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33. Eine Tragödie der Zivilisation!

In rasendem Siegeslaufe hat sich der moderne Mensch mit Hilfe seiner fortgeschrittenen Technik mehr und mehr den Erdball im vergangenen Jahrhundert bis in die abgelegensten Gebiete erobert.

Ein eisernes Netz von Schienenwegen führt uns in Länder, deren Erreichung noch vor kurzer Zeit Monate und Jahre beansprucht haben würde, und in wenigen Wochen tragen uns immer schnellere Schiffe bis an die fernsten Küsten. Anderthalb Jahrzehnt aber nach dem ersten Erscheinen dieses Buches überflog man die Ozeane, fuhr in einem Tage von Europa bis fast ins Herz Afrikas gleich schnellen Zugvögeln. ... Überall versteht es der Mensch, neue Hilfsquellen sich selbst dort zu erschließen, wo er sie der Natur nur mit großer Mühe abzuringen vermag, und rastlos bemüht er sich, neue Werte zu schaffen und seine technische Kultur und seine Zivilisation überall zu verbreiten. Aber Hand in Hand mit diesem Vorgehen wird vieles vernichtet, was bis dahin ungestört im Laufe der Zeit sich herangebildet und in harmonischem Ineinandergreifen entwickelt hat. Fernab von den geräuschvollen Zentren der Zivilisation, ihrem Hasten und Drängen, ihren nie ruhenden, pochenden und lärmenden Maschinen, spielt sich gerade in unseren Tagen eine Tragödie ab, erschütterndster, ernstester Art, wie sie wohl ihresgleichen suchen kann!

Der moderne Mensch, rücksichtslos die Herrschaft überall an sich reißend, vernichtet teils direkt, teils indirekt alles, was sich seinem Siegeslaufe entgegenstellt. Die Urbevölkerung ganzer Lander, die es nicht vermag, sich dem Neuen anzupassen, muß untergehen. Mit ihr zusammen verschwindet eine reiche und schöne Fauna, die durch Jahrtausende jenen Urvölkern die Existenz ermöglicht hat, nun aber, oft in wenigen Jahren, rücksichtslos hingemordet wird. In solcher Schnelligkeit dürfen wohl niemals – sehen wir von der Möglichkeit gewaltiger, universell auf dem Erdball wirksamer Katastrophen ab – eine Reihe von Tierarten vernichtet worden sein – fast alle die einbegreifend, die irgendwie durch Größe und Stärke sich auszeichneten.

Der Fauna folgt die Flora.

Urwälder werden vernichtet oder zum mindesten gelichtet, und waldbedeckte Länder oftmals wiederum in künstliche Steppen verwandelt.

Mit dem zivilisierten Menschen, der das Urvolk verdrängt, werden Tiere in die neuen Länder eingeschleppt, welche die dort heimisch gewesene Fauna verdrängen, und die Pflanzenwelt wird teilweise durch eine neue ersetzt. Nutzpflanzen, aber auch sogenannte Unkräuter breiten sich überall aus und drücken so der Flora einen neuen Stempel auf.

Mit allen diesen Verhältnissen Vertraute können sich keinem Zweifel hingeben über das, was kommen wird. Das Ende dieses Prozesses wird zweifellos sein, daß der moderne Mensch, alles unter seine Herrschaft zwingend, ihm tatsächlich oder scheinbar Feindliches oder Wertloses vernichtend, nur die Fauna und Flora zu erhalten versucht, die ihm nützlich oder angenehm erscheint.

Beweise für diesen nivellierenden Werdegang ergeben sich bedauerlicherweise aller Orten.

Die Indianer Nordamerikas, viele Stämme Polynesiens seien hier angeführt: ihre spärlichen Reste gehen unaufhaltsam dem völligen Verschwinden entgegen.

Seit Jahrhunderten führte der zivilisierte Mensch einen Vernichtungskampf gegen die Pelz- und Trantiere der Eismeerländer.

Die Hudsonbay-Company hat in den amerikanischen Polarländern unter den Pelztieren dieser Gegenden gewaltig aufgeräumt. Das Fell eines Seeotters wertet heute schon viele Zehntausende von Mark, eine vollständige Haut dieses Tieres aber, zur Aufstellung in einem Museum geeignet, ist seit Jahren nicht mehr zu beschaffen!

Den gewaltigsten Säugetieren der Erde in unseren Tagen, den Walen, deren populäre Bezeichnung als Walfische wohl unausrottbar erscheint, war längst der Krieg bis aufs Messer erklärt. Lange Zeit vermochten die Wale dennoch sich völliger Vernichtung in den eisgepanzerten Polarländern zu entziehen: ihre Erbeutung erforderte in den Tod entschlossene Männer, die oftmals ihren Untergang im Kampfe mit den Riesen fanden.

Seit aber die Harpune nicht mehr von der Hand des erfahrenen Walers geschleudert, sondern die furchtbare Waffe durch eine Kanone in den Körper des Wales gesandt wird, seit bis aufs kleinste mit allen Hilfsmitteln raffiniertester modernster Technik ausgerüstete Großbetriebe die Jagdzüge der Walfänger abgelöst haben, wird gar bald der letzte Groß-Wal verschwunden sein.

»Gar bald!« Was bedeutet die kurze Spanne Zeit einiger Jahrhunderte oder auch mehr den unendlichen Zeitläufen gegenüber, deren diese Meeresriesen zu ihrer Entwickelung bis zur heutigen Vollkommenheit bedurften. Noch treiben zahlreiche »Schulen« von Walen ihr Wesen in den Eismeeren der Erde, noch röten sich die Gewässer ihrer entlegenen Wohnplätze alljährlich wieder und wieder vom Herzblute dieser Tierriesen, verspritzt im vergeblichen Kampfe gegen den allzu mächtigen Feind! Aber bald wird alles dies zu den verklungenen Sagen und Märchen gehören, und mit Erstaunen wird der Mensch der Zukunft vor den armseligen Resten in den Museen der Welt stehen, die zur guten Stunde noch der Fürsorge einzelner Weniger ihre Erhaltung verdanken.

Dem, was ich hier vom Wale erzähle, schließt sich eine Kette von Erscheinungen aus der dem Verschwinden geweihten Fauna an, erschreckend und erschütternd in ihrer Zahl und Art.

Vor Jahrzehnten noch beherrschten Millionen des amerikanischen Büffels, des Bisons ( Bison americanus Gm.) die weiten Prärien seines Heimatlandes; heute sind jene Millionen mit dem größten Teile der auf sie angewiesenen Indianerstämme in die ewigen Jagdgründe gewechselt.

Man befürchtete nämlich eine Störung des Betriebes der Pacificbahn durch die Büffelherden, wie Heck dies im »Tierreich« ausgeführt hat. Ich bin geneigt zu glauben, daß diese angebliche Befürchtung die Hinschlachtung vor der Öffentlichkeit rechtfertigen sollte ...

So mußten die Millionen von Büffeln den Eisenbahnen weichen. Die Zahlen der um die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts verhandelten Häute des Bisons grenzen ans Unglaubliche. Wenige tausend Stück lebender Bisons nur sind der uns erhaltene Rest aus so unvergleichlich reichem Bestande. Sinn- und planlos wurden sie dahingemordet! Ihnen werden gar bald eine Reihe anderer herrlicher Erscheinungen der dortigen Fauna folgen.

Theodore Roosevelt selbst, der frühere Präsident der amerikanischen Union, verschloß sich dieser Ansicht nicht, und begünstigte daher alles, was diesen betrübenden Prozeß zu verlangsamen geeignet erscheint.

