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Kopfleiste

6. Von aussterbenden Riesen.

(Der afrikanische Elefant.)

Einst wurden weite Gebiete der Erdoberfläche – auch unser deutsches Vaterland – tatsächlich von den verschiedenen, teilweise eine riesige Größe erreichenden Ur-Elefanten beherrscht – im Sinne des Wortes!

Die meisten dieser gewaltigen Urtiere haben nur verschwindende Überreste als Urkunden ihres einstigen Daseins zurückgelassen. Viele Arten aber mögen spurlos verschwunden sein, ohne daß wir von ihnen irgendein Überbleibsel besitzen. Aus historischer Zeit sind wohl die schwarzen Granitsarkophage auf dem Totenfelde von Sakkarah in Ägypten, die die heiligen Apisstiere vor dreieinhalb Jahrtausenden aufnahmen, mit ihrem Gewicht von 65 000 Kilo jeder einzelne, die mächtigsten Denkmäler, die je von Menschen einem Tiere geweiht wurden! Dem Ptah, dem Gott von Memphis, waren Stiere geheiligt, und ihre Grabdenkmäler, – die der Ägyptologe Mariette-Bey im Jahre 1851 wieder ans Tageslicht brachte, – künden in eindrucksvoller Sprache von dem einstigen pompösen Tierkult in alter Zeit.

Die beiden schwersten Elefantenzähne, die seit Menschengedenken in den Handel an der ostafrikanischen Küste gelangten, im Gewichte von gegen 450 Pfund (engl.) ca. 204 kg, Meine Bemühungen, sie für ein deutsches Museum zu retten, waren vergeblich. Es ist im höchsten Grade bedauerlich, daß diese beiden Zähne nach Amerika wanderten, da sie aus Deutsch-Ostafriia stammten, dort nach meinen Erkundigungen im Jahre 1898 von farbigen Elefantenjägern erbeutet wurden und die schwersten Zähne darstellen, die überhaupt bekannt geworden sind!)

Indiens Bevölkerung huldigt heute noch stellenweise dem heiligen weißen Elefanten in ähnlicher Weise. Dem afrikanischen Elefanten, der in den letzten hundert Jahren zu Millionen von Menschenhand getötet worden ist, werden keine Denkmäler erbaut. Kaum die geringsten Überreste, außer einigen der gewaltigen Zähne, derentwegen der Mensch ihn tötete, werden in künftige Zeiten hinübergerettet werden, in Zeiten, in denen sein indischer Vetter, in den heiligen weißen Exemplaren, vielleicht noch immer verehrt werden wird ...

John Hanning Speke, der mit seinem Landsmanne Grant vor wenigen Jahrzehnten den Viktoria-Njanza entdeckte, fand die Elefantenherden an seinen Ufern noch ganz harmlos. Die heute so scheuen Tiere kümmerten sich kaum darum, wenn einige getötet oder verwundet wurden: »die anderen liefen nur ein Stück fort und fingen wieder an, ihrer Nahrung nachzugehen.«

Die Erfahrungen mit indischen Elefanten haben gezeigt, daß sich das kluge Riesentier, wenn es auch nur einigen Schutz genießt, durchaus nicht so wild und scheu verhält, wie der heute lebende afrikanische Elefant im allgemeinen. Denn dieser ist heutigentags eins der scheuesten und – namentlich in ausgewachsenen gewitzigten Exemplaren – am schwierigsten zu beobachtenden Tiere.

Wer etwa anderer Ansicht sein sollte, den bitte ich seine abweichende Ansicht durch in der Wildnis aufgenommene Photogramme von unverletzten und nicht angeschossenen Elefanten erhärten zu wollen, Photogramme, welche uns den afrikanischen Elefanten in seiner Freiheit, in seinem Leben und Treiben zeigen! Mit Freuden würde ich mich dann eines Besseren belehren lassen. Bis dahin wird jedermann mir recht geben, wenn ich diese Natururkunden als Belege verlange zu den Erzählungen von Berichterstattern, die in Afrika Elefanten oft und nahe beobachtet haben wollen. Aufnahmen angeschossener Elefanten werden noch andauernd als »Natururkunden« wilder, unbeschossener afrikanischer Elefanten auf das unverfrorenste verbreitet. In ursprünglicher Häufigkeit kommt der afrikanische Elefant innerhalb des gesamten, gewaltigen schwarzen Erdteils wohl nicht mehr vor. Am häufigsten ist er noch in den menschenleeren Einöden zwischen Abessynien, dem Nil und den Gallaländern zu finden, ferner in den unzugänglichsten Teilen des Kongostaates, am Albert-Njanza und den Hinterländern von Nigeria und der Goldküste. Dort aber, wo die Entdecker des Viktoria-Njanza Elefanten noch zutraulich fanden, haben sich inzwischen die Verhältnisse erheblich geändert; Richard Kandt berichtet uns, daß allein ein einziger Elefantenjäger, ein später dem Klima erlegener Däne, im Russissigraben im Laufe der Jahre Hekatomben hingeschlachtet habe.

Von höchster Tragik erscheint mir das Schicksal des heute noch lebenden afrikanischen Elefanten, eines von seinen indischen Vettern so wesentlich verschiedenen Tieres, das mit den nicht selten halbzahmen Rüsselträgern in Indien und Ceylon nicht zu verwechseln ist!

Als Gegenstück zu einem früher auf der Insel Malta lebenden Elefanten der nur eine Höhe von etwa einem Meter erreichte, lebt nach Ansicht des erfahrenen Tierkenners Hagenbeck in Hamburg noch heute eine ähnliche Zwergform des Elefanten in noch unerforschten Gegenden Westafrikas. Das verwandte riesige Mammut wird, mit langem, dem nordischen Klima angepaßten Haarwuchs bedeckt, heute noch zuweilen wohlerhalten aus dem sibirischen Eis ausgegraben.

Durch ein merkwürdiges Zusammentreffen werden diese vom Eise konservierten Giganten zu einer Zeit aufgefunden, in der die Vernichtungswut gegen den verwandten Afrikaner ihren Höhepunkt erreicht hat, in der der Mensch über so unheimliche Waffen gebietet, den Tod auf so weite Entfernungen mit Sicherheit schleudert, daß dies Vernichtungswerk mit Rieseneile vor sich geht.

Und seltsam! Dieser so weit vorgeschrittene Mensch mordet um des wenigen Elfenbeins halber erbarmungslos die letzten Reste des eigentlichen und wahren Beherrschers des afrikanischen Urwaldes und der afrikanischen Steppe. Er mordet ihn hauptsächlich eines Spieles halber! Man bedarf nämlich des Elfenbeins hauptsächlich, um daraus Billardkugeln herzustellen. Ist denn für diesen Zweck nicht ein dem Elfenbein gleichwertiger Ersatz herzustellen, von einer Technik, der fast nichts mehr als unmöglich gilt?

A. H. Neumann, ein bekannter englischer Elefantenjäger, sagt, daß er bereits vor einigen Jahrzehnten im äquatorialen Afrika zu spät gekommen, zu spät in Mombas gelandet sei, um ohne große Mühe in Küstennähe reiche Elfenbeinernte zu halten. Er mußte bereits die fern gelegenen Gegenden zwischen dem Indischen Ozean und dem oberen Nillaufe aufsuchen, und erbeutete dort allerdings für etwa hunderttausend Mark Elfenbein während eines einzigen seiner mehrfachen Jagdzüge.

Pulver und Blei arbeiteten inzwischen im schwarzen Erdteil Tag und Nacht. Es ist nicht der Weiße, der das Hauptvernichtungswerk vollbringt; nein, der Eingeborene erjagt den größten Teil des in den Handel gelangenden Elfenbeins.

