen. Gerhard versuchte, sie zu trösten: es sei ja doch vorläufig nur eine Möglichkeit; und selbst, wenn es geschehen sollte, würde es sich schlimmstenfalls um ein paar Tage handeln; aber er denke, der schlimmste Fall werde nicht eintreten; er wolle sich morgen gleich bei dem Grafen, den er sowieso besuchen müsse, nach dem Stande der Angelegenheit erkundigen und hoffe, gute Nachricht zurückzubringen.

Edith schüttelte den Kopf

»Ich war gestern selbst drüben in Teschen«, sagte sie, »der Herr Graf konnte mich nicht empfangen – er wollte es wohl nicht. Die Frau Gräfin, bei der ich mich dann melden ließ – ich hatte sie sonst schon gesehen – war höflich und kühl, wie immer; versicherte, sie wolle mit ihrem Gemahl sprechen, obgleich eine Frau sich in dergleichen Dinge nicht mischen sollte. Und sie hat ja auch darin recht, nur nicht für die Tochter, die weiß, daß es sich um Tod und Leben des Vaters handelt. Und dann sagte sie noch, der Graf wäre überdies sehr erzürnt auf den Vater und den Onkel, mit denen die Regierung in einem Rechtsstreite liegt –«

»Ich weiß«, sagte Gerhard, »wegen des Retzower Waldes.«

»Der Vater ist überzeugt«, fuhr Edith lebhaft fort, »daß er das Recht auf seiner Seite hat; und wie er sonst bereit ist, alles hinzugeben auf eine Bitte, würde er nicht einen Finger breit vor einer Drohung zurückweichen, oder die mindeste Konzession machen, durch die er sich etwas von seinem Rechte vergäbe, und könnte er sich dadurch vor Gefängnis und Tod retten. Die Frau Gräfin machte sogar nach dieser Seite eine Anspielung, die ich lieber nicht verstand. Oder tat ich darin unrecht?«

»Gewiß nicht«, sagte Gerhard; »aber die Frau Gräfin tat unrecht, an Ihren Vater ein solches Ansinnen zu stellen, und bewies damit nebenbei, daß sie sich doch mehr um die Angelegenheiten ihres Gemahls bekümmert, als sie Wort haben will. Nun verstehe ich aber erst, weshalb Ihr Vater gegen den Förster so heftig erzürnt ist, der ihm, wie ich von dem Manne selbst gehört, auch in der Rechtssache Widerpart hält und ihm so in jeder Weise entgegentritt.«

»Der Grund liegt tiefer, viel tiefer«, erwiderte Edith; »Herr Garloff gehört zu den wenigen Menschen, gegen die der Vater eine unüberwindliche Abneigung hat, ja deren bloßen Anblick er nicht ertragen kann. Er weiß sich selbst keine Rechenschaft darüber zu geben, wie das wohl in solchen Fällen immer ist. Ich habe manchmal schon gemeint, daß der eigentliche Grund viele Jahre zurückliegt und mit einer Katastrophe zusammenhängt, die den Vater in seinen jungen Jahren, als Knaben schon, betroffen hat.«

»Darf ich wissen, was es war?« fragte Gerhard.

»Ich wollte, ich könnte Ihnen mehr als Vermutungen mitteilen«; entgegnete Edith. – »Nur so viel ist sicher, daß der Vater damals – er ist vielleicht zwölf Jahre gewesen – einen ungeheuren Schrecken gehabt, der ihn in eine sehr schwere Krankheit warf, die er ohne seine gewaltige Natur gewiß nicht überstanden hätte, und von der er völlig wohl nie wieder genesen ist. Denn viele Jahre lang ist ihm die Erinnerung von allem, was der Krankheit vorhergegangen – seines ganzen jungen Lebens bis dahin – durchaus entschwunden gewesen, und noch bis auf den heutigen Tag liegt für ihn über den Wochen und Monaten vor und nach der Krankheit ein dichter Schleier.«

»Aber woher wissen Sie, daß ein großer Schrecken jene Krankheit hervorgerufen?« fragte Gerhard.

»Ich schließe es aus den Phantasien des Vaters während zweier Krankheiten, in denen ich ihn habe pflegen dürfen, und die beide dieselbe Veranlassung hatten, die ich auch für die der ersten halte. Beide Male war es ein Feuer, das plötzlich gewaltsam aufflammte – das erstemal eine Scheune, aus deren Luken die Flammen schlugen, als er zur Nachtzeit arglos vorüberging; das zweitemal nur ein Haufen Stroh in der Küche, das die Mädchen aus Unachtsamkeit hatten liegen lassen, und das so geschwelt haben mochte, bis es in dem Luftzug der Tür – es war wiederum Nacht, und der Vater hatte sich irgend etwas aus der Küche holen wollen – auf einmal in hellem Brand stand. Beide Male verfiel der Vater in Krämpfe und Delirien, in denen er immer von denselben Schreckensbildern gepeinigt wird. Er ist im Walde in tiefer Winternacht, und das Blut in den Adern gerinnt ihm in der grausamen Kälte; er will fliehen – er kann es nicht; er kann sich nicht bewegen, nicht regen, gebannt durch irgend ein Entsetzliches, das er in der Dunkelheit nicht deutlich zu erkennen vermag und nicht begreift, bis plötzlich ein ungeheures Feuer aufloht, dessen Schein ihm das Entsetzliche in voller Klarheit zeigt, aber auch zugleich verzehrt; denn nie deutet er an, was es gewesen, nur daß vor dem grellen Schein die dunkeln Gestalten jener Menschen vorüberhuschen, deren Anblick ihm noch heute Grauen erregt.«

»Haben Sie je gehört, daß hier – auf dem Hofe vielleicht oder in der Nachbarschaft – damals ein großes Feuer stattgefunden hat?« fragte Gerhard.