Durch die Einführung der Stacheldrahtzäune werden namentlich in Amerika viele Hirscharten ausgerottet; in Australien müssen die Känguruhs den Nachstellungen der Farmer weichen. In Asien geht der Vernichtungsprozeß vieler Tierarten unaufhaltsam seine Wege. Die indischen Nashörner, Wildschafe, Wildziegen, die Wildpferde der inneren asiatischen Hochsteppe und viele andere Arten werden rücksichtslos vertilgt.

In unserem eigenen Vaterlands verschwand schon lange der Auerochs, jenes sagenumwobene Wild der Germanen. Er verschwand so schnell und klanglos, daß wir nicht einmal mehr wissen, wie dieser Schmuck des germanischen Urwaldes aussah! Wer von den Spaziergängern im Berliner Tiergarten erkennt ihn in seinem dort aufgestellten, künstlerischer Phantasie entsprossenen ehernen Denkmal?

Es ist kaum möglich, in unseren Tagen sich noch eine Vorstellung dieses herrlichen Wildes zu machen, so wenig Material über ihn ist erhalten.

Der Wisent ( Bison europaeus Osw.), sein gewaltiger Vetter – der ganz allgemein mit dem längst ausgestorbenen Auerochsen verwechselt wird –, lebte bis 1914 nur noch sorgfältig geschützt in geringen Herden. Wie es heute – 1920 – mit ihm steht, vermag niemand zu sagen. Der Steinbock im Gebiet der Alpen ist ausgerottet; nur eine kleine Anzahl fristet noch, von königlicher Hand geschützt, in Italien ihr Dasein in den Tälern von Aosta.

Der Elch ( Alces palmatus) verschwand längst in unserem Vaterlande bis auf wenige hundert Köpfe. Auch ihn schützte bisher in spärlichen Resten nur königliche Fürsorge in geringer Zahl, ebenso den merkwürdigen Biber im Gebiet der Elbe. Auch über die Erhaltung dieser beiden »Naturdenkmäler« lassen sich jetzt keine zuverlässigen Angaben machen.

Erschütternd aber und als furchtbares Beispiel eine laute Sprache redend war das Verschwinden der Tierwelt unter der Hand des modernen Menschen in Südafrika! Ungezählt lebten vor kurzem noch im Kaplande die Scharen herrlicher Wildarten. Schritt für Schritt mußten die eindringenden Buren ihrer Zeit sich die fremde Scholle beinahe erkämpfen durch Vertilgung der Wildherden, die dort grasten.

Den eingeborenen Menschen vermochte die Zivilisation dort nur einzuschränken, nicht auszurotten wie die Indianer Amerikas. Vielfach sogar nahm auch er das Vernichtungswerk auf, mittels der ihm von den eindringenden Europäern gelieferten Waffen und im Auftrage der weißen Händler, die ihn zum Vernichtungswerke ausrüsteten.

So verschwand das Gnu ( Connochaetes gnu Zimm.), der Bontebock, der Bleßbock, das Quagga, das Bergzebra, die herrliche blaue Pferdeantilope, der Kap-Büffel, der Elefant, das gewaltige sogenannte »weiße« Rhinoceros ( Rhinoceros simus Burch.), – und zwar letztgenannte Arten vollständig, die drei erstgenannten bis auf wenige gehegte Stücke. Das Doppelnashorn, Giraffe, Flußpferd und Strauß sind auch beinahe schon ganz verschwunden. Märchenhaft mutet uns an die Zahl der noch ums letzte Drittel vorigen Jahrhunderts dort heimatenden Tiere, fast unglaublich aber erscheint uns die ursprüngliche Menge, die vor etwa hundert Jahren noch dort ihr Wesen getrieben hat. Seit Menschengedenken lebten die Stämme der farbigen Einwohner zusammen mit jenen Tiermengen. Gleich dem Indianer Nordamerikas heimsten sie ihren Zoll aus der Tierwelt ein, aber sie verminderten den Reichtum nicht.

Erst dem sinn- und planlosen Hinmorden europäischer Zivilisation war es auch dort vorbehalten, das Unglaubliche zu vollbringen und öde Leere an Stelle des einstigen Lebens zu setzen.

Ich halte die Mythe vom Paradiese und der ehemals herrschenden Eintracht unter seiner Tierwelt für seherhaft wahr! Was die glaubwürdigsten Männer aus den hochpolaren Gegenden unserer Erde erzählen, daß sie dort die ausnehmend klugen Seelöwen und Robben, Renntiere und Vögel antrafen, die, nicht einen Zoll vor dem Menschen zurückweichend, keine Spur von Angst bezeigten, hat vor der beginnenden Vorherrschaft des Menschen für unsern gesamten Planeten gegolten.

Was jene Männer in den menschenleeren polaren Wüsten geschaut, habe ich in den Wüsten des in seiner blendenden Lichtfülle zu Unrecht mit dem Namen des schwarzen Kontinents bezeichneten Erdteiles noch heutigen Tages oftmals beobachten dürfen. In der Gemeinschaft einer einzigen ungeheuren Herde drängten sich Fried- und Raubtiere zu gewissen Zeiten in den Steppengegenden zusammen.

Wo der Eingeborene nicht jagt und die Tierwelt verfolgt, tritt sie in ein so freundschaftliches Verhältnis zum schwarzen Menschen, wie bei uns die gehegten Arten, wie Singvögel und zahmes Wild, wie Storch, Schwäne, Eichhörnchen und all die andern mancherorts dem Menschen vertrauenden, von ihm beschützten Tiere.

Ähnlich großer Reichtum an tierischem Leben in überwältigender Anzahl, wie es einst im Süden Afrikas sich fand, treffen wir heute in den äquatorialen Steppengegenden dieses Kontinents an.

Freilich mit jenem verschwundenen einstigen Tierparadiese des südlichsten Afrikas kann sich der Reichtum der inner-afrikanischen Steppenfauna nicht völlig messen. Allzusehr sind bereits die Reihen der Elefantenherden gelichtet und die Büffelherden durch das Wüten der vom Europäer eingeschleppten Rinderpest dezimiert. Dennoch aber habe ich wochen- und monatelang zu gewissen Jahreszeiten Wildmengen vereint gefunden, deren Artenzahl und Mengen der Individuen die kühnste Phantasie überschreitet; und ich vermag mich daher im Geiste in die Zeiten Südafrikas, die längst vergangen, zu versetzen.

Ich kann nicht genug hervorheben, um welch unendlichen Reichtum einer großen herrlichen Tierwelt es sich da handelt, und möchte meine Stimme erheben dürfen, um alle, die die Macht in Händen haben, zu veranlassen, zu retten und zu erhalten, was noch zu retten ist!

Hierunter verstehe ich zweierlei, sowohl die mögliche Erhaltung der noch vorhandenen Schätze als auch ein baldigstes und intensives Sammeln von Exemplaren der einzelnen Arten durch sachverständige Hände für unsere Stätten der Volksbildung, die Museen! Heute ist es für viele Arten noch Zeit, in wenigen Jahren aber rettungslos zu spät!

Ich darf eine Reihe klangvoller deutscher Namen auf dem Gebiete der Geographie und Tierkunde anführen, wie Professor Schweinfurth, Professor Ernst Haeckel, Professor R. Hertwig, Professor Brauer, Professor Fritsch, Professor Doflein, Professor Ludwig Heck, Professor Paul Matschie, Professor Schalow, Professor Tonwentz, Wilhelm Bölsche, Professor Günther-Freiburg, Professor von Waldeyer, Professor Salomon-Wien, die alle meine Ansicht in diesem Punkte teilen.

Leider kannten wir die Tierwelt unserer kolonialen Besitztümer um den Anfang dieses Jahrhunderts erst höchst unvollkommen, um so größere Genugtuung gewährte es, sie zu erforschen.

