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Kopfleiste

32. Wildschutz und Schutz der Naturdenkmäler in Afrika und in der Heimat.

Das innige, schöne Verhältnis, das der deutsche Jäger zur Natur seines Vaterlandes einnimmt, wird hoffentlich noch lange, lange Zeit von Geschlecht zu Geschlecht vererbt, imstande sein, den alten herrlichen Zauber des Waldes und des Wildes zu erhalten und zu bewahren. Der Begriff deutscher Jagdgerechtigkeit hat sich in einem so edlen und vollkommenen Sinne entwickelt, wie der Begriff fairen Sportes in England.

Beide Begriffe können nur aus einem schiefen Gesichtswinkel mißbilligend beurteilt werden. Englische Auffassung des Sports erobert sich die Welt – deutsche Auffassung der Jagd sollte sie erobern!

Aus einer guten deutschen hirschgerechten Weidmannsschule hervorgegangen, schätze ich mich glücklich, eine so wundervolle Tierwelt wie die afrikanische kennen gelernt zu haben. Dem Einflusse dieser Schule darf ich es wohl zweifellos zuschreiben, daß meine Auffassung des Erlebten und Geschauten eine so verständnisvolle und dankbare Aufnahme im In- wie im Auslande finden konnte.

Es ist etwas wunderbares um die deutsche Jagd! Ursprünglich liegt der Jagdtrieb wohl in jedem Menschen. Man muß nur ein einziges Mal die Aufregung erlebt haben, die innerhalb einer Versammlung von Tausenden von Menschen Platz greift, wenn sich plötzlich ein Hase oder ein ähnliches Wild zeigt. Fast ohne Ausnahme bemüht sich in solchen Augenblicken ein jeder, diesem Wilde nachzustellen, ohne Überlegung, und selbst in dem Bewußtsein, daß ihm die Beute auf keinen Fall gehören wird. Hier spricht eben ein starker, tief im Menschen wurzelnder Trieb. Aber wie schön und herrlich hat sich das, was wir unter Weidgerechtigkeit verstehen, aus diesem ursprünglichen Triebe in unserem Vaterland entwickelt!

Schon in uralten Zeiten muß sich eine gewisse Organisation des Jagdbetriebes herangebildet haben. Erzählen uns doch Forscher von Ruf aus dem Leben der nomadischen Jäger verschiedener Länder, daß die einzelnen Stämme und Familienverbände nur ganz bestimmte abgegrenzte Gebiete bejagen und diese Grenzen bei Leibe nicht überschreiten dürfen. Ähnliches ist mir von den Wandorobbo und anderen jagenden Steppennomaden Afrikas aus eigener Anschauung bekannt. So wird es sich wohl allenthalben verhalten haben, von den Zeiten her, in denen primitive Menschen, Höhlenbewohner, die mächtige Tierwelt der Vorzeit zu bekämpfen begannen, bis in unsere Zeit, wo der Jagdbetrieb immer mehr organisiert wurde, bis er endlich ausschließlich den Grundeigentümern anheimfiel.

Aus diesen Rechten entstand das Streben nach Schutz sowohl dem fremden eindringenden Jäger gegenüber, als auch in bezug auf das Wild. Die fortschreitende Erkenntnis lehrte den Jäger, daß er nicht über ein gewisses Maß von Wild erlegen dürfe, ohne es auf seinem Gebiete vollkommen auszurottend Die Hudsons Bay Company brachte im Jahre 1891 nach 1358, im Jahre 1901 nur noch 271 Stück Moschusochsenfelle ( Ovibos moschatus) in den Handel. Kanadische Biber verkaufte eben diese Gesellschaft im Jahre 1878 noch 102 715, im Jahre 1892 nur nach 44 200! Ein ausgezeichnetes Beispiel übertriebener Ausnutzung der Jagdgründe!. Aus alledem bildete sich dann wieder unser heutigentags so kompliziertes Jagdrecht und der Wunsch nach möglichst rationeller Ausbeutung der Jagdgründe. Dies Problem ist in Deutschland in ausgezeichneter Weise gelöst worden. Die deutsche Jagd ist von wichtigem Einfluß auf die Volkswohlfahrt. Zahlreiche Männer erstarken leiblich und seelisch durch die Ausübung der Jagd, und bedeutende Summen fließen dem Volksvermögen durch sie zu.

In Deutschland leben nach mäßiger Schätzung über eine halbe Million Jäger; es werden gegen 40 000 Stück Rot- und Damwild Diese vor etwa zehn Jahren niedergeschriebenen Sätze hat der Verfasser mit Absicht nicht geändert., gegen 200 000 Rehe, vier Millionen Hasen, vier Millionen Feldhühner, 400 000 Enten alljährlich erlegt, alles in allem gegen 25 Millionen Kilogramm Wildpret, das einen Wert von 25 Millionen Mark hat und beinahe ein v. H. der gesamten deutschen Fleischnahrung darstellt. Die Jagdpachten bringen gegen vierzig Millionen jährlich ein Diese Angaben entnahm ich, neben anderen Quellen, dem interessanten Artikel von C. Brock in der Zeitung »Die Jagd«. – Der Verfasser berechnet die jagdlich genutzte Fläche im Deutschen Reiche auf 54 Millionen Hektar, die Zahl der auf jagdbares Wild im Jahre abgegebenen Schüsse auf 16 Millionen und die Zahl der auf nicht jagdbare Tiere abgegebenen auf 6 Millionen! Er nennt mit Recht den gesamten Jagdbetrieb einen »Verlustbetrieb« für den einzelnen, aber einen Gewinnbetrieb für die Gesamtheit.. Solche Werte liegen heutigentags im deutschen Jagdbetriebe. Aber diese Jäger, die eine so große Menge von Wild alljährlich erlegen, müssen gleichzeitig auch Beschützer und Heger dieses tierischen Lebens sein. So überraschend es klingt: viele Arten von Wild wären ohne Jäger längst ausgerottet! Aus zwingenden Gründen muß der Verfolger gleichzeitig die Rolle des Beschützers übernehmen.