Schon seit geraumer Zeit steigen die Elfenbeinpreise andauernd und erreichen heute schon das Zehnfache von dem, was nach Brehms Angaben vor vierzig Jahren im Sudaan gültig war.

Höchst seltsam erscheint es, daß unsere Kenntnis über die Lebensweise dieses Riesen der heutigen Tierwelt so außerordentlich gering und dürftig ist. Aus den Tagen Scipios wissen wir, daß der Mensch es vermocht hat, sich auch ihn gleich seinem indischen Vetter dienstbar zu machen. Dann aber dringt im Laufe der Jahrhunderte nur spärliche Kunde über den gewaltigen Rüsselträger zu uns, und die ungeheuren Herden trieben nach wie vor ihr Wesen ungestört in ihren weiten Gebieten. So war es bis zum Eindringen des Europäers in den gewaltigen afrikanischen Kontinent, bis zum Aufblühen der Schiffahrt unter Erschließung der Handelsverbindungen rund um Afrika. Elfenbein wurde mit einem Schlage ein allgemein begehrter Artikel. Aus unsäglich reichen Quellen schöpfte man da, und scheinbar unerschöpflich erschien der Reichtum an Elefantenzähnen. Im Westen Afrikas namentlich waren ja zweifelsohne hier und da große Schätze an Elfenbein bei Negerfürsten seit langer Zeit aufgestapelt. Aber unschwer schien es auch mit Hilfe des Feuergewehres, welches dem Menschen plötzlich eine andere Stellung der Tierwelt gegenüber gab, größte Mengen von Elefanten hinzuschlachten. Planmäßig wurde dieser Mord organisiert, und es dürfte schwierig sein, nachzurechnen, wie ungeheure Mengen von Elefanten erbeutet wurden. Bald war der Eingeborene, verführt durch den lockenden Gewinn, eifrig an dieser Vernichtung beteiligt, und seine primitiven Waffen wurden jetzt mehr denn früher in den Dienst der Elefantenjagd gestellt. In den früheren Jahrtausenden war das hier nicht geschehen, wenigstens nicht im großen Umfange; Mensch und Elefant hatten seit grauer Urzeit nebeneinander bestanden. Wozu auch hätte der Eingeborene unser Riesentier behelligen sollen, wo ihm doch so viele andere und minder wehrkräftige Jagdbeute zur Verfügung stand. Aber erst einmal mit Pulver und Blei vertraut geworden, heftete er sich an die Elefantenherden, und das Vernichtungswerk begann. So war gar bald in leicht erreichbaren Gegenden der Elefant dezimiert, und in der Neuzeit hat dann die Vernichtung ihren Höhepunkt erreicht. Ungeheuer sind die Mengen von Elfenbein, die in den letzten Jahrzehnten exportiert worden sind. Zahlen beweisen das am besten! Wurde doch der Antwerpener Elfenbeinmarkt allein gegen das letzte Jahrzehnt durchschnittlich mit den Zähnen von gegen 18 500 Elefanten jährlich versorgt, in den Jahren 1888 bis 1902 aber 3 212 700 Kilo Elfenbein dort eingeführt, während das durchschnittliche Zahngewicht etwa achtundeinhalb Kilo pro Zahn betrug und das Gesamtquantum fast ausschließlich vom Kongo herstammte. Im Jahre 1902 aber wurden allein in Antwerpen 322 300 Kilo Elfenbein verkauft!! In ähnlicher Höhe bewegt sich die Einfuhr an den übrigen hauptsächlichsten Elfenbeinhandelsplätzen der Welt, und diese Ziffern geben uns ein treues, wenn auch unsäglich trauriges Bild der Vernichtung des edlen Tieres. Ungeheuer sind die an einigen Handelsplätzen aufgestapelten Elfenbeinvorräte. Ihre späteren Eigentümer werden in kürzester Zeit – wenn erst einmal die von ihnen sehnlichst erstrebte vollkommene Ausrottung des afrikanischen Elefanten erreicht ist, diese Ware rapid im Preise heraufschrauben und zweifelsohne das heute nicht mehr sehr beliebte Elfenbein wieder als Modeartikel einzuführen wissen. – – – –

Alle diese Elefanten wurden hingeschlachtet nur ihres Elfenbeins halber. Es spricht der hochentwickelten Technik unserer Zeit Hohn, daß sie nicht vermocht hat, ein Surrogat zu finden, welches Elfenbein gleichwertig zu ersetzen vermag. Ein glückliches Schicksal hat den indischen Elefanten vor dieser Vernichtung bewahrt, weil die weiblichen Tiere des asiatischen Elefanten kein oder nur sehr wenig Elfenbein tragen, und auch die Bullen nur selten eine starke Stoßzahnentwicklung zeigen. Im Gegensatz dazu stehen die enormen Stoßzähne seines afrikanischen Vetters. Die Elefantenkühe tragen in Afrika, je nach den zoogeographischen Abarten, »Pembe« von je 10 bis 30 Pfund Gewicht pro Zahn. Nur außerordentlich selten wird dieses Gewicht überschritten bis zur Höchstgrenze von etwa 40 Pfund. Dafür erreichen die männlichen Elefanten zuweilen ganz außerordentliche Zahngrößen. Allerdings variiert diese Entwicklung der Stoßzähne außerordentlich, und ein Durchschnittsgewicht von etwa einem halben Zentner der Zahn dürfte der Wahrheit sehr nahe kommen. Jedenfalls erachteten die englischen Offiziere in Britisch-Westafrika vor Jahren einen Elefantenzahn von gegen einundeinemhalben Zentner für würdig, dem damaligen Prinzen von Wales als Hochzeitsangebinde dargebracht zu werden.

Nichtsdestoweniger wird dieses Gewicht in einzelnen Fällen um ein Erhebliches übertroffen. So wurde gegen das Jahr 1898 in der Nähe des Kilimandscharo von gewerbsmäßigen schwarzen Elefantenjägern ein uralter, nach meinen Erkundungen schon fast greisenhafter Bulle erlegt, der Zähne von zusammen etwa 450 Pfund trug! Beide Zähne gelangten auf den Elfenbeinmarkt in Sansibar. Leider gelang es mir nicht, sie für ein vaterländisches Museum zu retten, obwohl ich Auftrag gegeben hatte, eine namhafte Summe für diese einzigartigen Objekte zu bieten. Sie gingen vielmehr nach Amerika, und mein abermaliger Versuch, meinerseits sie für ein vaterländisches Museum zu erwerben, scheiterte an dem telegraphisch verlangten Preis von 21 000 Mark. Späterhin gelangte einer von diesen Zähnen in das Britische Museum in London. Ich glaube mich nicht allzusehr der Kritik der besten Kenner dieser Verhältnisse auszusetzen, wenn ich behaupte, daß dieser Elefant zweifelsohne der gewaltigste 1898 lebende Zahnträger im ganzen weiten Afrika war. Es haben diese Zähne seinerzeit größtes Aufsehen unter der gesamten Handelswelt der ostafrikanischen Küste gemacht. Die hundertjährigen Traditionen und die Buchführung der indischen Händlerfamilien berichten nicht ein zweites Mal von solchen Zähnen! Aus der beigefügten Abbildung ergeben sich die ungeheuren Dimensionen dieser für unser Vaterland wohl für immer verlorenen herrlichen Zähne. Hierbei tritt es uns ganz besonders wieder ins Bewußtsein, daß leider bis zum heutigen Tage kein einziges Museum der Welt einen so gewaltigen afrikanischen Elefantenbullen als Schaustück aufzuweisen hat, aus Gründen, die ich an anderer Stelle schon aufgeführt habe.