In mehreren deutschen Museen finde ich manches von mir gesammelte Stück »meiner« Tierwelt der afrikanischen Steppe von taxidermistischen Meisterhänden belebt von der kleinsten Zwergantilope bis zur Giraffe, vom Klippschliefer bis zum Nashorn und Elefanten: als einzig möglicher Ersatz der Wirklichkeit für alle jene, denen das Leben und Treiben der exotischen Tierwelt mit eigenen Augen zu schauen versagt bleiben muß. Das ist dem Sammler eine große Freude!

Heute schon sind eine Reihe der Insassen unserer zoologischen Museen aus dem Buche der Lebendigen gestrichen, die noch zur Zeit unserer Väter zu Millionen unsern Planeten belebten. Die Vernichtung durch die menschliche Hochkultur aber schreitet mit reißender Schnelle fort. Neuerdings haben sachgemäß angestellte Versuche ergeben, daß sich aus dem amerikanischen Bison ( Bison americanus Gm.) mit der Zeit vielleicht ein sehr wertvolles Haustier hätte gewinnen lassen. Es ist um so kurzsichtiger, die reiche afrikanische Fauna kurzerhand irgendwelchen augenblicklichen Interessen der Zivilisation aufzuopfern, als diese letzteren vielfach problematischer Natur sind. Der reiche afrikanische Wildbestand aber ist etwas Gegebenes und er hat einen großen und gar nicht hoch genug zu schätzenden Wert.

Ziel- und planlose Vernichtung durch Menschenhand!

Immer wieder finde ich diesen Gesichtspunkt durch das Schicksal der heutigen Tierwelt wie einen roten Faden sich hindurchziehend, wo wir uns auch über den ganzen Erdball mit der einschlägigen Materie beschäftigen.

Theodore Roosevelt, der frühere Präsident der Vereinigten Staaten von Nordamerika, sagt in seinem Werke: »Outdoor Pastimes of an American Hunter« (Jägerfreuden): »The most striking and melancholy feature in connection with American big game, is the rapidity, with which it has vanished« ... (Die hauptsächlichste und schmerzlichste Tatsache mit Bezug auf das amerikanische Großwild ist die Schnelligkeit, mit der es von Menschenhand vertilgt wurde.)

Er untersucht diese betrübende Tatsache kritisch, tritt für seine Person in jeder Weise für Schongesetze und die Errichtung von Wildreserven ein, stellte sich an die Spitze aller Bestrebungen, die auf möglichsten Schutz der Tierwelt und Natur hinzielen, und zeigte uns durch Wort und Tat, wie man in kurzer Zeit Außerordentliches auf diesem Gebiete erreichen kann. Dabei redet der Präsident auf jeder Seite seines vortrefflichen Werkes einer fachgemäßen Ausübung des Weidwerkes das Wort und stellt sich nicht etwa auf die Seite extremer Schwärmer! Seine Bestrebungen waren höchst verdienstvoll und haben sich in Nordamerika, das infolge eigenartiger Verhältnisse, bis vor kurzem ohne Bedenken seine Naturschätze verwüstet hat, zweifellos auch außerordentlich erfolgreich erwiesen.

Die Schaffung des Yellowstone Nationalparkes ist größtenteils das Werk des Präsidenten; seine Einrichtungen in bezug auf Schutz der Tierwelt sind mustergültig. Kein Schuß darf in diesem riesigen Territorium fallen. Es bildet ein unantastbares Nationalheiligtum, innerhalb dessen Grenzen alles Leben geschützt ist. Mehrere ähnliche Reservate sind bereits entstanden oder im Entstehen begriffen. Strenge Schongesetze sind teils überall in Nordamerika eingeführt, teils werden sie je nach Lage der Verhältnisse vorbereitet, ganze Länder, z. B. Alaska, werden durch Gesetz auf Jahre dem Jäger verschlossen.

Kurz, auf eine Periode sinnlosen Wütens ist ein Zeitpunkt des Aufsichselbstbesinnens gefolgt mit einer Schnelligkeit, wie sie nur unter amerikanischen Verhältnissen gedacht werden kann ...

Die angeführten Tatsachen geben zu denken. Wenn in so großen Teilen der Welt derartige Maßnahmen sich notwendig erwiesen, müssen gewichtige Gründe dafür sprechen. Und in der Tat – die ursprüngliche Natur, die Naturdenkmäler sind in den Vereinigten Staaten so gut gefährdet wie an vielen anderen Orten der Welt ...

Das Niederschlagen ungeheurer Walddistrikte und die Vernichtung der stattlichsten Vertreter der Tierwelt erfolgte in Amerika mit Rieseneile.

Die fast völlige Ausrottung des prächtigen amerikanischen Bisons, der zu Millionen einst die amerikanischen Prärien bedeckte, bildet eine der erschreckendsten Tatsachen in bezug auf Wildvernichtung durch eindringende Kultur und hat nicht wenig zu all den großen Maßnahmen beigetragen.

Solche Maßnahmen sind in einem Lande wie Amerika möglich, nützlich und durchführbar, auch in anderen Ländern mit geordneten Verhältnissen sind ähnliche Verordnungen aller Arten in der letzten Zeit im Entstehen begriffen. So schützen jetzt z. B. strenge Gesetze die Reste der eingeborenen australischen Tierwelt. Ganz anders und weit schwieriger liegen die Verhältnisse innerhalb des ungeheuren Kontinents, den wir Afrika nennen. Wie nirgendwo, ist es da an der Zeit, Schutzmaßregeln zu treffen. Aber wie können diese Maßregeln, wenn auch noch so wohl ersonnen, durchgeführt werden? Als erschreckendes Beispiel muß uns das Verschwinden der südafrikanischen Tierwelt infolge der überaus schnellen Ausbreitung der Kultur vor Augen stehen! Wir vermögen heute, unterrichtet durch einige glaubwürdige Autoren, die einzelnen Phasen der Tiervernichtung innerhalb des letzten Jahrhunderts zu überschauen und uns ein Bild zu machen von dem, was in dieser Beziehung anderen Teilen Afrikas mit dem Eindringen der Kultur bevorsteht.

Gewichtige Stimmen zum Schutze der afrikanischen Tierwelt haben sich ganz neuerdings namentlich in England erhoben. Hier ist es vor allen Dingen Edward North Buxstone, der auf einschneidende Schutzmaßregeln für die afrikanische Tierwelt innerhalb der weiten Besitzungen oder Interessensphären des britischen Weltreiches drang. Im besonderen für die Vogelwelt erhob der englische Postminister The Honourable Hobhouse erfolgreich seine Stimme.

Auch sind in England viele Stimmen laut geworden, die die Ansicht vertreten, daß selbst relativ schädliche Tiere eines gewissen Rechts auf Schutz durch den Menschen nicht entbehren dürfen. So sagt Sir H. H. Johnston, der frühere Gouverneur der Uganda-Provinz in Zentralafrika, in der von ihm verfaßten Vorrede zu der englischen Ausgabe meines Buches »Mit Blitzlicht und Büchse«, daß nach seiner Ansicht das Wiesel, die Eule, als uralte britische »Bürger« der dortigen Fauna, nicht völlig einem zwar schönen, aber doch immer fremdartig bleibenden »Eindringling« wie dem asiatischen Fasan aufgeopfert werden dürfen; daß der Silberreiher, Paradiesvogel, Chinchilla, Seeotter und ähnliche Geschöpfe ebenso ästhetisch wirken und dieselbe Existenzberechtigung haben, wie eine auf Kosten dieser Tiere schön gekleidete Frau! Bahnbrechend auf diesem Gebiete war in England der hochherzige Entschluß der Königin Alexandra, sich an die Spitze des zum Schutze des durch Ausrottung bedrohten Edelreihers begonnenen »Anti-osprey-movement« (Vereinigung gegen das Tragen von Reiherfedern auf Damenhüten) zu stellen.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß die völlige Ausrottung irgend einer Tierart bei jedem denkenden Menschen ein unbehagliches und mißliches Gefühl auslösen muß, und daß völlige Vernichtung gewisser Tierarten nur dann ein von allen Menschen geteiltes und allgemeines Interesse haben kann, wenn uns diese Tiere ausschließlich Schaden und keinerlei Nutzen, welcher Art er auch immer sei, bringen.

