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Ballade.

(Irländisch.)

Nach Limrick klar der Shanon wellt;
Am grünen Ufer sitzt die Maid,
In tiefster Liebe Herzeleid.
Sie weint um ihren trauten Knaben,
Den ihr entführt die Elfen haben,
Die Jemmy's Schöne nachgestellt.

Von Knocksiörn das »Kluge Weib«,
Das sie befragt in nächt'gem Rath,
Ein Mittel bald gefunden hat;
»Wol kann die Maid den Liebsten retten
Aus aller Geister Zauberketten,
Liebt sie die Seele, nicht den Leib.

»Trifft voll den Fluß des Mondes Strahl,
So jagt vorbei auf weißem Roß
Er in der Elfen Wirbeltroß;
Sie muß hinauf zu ihm sich schwingen,
Mit ihren Armen ihn umschlingen
Und halten ihn, trotz Grau'n und Qual.«

      Über den Rasen hin,
      Ueber die Haide grün,
      Flimmert und schwirrt es,
      Nebelt und wirrt es
      Wie glänzende Seide.
      Sie schweben und schimmern,
      Sie schwinden und flimmern
      Zu Lust und Leide.
      Ueber die Haide grün
      Jagt Er unhörbar hin
      Im Elfenkreise.

Schnell auf das Roß das Mägdlein springt,
Faßt ihn mit starker Liebe Arm;
Ob ihr auch folgt der Elfen Schwarm,
Sie denkt Maria's Gnad' und Schmerzen.
Da fühlt sie, weh! am bangen Herzen
Den Schlangenleib, den sie umringt.

Das Scheusal fest sie an sich preßt;
Ob es ihr droht mit spitzem Zahn,
Lautlos durchfliegen sie die Bahn.
Jetzt wird er Uhu, Bär und Katze,
Er grinst sie an als Teufelsfratze –
Doch hält ihr Arm den Trauten fest.

Da grau't der Tag! Das Morgenlicht
Legt sich auf aller Berge Höh'n!
Sie wagt's, den Liebsten anzusehn.
Es liegt in ihrem Arm geborgen,
Den sie erlöst in Angst und Sorgen,
Und blickt ihr selig ins Gesicht!

Gewähr' uns, Gott, in Glück und Noth
Ein treues Herz, das fest uns hält;
Und wie die Sünde uns entstellt,
Es wagt in muth'ger Liebe Walten,
Trotz allem Wandel uns zu halten,
Bis wir erwacht in sel'gem Tod!


Ballade. ( Irländisch)

Aus Adelens Roman »Anna« 1845, Band 1, S. 203/5.


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