»Nein«, erwiderte Edith, »der Vater weiß eben von nichts, und wen könnte ich fragen? es ist nun schon so lange – über dreißig Jahre her.

»Doch müssen noch viele aus jener Zeit leben«, warf Gerhard ein, »zum Beispiel gleich der Förster, der in dieser Gegend groß geworden, wie er mir sagte, und selbst einer jener für Ihren Vater grauenvollen Menschen ist. Aber gerade deshalb haben Sie sich an ihn nicht wenden mögen?«

»Ja«, erwiderte Edith, »und dann ist noch ein anderer, den ich um alles in der Welt nicht fragen möchte –«

Sie brach ab und blickte scheu auf, als wolle sie sich überzeugen, daß niemand sonst in der Nähe sei.

»Herr Deep?« fragte Gerhard.

»Mein Gott!« rief Edith erschrocken, »aber woher wissen Sie –«

»Ich dachte es mir«, erwiderte Gerhard; »Ihr Gesicht hat eben jetzt genau denselben Ausdruck wie neulich, als der Mann so plötzlich vor uns stand. Nun, das Grauen vor dem unheimlichen Alten kann ich für meinen Teil Ihrem Vater und Ihnen völlig nachfühlen.«

»Vor niemand hat der Vater ein stärkeres«, sagte Edith; »die beiden anderen haßt er nicht eigentlich, viel weniger fürchtet er sie; aber gerät doch in Zorn auf sie bei der kleinsten Gelegenheit und vermeidet, ihnen zu begegnen, wie er kann; diesen Menschen, den er nur zu häufig sieht, haßt er, fürchtet er, während er ihn zugleich aufs tiefste verachtet.«

»Sie sagten: die beiden anderen, Fräulein Edith? aber haben bis jetzt nur den Förster genannt. Wer ist der andere? Ihr Onkel?«

Edith nickte.

»Und – wenn ich Sie recht verstehe – auch von Ihrem Onkel spricht der Vater in seinen Phantasien?«

»Aber seltsamerweise nur von ihm, wie er jetzt ist.«

»Weshalb seltsamerweise?«

»Der Onkel kann damals doch nur ein ganz kleiner Knabe gewesen sein; aber freilich, oft verwechselt er ihn mit dem Großvater.«

»Und diese Phantasien, sagen Sie, waren in den beiden Fällen, von denen Sie sprechen, dieselben?«

»Genau dieselben; nur erinnere ich mich, daß der Vater das zweitemal – es war jetzt vor drei Jahren, und es mag sein, ich habe da genauer acht gegeben, weil ich älter und gefaßter war – wiederholt französische Worte, ja ganze Sätze französisch sagte, und, soweit ich es verstehe, in einem reinen Akzent. Und das ist gewiß sehr sonderbar, da er nicht französisch gelernt hat und sehr verwundert war, als ich es ihm sagte und die Worte, die ich behalten, wiederholte: er habe dergleichen nie in den Mund genommen, und ich hätte mich wohl verhört.«

»Das ist zweifellos nicht der Fall gewesen«, entgegnete Gerhard nachdenklich. – »Wie ich jetzt das alles kombiniere, bleibt es gewiß noch immer sehr sonderbar, aber doch wohl nur deshalb, weil wir die vielleicht ganz einfache Erklärung nicht haben. Lassen Sie mich eine aufs Geratewohl versuchen. Gleich für den letzten Umstand: das Französischsprechen des Vaters in seinen Phantasien. Sie sagen, jenes verhängnisvolle Ereignis müsse in die Knabenzeit Ihres Vaters fallen; das heißt: da Ihr Vater, soviel ich weiß, mit dem Jahrhundert geht, in die Zeit, als die Franzosen noch ganz Deutschland überschwemmten. Ihr Vater, nehmen wir an, hat damals als Knabe die Bekanntschaft der leidigen Gäste gemacht – sicher nur auf kurze Zeit, auf Monate, vielleicht nur Wochen, aber Kinder lernen schnell. Während jener kurzen Zeit hat eben das Ereignis stattgefunden; und wie es für den wachen Geist versunken ist und nur in den Fieberphantasien heraufdämmert, so klingen auch die französischen Laute mit an, die das Ohr des Knaben gerade damals begierig einsog – zum erstenmal und zum letztenmal in seinem Leben. Und nun das Ereignis selbst. Lassen wir es eine der plötzlich aufflammenden Feuersbrünste gewesen sein, die in so stürmischen Zeiten alltäglich sind, oder allnächtlich, denn die Szene spielte sicher zur Nacht. Ich sehe die Szene. Zwei Knaben – Ihr Vater und der Onkel – von zwölf und sieben Jahren schlafen in ihrem Kämmerlein zur Winterszeit. Der ältere träumt einen schrecklichen Traum von schlimmen Taten, wie sie damals die Phantasie der Erwachsenen und der Kinder erfüllten. Er möchte erwachen, er kann es nicht, er kann nur in seiner Angst die Decke von sich schleudern. Der Frost, den er nun erduldet, verwebt sich in den Fiebertraum: er ist im wilden Walde, in der Winternacht, in tiefem Schnee, ohne Kraft, sich zu regen, erstarrt. Und nun weckt ihn Rufen und Schreien, so weit, daß er vom Lager auf an das Fenster taumelt; – es ist nicht der milde Schein des Herdfeuers, nach welchem er sich so gebangt – eine einzige rote Lohe, die ihm entgegenschlägt. In der roten Lohe aber erscheinen die schwarzen Gestalten des Vaters, des Försters, Deeps, die in Wirklichkeit eben an dem Fenster vorüber zur Feuerstätte eilen, für seine umnebelten Sinne aber in die Flamme stürzen. Mit einem Angstschrei bebt er zurück, wankt er nach dem Bette des Brüderchens; die Gestalt des ruhig schlafenden Kindes ist das letzte, was er noch wirklich sieht, der Name des Brüderchens ist das letzte, was noch über seine Lippen kommt – dann umfängt ihn die bange, lange Nacht des Typhus, sein jung frisch Leben verwüstend, nichts in der Seele zurücklassend, als das geheimnisvolle Grauen vor den Menschen, deren Gestalten sich ein für allemal mit den Schreckensbildern jenes halbwachen, fürchterlichen Traumes verwebt haben, während freilich die Bilder selbst so verwischt sind, daß sie für gewöhnlich unsichtbar bleiben und nur in dem grellen Schein eines plötzlich aufflammenden Feuers mit allen Einzelheiten vor die Seele treten. So, dächte ich, erklärte sich ziemlich alles in einfacher Weise, selbst die sonst unbegreifliche Verwechslung des Vaters und Bruders, der ja jetzt dem Vater, wie derselbe damals gewesen ist, zum Verwechseln ähnlich sein soll. Was sagen Sie, Fräulein Edith?«

