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8

Des Claudius Lebensumstände hatten sich durch die Heirat mit Messalina wesentlich gebessert. Die reiche Mitgift der jungen Frau erlaubte ihm, seinem Stande und seiner Herkunft gemäß aufzutreten. Nicht mehr allein durchschritt er die Straßen Roms, geneckt und gehänselt, sondern nach der Art vornehmer Römer begleitet von einem kleinen Gefolge, dem zwei Sklaven voraufgingen, den Weg zu bahnen.

Er mied fortan das Transtiberviertel, die vierzehnte Region Roms, deren Gassen von Kleingewerblern, Handwerkern, Tagelöhnern und Fischern bewohnt waren. Er schämte sich, daß er noch vor kurzem gezwungen gewesen war, in den Garküchen jenseits der ämilischen Brücke zu speisen, als Tischgenosse roher Matrosen und Seesoldaten.

Seine Armut hatte ihm Sparsamkeit bis zum äußersten auferlegt, seitdem der höhnischlistige Caligula ihn zum Flamen ernannte für das neue Priesterkollegium, dem die Pflege des Kultes der »Gottheit« Caligula oblag. Um diese ihm aufgedrungene Ehre mußte Claudius acht Millionen Sesterzien an den Neffen zahlen. Um diese wahnsinnige Forderung des gefürchteten Kaisers zu erfüllen, war der gepeinigte Mann genötigt gewesen, seinen gesamten, von Augustus ererbten Besitz unter den Hammer zu bringen. Natürlich hatte kein Mensch gewagt, die Güter eines Mitgliedes des Kaiserhauses zu ersteigern, war doch niemand darüber im Zweifel, daß der Kaiser diese Tragikomödie nur in Szene gesetzt hatte, um für ein Nichts die Besitztümer des furchtsamen Oheims an sich zu reißen und den Unglücklichen dem Verkommen zuzutreiben.

Das alles war nun anders geworden. Claudius gehörte auch nach außen hin wieder zu den Römern von Vermögen und Rang, lebte dementsprechend und nahm vor allem seine »literarische« Tätigkeit wieder ernstlich auf. Sie gewährte ihm die höchste Befriedigung. Er fühlte sich behaglich in der Welt der Unwirklichkeiten und vergangener Jahrhunderte, war glücklich, wenn Papyrusrollen auf seinem Tische raschelten, alexandrinische Pergamente knisterten, und wenn er mit pedantischer Sorgfalt eigenhändig die Rohrfedern schneiden konnte, bevor er die fragwürdige Schreibarbeit begann.

Heute empfing er den Buchhändler Pollio Valerianus.

»Als du mich neulich mit deinem Besuche beehrtest, Herr, wünschtest du eine Auswahl älterer und seltener Werke zugesandt zu erhalten,« erläuterte Pollio seinen Besuch. »Ich habe mir erlaubt, mich selbst einzufinden, um dir gleich den Inhalt meiner Auswahlsendung zu erläutern. Das erspart dir das Durchlesen. Auch kann ich die nur spärlich vorhandenen Exemplare mit Rücksicht auf meine zahlreiche Kundschaft nicht lange entbehren.«

»Sehr freundlich, sehr freundlich,« lobte Claudius. »Wo sind die Bücher?«

»Gestatte, Herr, daß meine Sklaven das Gemach betreten. Sie warten draußen im Cavädium. Darf ich sie rufen?«

»Vielen Dank – nein, nein – ich liebe es nicht, daß fremde Menschen meinen Arbeitsraum betreten – das gibt gleich Unordnung,« lehnte Claudius unruhig, aber freundlich ab. »Ich kann die Auswahl auch im geräumigen Tablinum treffen.«

Er ordnete auf dem Tische erst sorgfältig die zurechtgeschnittenen Rohrfedern, die Muschelnäpfchen mit Schreibtusche, die achtsam aufgeschichteten, gelblich getönten Papyrusstreifchen und ein paar seltsam geformte, faustgroße Steine, die ihm als Beschwerer ausgebreiteter Papyrusrollen dienten. Noch einen letzten, wohlgefälligen Blick warf er auf die Stätte seiner stillen Tätigkeit und begab sich dann mit Pollio nach dem Cavädium, dem weiten inneren Hofe des Hauses. Hier hatte der Buchhändler vier Sklaven aufgestellt, deren jeder einen Arm voll zylinderförmiger Gegenstände trug.