Zähne von über 50 Kilogramm Gewicht kommen selten vor. Es richtet sich die Größe der Zähne nicht immer nach dem Alter und der Größe ihres Trägers; vielmehr variiert die Ausbildung der Zähne nicht nur innerhalb der zoo-geographischen Abarten, sondern verhält sich auch innerhalb der einzelnen Familien in bezug auf Größe verschieden. Es gibt Herden, welche eine geringere Zahnentwicklung zeigen wie andere. So scheint es, daß im Süden des afrikanischen Kontinents die Elefanten weder an Größe noch an Ausbildung der Zähne diejenigen des äquatorialen Afrikas erreicht haben. Für diesen Umstand spricht namentlich das Material, das gegen die siebziger Jahre vorigen Jahrhunderts aus Matabele- und Mashonaland an die Küste gelangte, Ländern, in welchen der Elefant heute völlig verschwunden ist.

Soweit mir bekannt, weisen die Zahngewichte und Maße der schwersten und längsten heute bekannten Elefantenzähne in der ganzen Welt folgende Zahlen (für den einzelnen Zahn) in englischen Pfunden auf, während die Maße in englischen Fuß und Zoll gegeben seien Die Maße und Zahlen sind dem Werke »Records of Big game« von Rowland Ward entnommen. (Die Zahngewichte des Urelefanten, der unsern heute lebenden Elefanten fast um das doppelte an Größe übertraf, vermag ich leider nicht anzugeben. Jedoch übertrafen seine Zähne alle vorgenannten Arten an Größe und Gewicht sehr beträchtlich.):

  Gewicht Länge Größter
Umfang
Afrikanischer Elefant (Elephas africanus) 247 9 10 19¼
226½ 10 2½ 24¼
175 8 5 23⅞
Indischer Elefant (Elephas indicus L.) 109 6 1
106 6 11 15½
100 6 0
81 8 9 17¼
Mammuth (Elephas primigenius) 173 11 20⅞

Alte, starke Bullen mit sehr großen Zähnen, sogenannte Einzelgänger, sind im allgemeinen nicht mehr gefürchtet als Mitglieder der Herde, sind jedoch infolge ihrer Größe und ihrer enormen Schädelausbildung ganz fraglos und erfahrungsgemäß schwieriger zu töten als geringere Tiere. In den Herden finden sich, wenn auch selten, zahnlose Kühe und noch viel seltener zahnlose Bullen, und beide gelten als besonders angriffslustig und gefährlich. Aus den Berichten der verschiedenen Elefantenjäger geht immer wieder hervor, daß unter Umständen alte, starke Elefantenbullen eine ganz unglaublich große Anzahl von Schüssen – bis zu fünfzig Kugeln und mehr – erhielten, ehe sie zur Strecke gebracht waren. Ebenso ist es eine Erfahrungssache, die ich in den Kreisen schwarzer Elefantenjäger oftmals bestätigt hörte, daß die in verhältnismäßig flachen Gegenden mit günstigen Bodenverhältnissen lebenden Elefanten im allgemeinen unbeschädigte und gesunde Zähne haben, aber solche aus bergigen Gegenden oft abgebrochene und beschädigte. Über die Ursachen dieser Zahnbeschädigungen, die bis dahin verschiedenartig erklärt wurden, entnehme ich englischen Quellen, konnte es auch selbst feststellen, daß die Tiere sich zuweilen ihre Zähne beim Herausheben oder Herausbrechen von Baumwurzeln aus dem Erdboden abbrechen. Ich selbst habe aber auch, vom Zufall begünstigt, in felsigen Engpässen den frischen Spuren – und zwar nicht etwa beunruhigter Herden – folgend, bemerkt, daß sich die Elefanten beim Passieren dieser Engpässe in den Felsen an abschüssigen Stellen Zahnspitzen und Zahnsplitter von oft erstaunlicher Größe abbrachen. Solche Stücke habe ich in meiner Sammlung aufbewahrt.

Mit großem Geschick macht der Elefant Gebrauch von seinen Zähnen, indem er von Bäumen wenige Fuß über dem Erdboden Rindenstücke abstößt, um sie zu verzehren, oder auch, ihres Saftes durch Auskauen beraubt, wieder fallen zu lassen. Sind diese Baumrinden von zäher Beschaffenheit, so faßt das Tier die abgestoßenen Rindenstücke mit dem Rüssel und reißt sie vom Baumstamme in einem langen Streifen ab. In vielen Fällen aber bevorzugt er gewisse Bäume, deren Rinde, von spröder Natur, durch den Stoß des Zahnes ohne weiteres sich vom Baumstamme löst. Solches pflegen die Elefanten oft auf dem Marsche zu bewerkstelligen, ohne anzuhalten. Ich konnte oft stundenweit den Herden durch die Baumsteppe folgen, nur nach diesen weithinleuchtenden Merkmalen an den Bäumen. Oft mußte ich mich dabei unwillkürlich an Robinson Crusoe erinnern, von dem uns ja ähnliches erzählt worden ist. Auf diesen Wegen, welche die Herde durch die Steppe nimmt, begegnet man ebenso oft niedergetretenen kleinen und mittleren Bäumen, die der Elefant mit seinem mächtigen Fuße zu Boden gedrückt und auch mit seinen Stoßzähnen abgeknickt hat. Ich bin der Ansicht, daß sowohl das Abstoßen der Rindenstücke, als auch das Abbrechen der Bäume die starke Entwicklung der Stoßzähne veranlaßt, abgesehen von ihrem Gebrauch bei den Kämpfen der Bullen untereinander. In einzelnen Fällen geschah dies Umstürzen der Bäume, scheinbar ohne daß Teile des Baumes als Nahrung aufgenommen worden waren.

Die Fährten der Elefanten prägen sich zur Zeit der »Masika«, der großen Regenzeit, oft außerordentlich tief aus. Die dann von den Tieren getretenen Löcher sind oft von erstaunlicher Tiefe. Im flüchtigen Staube des Steppenbodens, zur trocknen Zeit, kann man die Frische der Fährte unschwer erkennen an der ganz scharf ausgeprägten oder bereits ein wenig verwischten Struktur der Fußballen. Die Bullen sind stets kenntlich an den sehr langen, schmalen Fährten der Hinterfüße. Im Gegensatze dazu sind die Fährten der Kühe mehr gleichförmig rundlich.

Als Nahrung des Elefanten habe ich in Ostafrika ausschließlich Baumzweige, Baumrinde und Baumfrüchte unter Ausschluß aller eigentlichen Gräser festgestellt. Professor Volckens, welcher in den Höhenlagen des Kilimandscharo zwischen 2000 und 3000 Meter vielfach die Losung der Elefanten untersuchte, fand dort Panicum- und Cyperusarten, also Schilfgräser, in den Resten vor. Die mir zugänglichen besten Quellen über die Lebensweise des Elefanten berichten meinen Beobachtungen entsprechend.