»Daß Ihre Erklärung sehr fein, sehr scharfsinnig ist«, erwiderte Edith; »nur daß freilich noch so manches –«

Sie strich sich über die Stirn und sagte mit einem Versuch zu lächeln: »Aber es ist wirklich sehr unrecht von mir, daß ich Sie solange bei Gegenständen festhalte, die trübselig sind, man mag sie betrachten, wie man will. Lassen Sie uns von etwas anderem sprechen.«

»Im Gegenteil«, erwiderte Gerhard lebhaft; »Sie ahnen nicht, wie groß mein Interesse an diesen Gegenständen, an diesen Personen ist. Sie wollten sagen, daß Ihnen noch so manches unerklärlich bleibe. Ich glaube es gern, aber was ist es?«

Wieder hatte Ediths Blick den ängstlichen Ausdruck, der den großen, ernsten Augen sonst ganz fremd war, und ihre Stimme klang unsicher, als sie, sich vornüber beugend, sagte: »Sie können das Grauen, das der Vater vor Herrn Deep empfindet, nachfühlen – weshalb?«

»Zuerst«, erwiderte Gerhard, »ist es mir, der ich mein Herz immer auf der Zunge habe, unter allen Umständen peinlich und unheimlich, mit einem Menschen verkehren zu sollen, der nicht spricht; doppelt unheimlich, wenn ich, wie in diesem Falle, überzeugt bin, daß er nicht sprechen will; daß er dies Dunkel künstlich und klüglich um sich verbreitet, um sein Zwecke zu verfolgen. Ich gestehe, daß ich den Mann anfänglich für blödsinnig gehalten habe; ich bin längst von dieser Ansicht zurückgekommen. Jemand, der eine große Wirtschaft in so musterhafter Ordnung hält, wie er die Retzower; jemand, der alles sonst sieht, alles hört, obgleich er auf nichts und auf niemand zu achten scheint; der, wie ich schon wiederholt bemerkt, in alle Verhältnisse nicht nur eingeweiht ist, sondern auch von allen Menschen, trotzdem ihn jeder für gewöhnlich wie ein überflüssiges Möbel auf die Seite schiebt, bei wichtigen Dingen zu Rate gezogen wird als eine zweifellose Autorität; und der bei so viel scheinbarer Demut, Bescheidenheit, Selbstlosigkeit schließlich immer seinen Willen durchsetzt – ein solcher Mann kann sehr vieles sein – ein guter und ehrlicher Mensch ist er gewiß nicht.«

»Mein Gott, wie richtig Sie ihn beurteilen!« rief Edith.

»Ich glaube in der Tat, daß ich es tue«, erwiderte Gerhard; »ich wundere mich über nichts mehr, als daß die anderen ihn nicht ebenso sehen, jedenfalls die Widersprüche nicht zu bemerken scheinen, die in ihrer Beurteilung des Mannes doch klar zutage liegen. Taubenunschuld und Schlangenklugheit lassen sich nun einmal nicht zusammenreimen. Das klingt freilich ketzerisch, und ich habe mich wohl gehütet, mit dieser meiner Ketzerei hervorzutreten, die man, ich bin davon überzeugt, nur verlachen oder als unberufene Ratgeberei zurückweisen würde. Um so lieber ist mir, daß ich mit Ihnen übereinstimme, auf deren Urteil ich mich doch gewiß verlassen kann.«

Gerhard hatte das so eifrig gesagt und dabei Edith so ernsthaft in die Augen geblickt, daß sie lächeln mußte und lächelnd sagte:

»Verzeihen Sie mir! aber Sie sind – außer etwa meinem guten Vater – der einzige, der mir ein so glänzendes Zeugnis ausstellt. Den anderen bin ich eine Schwarzseherin, eine Kassandra, deren trauriges Geschäft es ist, harmlosen Menschen die Freude zu verderben – durch meinen Anblick, durch mein Wesen allein, denn ebensowenig wie Sie habe ich jemals versucht, den anderen von dem zu sprechen, was mir das Herz oft schwer genug bedrückt.«

»Und wenn wir nun doch die guten Propheten nicht wären!« rief Gerhard; »wenn wir für die helle Lebensfreude, der wir um unser Prophetentum entsagt, ein Etwas eingetauscht hätten, das kein Wissen, nur der Schein des Wissens ist – es wäre nicht das erstemal in meinem Leben, daß mir dergleichen begegnete; ich wünsche und hoffe, es ist auch diesmal der Fall – für Sie und für mich.«