Keine Epoche der Weltgeschichte kann sich gleich der unsrigen rühmen, im Laufe von nicht vielen Jahrzehnten fast täglich neue Fortschritte und Verbesserungen in bezug auf Technik, Kultur und alle Gebiete des menschlichen Wissens erlebt zu haben; keine Epoche aber auch war mehr durchdrungen von dem großen Gedanken fortschreitender Humanität.

Die intensive, immer geschicktere und immer kompliziertere Ausnutzung aller dem Menschen von der Natur gebotenen Hilfskräfte scheint ihn indessen blind zu machen für einige große Sünden, die er gerade heutigentags zu begehen im Begriffe ist ... Diese großen und nicht leicht wieder gutzumachenden Sünden gegen die Harmonie, die Ordnung der uns überkommenen Natur finden wir in der Verunstaltung und der Verseuchung der Flußläufe, Verunreinigung der Luft, in der Verwüstung eines Teiles der Pflanzenwelt, namentlich der Wälder, und der Vernichtung eines Teiles der mit uns lebenden Tierwelt!

Wir scheuen uns nicht vor der rücksichtslosesten Ausbeutung uralter uns überkommener Wälder: der tief im Schoße der Erde vergrabenen Steinkohlenschätze nämlich, und der Fachmann vermag es mit großer Sicherheit auszurechnen, daß in wenigen hundert, im Höchstfalle tausend Jahren diese Schätze erschöpft sein werden.

Die siegreich fortschreitende Technik mag uns, wenn es so weit gekommen, vielleicht einen Ersatz, vielleicht weit Besseres zu bieten; jene hochentwickelten Organismen aber aus der Tier- und Pflanzenwelt, die heute der Mensch rücksichtslos aus der Liste der Lebendigen streicht, die lebenden Wälder und ihre Fauna, wird uns keine Technik, keine Wissenschaft jemals wieder neu gebären. Wir retten mit peinlicher Gewissenhaftigkeit jedes Restchen vergangener Kunst; je älter Dokumente aus früheren geschichtlichen Epochen sind, um so sehnlicher sind sie uns erwünscht, um so höher werden sie bewertet. Bereitwillig zahlen unsere Sammler für einen alten Papyrus, ein altes Bild, Zierstück, oder eine Marmorstatue die höchsten Summen. Und wer bürgt uns dafür, wie mit Recht bemerkt wurde, daß nicht einst ein neuer Phidias, einer neuer Michel Angelo, ein neuer Praxiteles aufersteht und Ebenbürtiges, ja noch weit Vollkommeneres schafft? Dies rückhaltlos zu verneinen, würde gleichbedeutend mit der Leugnung irgend welchen Fortschrittes der Menschheit sein. Derselbe Mensch aber, der so konservativ und pietätvoll auf der einen Seite handelt, sieht mit verschränkten Armen zu, wie Schätze vernichtet werden, die gerade heute, im Zeitalter der Erkenntnis des großen Wertes aller Naturwissenschaft, mit besonderer Liebe und Sorgfalt behütet werden müßten.

Wir organisieren mit außerordentlich hohen Kosten Expeditionen zur Vermessung und Erforschung weiter Länderstrecken; wir senken in die größten Meerestiefen unsere sinnreich erfundenen Schleppnetze und studieren rastlos die kleinsten Organismen, die sie uns ans Tageslicht befördern. Wir sinnen über den Lauf der Sterne und berechnen immer genauer ihre weltfernen Wege; wir enthüllen täglich neue Geheimnisse und haben fast verlernt uns darüber zu wundern, daß uns jeder Tag etwas Neues, etwas Unerhörtes bringt. Vieles, was da geschieht, um alte Schätze zu bergen, könnte ebenso gut in späteren Jahren geschehen. Aber vieles, das wir unterlassen, kann späterhin nie mehr gut gemacht werden, denn wir dulden auf der anderen Seite das Hinschlachten und die Ausrottung der merkwürdigsten, der interessantesten und unbekanntesten Formen unter den hochorganisierten Mitbewohnern unseres Erdballs!

Ein mit furchtbarer Deutlichkeit redendes Beispiel dieses Prozesses ist, wie schon ausgeführt, das heute von so vielen Europäern bewohnte Südafrika im weiteren Sinne. Dort sind fast alle größeren Tiere verschwunden, die einst zu Milliarden die weiten Ebenen belebten. Wer die Berichte früherer, zuverlässiger Reisender studiert, wer da liest, daß vor kaum hundert Jahren der Anblick von einhundert, selbst einhundertfünfzig Nashörnern an einem Tage, von Hunderten, den Menschen kaum scheuenden Elefanten, von unzähligen Antilopen nichts Seltenes war, der fragt sich, wie es möglich sein konnte, daß all die Fülle von Leben in so kurzer Zeit verschwand. In unseren Tagen wertet eines jener riesigen südafrikanischen, damals noch in so großer Anzahl lebenden breitmäuligen Nashörner ein kleines Vermögen und ist in Deutschland in keinem Museum zu finden und überhaupt kaum mehr zu beschaffen! Jener einstige Reichtum ist heute nur wenigen bekannt, solchen nur, die sich näher mit der einschlägigen Materie beschäftigen, und ihnen wird es dann auch mit erschreckender Deutlichkeit klar, daß dieser Prozeß sich überall dort abspielen muß, wo ähnliche Verhältnisse sich entwickeln werden, wie einst in Südafrika ...

Da kann kein Zweifel sein: In abermals hundert Jahren werden weite Strecken im einst so dunkeln Afrika mehr oder minder kultiviert sein, und die Fülle des reizvollen tierischen Lebens, welche heute noch dort beobachtet werden kann, hat der Macht der Zivilisation weichen müssen. Das ist dann die Zeit, wo die glücklichen Besitzer von Hörnern und Häuten nun ausgestorbener afrikanischer Antilopen, die Besitzer von Elefantenzähnen, Schädeln und Überresten aller Art, sich alles dies mit Gold aufwiegen lassen werden, wo man es nicht begreifen wird, daß man zu unserer Zeit so wenig bedacht war, alles dies wertvolle Material in ausreichender Menge wenigstens für die Wissenschaft zu retten, anstatt es in seiner Gesamtheit den Interessen des Handels und den rücksichtslosen neuen Besiedlern des Landes preiszugeben. Denn rücksichtslos und ohne weiten Blick müssen diese hart mit der Notwendigkeit des Lebens und seiner Bedürfnisse ringenden Menschen handeln; auch werden sie häufig ein Land in Besitz nehmen, ehe eine Regierung die Befolgung ihrer Verordnungen, seien sie auch noch so gut gemeint, erzwingen kann, bevor geordnete Verhältnisse dort eintreten. So wird es denn kommen, daß man plötzlich nicht mehr imstande sein wird, auch nur die europäischen Museen mit je einem Paar des riesigen Elefanten zu versehen oder ähnliche große Formen eben diesen Instituten zu Schauzwecken einzuverleiben. (Einzig das Senckenbergmuseum meiner Mutterstadt Frankfurt am Main besitzt heute, im Jahre 1920, einen von Rudolf von Goldschmidt-Rothschild gespendeten afrikanischen, majestätischen Bull-Elefanten als Lehrmittel in einem einwandfreien Exemplar. Ein von mir erlegter Elefantenbulle, den ich dem Berliner Zoologischen Museum übergeben konnte, ist bis heute dagegen noch nicht ausgestopft bzw. aufgestellt worden.) Und nicht nur in bezug auf diese großen Arten, nein, auch in bezug auf viele andere wird es sich dann ähnlich verhalten.