Dieser Gedanke sollte aber viel weiter greifen, als es noch der Fall ist. Keine Nation hat, wie gesagt, die Jagd und den jägerischen Sinn so praktisch schön und poetisch auszugestalten gewußt, als gerade die deutsche. Aber nicht zu leugnen ist, daß diese so vollkommene Einrichtung, eben wegen ihrer Vollkommenheit, in gewissem Sinne einseitig geworden ist, einseitig, weil die Jägerei ihren Schutz und ihre Hege nur auf gewisse Tierarten beschränkt, einseitig aber auch, weil sie ihre Aufgabe in gewissem Sinne allzu zünftig auffaßt. Darin liegt ja eine große Stärke, aber auch eine gewisse Gefahr, jetzt, wo im Laufe der hastenden Zivilisation auf allen Gebieten des Lebens Veränderungen so sehr viel schneller eintreten als in früheren Zeiten.

Ich muß offen gestehen, daß ich mich mit den heute bei uns geltenden Ansichten über gewisse »schädliche« und »nützliche« Tiere nicht ganz befreunden und sie vielfach nicht teilen kann.

Der Mensch greift meines Erachtens überall auf der Erde viel zu radikal in ursprüngliche, harmonische und gesetzmäßig gewordene Verhältnisse des Werdens und Vergehens ein. Er glaubt sich berechtigt, ihm im Augenblicke schädlich vorkommende Tierarten auf die Proskriptionsliste zu setzen, und verödet so die Natur in einer Weise, die heute schon vielfach den Unwillen kundiger Naturfreunde erregt!

Mußten sich doch bereits auch in Deutschland Bünde zur Erhaltung der Naturdenkmäler bilden. Naturdenkmäler sind ein weiter Begriff, umfassend nicht nur Landschaften, im weitesten Sinne, sondern auch Pflanzen und Tiere.

Über die wilde Tierwelt sitzt heute der Weidmann zu Gericht, er diktiert ihr die Gesetze, ist ihr Herr über Leben und Tod. Was er traditionell in festen Normen vorgeschrieben hat, ist den Jüngern Dianas heilig und unantastbar.

Kann sich aber, wie gesagt, unser Vaterland rühmen, in seiner »teutschen Jägerey« eine altehrwürdige Institution zu besitzen, wie sie in gleicher Weise heute in anderen Ländern kaum mehr zu finden ist, so sind – ich wage das offen und frei auszusprechen – viele Jäger in allzu rigorosen Verdammungsurteilen zahlreichen reizvollen Erscheinungen unserer deutschen Tierwelt gegenüber befangen! Mit Pulver und Blei, mit Fallen und selbst dem tückischen Gifte glauben sie sich berechtigt, dem »Raubzeug« entgegenzutreten, welches den ihnen zu Jagdzwecken genehmen Wildarten nachstellt.

Ausschaltung der Auslese der Schwächeren und darauf unerbittlich sich einstellende Degeneration ist die Folge!

Jäger und Fischer verlangen unbedingte Vernichtung aller ihnen schädlich scheinenden Tierarten. Dies Verlangen bringt die Vernichtung vieler formschönen und einen Schmuck der Landschaft bildenden Tierarten mit sich. Folgerichtig müßte der Jäger als Forst- und Landwirt die Vernichtung auch des Wildes verlangen, das doch aus Forst und Feld seine Nahrung zieht. Das verlangen die Jäger natürlich nicht, sondern sie müssen sich, soweit angängig, von höheren Gesichtspunkten leiten lassen. Das geschieht auch schon vielfach. Als Kennzeichen intensiven, nach wissenschaftlichen Grundsätzen geleiteten Jagdbetriebes haben wir beispielsweise neuerdings die wertvolle Idee des Forstmeisters Grafen Bernstorff zu begrüßen, wonach jungen Rehen und jungem Rotwild kleine, die Tiere nicht belästigende Marken, sogenannte »Wildmarken«, an den Lauschern (Ohren) befestigt werden. So kann man ihr Verbleiben, ihre Wanderungen, ihre Entwicklung genau verfolgen ...

Wir leben also tatsächlich schon in der Zeit, in der die einzelnen Stücke Wild gewissermaßen eine Nummer tragen.

So interessant und wertvoll derartige Maßnahmen sind, sollten wir unsere liebevolle Fürsorge auch auf die nicht jagdbare, unsere Heimat verschönende und belebende Tierwelt ausdehnen! Einige bekannte Großgrundbesitzer gehen hierin mit leuchtendem Beispiel voran, so in Ungarn, wo es Reviere gibt, in denen Wolf und Bär nicht völlig vernichtet werden, und in Deutschland, wo eine relative Schonung des Fuchses, des Uhus u. a. da und dort stattfindet. Die Folge war eine bedeutende Zunahme in der Stärke der Hirschgeweihe und Rehgehörne der betreffenden Reviere. Englische Grundbesitzer geben einem Wanderfalkenpaar, einem Paare Steinadler eine Freistatt, um diese schönen Vögel nicht völlig ausrotten zu lassen ...

Nicht nur der Jäger, auch der Fischer maßt sich dasselbe Recht an des zu Gerichtsitzens über Leben und Tod in bezug auf alle »Fischfeinde«, und wenn wir so weiter gehen, müßte der Imker die ihn schädigenden Schwalben vernichten, dürfte der Weinbauer Drosseln, Grasmücken und andere Singvögel töten. Schwerlich gibt es irgend ein Lebewesen, dem sich nicht gewissen menschlichen Erwerbsquellen gegenüber eine Schädigung nachweisen läßt. Aber soll nun der Ausüber jenes Erwerbes gleich berechtigt sein, auf Vernichtung der betreffenden Tiere zu dringen?

Unsere deutschen Meere, Seen, Teiche und Flüsse bargen aber beispielsweise in alten Zeiten – in denen ungezählte Fischräuber, vom Otter bis zum Reiher und Eisvogel, ihr Wesen trieben – einen Fischreichtum, der unbeschreiblich groß war im Gegensatz zu den heutigen Verhältnissen.