Hingegen habe ich stets und immer gefunden, daß der Elefant mehrere Sansevierenarten ( Sanseviera cylindrica) u. a. m. aufnimmt, daß er aber meist die ausgekauten Stengel wieder fallen läßt, die dann, von der Sonne bald weiß gebleicht, weithin auf dem Steppenboden sichtbar sind. Solche ausgekauten Bündel, deren meine Sammlung einige aufweist, sind Zuweilen von erheblicher Größe. Immerhin scheint auch ein gewisses Quantum dieser Sansevieren dem Magen einverleibt zu werden, wie es ein ebenfalls ausgeprägter Sansevierenäser, das kleine Kudu oder Schraubenantilope ( Strepsiceros imberbis Blyth.), nach meinen Beobachtungen mit Vorliebe tut. Es ist hierbei nicht zu vergessen, daß diese Sansevieren einen erheblichen Wassergehalt besitzen und gerade in den aridesten (ödesten) Steppengegenden vorkommend den Elefanten einen, wenn auch notdürftigen, Ersatz für Wasser gewähren. Der eigentliche Aufenthaltsort des Elefanten im ost-äquatorialen Afrika ist nicht etwa, wie der Laie vermuten würde, der kühle, schattige Hochwald, sondern vielmehr da, wo er sich nicht allzusehr verfolgt weiß, und namentlich in der Regenzeit die Baumsteppe, sonst aber jene dichten Bestände von außerordentlich hohem Gras, schilfbestandene Flußufer und jene Dickichte, die in einer gewissen Höhenlage der Berge einen schützenden und undurchdringlichen Aufenthaltsort bilden. Diese vom Elefanten bevorzugten Bestände liegen gemeiniglich in einer Höhenlage, die ab und zu während des ganzen Jahres einigen Regen erhält. Sie werden von den Masai und Wandorobbo allgemein mit dem Worte »subugo« bezeichnet. Von ihnen schweift der Elefant dann oft sehr weit zur Regenzeit in Wald und Steppen. Namentlich die gewitzigten alten Bullen verlassen die schützenden Bergwälder meist nur in der großen Regenzeit. Diese Bestände bilden oft ein undurchdringliches Dickicht, betretbar nur auf den von Elefanten und Rhinozerossen benutzten Wechseln. Während unsere Dickhäuter mit Leichtigkeit sich ihre Wege durch dies grüne Reich zu bahnen wissen, vermag der Mensch nur sehr mühsam in ihm fortzukommen, und namentlich, wenn angeschossene oder böse Elefanten den Menschen verfolgen, wird dieser auf Schritt und Tritt von der Vegetation an der Flucht gehindert, während Elefant und Rhinozeros, mit Leichtigkeit alle diese Hindernisse durchbrechend, dem Jäger außerordentlich gefährlich werden können.

Die dem afrikanischen Elefanten zusagenden Örtlichkeiten sind somit räumlich relativ beschränkt. Da er sie in Gegenden, wo er gejagt wird – und das ist fast überall – nur zur Nachtzeit zu verlassen pflegt, so kommt es, daß Europäer oft viele Jahre lang keinen Elefanten zu Gesicht bekommen. Der frühere Kommandant eines Forts am Kilimandscharo hat, wie er mir selbst erzählt hat, während eines siebenjährigen Aufenthalts und trotz der vielfachen Expeditionen an diesem Berge niemals einen Elefanten zu Gesicht bekommen. Ähnlich ist es den meisten Europäern ergangen, und gegenteiligen Berichten ist mit Vorsicht entgegenzutreten. Aus dem Umstande aber, daß die Elefanten sehr beweglich sind, als ausgezeichnete Bergsteiger bis zu einer höhe von 3500 Meter ins Gebirge aufsteigen, und hin und her wandern, haben selbst sehr kritische und in ihren Urteilen vorsichtige Männer ganz falsche Schlüsse ziehen müssen. So spricht Prof. Hans Meyer in seinem schönen Werke »Der Kilimandjaro« von einem großen Elefantenreichtum an diesem Berge; er glaubt, daß bei rationellerer Jagd sich größere Ausbeute an Elfenbein leicht erzielen ließe! Dieses Urteil sprach er aus zu einer Zeit, als durch die gewerbsmäßigen Jäger, denen das Monopol der Jagd übertragen worden, bereits der Elefantenbestand fast ganz vernichtet war. Unter Vernichtung verstehe ich in diesem Falle die Reduzierung des Bestandes auf etwa eintausend Stück Elefanten im gesamten Bezirke des Kilimandscharo, also innerhalb eines Areals von ungeheurer Ausdehnung, das etwa begrenzt wird von einer Linie, welche, beginnend von der englischen Grenze, über Ngurumān, Eyássi-See, Umbúgwe verläuft, bis abermals zur englischen Grenze durch die Mitte des Paregebirges. In diesem Gebiete war, so vermute ich auf Grund meiner sorgfältigen Erkundigungen, noch vor wenigen Jahrzehnten ein Bestand von vielen tausend Elefanten!

Heute (1920) dürften infolge der unvernünftigen Nachstellungen nur wenige Elefanten sich ständig in diesem Reviere befinden.

In Südafrika ist es den Behörden gelungen, seit dem Jahre 1830 in der Kapkolonie, in den Zitzikamma- und Knysnawäldern, einige große Elefantenherden zu erhalten. Sollte dies uns an so geeigneten Örtlichkeiten wie den Wäldern des Kilimandscharo unmöglich sein?

Man bedenke hierbei, daß der größte Teil des Berges im Regenschatten liegt und niemals weder Eingeborene noch Europäer als Ansiedler wird aufnehmen können.

Nur schwer macht sich die kühnste Phantasie einen Begriff von der Menge dieser Tiere in vergangener Zeit. Durch die reiche Literatur, die das Leben und Treiben der Ansiedler und Jäger Südafrikas im Laufe der beiden letzten Jahrhunderte behandelt, kennen wir die Schilderungen der damaligen Verhältnisse aus der Feder einer Reihe glaubwürdiger Jäger. Damals hatten sie es mit Herden von hundert und aber hundert Elefanten zu tun, die gar bald dem Pulver und Blei der berittenen Jäger unterliegen mußten. War doch vor hundert Jahren selbst das, was man heute Deutsch-Südwestafrika nennt, noch sehr reich an Elefanten und Nashörnern, während heute beide Tierarten dort völlig ausgestorben sind.

Die Jagd spielte sich damals vielfach so ab, daß einige Berittene sich an die Fersen der Herden hefteten und die angreifenden Elefanten von anderen Reitern vom Objekte ihres Angriffs abgelenkt wurden. So konnten oft ganze Herden vernichtet werden.

Heute ist der Elefant aus Südafrika fast ganz verschwunden, mit Ausnahme einiger weniger Herden in sehr ungesunden Landstrichen und einer Anzahl gehegter Exemplare in der Nähe von Kapstadt. Von dem früheren Reichtum an Elefanten in Ostafrika zeugen die Angaben der Schwarzen, die bis vor kurzer Zeit in Karawanen von Hunderten von Menschen in die Masaisteppe zu gewerbsmäßigem Einhandeln von Elfenbein hinauszogen, beladen mit einer Anzahl von Tauschwaren verschiedener Art. Im späteren Deutsch-Ostafrika nahmen diese Karawanen unter anderm ihren Ausgangspunkt von dem Hafenort Pangani, jenem Emporium des Sklavenhandels, um über Arusha Chini und Arusha Djou in die Masailänder zu ziehen. Ein Jahr oder auch mehrere die Länder zwischen Küste und Viktoriasee durchziehend, tauschten sie ihre Waren gegen Elfenbein ein, das ihnen hauptsächlich von den Wandorobbo, jenem Zweigstamm der Masai, geliefert wurde, später aber, aufmerksam geworden auf den Wert des Elfenbeins, widmeten sich auch die Masai-Moran der Elefantenjagd und lieferten ebenfalls den Küstenkarawanen das begehrte Objekt. Im dornenverschanzten Lager verbrachten die Küstenleute ihre Nächte, sich so schützend gegen die Überfälle der Masaikrieger, welche stets versuchten, auch auf illegale Weise von den Fremdlingen Nutzen zu ziehen. Tagsüber aber entstand ein Handeln und Feilschen um Elfenbein. Zu solchem Beginnen gehörte Geduld, und tage-, oft wochenlang dauerte der Handel um einige Zähne. Endlich war die Karawane mit Elfenbein beladen und zog zur Küste zurück, wo dann Hunderte von Zähnen auf einmal abgeliefert wurden. Manches gab es da zu beachten. So durfte die Karawane, wie der verstorbene Dr. Oskar Baumann bekundet, kein Elfenbein über ein Bohnenfeld führen; das hätte Unheil gebracht. Auch erlag mancher Teilnehmer der Karawane den Strapazen oder endete sein Leben bei Streitigkeiten mit den Masai. Alle Leute aber waren mit Vorderladern bewaffnet. Organisiert waren diese Handelszüge von Arabern oder Indern an der Küste, welche den Karawanenleuten Vorschuß gegeben hatten und den Löwenanteil des Gewinnes für sich beanspruchten.