»Ich wünsche es wohl«, erwiderte Edith; »aber ich kann es nicht hoffen, ohne mich selbst zu belügen. Ich habe eben zuviel gesehen, um noch irren zu können – im einzelnen vielleicht, im ganzen sicher nicht: für mich steht es fest, daß jener Mann meines Vaters böser Dämon ist, daß er seit vielen Jahren heimlich sein böses Spiel treibt, und daß er es über kurz oder lang gewinnen wird, wenn er es nicht bereits gewonnen hat. Ich weiß – doch wie darf ich Ihnen all das Häßliche sagen!«

»Ich bitte, ich beschwöre Sie, sagen Sie mir alles, alles!« rief Gerhard. »Sie haben es mir versprochen! Sie müssen Ihr Wort halten!«

»Es ist schwer – sehr, sehr schwer«, entgegnete Edith; »aber ich will es versuchen. Nur zürnen Sie nicht, wenn es beim besten Willen mißlingt, schon deshalb, weil ich von den Dingen, von denen ich sprechen muß, so wenig verstehe. – Sie können sich denken, daß sich der Vater bei seiner Art zu sein kaum, oder kaum noch um die Wirtschaft bekümmert; er mag es früher mehr getan haben, jetzt liegt alles in den Händen der Inspektoren – ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was das heißt. Wir sind in diesem Jahre wieder mit der Ernte acht Tage zurück – so ist es immer und bei allen Gelegenheiten. Von einer Kontrolle der oft rohen, ungebildeten und unwissenden Menschen ist natürlich keine Rede; sie verausgaben und nehmen ein, führen auch wohl ein sogenanntes Wirtschaftsbuch, das niemals revidiert, dessen Richtigkeit niemals geprüft wird, und welches einer dem anderen überliefert als ein Zeichen und Beweis, daß, wer in Kosenow veruntreuen will, es ungestraft darf. Und es ist wohl darum, weshalb die paar ehrlichen Männer, die darunter waren, bereits in kürzester Frist wieder fortgingen. Der eine, den ich bat, mir den Grund zu sagen, erwiderte mir nach einigem Zögern: ›Hüten Sie sich vor Herrn Deep!‹ – Diese Warnung, die leider vergeblich ist, da ich mich nicht vor der Gefahr schützen kann, hat nur eine Erklärung: jene untreuen Menschen müssen ihren Raub mit Herrn Deep teilen, und wer das nicht will, ist die längste Zeit Inspektor auf Kosenow gewesen.«

»Aber«, rief Gerhard, »welche Macht hätte dieser Mensch, die Leute so zu seinem Willen zu zwingen?«

»Die Macht vermutlich, die der Böse, der ganz Böse über den nur halb Bösen, über den Schwachen, den Anfänger hat«, erwiderte Edith. – »Und dann, unsere Leute, die Knechte, die Mägde sind davon überzeugt, daß man auf alle Fälle mit ihm gut stehen müsse, wenn man nicht zu Schaden kommen wolle.«

»Ich habe Ähnliches auch schon von unseren Leute gehört, sagte Gerhard, es aber – wenigstens zu Anfang – für die Wirkung jener abergläubischen Furcht gehalten, die der gemeine Mann nun einmal vor dem blödsinnigen oder doch rätselhaften Menschen hat.«

»Es ist leider viel mehr als bloßer Aberglaube«, erwiderte Edith – »ich kenne zwei oder drei Fälle, wo die, welche ihm entgegen zu sein wagten, es schwer büßen mußten, und ich würde sicher noch mehr solcher Fälle kennen, wenn die Furcht den Leuten nicht den Mund schlösse. Ist es doch mit dem Vater nicht anders: er gibt dem Manne, was er fordert, was er erbittet, um aus seiner verhaßten und gefürchteten Nähe zu kommen.«

»Aber was hat er von ihrem Vater zu fordern, zu erbitten, als höchstens ein Almosen?« rief Gerhard.

»Es sind auch oft Almosen«, erwiderte Edith, »nur daß sie, fürchte ich, nie an die gelangen, für die sie bestimmt sind. Dann hat er seit langen Jahren einen Bruder in Amerika, dem es schlecht geht, und für den er in regelmäßiger Wiederkehr eine Unterstützung haben möchte. Ich bin überzeugt, dieser Bruder hat nie existiert, oder existiert längst nicht mehr. Dann sind Zuschüsse für Retzow erforderlich, das durchaus nicht rentieren will, obgleich es den besten Weizenboden in der ganzen Umgegend hat und, wie Sie selbst sagen, unter trefflicher Kultur ist. Dann ist des Vaters Leidenschaft für die Vögel sehr, sehr kostspielig; es gehen fortwährend große, große Summen nach Hamburg und anderen Orten an die Händler, und – diese Summen gehen durch Herrn Deeps Hände!«

»Das ist allerdings sehr schlimm«, sagte Gerhard, »besonders, wenn man erwägt, daß diese Räuberei bereits so viele Jahre und ganz gewiß systematisch getrieben ist. Das müßte selbst den größten Reichtum schädigen, ja mit der Zeit erschöpfen.«

»Und der Vater ist längst kein reicher Mann mehr«, sagte Edith; »wenn er es auch wohl früher gewesen. Ich fürchte – nicht für mich, aber für ihn – daß jetzt viel eher das Gegenteil der Fall ist.«

»Sollten Sie hier nicht wirklich zu schwarz sehen, Fräulein Edith?«

»Ich weiß es nicht; ich weiß nur, daß seit einiger Zeit – o mein Gott, wie soll ich das sagen! – daß der Vater, der sich sonst nie um dergleichen kümmerte, wiederholt ernstlich beunruhigt war, weil eingegangene Verbindlichkeiten nicht befriedigt werden konnten, und – was für ihn viel entsetzlicher ist – weil er Bitten abschlagen mußte, er, der sonst immer doppelt und dreifach soviel gab, als um was man ihn bat. Noch heute morgen –«