Nichts ist lehrreicher und interessanter als die Tatsache Auf diese Tatsache weist der Verfasser mit vollstem Nachdruck hin., daß die von Fischfeinden jeder Art, Krokodilen, Wasserschildkröten, Fischottern und einem Heer von fischfressenden Vögeln belebten Sümpfe, Flüsse und Seen Afrikas förmlich von Fischen wimmeln. Oft war es unmöglich, Badewasser zu schöpfen, ohne daß junge Fische sich in den Gefäßen vorfanden, und sehr häufig fand ich in meinem Zelte, photographischen Arbeiten obliegend, Fischbrut in den zum Entwickeln bestimmten Gefäßen! Aber dennoch setzen heutigentags die Fischereivereine Prämien aus auf Fischottern, Reiher, Möwen, Kormorane, Taucher und selbst die lieblichen Eisvögel und Bachamseln. ... So glauben sie die durch Kanalisation, gewerbliche Absperrung der Flußläufe und chemische Abwässer vergifteten Flußläufe wiederum reich mit Fischen bevölkern zu können ...

Der Jäger aber vernichtet den Fuchs, den Marder, den Iltis, das Wiesel, die wilde Katze, den Dachs, den Fischotter und im Reiche der Vögel »alles Raubzeug mit Krallen und krummen Schwingen«, wie ein alter Forstmann sich mir gegenüber drastisch ausdrückte. Hand in Hand mit dem Fischer erstrebt er dabei noch die völlige Streichung der Kormorane, Fischadler und vieler anderer Tiere aus der Liste der Lebendigen.

Beide, der Jäger sowohl wie der Fischer, vergessen dabei, daß der Ackerbauer denselben Einwurf machen könnte, dasselbe Verlangen hegen dürfte, wie sie es in ihrem Reiche zu tun belieben: schädigen doch fraglos die »Jagdtiere« manchenorts den Ackerbauer erheblich!

Man kann über die allgemein herrschenden Anschauungen in bezug auf »Raubwild« mindestens verschiedener Ansicht sein! Schützt man nicht nur einseitig das gejagte Wild, sondern auch die übrigen Säugetiere und Vögel, so wird man damit herrliche Erscheinungen aus dem Reiche der Natur vor dem Aussterben bewahren, und es vermeiden, sie einseitigen Interessen für immer zu opfern. Es müßte doch zu denken geben, daß man in ursprünglichen Ländern – wie ich es vielfach in Afrika beobachten konnte – einen Urreichtum an Tieren aller Art vorfindet, der erstaunlich ist. Diesen Urreichtum jagt der Urmensch mit seinen einfachen Waffen seit grauer Zeit, ohne ihn in seinem Bestande allzusehr zu vermindern. Ein drastisches Beispiel, daß der Eingeborene dem Wildstande nicht schädlich wird, sondern nur der Europäer selbst, oder der in seinem Auftrage mit dem Gewehr jagende Eingeborene, zeigt das Schicksal des nordamerikanischen Büffels, der Wale, Walrosse und Robben in den Eismeeren, endlich das des afrikanischen Elefanten im einzelnen betrachtet, das Schicksal der südafrikanischen Fauna aber als Gesamtbild. –

Wir sollten daher in der Ausschaltung unserer sogenannten »schädlichen« Tiere nicht so rigoros vorgehen.

Es gibt nur wenige wirklich allgemein »schädliche« Tiere – die meisten Tiere dagegen sind an einem Orte der Welt nützlich – am andern wieder schädlich, und dementsprechend müssen wir Menschen auch unser Verhalten ihnen gegenüber einrichten! Die Gesamtheit der Tierwelt aber sollten wir schützen aus ethischen Gründen nicht nur, als auch aus Geboten der Klugheit!

In Südafrika bestehen sogar schon sogenannte »Poisoning clubs«, die sich die Ausrottung schädlicher Tiere durch Gift zur Aufgabe gemacht haben. Durch gesetzliche Vorschrift sollte die Anwendung von Gift – mit Ausnahme vielleicht für wissenschaftliche Zwecke – in unserm Vaterlande vollkommen untersagt werden. Die Strychninbüchse, deren Benutzung nur dem wissenschaftlichen Sammler in Ausnahmefällen erlaubt sein sollte, taucht heutigentags überall auf dem Erdball auf. Aus den fernsten Ländern ist mir von ihrer leider allzu erfolgreichen Anwendung berichtet worden So fand sie mein Freund Professor Haberer in Ostasien zur Vernichtung der dort harmlosen Bären angewandt.. Ist ihr schon längst der letzte Lämmergeier Im Norden Afrikas kann man sich leicht überzeugen, ein wie unschädlicher Aasfresser der »Lämmergeier« ist! der deutschen Alpenwelt zum Opfer gefallen, so räumt sie heute unter dem Bestande der für den Menschen harmlosen Bären Ostasiens und anderer Länder erschreckend auf. In unserem Vaterlande aber hat sich eine vollkommene »Giftindustrie« entwickelt, die etwas höchst Bedenkliches hat.

Ebenso möchte ich warm für das gesetzliche Verbot der Anwendung von Pfahleisen eintreten, denen unsere Eulen und Raubvogelarten in grausamster, abscheulichster und empörendster Weise zum Opfer fallen.

Fahren wir in dieser Weise fort, so kann der Zeitpunkt nicht mehr fern sein, wo wir mehrere interessante Angehörige unserer heimischen Tierwelt aus der Liste der Lebendigen zu streichen haben. Schon sind der Auerochs, Wisent, Elch, ferner der Steinadler, Uhu, der schwarze Waldstorch, der Kolkrabe in unserm Vaterlande teils vollkommen, teils bis auf geringe Reste ausgerottet! In Nordamerika sind u.a. folgende Tierarten in letzter Zeit teils ausgestorben, teils außerordentlich selten geworden: Kalifornischer Grizzlybär ( Ursus horribilis californicus), San Joaquin Valley-Elk (Wapiti), ( Cervus nannodes), Stones Renntier ( Rangifer stonei), Gabelantilope ( Antilocapra americana), Pallas' Kormoran ( Phalacrocorax persipillicatus), Labradorente ( Camptolaimus labradorius), Elfenbeinspecht ( Campephilus principalis), Waldente ( Aix sponsa), mehrere andere Vogelarten und endlich die amerikanische Waldschnepfe. – Letztere fällt hauptsächlich den zahllosen gewerbsmäßigen Jägern zum Opfer, welche sie in den südlichen Winterquartieren zu vielen Hunderten täglich jeder einzelne zu erlegen pflegen.