»Dieser Mann hat die Dramen, der andere atellanische Komödien,« begann Pollio herzuzählen.

»Vielleicht ein Drama, ja – nur nichts Komisches,« bat Claudius mit verzogenem Munde. Er liebte den Humor nicht, wußte er doch sehr wohl, wie oft er vor seiner Ehe mit Messalina als Quelle unfreiwilliger Komik hatte dienen müssen.

»Der dritte Sklave trägt geschichtliche Werke, Annalen, Chroniken und ähnliches,« fuhr der Buchhändler eifrig fort. »Der vierte hat eine Auswahl Epen und anderer Dichtungen.«

»Dichtungen – hmhm – Dichtungen,« murmelte Claudius nachdenklich und rieb sein schlecht rasiertes Kinn. »Ich weiß nicht, ob du mich neulich recht verstandest, mein Pollio. Es ist mir weniger darum zu tun, selbst etwas zu erdenken. Ich möchte vielmehr etwas Vorhandenes – aber es müßte denn schon ein älteres, vergessenes Werk sein – verstehe mich richtig, ich suche nach einem Werke, das an sich nicht schlecht ist, bei welchem dem Verfasser jedoch die Form nicht gut gelang – und nun, eine Umarbeitung zum Drama – ich weiß nicht, ob du mich begreifst – also der vorhandene Stoff –«

»Ich verstehe dich vollkommen, Herr,« unterbrach der Buchhändler liebenswürdig den Wortwirrwarr, in dem Claudius sich selbst nicht mehr zurechtfand. »Du möchtest einem nicht anerkannten Verfasser zur Anerkennung verhelfen, indem du in deiner bekannten Güte dich des Werkes annimmst, deinen hohen Verstand einsetzest und aus dem nur wenigen zugänglichen Gedicht ein Schauspiel für die breite Öffentlichkeit schaffst.«

»So ist es, wahrhaftig und ganz richtig, so ist es!« rief Claudius hocherfreut über die faustdicken Schmeicheleien. »Aber nichts Alltägliches darf es sein, Freund Pollio, nichts Alltägliches. Ja nicht!«

»Bewahre, Herr!« versicherte Pollio lebhaft. »Hast du schon von Cordus, dem verstorbenen Literaten gehört? Nein? Das dachte ich mir,« plapperte der Buchhändler, als Claudius den Kopf schüttelte. »Er war der Verfasser einer mythologischen Elegie, die ihm etwas zu lang geraten ist. Wer nun wie du, Herr, verstände, das Übermaß der Wortvergeudung in die knappe Form einer Tragödie einzudämmen, der würde sich zweifelsohne ein Verdienst erwerben um eine ganz gewiß im innersten Kern ausgezeichnete Dichtung. Wirklich, Herr, der Gedanke in dem Werke – die Verherrlichung treuer Liebe – ist hervorragend schön und wie geschaffen für die Bühne. Aber er ist mit so unendlich viel Wortkram überlastet, mit so viel Nebensächlichem beschwert, daß er nicht an die Oberfläche gelangen kann. Nur ein so erhabener Geist wie du, Gebieter, vermag uns das Werk neu zu schenken.«

Pollio Valerianus hatte für den Schmarren des Cordus eine beträchtliche Summe bezahlen müssen. Mit einem Schüttelregen von Lobeserhebungen versuchte er nun, den Ladenhüter mit Vorteil an den Mann zu bringen. So schlug er denn vor, er wolle die Elegie an Claudius zur freien Bearbeitung abtreten und später die Umdichtung vertreiben. Er verlangte hierfür nur – wie er es nannte – die Kleinigkeit von fünfzigtausend Sesterzien.