Die Königin-Mutter Alexandra von England hat, wie schon bemerkt, vor einiger Zeit den Wunsch ausgesprochen, daß keine Dame vor ihr mit Reiherfedern auf dem Hut erscheinen möge. Um 1918 Vergl. Anmerkung Seite 7. wurde dann in England die Einfuhr von allen wilden Vogelfedern »aus dem britischen Weltreich« nach dem Vorgange der nordamerikanischen Union, wie es heißt, verboten. Diese Tat ist auf das freudigste zu begrüßen. Wird doch unsere Vogelwelt in einer Weise vernichtet, von der nur wenige Kundige eine Ahnung haben. Wüßten unsere Damen, daß sie durch die Mode der mit Vogelfedern »geschmückten« Hüte ganze Arten von Vögeln ausrotten, so würden sie zweifelsohne dieser verderblichen Mode nicht mehr huldigen. Dieser Vogelmord geht etwa in folgender Weise vor sich. Die führenden Firmen kommen überein, diese oder jene »Vogelmode« einzuführen. Damit ist das Todesurteil mancher seltener Vogelarten gesprochen. Die über die ganze Welt zerstreuten Händler geben den gewerbsmäßigen Jägern aller Orten Auftrag, beispielsweise Reiherfedern zu beschaffen. Wie geht nun diese Beschaffung vor sich? Der Edelreiher, ein scheuer und schöner Vogel, ist nicht so leicht zu beschleichen. Die begehrten Schmuckfedern trägt er nur zur Nistzeit! Doch der gewerbsmäßige Jäger weiß Rat: er vernichtet ihn einfach zu Tausenden und abermals Tausenden an den Nistständen! Die Elternliebe treibt das scheue schöne Geschöpf, wenn die Jungen ein geringes Alter erreicht haben, unfehlbar vor das verderbenbringende Rohr des lauernden Jägers, und dieser mordet kaltblütig die zu Tausenden vereint brütenden Vögel. Unzählige Tausende muß er morden, unzählige Tausende junge, hilflos ihrer Eltern beraubte Nestvögel müssen elend verschmachten, ehe eine für menschliche Schulter berechnete Trägerlast solcher Federn beisammen ist. Nun werden die Händler der ganzen Welt verproviantiert, damit eine vielleicht nur wenige Jahre währende Mode der Putzsucht einige Genüge leiste! Bis in die abgelegensten Sümpfe Amerikas, Asiens und Australiens, der transkaspischen Länder, und wo nur irgend Edelreiher brüten, kann man den gewerbsmäßigen Jäger verfolgen, seine schreckenerregende mörderische Tätigkeit beobachten. Das Ende ist ewiges Schweigen. Eine seltene Vogelart ist gar bald ausgerottet. Im vorigen Jahrhundert allein sind gegen zwei Dutzend Arten von Vögeln vollkommen ausgestorben; fast ein Dutzend Vogelarten sind in diesen unseren Tagen vom Aussterben bedroht! Dies ist nach den Veröffentlichungen der »Smithsonian Institution« ganz besonders in Nordamerika in bezug auf ebensoviel Arten der Fall. Die wundervollen Paradiesvögel hingegen, die letzte amerikanische Damenhut-»Zierde«, Bewohner der abgelegenen Inseln der Südsee, sind ebenfalls im höchsten Grade gefährdet, vielleicht teilweise schon ausgestorben. Aller Orten diese betrübliche Tatsache. Es ist wahrhaftig hohe Zeit, hier helfend einzugreifen. Ich denke mir, daß ein Appell an alle edlen Frauen, an die heranwachsende Jugend hier das förderlichste sein müsse! Auch in Afrika habe ich ein Beispiel des Verschwindens einer Vogelart bereits wahrgenommen: Jeder Europäer gibt sich Mühe, in den Besitz der so geschätzten Marabufedern zu gelangen. Schon im Jahre 1900 habe ich mich als Teilnehmer an der Internationalen Wildschutzkonferenz Der Verfasser glaubt hier seine Ansichten über Schutz der Naturdenkmäler nicht besser zum Ausdruck bringen zu können, als durch auszügliche Wiedergabe eines Berichtes über das Vorkommen des Storches im Kreise Soldin, von Herrn M. Kurth. Dieser schreibt in der »Jagd«, Illustrierte Wochenschrift für deutsche Jäger, vom 13. Mai 1906:
»Zum Abschuß des Storches, der durch den zuständigen Bezirksausschuß für die Kreise Soldin, Landsberg und Ost-Sternberg auf die Zeit vom 1. März bis 15. Juni festgesetzt ist, sei bemerkt, daß die Meinungen der Jäger über die Schädlichkeit des Storches bezüglich der Niederjagd doch weit auseinandergehen, und ob nicht doch vieles auf Rechnung des Bruder Langbein geht, was das Konto anderer Räuber entlastet. Der Ort Balz bei Dietz an der Ostbahn fällt durch seine vielen Storchnester auf, denn es befinden sich dort fast auf jeder der vielen Scheunen zwei, an jedem Ende des Daches eins. So war es schon vor dreißig Jahren, und so ist es heute noch, doch ist es den Eigentümern der Scheunen niemals eingefallen, die Nester der Störche zu zerstören oder der Ansiedlung der zutraulichen Vögel zu wehren. Wie viele werden aus purer Schießlust – allerdings sind das keine weidgerechten Jäger – aber leider anderwärts oft genug das Feuerrohr auf den unschuldigen Vogel richten? Wo bleibt hier die Kontrolle! Dann vergesse man nicht, daß die Störche sich bei uns im Warthebruch in der ersten Aprilwoche zu Hunderten einfinden, um sich dann in die Umgegend zu verteilen. Am liebsten rasten sie dann in den Viehkoppeln, um sich dem menschlichen Auge so viel wie möglich zu entziehen. Es ist zu wünschen, daß nun niemand annimmt, der Storch tritt hier »massenhaft« auf, darum »hineingefunkt«. Einige Jahre würde sich derselbe das vielleicht gefallen lassen, dann aber würde er die Gegend meiden, und unser Landschaftsbild wäre um eine anmutige Vogelerscheinung ärmer, wie mir es leider mit dem Fischreiher und dem Kormoran in unserer Gegend erfahren haben. Wir wollen hoffen, daß es mit dem Storch, mit dessen Erscheinen doch ein gut Teil der Poesie unsrer Kindheit zusammenhängt, und um das wir nicht beraubt sein möchten, nicht so weit kommt! Welch anmutiges Bild, wenn Bruder Langbein gravitätischen Schrittes die Schnitter beim Heumachen begleitet, so zutraulich und furchtlos! Wir möchten ihn auf dem grünen Wiesenplan nicht missen. Und welche Freude bei groß und klein, wenn der erste Storch seine Kreise über dem heimatlichen Ort zieht, wenn er zum erstenmal sein altes Nest aufsucht und mit freudigem Geklapper seine Ankunft meldet? Muß es nicht jeden fühlenden und denkenden Naturfreund mit Schmerz und Unwillen erfüllen, wenn man kleiner Räubereien wegen einen so lieben, die Ebene so anmutig schmückenden Vogel, vielleicht durch Mutwillen oder bloße Vertilgungswut, aus einer Landschaft vertreiben wollte! Es märe doch wahrhaftig eine Versündigung an dem landschaftlichen Charakter unserer Heimat, an der uns umgebenden Natur, wenn wir aus engherzigem Eigennutz Störche, wie auch in letzter Zeit den farbenprächtigsten unserer Vögel, den vermeintlichen »großen« Fischräuber, den Eisvogel, vertilgen. Liebe zur Natur und Freude an derselben ist aber ein wertvolles Stück deutschen Gemütes, und darum, lieber Weidmann, bewahre deutsche Art und Tugend!«
in London nach Kräften bemüht, einen Schutz, auf dem Papiere wenigstens, für den Marabu zu erwirken, einen Vogel, der mir nicht nur persönlich wegen seiner außerordentlichen Klugheit ans Herz gewachsen ist, sondern der eben darum schon in den klassischen Zeiten des Altertums allgemein beliebt war. Umsonst! Das will aber nichts mehr und nicht weniger als die Vernichtung dieses großen, auffälligen und relativ leicht zu erbeutenden Vogels bedeuten, dessen Vermehrung noch dazu eine äußerst geringe ist, dessen Federn so leicht und unbemerkt in Briefen versandt werden können.