Sie stockte einen Moment und fuhr dann entschlossen fort:

»Ich dürfte es nicht sagen, denn es ist nicht mein Geheimnis: aber vielleicht wissen Sie Rat, vielleicht können gerade Sie, da Sie mit dem Onkel so befreundet sind, Hilfe schaffen. Sie haben gestern Anna Garloff gesehen, sagte sie mir, und sind freundlich zu ihr gewesen, wie Sie es gegen alle sind. Das arme, unglückselige Mädchen! wir kennen uns von Kindheit auf; sie ist nur wenig älter als ich und monatelang, besonders zur Winterszeit, in unserem Hause gewesen. Vater hatte sie sehr gern; es war mir später oft, als wenn er an der Tochter gutmachen wolle, was er an dem Vater gegen seine bessere Überzeugung unrecht tun mußte; denn eigentlich würde der arme Herr Garloff mit seiner unbestechlichen Rechtlichkeit ein Mann nach seinem Sinne sein, und ist es auch, bin ich überzeugt, und er achtet ihn im Inneren hoch. Auch Herr Garloff haßt den Vater nicht, das hat er mir selbst einmal und Anna hundertmal gesagt, und es war gewiß ein Beweis seiner versöhnlichen Gesinnung, wenn er uns sein einziges Kind, das er über alles liebt, anvertraute. Dann wurde Anna nach Grünwald geschickt: sie müsse lernen, sich selbst durchs Leben helfen, sagte Herr Garloff. Wie es möglich gewesen, daß das feine, sanfte Geschöpf auch nur für die kürzeste Zeit in Herrn Klempe den Mann ihres Herzens hat sehen können, ich fasse es nicht. Aber es ist doch einmal so, und Anna unlöslich gebunden; ihr Vater würde nie erlauben, daß sie ihr Wort bräche; sie würde es sich selbst nie vergeben, obgleich sie wisse, daß sie unglücklich werden müsse, ach! jetzt schon grenzenlos unglücklich sei! So sagte sie mir heute morgen unter tausend heißen Tränen. Ich habe mit ihr geweint; ich habe sie gebeten, beschworen, lieber den Zorn ihres Vaters, lieber alles zu erdulden, als einen Mann zu heiraten, den sie weder liebt noch achtet, den sie niemals weder lieben noch achten wird. Es war vergebens – sie blieb dabei, sie könne nicht mehr zurück; aber es würde vielleicht ihr schweres Los ein wenig erleichtern, wenn sie von hier fort käme, je weiter, je lieber, am liebsten nach Amerika. Sie habe sich lange schon mit dem Gedanken getragen, aber ihn nicht auszusprechen gewagt, da Herr Klempe durchaus nicht von hier fort gewollt – im Vertrauen auf Versprechungen, die ihm der Onkel gemacht, und bei denen es sich, wie mir Anna schon früher angedeutet, um Retzow handelt. Gestern nachmittag aber ist Herr Klempe zu ihr gekommen und hat gesagt: es würde nun doch wohl mit Retzow nichts werden; es sei ein anderer Bewerber da, dem er nachstehen müsse, so habe auch Herr Deep gesagt, und, wenn der es sage, sei es gewiß. Sie wollten nun suchen, anderswo eine Pachtung oder ein kleines Gut zu übernehmen; der Onkel würde ihnen gewiß Geld dazu leihen, aber es möchte am Ende nicht genug sein, sie solle auch meinen Vater bitten. Anna hat es nicht gewollt, aber sie fürchtet sich so vor dem rohen Menschen – und war nun doch gekommen. Ich zweifelte daran, daß der Vater die bedeutende Summe, um die es sich handelte, zur Verfügung habe, dachte aber, daß auch ein Teil der Ärmsten schon von Nutzen sein werde, und ging zu ihm. Er geriet in tiefste, für mich unendlich schmerzliche Verlegenheit, als er mir sagen mußte, daß es ihm für den Augenblick völlig unmöglich sei, ja daß er nicht einmal ein Versprechen für die Zukunft zu geben vermöge, daß –«

Edith brach ab, zu bewegt, um weitersprechen zu können; oder darüber erschrocken, daß sie so viel – zu viel gesagt. Gerhard mußte nach einem flüchtigen Blick auf das errötende Gesicht ihm gegenüber das letztere annehmen; zu einem zweiten Blick hatte er nicht den Mut. War er selbst unter dem anderen Bewerber um Retzow gemeint? War sein Name genannt worden? Wußte Edith um sein Verhältnis, um seine Liebe zu Maggie? Wo war Maggie? Wo blieb sie so lange? Weshalb, wenn sie nicht zu Hause war, sagte es Edith nicht? Aber wie konnte sie nicht zu Hause sein, da sie nach ihren gestrigen Verabredungen ihn heute doch erwartete? Mußte er nicht aus bloßer Schicklichkeit nach Maggie fragen? Wie hatte er die Frage solange zurückhalten können? Warum fragte er nicht wenigstens jetzt, da sich ihm die Notwendigkeit der Frage aufdrängte?

Unwillkürlich hob er seine Augen zu Edith, als ob er von ihrem Gesicht die Antwort auf das alles lesen müsse. Auch sie hatte in demselben Moment die Augen erhoben; ihre Blicke begegneten sich und irrten dann, wie von einer und derselben Regung geleitet, wieder seitwärts. Ein seltsamer Schauder durchrieselte Gerhards Herz, daß es, hoch aufatmend, ihm den Atem raubte: als sei ihm eine Offenbarung geworden, auf die er in keiner Weise vorbereitet war, die ihn verwirrte und erschreckte, und, indem er nun Maggies Bild vor die Seele zu rufen strebte, beschämte. Es wollte nicht klar werden, das Bild der holden Zauberin; es schien verblaßt und verwischt wie die schwebenden Genien dort an der Wand, und, wie diese, übertrieben in Bewegung und Ausdruck – eine manierierte Kopie echter Anmut und Lieblichkeit.