»This list could perhaps be extended« (Diese Liste könnte vielleicht noch erweitert werden), fügt Herr R. Rathbun, der Sekretär der Smithsonian Institution, dessen Freundlichkeit ich diesen Bericht verdanke, lakonisch seinem Schreiben hinzu.

Seine Mitteilungen haben mich besonders auch aus dem Grunde interessiert, als sie alte Erinnerungen in mir wachriefen. Mein Vater erhielt in den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts einen Brief aus Nordamerika, in dem ihm mitgeteilt wurde, daß er dort, wo sich das heutige New York ausgebreitet hat, Waldschnepfen zu Hunderten an einem Tage, erlegen könne, daß also dort die amerikanische Waldschnepfe noch so zahlreich sei, wie sie in Deutschland vielleicht im frühsten Mittelalter noch gewesen sein muß. Und heute steht die amerikanische Waldschnepfe bereits auf der Liste der »Aussterbenden«!! – Ich selbst aber pflegte in meiner Jugend einen farbenschönen, damals höchst zahlreich nach Europa gelangenden nordamerikanischen Sittig, der mittlerweile fast ausgerottet, heute nicht mehr zu beschaffen ist! Conurus carolinensis, Karolinasittig heißt diese schöne, ebenfalls auf der Ausrottungsliste Nordamerikas stehende Papageienart. Man beginnt denn auch dort drüben Schutzbestrebungen kraftvollen Ausdruck zu verleihen. In Sanktuarien, wie dem Yellowstonepark, ist das Tierleben, auch das der Raubtiere vollkommen geschützt, sind die Bären so zahm geworden, daß sie den Besucher auf wenige Schritte herankommen lassen ... Graf E. Bernstorff, der Gelegenheit hatte, im Staate Wyoming vor nicht langer Zeit noch einige der dort gehegten Bisons zu jagen, berichtet: »Man wolle es sich zur Lehre dienen lassen, noch bestehende urwüchsige Wildbestände, besonders in Afrika, besser zu schützen, als die amerikanische Tierwelt geschützt wurde. Man muß aber den Amerikanern und ihrem edlen Präsidenten, einem braven Weidmann, lassen, daß jetzt alles Mögliche in dieser Beziehung geschieht.« –

Roosevelt, ein zweifelsohne mit einem ganz außergewöhnlichen Seherblick für manche Dinge begabter Mann, trat in der Tat für weitgehenden Schutz aller »Naturdenkmäler«, im besonderen der Tierwelt, mannhaft in die Schranken, und suchte durch Wort und Schrift für diese großen und schönen, allen Menschen Freude, Nutzen und Genugtuung bringenden Ideen zu wirken.

In der Schule deutscher Weidgerechtigkeit aufgewachsen, habe ich später meine Ansicht in bezug auf den Begriff von »schädlichen Tieren« und »Raubwild« selbständig vollkommen umwerten müssen: in afrikanischer Wildnis wimmelt es von Raubtieren und wimmelt es von Nutzwild!! In afrikanischen Gewässern wimmelt es von Fischfeinden und wimmelt es von Fischen!! Wir sollten daher nicht so engherzig und schulgemäß verfahren, sollten nicht den letzten Fuchs, den letzten Edelmarder verfolgen wollen.

Unser Gefühl empört sich den Südländern gegenüber, die schonungslos unter den Singvögeln aufräumen.

Aber handeln wir etwa anders?

Das langgestreckte Italien wird alljährlich zweimal von den Fluten der in nordischen Ländern brütenden Singvögel durchwandert. Aus den Millionen dieser Sänger verschafft sich das dichtbevölkerte Land seinen Tribut, – leider neuerdings selbst Elektrizität und raffinierteste moderne Technik anwendend.

Aus urgrauen Tagen stammt dieser Brauch, aus Tagen, in denen der Mensch noch nicht gewohnt war, das Für und Wider kritisch abzuwägen, in denen er dem Vorteil des nächsten Tages – so wie heute noch der Neger – alle anderen Erwägungen aufopferte ...

Bei uns in Deutschland hat sich die Erkenntnis Bahn gebrochen, daß wir wenigstens der Welt der Singvögel Schutz angedeihen lassen müssen: das stark entwickelte Gemüt des deutschen Volkes sprach dabei zugunsten der lieblichen Sänger ein gewichtiges Wort!

Aber um dem Südländer gegenüber vollberechtigt allmählich unsere ängstlich gehegten Sänger mit einem schützenden Freipaß für ihre ferne Reise ins Winterquartier ausstatten zu dürfen, müßten wir selbst konsequenter sein in unserem eigenen Verhalten der immer seltener werdenden heimischen Tierwelt gegenüber!

Niststätten der Reiher und Kormorane werden immer seltener, die Horste des schönen schwarzen Waldstorches im deutschen Vaterland sind fast an den Fingern einer Hand zu zählen, ebenso beinahe die Horste seltener Raubvögel.

Die Erlegung einer Wildkatze ist bereits ein Ereignis geworden, ebenso die eines Uhu.

Aus der Fülle einschlägiger Literatur der letzten Zeit greife ich ein einziges Werk heraus. In einer sehr lesenswerten Schrift »Der Uhu in Böhmen«, führt der königliche Forstmeister Kurt Loos aus, daß diese interessante und schöne Großeule noch vor wenigen Jahren in etwa fünfzig Brutpaaren in fünfunddreißig Bezirken dieses Landes heimatete; heute leben dort nur noch achtzehn Paare in zehn Bezirken! Der Verfasser fordert den Schutz der noch vorhandenen Uhupaare als »Naturdenkmäler« und tritt mit warmem Herzen für seinen Gedanken ein. Sogar Röntgen-Photographien begleiten die interessante Arbeit, und drängen den Gedanken auf, daß in einer Zeit, in der man mit so vorzüglichen Hilfsmitteln zu arbeiten vermag, um so mehr die gedankenlose Preisgabe von Vermächtnissen ursprünglicher Naturschönheit vermieden werden solle.