So wurde die Steppe nach allen Richtungen durchzogen und Ende des letzten Jahrhunderts von Elfenbein und Elefanten entblößt.

Märchenhaft muten den heutigen Reisenden die Elfenbeinmengen an, die allein die Masaisteppe damals lieferte! Belegt aber werden diese Angaben untrüglich durch die Zeugnisse der alten indischen Händler, deren Gedächtnis in diesen Dingen zweifelsohne mit den korrekt geführten Büchern eines europäischen Kaufmannes in Wettbewerb treten kann.

Eine geschickte Kombination vereinigte Elfenbeintransport und Sklavenhandel, denn auf den Schultern geraubter und gekaufter Sklaven wurde das wertvolle Gut vielfach zur Küste befördert.

Auf diese einfache Weise löste man die Trägerfrage für die begehrten Schätze.

So ist es zu begreifen, daß gar bald das Elfenbein seltener wurde, zumal Pulver und Blei in Mengen als Tauschware ins Innere gebracht wurden und erst recht die Völker des Innern in den Stand setzte, Wild und Elefanten zu vernichten.

Es mutet den Leser gewiß fremdartig an, wenn er hört, daß alles dieses hauptsächlich geschah, um den Billardspielern der Welt das Material für ihre Bälle zu verschaffen, wie es in schöner weicher Beschaffenheit leider hauptsächlich die afrikanische Elefantenkuh liefert.

Vor sechs Jahren lagen die in Frage kommenden Handelsverhältnisse in Deutsch-Ostafrika völlig anders.

Immer noch durchzogen kleinere Karawanen, ausgerüstet zu diesem Handel, die Länder, aber nur wenige größere Unternehmungen dieser Art vereinigten eine erhebliche Anzahl von Schwarzen, die dann notgedrungen außerordentlich weit ins Innere ziehen mußten. Eine solche Karawane fand ich im Jahre 1896 in Stärke von etwa vierhundert Mann. Ihr Ziel waren die Länder zwischen Rudolfsee und Nil, eine Gegend, die wenig bekannt, heute noch großen Reichtum an Elefanten birgt. Solche gewerbsmäßige Elefantenjäger durchstreiften oft weite Gebiete und räumten unter den Elefanten gewaltig auf. Sie sind ausnahmslos bewaffnet mit Vorderladern und pflegen namentlich auf starke Elefanten nur zu dreien oder mehreren vereint ihre Schüsse abzugeben. Sie jagen im eigentlichen Aufenthaltsreviere unserer Dickhäuter, der dicht verwachsenen Wildnis, da sie nur auf nächste Entfernungen schießen. Nach abgegebenem Schuß pflegen sie sofort die Flucht zu ergreifen, da der Elefant sich in vielen Fällen auf die entstehende starke Pulverwolke stürzt. Angeschossenen Exemplaren folgen sie oft viele Tage weit. Jeder Schütze bezeichnet die von ihm verwandten eisernen Kugeln, deren er nebst starker Pulverladung mehrere zu laden pflegt, mit einem Zeichen. Er ist so imstande, festzustellen, wer von den Schützen den eigentlichen tödlichen Schuß abgegeben hat.

Diese sogenannten »vertrauenswürdigen Fundi«, wie sie euphemistisch vor einigen Jahren getauft worden sind, hüten und wahren ihre Geheimnisse meisterhaft und wissen den Behörden gegenüber ihre Tätigkeit im rosigsten Lichte zu schildern. Stets berichten sie von einer großen Anzahl ihnen bekannter Elefantenherden. An der Vernichtung dieser Herden sind sie dagegen völlig unschuldig! In Wahrheit spielen sie jedoch eine verderbliche Rolle. Hinter ihre Ränke und Schliche kommt nur der, der jahrelang ihren Pfaden folgt. Sie vernichten zweifelsohne die letzten Reste der Elefanten, genau so, wie der mit der Muskete bewaffnete Schwarze Mitte des 19. Jahrhunderts in Südafrika Elefant und Nashorn im Auftrage weißer Händler vernichtete. Diese Jäger tragen Amulette, auf deren Schutz sie fest vertrauen, und im Glauben an ihre Zauberkraft nähern sie sich den Elefanten oft vollkommen furchtlos. Fraglos gibt ihnen dies einen gewissen Vorteil dem die Gefahr richtig abschätzenden Europäer gegenüber.

Nach Erlegung einer Anzahl Elefanten geben sie sich oft nur mit der Bereitung von Zauberkünsten für Elefantenjäger ab, organisieren die Jagden, bleiben aber selbst wohlweislich im Hintergrunde, durch böse Erfahrungen gewitzigt. Bemerkenswert ist es, daß sie in den mir bekannten Gegenden meinen, keine Frauen mit in die Wildnis nehmen zu dürfen, wenn die Jagd erfolgreich sein soll. Sie pflegen bei Annäherung an Elefanten ihre Kleidungsstücke fast völlig abzulegen und reiben sich den ganzen Körper, vor allen Dingen aber die Achselhöhle, mit Erde intensiv ein. So sehen wir hier den Jäger genau dasselbe tun, wie das von ihm verfolgte Wild. Es ist wohl zweifellos, daß das Wälzen der Nashörner und Elefanten im Schlamm und das Bestreuen ihres Körpers mit Sand von seiten letzterer, wie auch das Einreiben mit Ocker und Fett seitens des Masaivolkes hauptsächlich dazu dient, Parasiten abzuhalten. Diese Jäger haben eine große Kenntnis der Gewohnheiten des von ihnen verfolgten Wildes, aber sehr schwer ist es, ihnen ihre Geheimnisse zu entlocken. Das gelingt nur, wenn man selbst gewissermaßen als »Kollege« von ihnen betrachtet wird. Andernfalls lieben sie es, die unglaublichsten Märchen zu produzieren.

An einzelnen Quellen fand ich Dutzende und abermals Dutzende der von diesen »Wakúa« hingemordeten Nashörner. Auch haben sie unter den ihnen ihrer Größe wegen zur Verpflegung ihrer Karawane besonders erwünschten Giraffen erhebliche Verwüstungen angerichtet. Ähnlich ging es zuverlässigen Nachrichten zufolge in vielen anderen Teilen des Landes zur selben Zeit.

Die Wandorobbo, vor allem aber die Wakamba, stellen den Elefanten mit vergifteten Pfeilen nach. Die angeschossenen Elefanten werden oft tagelang verfolgt. Solche Tiere sowohl, wie auch durch Feuergewehre erlegte, gehen nur sehr selten verloren, da die Eingeborenen mit größtem Geschick die getöteten aufzufinden verstehen, indem sie durch die sich ansammelnden Geier und Marabus buchstäblich zu ihnen hingeführt werden. Einige Wandorobbostämme pflegen auch vergiftete Stoßspeere zu benutzen, doch jagten die Wandorobbo am Kilimandscharo ausschließlich mit vergifteten Pfeilen. Ich habe zweimal bei der Verfolgung von Elefantenrudeln, die kurz vorher von Wakamba bejagt worden waren, plötzlich abgebrochene Pfeilschäfte gefunden.

