Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Kopfleiste

19. Ostafrikanische Antilopen.

In dem Werke »Tierreich« sagt Professor Ludwig Heck: Eine Antilope ist jeder echte Hornträger, der keine Ziege, kein Schaf oder Rind ist.

Damit definiert man wohl am zweckmäßigsten die zahlreichen Arten der unter dem Sammelnamen »Antilopen« zusammengefaßten Horntiere, an denen Afrika so reich ist.

Ein Pärchen der schönen Zwerggazellen (Eudorcas schillingsi Knotterus-Meyer) belohnte meine Versuche, das scheue Wild in der westlichen Masaisteppe nachts im Bilde festzuhalten.

Unter den sogenannten Antilopen zeichnen sich zwei Arten besonders durch ihre Größe und stärke aus,– es ist das große Kudu ( Strepsiceros strepsiceros Pall.), auch große Schraubenantilope genannt, »ol mǎlo« der Masai, und die Elenantilope, von den Masai »os sǐrǔǎ, von den Küstenleuten »Mpófu« genannt.

Das Kudu, ein hirschgroßes, dunkelgefärbtes und mit weißen Querbinden geschmücktes Wild, dessen Männchen zuweilen den größten und stärksten Hornschmuck aller afrikanischen Antilopen trägt, ist ein Bewohner bergiger Gegenden und kommt im Masaigebiet nur sehr selten vor.

Im Jahre 1899 machte ich eine Reise vom Panganiflusse aus ins Paregebirge und lagerte am Fuße des mittleren Paregebirges, um auf Kudus zu pürschen. Ich traf das seltene und scheue Wild auf den mit Kandelaber-Euphorbien bestandenen Berghängen sehr vereinzelt an und fand nach mehreren vergeblichen Pürschen ein Rudel von vier Tieren mit einem Bock, den ich erlegte.

Während des Tages verbargen sich die Kudus in den Euphorbienbeständen der Vorberge, und nur sehr früh am Morgen sah ich sie, äußerst scheu, an den Berghalden äsend, über die sie von weitem wechselten.

Jetzt, – es war im Frühjahr, – in der heißesten Jahreszeit, waren die Bergabhänge kahl verbrannt; nur sporadische leichte Regen hatten hier und da junge Gräser und frische Blätter erzeugt, welche die Kudus aufsuchten. In der brennenden Sonnenglut, im felsen- und steinübersäeten Terrain war die Pürsche inmitten der stachlichten Vegetation höchst schwierig.

Leider fand ich damals schon in jeder Hütte der Eingeborenen dieser Gegend einen oder mehrere Vorderlader, mit denen sie bereits diesem großen, eine begehrenswerte Beute bildenden Wilde so eifrig nachgestellt hatten, daß es fast ausgestorben war.

Sonst habe ich die große Schraubenantilope im Masaigebiet nur noch am Gileïvulkan zu Gesicht bekommen. Sie muß aber auch am Steilabfall des »großen Grabens« am Natronsee vorkommen, da die Eingeborenen von Nguruman zahlreiche aus den Hörnern der Kudus gefertigte Bagurmas (Signalhörner) besaßen. Kuch im Süden Deutsch-Ostafrikas ist das große Kudu noch häufig, wenigstens brachte mir ein bekannter Offizier der Schutztruppe aus der Gegend von Tabora sehr viele durch Askari erbeutete Kuduhörner mit an die Küste. Ich selbst besitze einen »Record«-Kudu-Schädel mit hörnern von, 150 cm Länge.

Ist meine eigene Bekanntschaft mit der großen Schraubenantilope nicht sehr umfangreich, so fand ich das bedeutend schwächere und geringere kleine Kudu ( Strepsiceros imberbis Blyth.) erfreulicherweise noch recht zahlreich.

Das große Kudu, dieses herrliche, in Südafrika früher nicht seltene und in Deutsch-Südwestafrika auch heute noch häufig vorkommende Wild ist im Masaigebiet, wie gesagt, sehr selten geworden, und in Britisch-Ostafrika sogar so selten, daß man es dort längst ganz besonders sorgfältig schützt. Das vorkommen des wundervollen kleinen Kudus ist dagegen immerhin als ein sehr lokales und zerstreutes zu bezeichnen.

Nach meinen Feststellungen nennen die Masai diese prächtige Wildart »os sǐrǎm«, während es die Wandorobbo mir mit »Njaigo« bezeichneten.