Zahlreiche andere Beispiele über die rapide Abnahme gewisser Tierarten in unserem Vaterlande ließen sich hier anführen. Bedauerlicherweise haben wir sogar vorläufig nicht einmal das Recht, den Südländern einen uneingeschränkten Vorwurf ihres systematisch betriebenen Vogelmordes halter zu machen; üben wir doch selbst noch immer die Erlegung der Drosseln und die Frühjahrsjagd der Waldschnepfe aus. Da kann kein Zweifel sein: würden wir unsere Waldschnepfe mit der Frühjahrsjagd verschonen, so würde dieser dem deutschen Jäger so sehr ans Herz gewachsene Vogel recht häufig im deutschen Walde brüten. Mit Freude erinnere ich mich der Beobachtungen, die ich in den heimischen Eifelwäldern über ihr Vorkommen als Brutvogel angestellt habe. Auch in den Bergwäldern badischer Reviere habe ich sie als Brutvögel beobachten dürfen, und es ist bedauerlich, daß der sonst so peinlich gewissenhaft weidmännischen Gebräuchen gehorchende deutsche Jäger diesen Vogel mit der Frühjahrsjagd nicht verschont, obwohl er damit einen im heimischen Reviere brütenden Insassen seiner Jagdgefilde dezimiert. Die Waldschnepfe Nordamerikas ist im Aussterben begriffen, weil sie in ihren Brutgebieten mit der Jagd nicht verschont wird und ebensowenig in ihren Winterquartieren dem Jäger entgeht. So gehört sie zu den aussterbenden Vögeln Nordamerikas, während unsere europäische Waldschnepfe vorläufig weder in ihren teils unzugänglichen Brutgebieten des Nordens, noch auch während ihres Winteraufenthalts von planmäßigen Nachstellungen so sehr geschädigt wird. Aber es ist eben sehr schwierig, alt eingewurzelte, nicht mehr zeitgemäße Gebräuche abzustellen! »Che vuole, signore, il piacere della caccia!« antwortete ein Italiener einem Fremden, der ihm Vorhaltungen über die außerordentlich mörderische umfangreiche Taubenjagd mittels Netzen in Oberitalien machte. Dasselbe würden wohl die Mönche Über die Vernichtung unserer heimwärts wandernden Turteltaube ( Turtur turtur L.) während der Zugzeit in Griechenland siehe: Otmar Reiser, Kustos a. Bosn.-Herzeg. Landesmuseum, »Materialien zu einer Ornis Balcanica«. Auf Syra erlegt ein Schütze bis zu Hundert an einem Tage; auf Paxos werden sie nach Erzherzog Ludwig Salvator massenhaft erlegt; die Oberfläche der Strophadeninseln aber ist völlig zum planmäßigen Massenabschuß der »Trigones« durch Fallbäume und Schießstände umgestaltet. Wenn der Ruf »Trigones!« ertönt, wird überall in Griechenland ein Feuer auf die Ankömmlinge gerichtet. – Wie vor den meisten andern »Naturdenkmälern« aus dem Tierreich, so macht die Schießwut auch in unserm Vaterlande nicht einmal immer Halt vor dem Hausstorch! Tötet er gelegentlich einige junge Hasen, so vernichtet der Jäger, wenn auch gegen das Gesetz verstoßend, den heiligen und von der Volksgunst getragenen Storch rücksichtslos! gewisser Inseln des Mittelmeeres zur Antwort geben, wenn sie, altem Gebrauche folgend, auf ihren Eilanden Jahr für Jahr während der Zugzeit unzählige Mengen von Turteltauben töten, einen ihrer bevorzugten Leckerbissen, die sie eingemacht weithin versenden. So auch wird es schwer halten, vom deutschen Jäger die völlige Abkehr von der so reizvollen Frühjahrsjagd auf die Waldschnepfe zu erlangen. Durch die sehr interessanten Experimente des Duke of Northumberland, der junge Waldschnepfen zeichnen ließ, hat es sich ergeben, daß sie zweifellos in großer Anzahl in England überwintern. Sei es nun, daß Professor Boettger und Wilhelm Schuster recht haben, wenn sie aus ähnlichen Beobachtungen anderer Vogelarten auf eine wiederkehrende Tertiärzeit schließen, sei es, daß die beobachteten Vogelarten auch früher nicht selten bei uns zu überwintern pflegten, jedenfalls wäre ein erweiterter Schutz der Waldschnepfe außerordentlich angebracht.

Auch die betriebsame Ausbeute der Möwenkolonien, In dieser Beziehung sind seit dem Jahre 1914 und besonders seit 1918 die allertraurigsten Verhältnisse eingetreten. die planmäßige Ausraubung der Kiebitznester, durch die eine große Anzahl andere unsere Meeresküsten belebende Vogelarten geschädigt wird, wäre erheblich einzuschränken. Geschieht dies nicht, so werden wir in absehbarer Zeit eine noch bedauerlichere Verödung unter unseren Strand- und Wasservögeln beobachten können. Und wie dankbar erweisen sich manche Arten für einen Schutz! Wo auch immer er ihnen wird, beleben sie in der ansprechendsten Weise die Landschaft. So hat man gefunden, daß einzelne Möwenarten sich bereits einer Art Nachtleben in der Nähe großer Hafenstädte angepaßt haben ...