Fallgruben, wie sie am Kilimandscharo früher gemein waren, aber auch heute noch nicht selten angetroffen werden, weiß der Elefant häufig geschickt zu vermeiden; da sie jedoch zahlreich, meisterhaft verdeckt und an geeigneten Stellen angelegt werden, so erfüllen sie dennoch häufig ihren Zweck. Vor allem aber sind Fallgruben geeignet, die verschiedenen Wildarten, namentlich aber Elefanten, aus einem weiten Revier zu vergrämen.

Bald wird der gewerbsmäßige Elfenbeinhandel zu den verklungenen Sagen gehören; der nicht sachverständige Europäer, auch der drüben sich aufhaltende, lächelt schon heute ungläubig, wenn man ihm erzählt, wie es früher gewesen. Leichter wird es mir, mich in das Einst hineinzuversetzen, wenn ich den von mir noch aufgefundenen großen Bestand an Nashörnern in Vergleich ziehe, einer Tierart, die gar bald das Schicksal des Elefanten teilen wird, und je schneller, um so mehr der Preis ihrer Hörner als Handelsware steigt.

Außerordentlich bemerkenswert ist die Anpassungsfähigkeit des »Tempo«, wie die Waswahili den Elefanten nennen, an die veränderten Verhältnisse der Jetztzeit. Während nach dem Zeugnisse zuverlässiger Reisender in längst vergangenen Tagen der Elefant den Menschen verhältnismäßig wenig fürchtete, hat er heute in viel beunruhigten Gegenden sein Verhalten völlig verändert. Sich, wie schon angeführt, zur Tageszeit im Dickicht aufhaltend, wechselt er hauptsächlich bei Nacht über weite Strecken fort. Zur Regenzeit zerstreut er sich über die grünende wasserreiche Steppe. In der trocknen Zeit aber hält er sich in wenig zugänglichen, dicht verwachsenen Örtlichkeiten auf. In Südafrika haben sich die wenigen erhaltenen Herden dieser Lebensweise angepaßt. Das Auffinden einer frischen Elefantenfährte garantiert dem Jäger auch in Ostafrika in den wenigsten Fällen ein Erreichen der Herde. Sie bewegt sich vielmehr – unter Umständen – mit einer Schnelligkeit, welche der eines schnellaufenden Menschen entspricht, vorwärts bis zur nächsten Deckung, dem nächsten Sumpfe oder den nächsten Bergen, oder aber bis zu einem fast unerreichbar weit gelegenen Punkte der Steppe. Ist ein Elefantenrudel argwöhnisch geworden, so kann man ihm unter Umständen stundenlang durch die Nyika folgen, ohne aus den Fährten ausmachen zu können, aus wieviel Stücken das Rudel besteht. Ein Tier tritt fast genau in die Fährte des anderen, und dies kann sich sehr lange fortsetzen, bevor die Herde, sich sicherer fühlend, wiederum auseinandergeht. Lange Zeit auch machen Elefantenherden scheinbar niemals Rast, sondern wechseln andauernd ihren Standort so schnell, daß ein Erreichen unmöglich ist. Mit einem Scharfsinn ohnegleichen, der nur durch die erstaunlichste Witterungsfähigkeit zu erklären ist, machen Elefanten aus, daß viele Tage weit von ihrem Standorte entfernt Regen niedergegangen ist. So verschwinden sie plötzlich und halten sich nun in der Nähe von Tümpeln in der Steppe auf, erst dann die Gegend verlassend, wenn diese Wasserstellen ausgetrocknet oder die Tiere an ihnen gestört worden sind.

Selbstredend kann es trotz alledem vorkommen, daß man durch Zufall hier und da – dicht an Wegen etwa – auf Elefanten stößt. Ja es scheint sogar nach meinen Beobachtungen, daß einzelne gewitzigte Tiere, in ihren eigentlichen Standorten durch Jäger beunruhigt, versuchen, in der Nähe von Ansiedlungen der Eingeborenen für Tage und selbst Wochen ihr Quartier zu nehmen, durch Erfahrung unterrichtet, daß ihnen dort nicht nachgestellt wird.

Es ist interessant, zu beobachten, welches Fieber selbst Europäer ergreift, die zu Hause wohl kaum Jäger gewesen, es hier doch nicht unterlassen können, zu mehreren vereint, ihre kleinkalibrigen Waffen auf die gewaltigen Tiere zu entladen, um dann, möglichst in photographischer Aufnahme verewigt, als kühne Elefantenjäger sich abgebildet zu sehen. Gerade in der Nähe der Stationen wäre einzig und allein der Schutz jener Reliquien der Tierwelt durchzuführen, wie auch in der Nähe von Eisenbahnen. Wenn das nicht geschieht, wie kann man da verlangen, daß fernab von europäischer Kontrolle in der weiten Steppe der unbeaufsichtigte Europäer oder Schwarze die Schutzverordnungen respektiert! Ist es doch vorgekommen, daß ganze Abteilungen schwarzer Askaris unter europäischer Führung gemeinsam ein Feuer auf Elefantenherden eröffnet haben! Späterhin hatten sich die Verhältnisse dahin geändert, daß nach allen unklaren und vagen Bestimmungen früherer Jahre der Gouverneur Graf Götzen Schutzreviere eingerichtet und Verordnungen erlassen hatte, die beispielsweise im Bezirk der Station Moschi die Elefanten sakrosankt gemacht hatten.

Jedenfalls waren diese Schutzgesetze mit hoher Freude zu begrüßen und halfen Mißstände beseitigen, die ein so guter Kenner in Frage kommender Verhältnisse wie Dr. Ludwig Heck vor Jahren dadurch geißelte, daß er in seinem »Tierreiche« auf die »recht befremdlichen Elefantenjagdgeschichten« aufmerksam macht, die hier und da von amtlichen Persönlichkeiten in die Presse gedrungen sind.

Leider wurden die zweckmäßigen Schutzgesetze unter dem späteren Regime wieder aufgehoben. Bilden diese »Jagdgeschichten« traurige Dokumente zum Verschwinden des afrikanischen Elefanten, so schließen sie sich den Elaboraten jener Leute würdig an, die in den Jagdzeitungen leider ausführen durften, wie sie es den Nashornen ( sic!) und Nilpferden »besorgen« wollen, wenn sie erst wieder »hinüber« kommen. Leider sind diese Leute auch heute beschämenderweise noch zahlreicher, als man denken sollte. So hörte ich beispielsweise die traurige Ansicht äußern, Ostafrika könne erst dann sich wirtschaftlich heben, wenn alles »Wild« vernichtet sei.

Die Schnelligkeit, welche der Elefant entwickeln kann, wenn er angreift oder flüchtig wird, ist eine ganz außerordentliche, wie ich in den Fällen beobachten konnte, in denen ich entweder angenommen wurde oder Elefanten vor mir auf flachem oder selbst auf dem zerrissensten Bergterrain flüchtig wurden. Die Fortbewegungsart des Elefanten ist ein schnellfördernder Trab und nicht etwa Galopp. Dieser Trab ist vollkommen geräuschlos, und daher wirkt das mächtige Tier namentlich zur Nachtzeit fast geisterhaft, ebenso wie das Nashorn und das Flußpferd. Nur auf dem tennengleichen Boden der Steppe zur Trockenzeit verursacht die trabende Herde ein donnerndes Poltern, sonst aber vernimmt man fast kein Geräusch der sich bewegenden Tiere.