Aus allen diesen Gesichtspunkten sei ein Anschluß an den Bund zum Schutze der Vogelwelt in Deutschland warm empfohlen. Anmeldungen dazu sind an seine überaus verdienstvolle langjährige Vorsitzende Frau L. Hähnle, Stuttgart, Jägerstraße 34 zu richten. In England haben alle diese Gründe den Zusammentritt der »Society for the Preservation of the Wild Fauna of the Empire« (Verein zur Erhaltung des wilden Tierlebens) herbeigeführt, die sich den Schutz des gesamten Tierlebens des britischen Weltreiches angelegen sein läßt. Verfolgen wir nun einmal an der Hand der englischen Literatur etwas genauer den Vernichtungsprozeß der südafrikanischen Tierwelt. Dies betrübliche Ereignis hat sich mit großer Schnelligkeit im Laufe von nur etwa hundert Jahren abgespielt. Soweit ich aus zahlreichen englischen Quellen und den Veröffentlichungen der oben genannten Gesellschaft habe ermitteln können, wurde schon um das Jahr 1800 der letzte »Blaauwbok« ( Hippotragus leucophaeus Pall) der Buren in der Kapkolonie getötet. Aus den erhaltenen Abbildungen dieses Wildes geht hervor, daß es eine etwas kleinere Art der heute noch in anderen Teilen Afrikas lebenden prachtvollen Pferdeantilope war. Während der nächstfolgenden fünfundsiebzig Jahre wurde die Ausrottung vieler anderer Tierarten planmäßig betrieben, und genau achtzig Jahre später wurde das letzte Quagga, eine Zebraart ( Equus quagga) von den Buren getötet. In ganz England ist ein einziges, noch dazu in recht schlechtem Zustande befindliches Exemplar dieser Art im Britischen Museum in London erhalten geblieben. Hauptsächlich gewerbsmäßige Jäger betrieben die Ausrottung des Wildes, um Felle und Häute der erlegten Tiere zu verhandeln. Ein ferneres Opfer der eindringenden Europäer bildete das riesige, breitmäulige, sogenannte »weiße« südafrikanische Nashorn ( Rhinoceros simus Burch.) ein gewaltiges Geschöpf, das einst in Menge die Grasebenen Südafrikas belebte. Die Länge der von ihm getragenen »Nashörner« wird auf bis zu sechs Fuß neun Zoll nach englischem Maße angegeben! Noch gegen das Jahr 1884 konnte ein einzelner Händler vierhundert Angehörige des Matabelestammes mit Waffen und Munition ausrüsten, auf Nashornjagd aussenden und ganze Berge von »Nashörnern« aufhäufen. Heute sind einzelne Exemplare dieses Tieres für Museen kaum mehr aufzutreiben und werden fast mit Gold aufgewogen! Kunde, die uns in der letzten Zeit geworden, läßt vermuten, daß eine ganz geringe Zahl dieses riesigen Tieres, vielleicht nicht mehr als fünfunddreißig Stück, im Zulu- und Mashonalande zwischen unzugänglichen Sümpfen ihr Wesen treibt, in einem Distrikt, der den Europäern wegen seines verderbenbringenden Klimas fast verschlossen ist. Dennoch hat die Regierung von Natal erfreulicherweise auf die widerrechtliche Erlegung eines solchen Tieres eine Strafe von 6000 M. gesetzt.

Ein klassischer Zeuge der Wildvernichtung, die inzwischen ohne schriftliche Zeugnisse weiter vor sich gegangen sein mag, ist für Südafrika im Jahre 1836 der Engländer Kapitän (später Sir) William Cornwallis Harris. Die Buren mögen Hekatomben von Wild hingeschlachtet haben: bis zu jener Epoche fehlt uns nähere schriftliche Kunde darüber. Dieser Vorgang deckt sich mit den Ereignissen unserer Tage in bezug auf die Vernichtung des Elefanten, des Nashorns und anderer Tiere im weiten Afrika. Die Vernichtung geht in der Stille vor sich, und nur wenige Männer, die diese Verhältnisse einigermaßen überschauen, tragen darüber Kunde in weitere Kreise, andere aber schweigen, vielfach aus guten Gründen ...

Die Nachwelt verdankt alle Kunde über den damaligen Wildreichtum Südafrikas nur den englischen Jägern jener Tage. Wären nicht unter ihnen einige Männer gewesen, die auch die Feder zu führen vermochten, so wäre uns wohl kaum zuverlässige Kunde aus dieser Zeit geworden. Bei dieser Gelegenheit möchte ich dem nicht selten fälschlich geschmähten englischen »Rekordjäger« insofern das Wort reden, als ich ihn als vielfach nur in der Phantasie bestehendes Fabelwesen bezeichnen muß. Jedenfalls dürfen englische Auffassung von 5port als vorbildlich gelten, ebenso die Maßregeln, die von englischer Seite zum Schutz der Tierwelt ergriffen werden.

Die Schilderungen eines Harris, Oswell, Vardon, C. J. Andersson und ihrer Zeitgenossen geben einen Begriff, welch ungeheure Wildmengen die südafrikanischen Ebenen damals durchfluteten. Wir sind leicht geneigt, den faunistischen Reichtum früherer Epochen zu unterschätzen. Seit undenklichen Zeiten spielt sich der Prozeß der Tiervernichtung durch die Hand des Menschen ab. Seit Tausenden von Jahren hat der Mensch die Fauna immer mehr und mehr zurückdrängen müssen, und sie ist diesem ungleichen Kampfe gewichen. Dieser Vorgang spielt sich so langsam und unmerklich ab, daß uns nur noch die dürftigen Relikte aus früheren Zeiten eine Schätzung des Reichtums ermöglichen, der längst verschwunden ist. Das sind keine leeren Phantasien: alle die einsam gelegenen Eilande der Weltmeere, die wenig betretenen Polarländer und alle menschenleeren Einöden und Steppen geben uns auch heute noch Kunde davon. Nicht nur aus dem Munde von Cornwallis Harris, sondern auch einiger seiner Zeitgenossen sind uns Schilderungen über den einstigen Reichtum an Wild im Kaplande Südafrikas geworden. Damals war das Land im Sinne des Wortes bedeckt mit zahllosen Herden von Kapbüffeln, Weißschwanzgnus, Bleßböcken, Bonteböcken, Zebras, Quaggas, Bergzebras, Kuhantilopen, Elenantilopen, Pferdeantilopen, Oryxantilopen, Wasserböcken, Pallahantilopen, Springböcken und Straußen. Herden von Hunderten von Elefanten wurden sichtbar; Nashörner, sowohl die weiße, jetzt fast ausgestorbene Art, wie auch das schwarze Doppelnashorn konnten an einem Tage in vielen Dutzenden gesichtet werden, die Giraffen zu vielen Hunderten; jeder Sumpf, alle Flußläufe waren von Flußpferden im Sinne des Wortes übervölkert. Alle anderen heute noch spärlich vorkommenden Wildarten, wie das große schöne Kudu und alle die verschiedenen Krten kleineren Wildes waren in großen Mengen vertreten! Obwohl der Süden Afrikas seit dem Jahre 1652 in immer steigendem Maße von Buren besiedelt worden war, hatten alle diese Schätze sich immer noch in reichlicher Menge erhalten können bis zu dem Zeitpunkte, wo vor etwa hundert Jahren der Hauptvernichtungskrieg begann. Viele Ursachen spielten da mit: die steigende Zahl der Ansiedler, ihr immer weiteres Vordringen in abgelegene Gebiete und vor allen Dingen die Verbesserung der Feuerwaffen.