Seine Gedanken strebten zurück zu dem ernsten Thema, in dem Edith abgebrochen. Aber es war ja erschöpft. Das Schicksal der armen bleichen Förstertochter war besiegelt, wenn ihr die erflehte Hilfe nicht wurde – ein traurigeres Schicksal jedenfalls, als die bekümmerte Freundin ahnte. Und sie selbst, die Unschuldige, Reine, Gute, die nicht helfen konnte mit dem unermeßlichen Schatz ihrer Liebe und Treue – nicht der Jugendgespielin, nicht dem Vater; und mit den klaren, keuschen Augen an dem Horizonte ihres Lebens Wolke sich über Wolke türmen sah, wie sich dort über dem nahen Walde Wolke über Wolke türmte, und wußte, daß das Gewitter losbrechen müsse – früher oder später – was mochte sie gelitten haben, bis sie die edle Scham des Herzens besiegte, bis sie den edleren Mut fand – für den Gott sie segnen möge! – ihr Leid zu sagen und zu klagen, und zu fragen, ob denn keine Hilfe sei? War denn keine? Es mußte Rat geschafft werden; sie erwartete diesen Rat von ihm – wünschte, daß er bei dem Onkel in Kantzow seinen Einfluß geltend machen möchte! Aber nach den merkwürdigen Mitteilungen der Frau Sallentin gestern war auch der Onkel keineswegs der reiche Mann, für den er der Welt galt, für den ihn Edith hielt. Durfte er selbst es wagen, sich anzubieten? Aber was konnte er tun, er, der so arm war, und nur reich an dem, was so wenig, so gar nichts galt auf dem Markte des Lebens! Oder jene dort hätte nicht so traurig mit den schönen stillen Augen vor sich niederstarren dürfen!

Wie schön sie waren, diese Augen! wie edel diese klaren, reinen Züge! wie königlich die schlanke Gestalt in dem einfachen schwarzen Kleide – demselben, das sie an jenem ersten Abend getragen – in der Gesellschaft, wie heute in ihrem stillen Hause, als ob es ihr einziges wäre, als ob sie mit ihren traurigen Gedanken und Sorgen kein prunkhafteres haben dürfe! Und wie so ungesucht anmutig jede Bewegung der edeln Gestalt, wenn sie sich manchmal ein wenig vornüber bog oder wieder zurücklehnte! Wie bescheiden das Spiel der schlanken Hände, womit sie dann und wann die lebhaftere Rede begleitete! Und wie so schmucklos und doch so ausdrucksvoll diese Rede! – schmucklos und ausdrucksvoll und sinnig und schön und gut, wie sie es eben selbst war ganz und gar!

Und dann fiel ihm ein, daß, was er noch zu hören glaubte, nur der Nachklang ihrer Stimme in seiner Seele war; daß sie nicht mehr sprach, und es an ihm sei, zu antworten. Aber bevor er die hin und her hastenden Gedanken sammeln konnte, begann sie von neuem:

»Sehen Sie, nun habe ich Sie doch wieder traurig gemacht, gerade wie neulich; das ist sehr unrecht von mir, um so mehr, als ich dieses Mal gar keine Entschuldigung habe. An jenem Abend freilich – es war ein wunderlicher Zustand. Ich hatte im Wäldchen gelesen – etwas, was mich unendlich wehmütig gestimmt hatte – Wilhelm Meister – die Kapitel, wo das Feuer in dem Städtchen ausbricht nach der Aufführung des Hamlet. Ich mußte bei dem alten, armen Harfner, der ratlos, hilflos durch die Gärten irrt, immer meines Vaters denken; und wie wenig ich auch der süßen Mignon gleiche – in ihrem traurigen Los, unter Menschen zu leben, die achtlos an ihr vorüber den eigenen Interessen nachgehen, und daß sie niemand hat, dem sie ihr Leid klagen kann – darin fand ich doch mit meinem Schicksal eine gewisse Ähnlichkeit, die ich denn, wie das wohl geschieht, recht übertrieben haben mag. Aber ich hatte heiße Tränen geweint, und – da kamen Sie! Und nun lachen Sie mich nicht aus! Während wir miteinander sprachen, und ich bei jedem Ihrer Worte fühlte, daß es aus einem milden, freundlichen Herzen kam – ach! es tat mir so wohl, es war mir so neu – es hatte noch niemand so gütig und so verständnisvoll zugleich mit mir geredet – und dann – nun, lachen Sie immerhin! dann war es mir wie eine Fortsetzung meiner Lektüre. Es war Wilhelm Meister selbst, der da an meiner Seite ging. Und so völlig ist es ja nicht ein Traum gewesen, vielmehr die Wirklichkeit ist schöner als der Traum; ich darf, was die arme Mignon nicht durfte: dem Freunde mein Leid klagen; und ich weiß, er zürnt mir nicht, wenn ich von meiner Freiheit einen recht unbescheidenen Gebrauch mache.«

»Er würde Ihnen nur zürnen, wenn Sie an der Innigkeit seiner Freundschaft den leisesten Zweifel hätten«, sagte Gerhard, die Hand, die sie ihm bot, herzlich drückend; »aber noch viel mehr würde er sich selbst zürnen, wenn seine Ähnlichkeit mit Ihrem Helden allzu groß wäre. Ich will ihm seine überreichen Talente, seine Kunstbegabung, die feurige Beredsamkeit, die bestrickende Anmut und Liebenswürdigkeit – ich will ihm alles gern lassen, wenn er mir nur erlaubt, ein wenig fester in meinen Schuhen zu stehen und nicht immer der Spielball eines jeden zu sein, der sich die leichte Mühe macht, ihn hierhin oder dorthin zu lenken. Und damit Sie dem Vergleich weiter nachforschen und ihn – nach dieser Seite wenigstens – zu meinen Gunsten entscheiden mögen – hier ist das Buch, das Sie gewiß bereits schmerzlich vermißt haben.«

Er überreichte ihr lächelnd den Band, den er aus der Tasche nahm, indem er ihr erzählte, wo er ihn gefunden, und wie seltsam es sich träfe, daß es gerade der einzige Band sei, der in seinem Exemplar des Werkes zu Hause in Vacha fehle.