Als ganz besonders schutzbedürftig, als wundervolle Schmuckstücke im deutschen Landschaftsbilde, für deren Erhaltung jeder denkende Mensch eintreten sollte, seien hier genannt Fischadler, Schlangenadler, Bussard, Wespenbussard, Turmfalke, Baumfalke, beide Milanarten, Kolkrabe, Uhu, Kranich, Reiher, schwarzer und weißer Storch, Haubentaucher, Teich- und Wasserhühner. – Alle diese beleben und verschönen das Landschaftsbild in hervorragendem Maße und dürften einseitigen Interessen nicht geopfert werden! Weit verbreitete Irrtümer gilt es hier zu bekämpfen! So glaubt man vielfach unsere Eulen seien Vernichter der Vogelwelt. Wer sich davon überzeugen will, wie grundfalsch diese Ansicht ist, gebe sich die Mühe, die vorbildlichen Vogelschutzanlagen des Königl. Forstmeisters Dr. Schinzinger, Dozent der landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim (Württemberg) zu besichtigen. Hier wird er einen Reichtum an Singvögeln finden, der ganz außerordentlich ist, nebst einer Anzahl ebenfalls gehegter Eulen, die jeden Eulenfeind bekehren müßte.

Ich kannte einen alten königlichen Hegemeister, Märker von Geburt, der ein Menschenalter hindurch sein Revier in meiner Heimat pflegte und mit ihm verwachsen war. Er schützte »sein« Wild und freute sich über den Milanhorst und über den Dachsbau in seinem Walde. Viele Jahre lang hat er eine uralte Eiche, die stärkste der ganzen Gegend, zu schützen gewußt, die er im Jahre 1870 »Kaisereiche« getauft hatte.

Heute brütet kein Raubvogel mehr in diesem Revier; der uralte Dachsbau ist verfallen, und die Kaisereiche hat man pietätlos geschlagen. Der Alte aber hat, als seine Dienstzeit aus war, »sein« Revier nie mehr mit einem Fuß betreten, obwohl er in der Nähe seinen Lebensabend verbrachte ... Carl Schneider Verfasser der »Pürsche auf den Rehbock«, Verlag Neumann in Neudamm. hieß dieser hirschgerechte preußische Forstmann, dessen Schüler auf jagdlichem Gebiet in früher Jugend gewesen zu sein ich mich freue!

Das war ein Mann, dem das richtige pietätvolle Gefühl für den Schutz des althergebrachten Schönen und Ehrwürdigen angeboren war, und der die Naturdenkmäler liebte und schützte, wo nur möglich, ein Mann, der es aus innerstem Herzen begriffen hatte, daß jeder alte, ehrwürdige Baum, jedes heimische Mitglied der Tierwelt auch ein Recht auf einen gewissen vernünftigen Schutz hat. – – –

Werfen wir doch endlich einmal die strenge Trennung der Begriffe »schädlich« oder »nützlich« über Bord und schützen wir innerhalb gewisser vernünftiger Grenzen die gesamte Tier- und Pflanzenwelt! Das wäre edelster Jagdschutz im weitesten Sinne des Wortes. Neuerdings gewinnen diese von mir schon vor Jahren ausgesprochenen Ansichten erfreulicherweise immer mehr Anhänger.

Ich wage es, diesen Gedanken hier Raum zu geben, wissend, daß sie von einer großen Anzahl von Männern und Frauen geteilt werden. In den deutschen Jagdschutzvereinen haben wir Vereinigungen, die sich große Verdienste um die Erhaltung heimischen Tierlebens erworben haben. Eine Ausdehnung der Bestrebungen jener Verdienste auf Schutz der einheimischen Fauna und Flora überhaupt würde ganz gewiß den mittlerweile sehr veränderten Verhältnissen entsprechen. Nähern wir uns doch allgemach dem Zeitpunkte, in dem jedes Stück Wild unserer Heimat von Kennern registriert und in eine Liste eingezeichnet worden ist! Nähern wir uns doch allmählich in unseren Jagdrevieren dem Begriffe großer wohlgepflegter Gärten, in denen keine Wildnisse mehr existieren.

Ich führe als Beispiel fürs Ausland den Präsidenten Roosevelt an. Er gab dem Gedanken Ausdruck, daß es doch weniger auf die Erzielung großer Strecken einzelner Wildarten ankommen könne, als vielmehr auf Erhaltung ursprünglicher Schönheit von Wald und Wild.

Mit Freude gedenke ich meiner Jugend, in der ich zu der Zeit, als mein Vater im Verein mit anderen Hegern den Jagdschutzverein der Rheinprovinz begründete, Gelegenheit hatte, noch ursprüngliche Verhältnisse in dieser Beziehung kennen zu lernen. Meine heimatliche Eifel barg noch Schwarzwild, Uhu, Wildkatze und manche andere Seltenheiten in freier Wildbahn! Hier lernte das Ohr des Knaben jeden Laut der heimatlichen Fauna kennen und lieben. Roosevelt sagt mit Recht, daß gar manche amerikanische Tierstimme, so der Eulenruf, fälschlich als unschön bezeichnet werde; wer sie genau kenne, der gewinne sie lieb und wolle sie im allgemeinen heimischen Tierkonzert nicht vermissen. Allmählich und immer mehr sieht man das ein auch im deutschen Vaterlande.

Der deutsche Weidmann sollte dem Auslande ein leuchtendes Beispiel sein im Schutz aller Insassen seines Reviers. Seiner Pflege befohlen sei die gesamte deutsche Tierwelt im weitesten Umfange! Die Erreichung eines Schutzes dieses herrlichen deutschen Naturschatzes wäre eine Aufgabe, die den Dank jedes Naturfreundes, den Dank von Millionen Menschen bringen würde. Der deutsche Weidmann als berufener Schützer und Heger des heimatlichen Wildes, müßte auch der Schutzherr des gesamten Tier- und Pflanzenlebens seiner Heimat werden; er sollte sich sein heimisches Revier in voller Ursprünglichkeit erhalten.

Berauben wir aber im Vaterlande rücksichtslos gegenüber der überwiegenden Welt der Nichtjäger und gegenüber den vielen naturfreudigen und naturverständigen Menschen unsere Fauna und Avifauna ihrer hervorragendsten Zierden, wie kann man unter solchen Umständen erwarten und verlangen, daß in fernen wilden Ländern, wo auch der Europäer meist im härtesten Kampfe ums Dasein, im Ringen um die täglichen, selbst stündlichen Bedürfnisse des Lebens begriffen ist, Vorschrift und Gesetz beachtet werden – während man sich doch im eigenen Vaterlande so rücksichtslos von kleinen, ephemeren Interessen leiten läßt?!