Die Elefanten sind befähigt, steile Berge zu überschreiten und sind zweifellos ausgezeichnete Bergsteiger, die im Verein mit Nashörnern in weicheren Felsen im Laufe der Jahrtausende tiefe Pfade auf steilsten Berggipfeln eingetreten haben. Sie wechseln auch über Bergrücken steilster Art, lassen sich unter Umständen auch Bergabhänge in einer halbsitzenden Stellung herunterrutschen bis zu erheblichen Tiefen. Ihre Geschicklichkeit darin konnte man in den letzten Jahren ja auch in den Zirkussen Europas bewundern, wo sie bei den so beliebten Pantomimen von der Decke des Zirkus bis in die Manege in sitzender Stellung auf einer Rutschbahn ins Wasser herabglitten. Alles in allem ist ihre Bewegungsfähigkeit zu vergleichen mit der von anscheinend korpulenten, aber doch außerordentlich gewandten Athleten, über deren schnelle Bewegungsfähigkeit trotz anscheinender Plumpheit man sich ja auch oft höchlichst wundern muß. Man muß es gesehen haben, wie ein 37 jähriger riesiger indischer Elefantenbulle aus der kleinen Schiebetür eines Spezialeisenbahnwagens sich herauswindet und dreht, um zu begreifen, wie gewandt dies anscheinend so plumpe Tier sich zu bewegen versteht; wie man es auch selbst gesehen haben muß, mit welcher Geschicklichkeit dressierte Elefanten sich auf den Kopf stellen können!

Bemerkenswert ist es, daß der Elefant in gesundem Zustand in der Freiheit nur selten sich zu legen scheint. Ausnahmen von dieser Regel lassen sich meiner Ansicht nach dadurch erklären, daß es sich bei etwa liegend angetroffenen Elefanten um krank geschossene und dahinsiechende Tiere handelt. Die Elefantenjäger sind der Ansicht, daß jemand, der einen Elefanten liegend antrifft, sehr bald sterben muß.

Ich vermag nicht zu sagen, ob sich der Elefant in Ländern, wo er weniger verfolgt wird wie in der Masaisteppe, vielleicht häufiger zur Ruhe hinlegt. –

Die Art des Angriffs der Elefanten war in den von mir erlebten Fällen die, daß er sich mit weit vorgeklappten Ohren und unter einigen durchdringenden trompetenartigen Schreien – in zwei Fällen aber auch stumm – mit äußerster Schnelligkeit näherte. Zuverlässige, mir seit vielen Jahren bekannte Schwarze haben mir erzählt, daß der Elefant in einigen Fällen gewerbsmäßige schwarze Jäger angenommen, hingeworfen und mit den Zähnen durchbohrt habe. In einem Falle habe ein alter Bulle den Jäger vollkommen zerschlitzt, indem er mit dem Fuße seinen Kopf zertretend, den eingebohrten Zahn messerartig durch den ganzen Körper führte. Eine ganze Anzahl von Unglücksfällen mit Elefanten verliefen ähnlich; einer der tragischsten war wohl der Tod des Prinzen Ruspoli im Somallande.

Es gilt als ausgemacht, daß eine Flucht, wenn möglich, seitwärts zu erfolgen habe, da der Elefant im allgemeinen geradeaus vorwärts seinen Angriff auszuführen pflegt. Das empfiehlt sich besonders deshalb, weil ja das Tier sich ausschließlich orientiert durch seinen fabelhaft ausgebildeten Geruchssinn, weniger durch sein schwaches Auge. Auch sein Hörvermögen ist außerordentlich gut. Beobachter, welche das in Zweifel ziehen, bedenken nicht, daß der Elefant in den meisten Fällen bereits durch seinen Geruchssinn über das Nahen des Feindes orientiert ist, ehe sein Gehör in Tätigkeit treten kann; ferner aber auch, daß Elefanten in der Herde vom Jäger verursachte Geräusche weniger beachten, weil sie ja an das Brechen und Knacken von Zweigen durch ihre Genossen außerordentlich gewöhnt sind. Einzelne erwachsene Elefanten aber werden auf das kleinste ihnen verdächtige Geräusch reagieren!

Wenn man, wie ich, wochenlang bestimmte Elefanten hat beobachten können, begreift man erst, daß es überhaupt noch Reste dieser Tiere aus dem einstmaligen Reichtume gibt. Die von mir unten im Tale beobachteten und von meinem erhöhten Standpunkte leicht kontrollierbaren Elefanten gaben mir herrliche Gelegenheit zu sehen, wie sie mit Hilfe des hoch über ihr Haupt erhobenen Rüssels stets die leisesten Lufthauche, die ja vorzugsweise in Berggegenden wechseln, kontrollierten und so stets für ihre Sicherheit und die Sicherheit der Herde besorgt waren.

In einem Falle fand ich zwei alte Elefantenbullen in Symbiose (Gesellschaft) mit einem alten Giraffenbullen. Etwa acht Tage lang konnte ich die drei befreundeten Tiere stets wieder zusammen beobachten. Offenbar unterstützten sie sich im Sicherheitsdienste, und es ergänzten sich hier die Elefanten als Tiere, die durch den Riechsinn leben, und die Giraffe als vorzüglich äugendes Tier. Meines Wissens ist das der erste Fall eines Nachweises des Vorkommens der Giraffe im dichten Bergwald zusammen mit Elefanten, während der englische Elefantenjäger A. H. Neumann Elefanten zusammen mit Grevys Zebras und Grantgazellen fand. Ich halte es nicht für Zufall, daß der Elefant vorzugsweise in bergigen Gegenden seinen Standort nimmt, weil dort je nach dem Stande der Sonne schnell ab- und zunehmende, ihre Richtung häufig wechselnde Winde auftreten und von ganz regelmäßigen Luftströmungen keine Rede ist. So ist unser Dickhäuter befähigt, stets und immer seinen feinen Geruchssinn zu Rate zu ziehen. So ungebunden und sorglos der Elefant sich dann verhält, wenn er sich sicher glaubt oder zur Nachtzeit ganz sicher weiß, so scheu und vorsichtig verhält er sich zur Tageszeit in gefährlichen Gegenden. Geräuschlos sich fortbewegend, den ganzen Tag in einem kleinen Reviere verharrend, stundenlang unter Schattenbäumen stehend, werden alte gewitzigte Tiere, mit Ausnahme der unvermeidlichen Verdauungsgeräusche, nie einen Ton vernehmen lassen. Sollte dennoch ein alter Elefant seinen Schrei ausstoßen, so wird es nur ein Zeichen des Alarms sein vor nahender Gefahr. Nur über jene Verdauungsgeräusche ist er nicht Herr, und bei dem geradezu unglaublichen Konsum an Baumzweigen und Blättern ist es leicht begreiflich, daß jenes mächtige Laboratorium, der Magen, welcher den ungeheuren Körper erhalten muß, nicht geräuschlos zu arbeiten imstande ist: ein für den sich nahenden Jäger höchst schätzbarer Umstand, der ihn in die Lage setzt, den Standort der einzelnen Tiere zu erkunden.

Von Einfluß auf den Standort der Elefanten ist zweifellos auch das mehr oder minder häufige Auftreten von Schmarotzern, namentlich von Oestriden, in der Gattung Cobolldia, die unser Tier außerordentlich peinigen und quälen und vor denen er ratlos in schattige Dickichte sich zurückzieht.