Die Eingeborenen, obwohl in Südafrika höchst zahlreich, hatten, wie überall, die Tierwelt dem das Land erobernden Europäer in reicher Zahl übergeben. Ihm war es vorbehalten, den Vernichtungskrieg in kurzer Zeit zu Ende zu führen. Ein wahrhaft trauriges Schauspiel!

Mit treffenden Worten hat mein Freund Wilhelm Bölsche (gelegentlich der Besprechung der großen Ausgabe meines Buches) diesen Vorgang geschildert: »In Afrika vollzieht sich heute vor unseren Augen ein wunderbares Schauspiel. Eine ganze gigantische Tierwelt geht zugrunde. Es ist der Hauptrest der großen Säugetierentwicklung der Tertiärzeit. Einst über Europa, Asien, Nordamerika in gleicher Fülle verbreitet, geht diese überaus merkwürdige Lebenswelle jetzt auch in ihrem letzten Asyl rapid nieder. Alles wirkt zusammen: Menschenkultur, Menschenunverstand, Krankheit. Wenn für so etwas einmal die Stunde ist, hilft alles mit besiegen. Um ein Beispiel anzugeben: An einer belanglosen Tatsache, daß wir beim Billardspielen elfenbeinerne Kugeln benützen, geht der afrikanische Elefant zugrunde. Der einzelne kann das nicht aufhalten. Aber was er kann, das ist: Für einen Spezialzweig der Naturwissenschaft vor Toresschluß noch Material retten. Die letzten Elefanten, Wildbüffel, Giraffen noch einmal beobachten in ihrem uralten Milieu, dieses letzte lebende Stück der Tertiärzeit!«

Von großer Wichtigkeit für unsere Kenntnis des einstigen Tierreichtums in Südafrika sind vor allen Dingen die Aufzeichnungen Le Vaillants, eines in seinen Tagen sehr bekannten französischen Reisenden, welcher um das Jahr 1780 von Kapstadt aus seine Reise ins Innere antrat. Sie sind um so interessanter für uns Deutsche, als er auch Teile des heutigen Deutsch-Südwestafrika bereiste und uns über die damaligen Verhältnisse in seinem Buche unterrichtet. Auch er erzählt von geradezu unglaublich großen Mengen der verschiedensten Wildarten, stößt allenthalben an den Ufern des Orangeflusses auf große Elefanten- und Giraffenherden und weiß nicht genug von dem erstaunlichen Tierreichtum zu berichten. Für den heutigen Kenner Deutsch-Südwestafrikas werden seine Berichte von ganz besonderem Interesse sein. Er veranstaltete große Sammlungen, die er mit in sein Vaterland brachte, und darf allem Anschein nach als einigermaßen vertrauenswürdiger Gewährsmann betrachtet werden, wenn er sich auch, nach Art vieler damaliger und späterer Reisender, leider hier und da bedauerliche Münchhausiaden gestattet. So z. B. berichtet er an einer Stelle, daß er ein von ihm angeschossenes Zebra versuchsweise eine lange Strecke weit bis zu seinem Lager geritten habe!

Etwa fünfzig Jahre später zur Zeit der Reisen des Kapitän Sir William Cornwallis Harris, der als unbedingt ernst und glaubwürdig in jedem Worte betrachtet werden muß, herrschten, wie bereits angeführt, noch ähnliche Verhältnisse in bezug auf den Wildreichtum wie in den Tagen Le Vaillants.

Die Belästigung der Reisenden durch Löwen war z. B. etwas ganz Alltägliches. Der Vaalfluß wimmelte damals noch von Flußpferden. Die Umgebung des heutigen Pretoria war van einer Anzahl von Nashörnern belebt, die dem Reisenden geradezu lästig wurden: »Aus jedem Busch schaute der häßliche Kopf eines solchen Geschöpfes hervor.« Aus der Umgebung von Mafeking berichtet er, daß die Ansammlungen von Zebras und Weißschwanzgnus tatsächlich die ganze Ebene bedeckten, daß er wohl an fünfzehntausend Stück Wild gleichzeitig mit eigenen Augen sah! An einer anderen Stelle erzählt er uns von einem geradezu überwältigenden Anblick. Er sah über dreihundert Elefanten zu gleicher Zeit; die Ebene bildete nach seinem Bericht eine einzige lebende bewegte Masse. –

Der von mir bereits als Gewährsmann erwähnte William Cotton Oswell, der erst im Jahre 1893 starb, lernte die südafrikanischen Länder zur Zeit Livingstones kennen und berichtete in ähnlichem Sinne wie sein Vorgänger Harris. Er fand einmal über vierhundert Elefanten in einer Herde vereinigt in der freien Steppe! Leider hat er, gleich so vielen anderen, nur höchst spärliche Aufzeichnungen veröffentlicht.

Gordon Cumming, ein aus Brehms Tierleben auch dem deutschen Publikum bekannt gewordener Reisender, hat aus jenen Tagen ebenfalls Aufzeichnungen hinterlassen, die sich mit den Schilderungen seiner Zeitgenossen decken. Aus dem Jahre 1860 wird uns da berichtet, daß im Orangefreistaat ein großes Treiben veranstaltet worden war. Man schätzt die Zahl des durch die Eingeborenen zusammengetriebenen Wildes, sowohl Zebras, wie Quaggas, Gnus, Kuhantilopen, Bleßböcke, Springböcke und Strauße, auf über fünfundzwanzigtausend Stück. Die an diesem Tage gemachte Beute wurde auf zirka sechstausend Geschöpfe berechnet, und eine Anzahl Eingeborener wurde von den Wildherden zu Tode getrampelt.

Um jene Zeit gab es noch gewerbsmäßige europäische Elefantenjäger in Südafrika. Heute gibt es weder Elefanten nach sonst irgendwelches Wild in nennenswerter Anzahl in den sonst so reich besetzten Revieren. Alles ist im Laufe von hundert Jahren hingeschlachtet worden. Wo einst Hunderttausende von Gnus ihr Wesen trieben, gibt es nur wenige hundert sorgsam behütete und gehegte Stücke. Mit allen anderen Wildarten verhält es sich ähnlich. Viele andere sind völlig und für immer verschwunden. Langsam, aber sicher wird sich ein ähnlicher Prozeß überall da im weiten Afrika abspielen, wo die Zivilisation ihren Einzug hält. Eine Möglichkeit nur gibt es, das schöne afrikanische Wild auf die Dauer zu erhalten, die nämlich, daß der Jäger sich der Hege und Schonung annimmt.

Mit Recht sagt ein so erfahrener Kenner einschlägiger Verhältnisse wie der verstorbene A. H. Neumann, wohl einer der erfahrensten, leider aber gewerbsmäßigen englischen Elefantenjäger, daß das Vorhandensein vieler afrikanischer Wildarten sich mit der fortschreitenden Kultur nicht verträgt. Er führt aus, daß nur dort einigermaßen auf sicheren Schutz des Wildes gerechnet werden könne, wo Wildreserven nicht nur errichtet, sondern auch Europäern und Eingeborenen gegenüber hinreichend kontrolliert werden können.

In den britischen Kolonien Afrikas hat man mit großem Erfolge Wildreserven eingerichtet, die für Britisch-Ostafrika, den Sudan und Somaliland, endlich für Britisch-Zentralafrika zusammengenommen etwa die fünffache Größe des Viktoriasees haben mögen.