Genügen schon im Vaterlande die Jagdgesetze kaum, ein Revier von Wilderern frei zu halten, bedarf es vielmehr überall des Tag und Nacht wachenden Aufsehers –, wie denkt man sich da das Verhalten vielfach weder jagd-, noch tierkundiger und auf diesem Gebiete ganz interesseloser, aber fast immer mordlustiger Europäer in Afrikas tiefster Wildnis, gegenüber den unermeßlichen Schätzen der dortigen Tierwelt?

Der bekannte englische Schriftsteller Clive Philips-Wolley sagt, daß erfreulicherweise der alte englische Jägergeist nicht ausgestorben sei, daß die weit entlegenen wildesten Reviere der Welt, zu deren Aufsuchung äußerste Energie und Mut gehöre, immer noch von Angehörigen des englischen Volkes aufgesucht würden, wie in alten Zeiten. England verdanke einen großen Teil seiner Kolonien unternehmungslustigen Männern, die als Jäger in unbekannte Wildnisse drangen, und der englische Jäger habe durch seinen Mut und seine Entschlossenheit unter fremden Völkern stets eine gute Rolle gespielt. Rücksichtsloses oder richtiges Benehmen von Reisenden in fremden Gegenden und unter fremden Völkerschaften genüge oft, in den Augen dieser Völker eine ganze Nation herabzusetzen oder als bewunderungswürdig erscheinen zu lassen. Ferner führt Philips-Wolley aus, daß die Erreichung großer Strecken in ausländischen Revieren Expeditionen sind in menschenleeren Gegenden zuweilen auf Verproviantierung durch Wild angewiesen oder sammeln im Auftrage wissenschaftlicher Institute gewisse Tiere in größerer Zahl. Derartige Sammlungen werden zuweilen in unverständiger Weise kritisiert. (Die gewerbsmäßige Abschlachtung der Tierwelt sollte endlich einmal verhindert werden!) nicht von heimischen Gesichtspunkten aus betrachtet werden dürfe, sondern von dem Standpunkte, den Kenner der betreffenden Reviere einnehmen würden.

Welch großer jägerischer Reiz liegt in der Bejagung exotischer Reviere! Freilich, die Verhältnisse haben sich seit Jahrzehnten so sehr verändert, daß die alten Jäger, sagen wir der fünfziger Jahre, vielleicht der heutigen Jagd nicht mehr den großen Reiz abzugewinnen vermöchten, den sie zu ihrer Zeit empfanden. Es war etwas ganz anderes, dem gefährlichen Wilde Afrikas mit einfachen Waffen, mit den Vorderladern jener Zeit entgegenzutreten! Zwar hatten die afrikanischen Jäger, die Professor Fritsch gegen die sechziger Jahre im Kaplande kennen lernte, schon recht weittragende Gewehre. Sie bedienten sich der lange Bolzengeschosse schießenden »Small bore rifles«, die bis zu fünfzehnhundert Schritte trugen. Diese Büchsen waren für die nächtlichen Jagden mit Elfenbeinhorn und Silberstrich eingerichtet. Ein Jäger, Namens Lanard, wurde damals durch die Erlegung eines Straußen auf siebenhundertundfünfzig Schritte im Kaplande berühmt!

Aber die Leistungen dieser Büchsen lassen sich mit der Treffsicherheit, dem Durchschlag, der Rauchlosigkeit, geringen Knall und Leichtigkeit der heutigen Waffen gar nicht vergleichen. Zudem benutzt der heutige Tropenjäger meistens Repetierbüchsen mit fünf und mehr Schüssen.

Doch sollte gerade in dieser Vervollkommnung der Jagdwaffen die Garantie liegen, weniger Wild nur anzuschießen – das beschossene sollte vielmehr auch tunlichst zur Strecke kommen.

Niemand ist geeigneter, abgelegene, schwer zugängliche und ungesunde koloniale Länder zuerst kennen zu lernen, als der Weidmann, der gerade in solchen Landstrichen sich wohlfühlen wird. Neben dem mehr oder minder großen Reiz, den die Jagd selbst bietet, wird ihm da manches andere erkundenswert, schön und begehrenswert erscheinen.

Hat er eine Karawane zusammengestellt, so genießt er zunächst das Gefühl ursprünglichen ungebundenen Lebens in der Wildnis. Sehen wir doch, daß selbst unter den Angehörigen der höchst entwickelten Kulturvölker sich gerade in unseren Tagen das Bedürfnis eines wenn auch bescheidenen Abglanzes dieses natürlichen Lebens bemerkbar macht. So ziehen, namentlich in Amerika, viele Städter einige Tage in Wald und Prärie hinaus, um dort in Zelten eine Zeitlang die Freude des »Camplebens« zu genießen.

In einem Gefahren aller Art bergenden Lande wie Afrika müssen wir alle Bedenken zu Hause lassen. Gerade der Reiz der Gefahr muß den Jäger locken. Er hat das Vertrauen der ihm Folgenden, seiner Begleiter, zu rechtfertigen; die Eingeborenen, mit denen er in Berührung kommt, werden nach seinem Auftreten, seinem Benehmen, alle seine Landsleute, sein gesamtes Vaterland beurteilen. So erwächst ihm die Pflicht, sich als Vertreter seines Volkes zu fühlen. Ist er auch berechtigt, wenn es darauf ankommt, sich bis aufs Blut seiner Haut zu wehren, so wird er doch, soweit irgend möglich, mit den eingeborenen Völkern in gutem Einvernehmen auszukommen suchen. Viele Gegenden Afrikas wird der Europäer mit ganz überlegenen Waffen durchreisen, Länder, deren Bewohner noch mit beinahe denselben Waffen kämpfen, die die prähistorischen Völkerschaften führten. Kaum kann man sich größere Gegensätze denken, und oftmals wird nur allein die absolute Überlegenheit der Waffen es dem Europäer ermöglichen, seine Reise durchzuführen, denn groß, sehr groß ist der Eindruck, den ihre Fernwirkung macht. Das habe ich immer wieder bestätigt gefunden! –