»So müssen Sie mir den Gefallen tun, ihn zu behalten«, entgegnete Edith, »denn es ist wiederum der einzige Band des ganzen Werkes, den ich besitze.«

»Aber wie ist das möglich?« rief Gerhard erstaunt.

»Ich weiß es nicht zu sagen«, erwiderte Edith, »ich habe ihn vor ein paar Jahren in jenem Schreibsekretär entdeckt, wo er in einer Schublade zwischen vergilbten Papieren lag – Akten, Briefschaften aus der schwedischen Zeit der Grafen Carlström, die die Güter vordem besessen, und von denen sie der Großvater gekauft hat. Ich muß also glauben, daß das Buch von damals herrührt.«

»Wahrscheinlich; sehr wahrscheinlich", erwiderte Gerhard, »aber es ist doch der seltsamste Zufall von der Welt. Wie kann der eine Band, gerade dieser Band, hierher gekommen sein? Sie haben niemals einen zweiten hier gesehen?«

»Niemals«, erwiderte Edith; »ich darf es mit Bestimmtheit versichern. Wir haben so wenige Bücher, und ich war von jeher ein große Bücherfreundin.«

»Seltsam! seltsam!« wiederholte Gerhard und betrachtete sinnend den kleinen Sekretär, auf den Edith gedeutet. Es war ein überaus zierliches Möbel aus der echtesten Rokokozeit; in dem Grafenschlosse in Wilhelm Meister konnte es, wie es da war, gestanden, aus der geöffneten Schublade die schöne Gräfin den Ring genommen haben, welchen sie dann Wilhelm schenkte. Und war nicht alles, was ihn hier umgab, wie eine Szenerie aus Wilhelm Meister? Dieser himmelblaue Plafond mit der von Nymphen umschwebten, zur Jagd ziehenden, mondsichelgeschmückten Diana; diese gewirkten Tapeten mit den gaukelnden, Blumenketten windenden Genien; die verschnörkelten Möbel – der französische Garten draußen, auf dessen steilen Taxushecken und hohen Pyramiden der heiße Nachmittagssonnenschein grüngoldig lag – die fahle Gewitterwand, die unbeweglich an dem leuchtenden Himmel über dem Garten und dem nahen Walde stand!

Eine seltsame Stimme unterbrach das gedankenvolle Schweigen, in das die beiden jungen Seelen versunken waren. Sie kam von dem kleinen grauen Papagei in der Nische, der, während ihres Gespräches oben still auf seiner Stange unbeweglich sitzend, ein aufmerksamer Lauscher gewesen und nun zu fragen schien, weshalb man nicht weiterspreche.

Er wiederholte dieselbe Phrase unverändert und sehr vernehmlich mehrere Male, ohne daß Gerhard sie verstanden hätte.

»Was sagt der Vogel?« fragte er.

»Das möchte ich von Ihnen erfahren«, erwiderte Edith lächelnd, »aber wie sollten Sie besser als wir diese seltsamen Laute zu deuten wissen! Er hat noch einen großen Vorrat davon, den er nur zum besten gibt, wenn er besonders gedankenvoll ist. Ein Professor der Botanik aus Grünwald, der viele Jahre im Süden Amerikas zugebracht und auf einem Ausflug in unsere Wälder mit seinen Schülern durch Kosenow kam, erklärte mit Bestimmtheit, es sei indianisch, und zwar ein altertümlicher Dialekt, der gar nicht mehr gesprochen würde, weil der Volksstamm, der ihn sprach, ausgestorben ist, und den er selbst deshalb nur in einigen Worten kenne, die er auch nannte, ich aber leider wieder vergessen habe. Roko, meinte er, müsse an die hundert Jahre alt sein. Und sehr alt ist er sicher, denn er stammt schon aus der Zeit der schwedischen Grafen. Auch spricht er noch gelegentlich ein schwedisches Wort, manchmal auch ein hochdeutsches, das er von uns gelernt; für gewöhnlich aber platt, seine Lieblingssprache, in der er sich mit den Mägden, wenn sie das Zimmer reinigen, und mit dem Vater stundenlang unterhält. Es ist bewunderungswürdig, wie schnell er lernt – lange Phrasen oft nach wenigen Wiederholungen – ja ohne daß man sie ihm besonders vorsagt, nur vom Zuhören. Ich würde mich gar nicht wundern, wenn er aus unserer Unterhaltung dies und jenes behalten, das er vielleicht erst nach Jahren wieder anbringt. Denn er ist ebenso gelehrig als er launisch ist.«

Sie waren aufgestanden und zu dem Vogel getreten, der, mit dem Körper nach unten hängend und den Kopf seitwärts emporrichtend, das Paar aufmerksam zu betrachten schien. Plötzlich, den Schnabel einhakend, kletterte er auf die höchste Sprosse, wo er sitzenblieb, jetzt die runden Augen nur noch auf Gerhard richtend – »als ob er mich kennte«, sagte Gerhard.

»Bon jour, mon ami!« schnarrte der Vogel.

Die Worte kamen mit so vollkommener Deutlichkeit – man hätte sagen können, mit einem so echten Akzent – Gerhard und Edith blickten sich verwundert, fast erschrocken an.