Nach möglichst genauen Berichten der Distriktverwalter hat man Schätzungen angestellt über die Zahl des vorhandenen Wildes, hat bei Anlage der Wildreserven die weiten Wanderungen der afrikanischen Tierwelt möglichst in Betracht gezogen und durch strenge Schutzmaßregeln mannigfacher Art höchst Erfreuliches erreicht. Auch in der Transvaalkolonie ist ein Schonrevier zwischen dem Elefantenfluß und der portugiesischen Grenze in der Nähe von Barberton bestimmt worden. Wer in dieser Reserve unberechtigt jagt, verfällt einer Strafe von zweitausend Mark oder sechs Monaten Gefängnis. Von großem Interesse ist der amtliche Bericht über die Insassen dieser Wildreserve. »Sie enthält ein altes Rhinozeros (»mit Blei von früher gespickt«), eine kleine Herde Elefanten, einen ansehnlichen Bestand von Straußen, fünf bis neun Giraffen, einen befriedigenden Bestand von Gnus, ebenso von Schwarzfersen oder Impallahantilopen, zwei bis drei kleine Büffelherden, mehrere Zebraherden, eine gute Anzahl Klippspringer, zahlreiche Wasserböcke, Kudus und eine kleine Anzahl Pferdeantilopen. Ob hingegen Oryxantilopen und Elenantilopen noch vorhanden sind, erscheint dem Berichterstatter höchst fragwürdig.«

In den weiten Wildreserven, die hingegen in Britisch-Afrika und namentlich im englischen Sudan errichtet worden sind, treiben noch eine große Anzahl all der formenschönen Bewohner der Wildnis ihr Wesen, die das Herz jedes Jägers entzücken müssen.

Es ist zu hoffen, daß durch die Errichtung derartiger mit Erfolg zu überwachender »Heiligtümer« (Sanctuaries) Wie durchgreifend Präsident Roosevelt in Nordamerika mit Bezug auf die Errichtung van Schongebieten verfuhr, ersieht der Leser aus dem Umstand, daß er beispielsweise in Kalifornien und Oregon solche in einer Ausdehnung von 250 Quadratmeilen schuf, die niemand mit Schießwaffen betreten darf. Ein warnendes Beispiel: In einem anderen amerikanischen Schonrevier, den »Hawaian Islands Reservation«, töteten japanische Federjäger unerlaubterweise über 250 000 Albatrosse, um sie auf den Markt für Vogelfedern nach London über Japan zu verschiffen., wie der Engländer sie nennt, ein Weg gefunden ist, ähnlich wie in Amerika, so auch in Afrika das eingeborene Tierleben noch lange zu schützen.

Mit Interesse verfolgte ich seit Jahren alle einschlägigen Ereignisse, und eine ausgebreitete Korrespondenz mit Kolonial-Offizieren, -Beamten und Privatleuten gestattete mir den Schluß, daß man sich vielerorts nach Kräften regte. Freilich stießen wir Deutsche dabei bei diesen Bestrebungen auf große Schwierigkeiten. So scheint es, daß die (mißglückte) Burenansiedlung am Kilimandscharo in Ostafrika, zuverlässigen und zahlreichen Berichten nach zu schließen, äußerst verderblich für den einst so herrlichen Wildbestand jener Gegenden gewesen ist. Aber freilich, eine Ansiedlung von Buren, eines Volkes, das einst so gründlich mit dem Wilde Südafrikas aufräumte, wird sich mit einer Erhaltung dieses Wildbestandes schwer vereinigen lassen. Man sieht, wie schwierig die Regelung dieser Dinge für die Regierung war. Doch hatte der Verfasser hier schon frühzeitig seine warnende Stimme erhoben und seine Bedenken gegen diese Ansiedlung ausgesprochen.

Vergessen wir ferner nicht, daß die Fortschritte der Waffentechnik so außerordentliche sind, daß der heutige Schütze dem Wild unter ganz anderen Bedingungen nachstellt, wie der Jäger vor einem halben oder einem Vierteljahrhundert. Aber nicht der einzelne sportliche oder wissenschaftliche Jäger, – ihm verdanken wir fast ohne Ausnahme die erste Kunde, die Kenntnis vieler Bewohner der Wildnis aus dem Tierreiche! – nicht der Mann, der so unsere Aufmerksamkeit erst auf die fremde Fauna lenkt, darf als der Vernichter exotischer Faunen betrachtet werden, sondern all die machtvollen Verhältnisse zusammengenommen, die den Fortschritt der Zivilisation allerorten ausmachen. War doch eine völlige Ausrottung des ostafrikanischen Wildes allen Ernstes von ärztlicher Seite bereits in Anregung gebracht worden, um hierdurch der Tsetsefliege oder andern Schädlingen beizukommen, die Krankheiten vom Wilde auf das zahme Vieh übertragen können. Und das, bevor man mit Sicherheit sagen kann, ob diese Erreger nicht auch von einer Anzahl sehr kleiner und unausrottbarer Tiere aus übertragen werden können!! –

Wir haben zunächst die Aufgabe, die fremden Faunen genau kennen zu lernen. Dazu müssen wir Material herbeischaffen, das unseren wissenschaftlichen Instituten das Studium jener fremden Tierwelt ermöglicht, das ihnen gestattet, weiten Kreisen eine Anschauung von all den reichen Schätzen zu geben und dadurch Liebe und Verständnis im Herzen der ausziehenden Kulturpioniere zu erwecken.

Gleichzeitig müssen wir auf ausführbare Schutzmaßregeln sinnen. Das ist ein weites Feld der Arbeit. Der Jäger muß einen vernünftigen Tierschutz in die Hand nehmen. Dieser Schutz muß den andersartigen Verhältnissen angepaßt sein, die die weiten exotischen Jagdgründe aufweisen und darf nicht von heimischen Gesichtspunkten allein betrachtet werden.

Nicht damit ist es getan, über die Ausrottung der Tierwelt zu wehklagen, auch nicht damit, dem einzelnen Jäger seine Jagdfreude zu unterbinden, sondern nur dadurch kann Ersprießliches erreicht werden, daß alle ins Ausland reisenden Europäer ihre Erfahrungen austauschen, Material sammeln und sich nach Kräften bemühen, in gemeinsamer Arbeit Maßregeln zu ersinnen, die der drohenden Vernichtung tunlichst Einhalt gebieten.

Das ist ein großes und schönes Ziel. –

Die internationale Wildschutzkonferenz, welche schon 1900 von den in Afrika interessierten Großmächten nach London zusammenberufen worden war, um gewisse Grundlagen zur Schonung und Erhaltung der afrikanischen Tierwelt zu schaffen, und zu der der Verfasser als Sachverständiger seitens der deutschen Regierung entsandt war, hatte bereits eine Anzahl dahin zielender Bestimmungen getroffen, welche je nach Lage der Verhältnisse in den einzelnen Teilen Afrikas ausgebaut und ergänzt werden sollten. Leider sind diese Beschlüsse in der Folge entgegen dem Wunsche einiger Großmächte niemals ratifiziert worden.

Seit jener Zeit sind die Hoffnungen, es könnten auf internationaler Basis zweckmäßige Schutzbestimmungen eingeführt werden, nicht erfüllt worden. Möchten sich diese Hoffnungen Der Verfasser bittet, ihm möglichst viel authentisches Material über Tiervernichtung und Ausrottung in Afrika wie auch in andern Weltteilen (und auch in der Heimat!) zugänglich zu machen. Für alle diesbezüglichen Mitteilungen ist er im Interesse der Sache sehr dankbar. Zuschriften wären an mich unter der Adresse meines Herrn Verlegers zu richten und werden auf Wunsch streng vertraulich behandelt. in einer nahen Zukunft dennoch erfüllen, ehe es zu spät ist! –


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