Das heutigen Tages in Deutschland als Krone der Jägertrophäe betrachtete Hirschgeweih kann der Jäger im äquatorialen Afrika nicht erbeuten. Dafür winken ihm aber von ähnlichen Beutestücken die imposanten Büffelhörner, die wuchtig-knorrigen Hörner der Elenantilope, die mächtig aufgebaute spiralige Kopfzier beider Schraubenantilopen, die vielgestaltigen Hörner der Kuhantilopen, die säbelartigen Dolche der Oryxantilopen, alle die übrigen zierlichen mannigfaltig gestalteten Antilopen- und Gazellenhörner, und manch anderer Kopfschmuck, der als Trophäe dem so manche fremde Länder beherrschenden Briten schon lange von großem Reize erscheint, und um so höher bewertet werden wird, je mehr Weidmänner ins Ausland hinausziehen und je mehr diese oft schwer zu erlangenden Schätze in Deutschland bekannt werden. Die weiß in der Sonne glitzernden gewaltigen Waffen des Elefanten, die ungeschlachte Kopfwehr des Nashorns wie des Flußpferdes, der drohende Büffelschädel, der zähnestarrende Kopf eines Riesenkrokodils, das schlichte und doch so begehrte Kleid des Wüstenkönigs, wie das schreiend-bunte des Leoparden – das alles sind Erinnerungen und Trophäen für den Jäger von höchstem Reiz. Von höchstem Reize und Wert, wenn er sie selbst erbeutet hat und nicht, wie Roosevelt dies in scharfen Worten geißelt, sie hat erbeuten lassen ... Alle diese Trophäen sollte der wirkliche Weidmann namentlich unjägerischen Elementen wie den Buren (ich meine die schlechten Elemente unter ihnen), die leider am Kilimandscharo das Wild zum Teil ausrotten durften, streitig machen; ihm gebühren sie bei weitem mehr, wie jenen. Deutsche Jäger brauchten sich aber nicht zu fürchten, in den dortigen Wildbestand weidmännisch einzugreifen, denn auch im deutschen Auslande hätten sich allmählich, wie in Ceylon und Indien längst geschehen, jagdliche Gebräuche herangebildet, der Eigenart des Landes angepaßt. In einer lesenswerten Veröffentlichung des Hauptmanns Schlobach war vor Jahren berichtet, daß die Militärposten Olgoß und Sonjo in der Masaisteppe ständig am Hungertuche nagten und sich mangels anderer Nahrungsmittel in der letzten Zeit leider oft nur mit Wildpret verproviantiert hätten!! Was würden deutsche Jäger, die noch dazu große Summen in die Kolonie hineingetragen haben, darum gegeben haben, wenn sie dieses Wild hätten erlegen können, um auch im Auslande dem Begriff der deutschen Jagd, der deutschen Weidgerechtigkeit zur Anerkennung und zum Siege zu verhelfen! Wie erschreckend schnell der Vernichtungsprozeß der afrikanischen Tierwelt vor sich geht, beweist die mir gewordene Mitteilung meines Freundes, des Königl. bayerischen Forstmeisters Dr. Escherich. Dr. Escherich fand bereits vor etwa 20 Jahren in Abessinien an 400 000 französische Lebel-Hinterlader, fand deren Patronen an Stelle von Geld als Zahlungsmittel eingefühlt und bezeichnet die gesamte, gewaltige Fauna Abessiniens als sozusagen in wenigen Jahren ausgerottet und verschwunden. –

Allmählich nimmt unsere Kenntnis der ausländischen Tierwelt so erfreulich zu, daß wir überall verstärktes Interesse für die ausländische Tierwelt und ihre Jagdreviere finden.

In unsern bisherigen Kolonien ist in letzter Zeit viel zur Aufklärung der bisher verschleierten Geheimnisse des Tierlebens geschehen. Bedenkt man aber, wie verschiedener Ansicht selbst heimische Autoritäten im Vaterlande in bezug auf manche die einheimische Fauna betreffende Fragen sind, so wird man manche scharfe tropische Kontroverse dieser Art milder beurteilen.

Aber nicht von gegenseitiger Bekämpfung wegen verschiedenartiger Ansicht ist Ersprießliches zu erhoffen; alle Männer in der weiten Welt, die sich Sachkenntnisse auf diesem schwierigen Gebiete erwarben, sollten sich vielmehr in gemeinsamer Arbeit vereinigen und gemeinschaftlich etwas Zweckmäßiges zu erreichen suchen.

Der Leser findet am Schlusse dieses Werkes die Gutachten zweier unserer ersten zoologischen Autoritäten. Ihre Ansichten decken sich mit den meinen. England schützt längst auf Grund langer, langer Erfahrungen seine koloniale Tierwelt durch vortreffliche Gesetze!

Mögen in Bälde wieder möglichst viele deutsche Weidmänner in tropische Reviere hinausziehen und sich jenem Zauber tropischer Jagd hingeben! Mögen sie vor allen Dingen dort auch lernen, ein wie reiches Tierleben sich in ursprünglichen Revieren vorfindet, wie dort trotz aller sogenannten »Raubtiere« Schätze von tierischem Leben sich finden, die uns Bewohnern überzivilisierter Länder zu denken geben sollten. Was aber im heimischem Reviere beim Rauschen der Eichen- und Buchenwälder, was auf heimischer Heide und Flur zu ihrem Herzen redet, das werden sie inmitten der fernen Wildnisse in noch viel höherem Maße finden, in weit stärkerem Maße empfinden, jenen »Zauber des Eleléscho«!

Noch in der letzten Auflage dieses Buches konnte ich deutschkolonialem Wildschutz das Wort reden. Das kann ich leider heute nicht mehr, nunmehr sind andern Mächten die Pflichten zur Erhaltung jener Wunder der Tierwelt geworden ...


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