Claudius erschrak. »Fünfzigtausend ... –!! Das ist aber sehr, sehr viel Geld, mein lieber Pollio.«

»Hoher Gebieter!« erklärte der Buchhändler zungengeläufig, »es ist gut angelegtes Geld, versichere ich dir. Ich habe zwanzig hervorragende Schreibsklaven, denen ich selbst deine fertige Dramatisierung diktieren werde. In einem Monat stellen wir da leicht hundert Exemplare her. Wird nach der Aufführung nicht jeder Gebildete mit Freuden fünftausend Sesterzien für ein Werk von dir ausgeben? Wenn du mir den Vertrieb übergibst, verzehnfachst du rasch die Summe, die du mir entrichtest. Für mich verlange ich keinerlei Entschädigung oder Abgabe. Nur meine reinen Spesen sollst du mir vergüten. Es ist mir eine Ehre, deine Interessen zu vertreten. Fünfmalhunderttausend Sesterzien, Herr!«

Ein Rechenmeister war Claudius nicht. Er ließ sich durch die hohe Summe verblüffen. »Mehr als ein Rittervermögen,« schätzte er und brummelte dann: »Also eine Elegie. Das würde mir allerdings außerordentlich liegen. Hm, ich möchte wohl einen Blick –«

»Aber selbstverständlich, Gebieter,« fiel Pollio sogleich ein und suchte unter den Zylindern schon jenen heraus, der das Manuskript enthielt.

»Wir wollen in das Tablinum gehen,« schlug Claudius vor, dem Raume zuschreitend, der zwischen dem Atrium und dem Peristyl lag.

Dort nahm er in einem löwenfüßigen Sessel Platz, während Pollio bereits dem Zylinder die Handschrift entnahm und vorsichtig einen Teil des um einen Stab gerollten Pergamentstreifens entrollte.

In diesem Augenblick erschien Messalina im Atrium. Sie trug Blumen im Arm, um einen altarartigen Aufbau zu bekränzen, der, jetzt nur noch ein marmornes, von Künstlerhand geschmücktes Zierstück, daran gemahnte, daß in früheren Zeiten an dieser Stätte der Herd des Hauses seinen schwärzenden Rauch zu der kleinen Deckenöffnung hinaufgewirbelt hatte.

Aufgeregt rief Claudius der jungen Gattin entgegen: »Du kommst gelegen, meine Teure. Hier gibt es Interessantes zu hören.«

Während Messalina ihre Blumen rasch auf dem Zierherde ordnete, rückte Claudius gefällig einen Stuhl für sie zurecht.

»Ein altes Werk, dem ich neue Jugend bereiten will,« bedeutete er, auf das Manuskript zeigend, das der sich tief vor der Hausherrin verneigende Buchhändler hielt. »Wie gefällt dir diese Absicht?« setzte Claudius, unternehmend die Hände reibend, hinzu.

Messalina betrachtete das gutmütige, von froher Erwartung gerötete Gesicht des Gatten.

»Alter ist schwer zu bannen, und neue Tugend blüht nicht aus Verblichenem,« sagte sie ernst, sich auf den Stuhl niederlassend.

Pollio Valerianus tat, als betrachte er eine Stelle der Handschrift genauer. Er mußte ein verständnisinniges Lächeln hinter dem Pergament verbergen. Zum ersten Male sah er den greisen Claudius und die junge Frau nebeneinander und hatte den Eindruck, daß dieses sonderbare Ehepaar weit eher einer Enkelin mit ihrem Großvater gleiche. Jetzt räusperte er sich und begann die Verse zu lesen.

Doch Claudius sprang auf und unterbrach: »Dank, lieber Freund, ich werde den Vortrag selbst übernehmen.«

Er wischte sich das Kinn, das vom Speichel feucht geworden war. Dann hob er an zu deklamieren:

»Sohn der Augé, der Tochter des Aleus, Priesterin der Minerva,
und des geheimen Gemahles, des Herkules, Lendenerzeugnis
war Telephus, den auf dem Berge Parthenius
Hirten gefunden, um ihn sodann zu erziehen.
Was herkuläische Liebe der Jungfrau bescherte,
hatte der Priesterin fühlsames Herz längst geahnet,
denn ihre Sehnsucht ging nach gefälliger Freundschaft,
die die Vereinsamte, darbend der Wonne des Lebens,
heiß sich gewünscht, in hungernder Tage Beschwernis.«

Messalina lachte unterdrückt auf. »Die die Vereinsamte heiß sich gewünscht, in hungernder Tage Beschwernis,« wiederholte sie, leise skandierend.