Die Schwarzen behaupten, daß der Elefant, wenn er auf die Fährte von Menschen kommt, sie mit seinem Rüssel prüft, auch wenn sie Stunden alt ist, und dann aus Vorsicht oft viele Meilen zwischen sich und seinen augenblicklichen Standort legt. Dies scheint mir nicht unwahrscheinlich bei der ausgesprochenen Gewohnheit der Tiere, Erde und Land mit dem Rüssel aufzunehmen. Die Richtigkeit dieser Tatsache habe ich selbst indessen nicht prüfen können, doch wahrgenommen, daß sich die Tiere bei dem leisesten Verdacht in ihrem wiegenden Schritt sofort in Bewegung setzen und, mit erstaunlicher Klugheit die Deckung des Geländes benutzend, die Flucht ergreifen.

Ebenso sah ich aus der Vogelperspektive in einem bestimmten Fall eine Elefantenherde sofort flüchtig werden, als die Leitkuh den von mir mit einigen Schwarzen zwei Tage vorher betretenen Wildwechsel erreichte.

Wie außerordentlich geschickt der Elefant Schlüsse aus bösen Erfahrungen zieht, weiß man seit altersher. Aber auch dem geschicktesten Dresseur gelingt es beispielsweise nicht, einen Elefanten, der einmal durch den Bretterboden einer Schaubühne brach und sich dabei verletzte, jemals wieder auf diese Bühne zu bringen. ...

So meidet ein wilder Elefant vielleicht zeitlebens eine Gegend, wo er Fallgruben entdeckt hat.

Es scheint, daß in den Masaihochländern gegen den Monat Oktober oft mehrere Herden in größere Verbände zusammentreten. Jede Herde wahrt aber dabei ihre Selbständigkeit.

Neuerdings dürften jedoch die im Masailande so sehr dezimierten Herden in ihrem sozialen Verbande nicht mehr so streng die Trennung und Ordnung der einzelnen Altersklassen aufrecht erhalten wie früher, zur Zeit reicher Elefantenbestände.

Bemerkenswert ist, daß ein Elefantenkalb, dessen Mutter erlegt wurde, sofort von anderen Kühen der Herde adoptiert und gesäugt wird, selbstredend nur dann, wenn es bereits eine Größe erreicht, die ihm eine Flucht ermöglicht. Diese auch von mir mit Sicherheit festgestellte Tatsache zeugt für den engen sozialen Verband, in dem die Herden leben, und für ihr stark entwickeltes Familiengefühl.

Obgleich man nur selten Zecken an der Haut der Tiere findet, haben sie ein lebhaftes Bedürfnis, sich sehr häufig im Schlamme zu wälzen, mit Sand und Erde zu bestreuen und ihre Haut an Bäumen – sogenannten Malbäumen – zu scheuern. Daher sind die Elefanten, ähnlich wie Nashörner, oft ganz verschiedenartig gefärbt, je nach der Färbung des betreffenden Erdbodens. In Hochwaldbeständen, die sie nächtlicherweile durchstreifen, findet man Hunderte von Bäumen, an denen sie ihre Haut gescheuert haben. Solche »Scheuerstellen« geben Zeugnis von der Größe der Tiere. Am 23. Juli 1903 maß ich im Westen des Kilimandscharo eine solche Malhöhe von gegen fünfzehn Fuß. Mit Vorliebe werden Bäume benutzt, welche etwas schief gewachsen sind, so daß der Elefant sich mit voller Wucht schräg gegen dieselben lehnen kann. Treten die Tiere auf Waldlichtungen oder weite offene Flächen hinaus, so werden einzeln gelegene starke Bäume immer und immer wieder zum Scheuern der Haut benutzt, oft bis zur völligen Entblößung der Rinde. Mancher Baumriese könnte so Zeugnis geben von immer wiederholten nächtlichen Besuchen zahlloser unserer Dickhäuter im Laufe etwa eines Jahrhunderts!

Die Ansicht, daß der afrikanische Elefant, ähnlich seinem indischen Vetter, gezähmt werden könne, ist wohl zweifellos richtig. Ich bin jedoch im Verein mit englischen Kennern der Ansicht, daß im äquatorialen Afrika dies nicht von Nutzen sein würde, da nicht abzusehen ist, wie zur Trockenzeit in der Steppe der Elefant ernährt werden könnte. Jedenfalls liegen die Verhältnisse in Indien und Ostafrika so verschieden, daß aus der Verwendbarkeit des Elefanten in Indien keine Schlüsse auf eine solche in Ostafrika gezogen werden können. Die Zähmung hingegen würde wohl, in die Hände sachverständiger Eingeborener aus Indien gelegt, keine unüberwindlichen Schwierigkeiten machen, wenngleich unsere Tiergärtner beobachtet haben, daß der indische Elefant leichter zu behandeln ist, als der afrikanische. Versuche dieser Art würden aber auf alle Fälle Hunderttausende verschlingen und müßten bald unternommen werden, angesichts des rapiden Verschwindens des Elefanten. Die am Kongo gemachten Erfahrungen sind übrigens recht ermutigend.

Wie sich in kaum mehr denn fünfzig Jahren das faunistische Gepräge eines Landes ändern kann!

Vor fünfzig Jahren waren Elefant und Rhinozeros, wie schon bemerkt, noch in den Gebieten zu finden, die wir heute Deutsch-Südwestafrika nennen, Länder, in denen es vor hundert Jahren noch von beiden Tierarten wimmelte und Elefantenherden allmählich bis an die Meeresküsten der Walfischbai wanderten. Damals schrieb ein klassischer Jäger, wie W. Cotton-Oswell ...: »Vardon was the most enthusiastic rhinoceros hunter; he filled his waggon with (rhinoceros') horns as I did mine with ivory; he used to shoot four or five every day, and there was always a freshness about the sport to him which seemed remarkable. He was an all round shot, but best at rhinoceros ...« (Vardon war der begeistertste Nashornjäger; er füllte seine Ochsenwagen mit Hörnern von Rhinozerossen, wie ich die meinen mit Elfenbein; er schoß vier oder fünf Nashörner täglich und war zu dieser Art von Jagd immer erstaunlich aufgelegt. Er schoß überhaupt recht gut, aber am besten auf Nashörner!)

Das war die Zeit, in der Oswell, ein englischer Afrikajäger, und andere Monat für Monat und Tag für Tag die Elefantenherden Südafrikas dezimierten, wo die Buren tiefer und tiefer in das Herz dieser Länder eindrangen und eine Wildvernichtung getrieben wurde, die nur der für möglich halten kann, der, wie ich, noch faunistisch jungfräuliche Länder kennen lernte und aus der so gewonnenen Perspektive die einstigen Reichtümer des Tierlebens in Südafrika im Geiste zu überschauen vermag ... ...

Was sich vor fünfzig Jahren in Südafrika ereignete, vollzieht und vollzog sich teilweise schon in unsern Tagen für die äquatorialen Gebiete – darüber kann sich der Kenner nicht täuschen. Sehen wir doch heutigen Tages leider im deutschen Kamerun vom Gouvernement konzessionierte schwarze Elefantenjäger, die mit Hinterladern das edle Tier hinmorden dürfen!

Nur verlangsamen können wir das Vernichtungswerk, nicht aber aufhalten. Immerhin wäre es ein schöner Erfolg, auch nur jahrhundertelang den afrikanischen Elefanten zu schützen. Hier muß sich das öffentliche Gewissen regen! Geschieht dies nicht, so kann der Tag nicht mehr fern sein, an dem es heißen wird: »Quid novi ex Africa?« (Was gibt es Neues aus Afrika?)

Und die Antwort auf diese wohlbekannte Frage jenes alten Römers wird lauten: »Man vernichtete den letzten afrikanischen Elefanten!«

 


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