»Comment cela va-t-il?« schnarrte der Vogel.

»Das ist erstaunlich!« flüsterte Edith.

»C'est bien triste!« schnarrte der Vogel, das schwarze, von einem weißen Ringe umgebene Auge unverwandt auf Gerhard richtend; »C'est bien triste!«

Er wiederholte die Phrase noch mehrmals und verstummte dann, ohne seine Stellung zu verändern oder das Auge von Gerhard abzuwenden.

»Ich habe das noch nie von ihm gehört«, sagte Edith, Gerhards fragenden Blick beantwortend; »wer weiß, wie lange er es schon in seinem wunderlichen alten Kopfe beherbergt. Aber daß es ihm gerade einfallen muß, während Sie vor ihm stehen!«

»Es ist seltsam«, erwiderte Gerhard. »Nun schon zweimal – gestern Herrn Garloff gegenüber und eben erst, als ich Ihren Vater traf – habe ich die wunderliche Empfindung gehabt, ich sei gar nicht fremd hierzulande, vielmehr bereits einmal hier gewesen und hätte es nur vergessen, wie die Menschen mich vergessen, außer einem und dem anderen, der sich meiner, wenn auch dunkel, erinnert. Daß ein unvernünftiges Geschöpf durch ein paar zufällige Laute meine Phantasie in derselben Weise erregen könnte, würde ich freilich nicht für möglich gehalten haben.«

»Schelten Sie mir meinen Roko nicht«, sagte Edith; »blickt ein unvernünftiges Geschöpf aus so klugen Augen? Und wenn er in Ihnen einen alten Freund zu erkennen glaubt, geht es mir denn anders? heißen wir nicht, wer sich uns freundlich naht und mit Güte begegnet, willkommen, als einen, den wir lange schon schmerzlich erwartet?«

Sie hatten sich von dem Vogel abgewandt, zur Beruhigung Gerhards, dem der starre, unverwandte Blick der schwarzen Augen förmlich unheimlich geworden war, um so mehr, als die Miene des Tieres, oder was man dafür nehmen mochte, voll tiefster Trauer und schwersten Leides zu sein schien. Indessen hütete er sich wohl, diesen Eindruck in Worte zu bringen; war doch sein Gespräch mit dem lieben Mädchen nur schon zu ernst gewesen! hatte er ihr doch so wenig Tröstliches, Erfreuliches sagen können! Sollte er nun noch von Maggie beginnen, nachdem sie – wie er jetzt gar nicht mehr zweifeln durfte – der Schwester geflissentlich keine Erwähnung getan? War das Verhältnis der Schwestern zueinander wirklich so schlecht, wie Maggie schon wiederholt angedeutet? – Schwieg Edith nur, weil sie von ihm eine Mitteilung erwartete, die er ihr ja – nachdem sie ihm zuerst so großmütig ihr Vertrauen geschenkt – durchaus schuldig war?

Diese Gedanken beunruhigten ihn dergestalt, daß er – zum ersten Male – auf das, was sie sagte, nicht andächtig gelauscht und nur eben noch die letzten Worte verstanden hatte. Er erschrak deshalb, als sie jetzt, nach einer kleinen Pause und mit gänzlich veränderter, tonloser Stimme – scheinbar völlig aus dem Zusammenhang plötzlich sagte: »Auch Sie erwarten jemand schmerzlich, nicht wahr? aber Maggie – Sie wissen, daß Maggie der Liebling der Baronin – und gestern – die Baronin war so sehr dringend – seit gestern –«

Sie brach ab. Gerhard fühlte, wie ihm das Blut heiß in die Stirn schoß, während die Wangen Ediths, die noch immer mit gesenkten Augen dastand, bleicher wurden als zuvor. Und dann stürzte ihm alles Blut zum Herzen zurück, das sich zusammenkrampfte, als habe eine grausame Hand es jäh berührt.

»Ihr Fräulein Schwester ist seit gestern bei der Frau Baronin?« fragte er mit tonloser Stimme.

»Maggie ist auch schon früher – schon sehr oft auf längere Zeit drüben gewesen«, erwiderte Edith schnell; – »diesmal handelt es sich nur um ein paar Tage, nur bis zu dem Waldfest – wenn ich die Baronin recht verstanden. Die Baronin möchte gern dabei sein und nicht allein – sie ist mit uns sehr befreundet; in den größeren Kreis kommt sie kaum jemals. Welche Gründe sie hat, jetzt von ihrer Gewohnheit abzuweichen – ich weiß es nicht. Aber sie will es doch und will Maggie als Begleiterin – Maggie konnte es nicht wohl abschlagen; sie –«

Das arme Mädchen! Die Farbe kam und ging auf ihren zarten Wangen; die Hände, die sie auf die Lehne eines Stuhles stützte, zitterten.

»Lassen Sie es gut sein, Fräulein Edith«, sagte Gerhard; »Ihr Mund ist nur an Wahrheit gewöhnt, und irgendwo auf Erden muß es doch ein Heiligstes geben, das nicht entweiht werden darf, nicht entweiht werden kann. Leben Sie wohl, Fräulein Edith, und Gott segne Sie!«

Er hatte sich bereits der Tür genähert, durch die er vorhin gekommen.

»C'est bien triste! c'est bien triste!« schnarrte der Vogel.

Gerhard wandte sich; er sah die hohe Gestalt zusammengesunken in dem Stuhl, die Augen mit der einen Hand bedeckend, während die andere im Schoße lag.

Er trat noch einmal zu ihr, nahm ihre Hand, die er ehrfurchtsvoll an seine Lippen führte und wieder in ihren Schoß gleiten ließ.

Dann hatte er das Zimmer verlassen.


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