Claudius ließ das Manuskript sinken und sah verblüfft auf die Gattin, dann hilflos auf den mit aller Gewalt sein Gesicht in ernste Falten zwingenden Buchhändler.

»Las ich schlecht?« fragte er betroffen.

Pollio wollte hastig eine Schmeichelei anbringen, doch Messalina gebot ihm durch einen Blick Schweigen.

»Nicht wie du lasest, sondern was du gelesen hast, mein Claudius, erregte meine Heiterkeit,« erläuterte sie.

»Wieso?« stutzte er, die Zeilen nochmals überfliegend.

Der Buchhändler fürchtete für sein gutes Geschäft. »Deine Auffassung war erhaben, Herr,« versicherte er. »Dennoch paßt sie besser zu einer Tragödie als zu einer Elegie. Sicherlich! Und ich glaube, das ist auch die Meinung der Domina.«

Messalina schwieg.

»Ja,« zauderte Claudius, »willst du das Werk nicht kennenlernen?«

»Da der Anfang so vielversprechend ist – gewiß,« erwiderte sie mit verborgenem Spotte, ihn zu beruhigen.

Er wickelte rasch das Pergament um den Stab und rief erfreut: »Wenn mein Vortrag sich mehr für die Tragödie als die Elegie eignet, dann soll uns doch ein berufener Mund zuerst das Gedicht in der alten Fassung vorlesen. Das wird mir auch wesentlich helfen, die dramatisch zu bearbeitenden Stellen sofort herauszufinden. Später, mein Kind, lese ich selbst dir meine Umarbeitung vor. Das lasse ich mir nicht nehmen.«

»Ich freue mich auf den Genuß,« lächelte geheimnisvoll Messalina, erhob sich und tätschelte mit zwei Fingern leicht des Claudius Wange.

Er errötete vor Freude über diese Liebkosung und fragte lebhaft Pollio, ob er einen Rezitator empfehlen könne.

Da wandte sich Messalina an der Tür um und sagte: »Nimm doch Paris!«

Sie sagte es mit mühsamer Beherrschung.

»Aber gewiß doch,« rief Pollio, diese neue Verdienstmöglichkeit eifrig aufgreifend. »Paris! Ganz ausgezeichnet. Vortrefflich! Der geeignetste Mann! Gewiß hat die Domina ihn in seiner neuen Rolle des Eros in der »Verführung der Ais« bewundert? Aber wie er sie auch spielte! Hmm!«

Er küßte in heller Begeisterung seine Fingerspitzen.

Messalina senkte die Lider und nickte. Sie war sehr bleich geworden.

Pollios kundigem Blick entging diese verräterische Erregung nicht. Beim Jupiter, das wäre nicht die erste Frau, die sich in den hübschen Mimen vergafft hätte!

Jetzt war das Geschäft gerettet.

Hitzig rief er:

»Nun, Herrin – ist er nicht göttlich? Hat er nicht ein wundervolles Organ? Bezaubert er nicht durch seine Erscheinung? Ist seine Deklamation nicht die des Apollo selbst? Verdient er nicht, daß ein kunstverständiger Mann wie dein Gatte gemeinsam mit diesem Genius der Muse dient?«

Nach diesem Wasserfall gesprudelter Fragenflut kreiselte er zu Claudius herum.

»Hoher Gebieter, du wirst entzückt sein! Ich will gern vermitteln, daß Paris die Dichtung vor dir rezitiert. Dreitausend Sesterzien für jeden Besuch – mehr brauche ich ihm nicht zu bieten. Daß er um diesen bescheidenen Preis zusagt, das laß meine Sorge sein.«

Der sparsame Claudius zögerte mit der Einwilligung. Doch Messalina entschied.

»Bestelle den Künstler, Pollio,« gebot sie. Ihr Antlitz färbte sich dunkler, in ihren tiefen Augen flackerte Feuer. Sie wandte sich rasch fort und trat an den Zierherd im Atrium und machte sich an den Blumen zu schaffen.

»Einen Augenblick,« zauderte Claudius. »Ich finde dreitausend Sesterzien –«

»Hoher Herr,« fiel der Buchhändler eilig und hilfsbereit ein. »Du wirst doch die Entscheidung der Domina nicht widerrufen. Du bezahlst ja nicht nur den Rezitator, sondern du gewinnst auch den beratenden Fachmann Paris. Soweit mir bekannt, schriebst du noch kein Drama. Der Rat eines berufenen Künstlers ist nicht mit Gold aufzuwiegen. Ich betrachte die Angelegenheit vom rein geschäftlichen Standpunkte aus – du siehst sie natürlich nur als Idealist an. Aber du weißt, was das Leben kostet in Rom. Warum da große Einkünfte verschmähen! Und wenn du im Auge behältst, daß jedes As, das du in deine Dichtung steckst, sich mehr als zehnfach verzinsen wird, so darfst du im Wichtigsten nicht sparen!«

Dem armen Claudius wirbelte der Kopf von dem auf ihn einstürmenden, mit unglaublicher Zungenfertigkeit hervorgeschleuderten Wortschwalle Pollios. Auch war er im Grunde mit seinen Gedanken bereits in einer andern, weniger materiellen Welt, bei Rohrfedern und Papyrus, bei Hexametern und klingenden Silben.

»Es ist gut, mein lieber Pollio Valerianus,« ergab er sich erschöpft, rollte das Pergament wieder auseinander und vergaß plötzlich die Wirklichkeit. Laut vor sich hinskandierend, durchschritt er das sonnenbeglänzte Cavädium, ging seinem Arbeitsgemache zu und las von der jungen Priesterin Augé, deren leidenschaftliches Herz sich nach der verbotenen Liebe des verschollenen Herkules zurücksehnte.

»Denn wenn des Eros Gewalt umstürzt Altäre der Keuschheit,
bleibt nur das Heimweh zurück nach der Erfüllung der Liebe,
und wo nicht Liebe gewährt wird, glimmen dann hell im geheimen
Funken auf Eros' Altare, bis sie zur Flamme entfesselt.«

Der Buchhändler gab seinen Sklaven einen Wink, sich zu entfernen. Dann trat er auf Messalina zu, die versunken an dem Zierherde stand und mechanisch die Veilchen ordnete und üppig aufgeblühte Rosen aus Pästum an der Westküste Lucaniens.

»Schöne Domina,« sprach Pollio sie kupplerisch halblaut an. »Künstler sind eitel, und dein Gatte hat vielleicht nicht die rechte Art, solche Leute für sich zu gewinnen.«

Er wagte ein dreistes Blinzeln. Und als sich keine Miene in Messalinas Antlitz verzog, fuhr er sicherer fort: »Darf ich dem Paris sagen, daß eine entzückende Hausherrin ihn kennenzulernen wünscht, bevor er mit dem Herrn des Hauses in Verbindung tritt?«

Messalina zögerte. Dann plötzlich richtete sie sich auf. Ihr Blick folgte dem Graukopf, der soeben, in das Manuskript vertieft, ins Studiergemach verschwand. Sie suchte drei langgestielte Rosen aus und reichte sie wortlos dem Buchhändler.

Pollio verbeugte sich tief.

»Die Dunkelheit hat Erbarmen mit allen, die leiden und entbehren,« murmelte er kühn. Dann heftete er die pfiffigen Augen auf die schweigende Frau. Ja, er durfte alles wagen, sich die Gunst dieser jungen Dame für immer zu gewinnen.

»Herrin, wenn du noch niemals das weltbeherrschende Rom im Dämmerlichte zu deinen Füßen liegen sahst, so begib dich heute gegen Abend zum Mausoleum des Augustus. Es ist ein klarer Tag, und der Anblick wird unvergeßlich sein. Das Marsfeld ist um diese Zeit menschenleer. So wirst du ungestört vergleichen können, was purpurner ist: die Abendröte über der Campagna oder der Purpur dieser Rosen, die ein einsam Wartender an seinem Herzen tragen wird.«

Durch ein kaum merkliches Neigen des Hauptes deutete Messalina ihre Zustimmung an. Sie wollte das Leben leben, das eine grausame Nacht in ihr geweckt hatte.


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