Die schönen, weißgemähnten dunkelgefärbten Böcke und die mehr braungefärbten hornlosen Weibchen gewähren, wenn man ihrer plötzlich ansichtig geworden, einen ebenso überraschenden wie herrlichen Anblick. Die weißen Streifen auf ihrem Haarkleide lassen das Tier außerordentlich mit der Umgebung verschwimmen, so wie dies auch bei Zebras von mir beschrieben worden; die weiße Streifung des Kudus wirkt täuschend wie das durch Geäst und Gezweig fallende Sonnenlicht! Die ganz außerordentlich großen Lauscher befähigen das ausschließlich im dichten Dornbusch lebende Wild, auch das kleinste verdächtige Geräusch wahrzunehmen. Die Haltung der Böcke ist eine stolze und imposante, ganz besonders, wenn sie, des Menschen ansichtig geworden, einen Augenblick verhoffen (stutzen).

An den östlichen Ndjirisümpfen war die kleine Schraubenantilope früher zweifellos ebenso zahlreich wie an anderen geeigneten Ortlichkeiten der Masai-Nyika; tragen sie doch im Munde der Masai heute noch den Namen »Ngare- ›os sǐrǎm‹« (Ngare – Wasser, os sǐrǎm = kleines Kudu). Leider wurde dies Kudu durch die 1891 in Ostafrika wütende Rinderpest sehr dezimiert. Mein Freund und einstiger Pfleger in schwerem Malariafieber (1896), der englische Offizier Mr. Hobley, sah, wie F. J. Jackson in » The Badminton Library« berichtet, im Jahre 1891 mehrere dieser entsetzlichen Krankheit soeben erlegene Exemplare im englischen Ostafrika.

Das kleine Kudu ist ein Tier des Flachlandes. Bei dem steinigen Charakter der von ihnen bevorzugten Örtlichkeiten in der Steppe ist die Pürsche auf dieses Wild besonders schwierig. Sie pflegen in kleinen Sprüngen – von einem Bock und einigen Tieren – während des Tages zu ruhen, morgens und abends aber auf Äsung auszugehen. Häufig lassen sie den Schützen bis in ihre unmittelbare Nähe kommen, um dann, flüchtig werdend, oftmals in geradezu ungeheuren Fluchten auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden. Lange Zeit habe ich mich bemüht, eine brauchbare Aufnahme dieser Antilope zu erlangen; aber die einzige gute, die ich erzielte, ging mir durch eine Reihe von unglücklichen Umständen verloren. Da diese Antilopen meistens im Schatten von Büschen stehen oder aber bei nicht voller Sonnenbeleuchtung anzutreffen sind, so sind photographische Aufnahmen begreiflicherweise besonders schwierig. – als ich mit großem Glück einst am Kilumbin-Vulkan einen kapitalen Kudubock gewahrte, der, in stolzer Haltung verhoffend, mich auf fünfzig Schritte hatte herankommen lassen, zitterte meine Hand bei der Teleaufnahme ein wenig, und das Bild wurde verdorben: das Kudu hatte auf der Platte nur eine verschwommene Ähnlichkeit mit einer Antilope!

Die Hörner alter Böcke habe ich ganz außerordentlich abgestoßen und verwittert gefunden, so daß man hätte glauben können, es mit bereits lange in der Steppe liegenden Hörnern zu tun zu haben. Das kleine Kudu wird ganz besonders häufig von Leoparden gerissen; auf Bäumen aufgehangene Reste habe ich mehrere Male gefunden. In der trockensten Zeit äst dieses Wild besonders viele Sansevieren; ich habe Mägen der kleinen Schraubenantilope zuweilen fast vollständig mit den langen Fasern dieser Pflanze angefüllt gefunden.

Die größte und stärkste Antilope des schwarzen Erdteils überhaupt, die Elenantilope ( Oreas livingstoni Sclat.) erinnert in ihrem Aussehen und ihrem Benehmen sehr an ein Kind. Auf den ersten Blick wird dies namentlich beim Anblick eines der alten kapitalen, gegen 900 Kilo und mehr Gewicht erreichenden und gegen fünf Fuß hohen Bullen ins Auge fallen, die massige, imposante Erscheinung dieser gewaltigen, durch stark entwickelte Halswammen ausgezeichneten Antilopen nähert sich zweifellos am meisten dem Rindertypus. Das Herz des Jägers schlägt begreiflicherweise höher, wenn er dieses kapitalen Wildes zum ersten Male ansichtig wird! Ich fand die Weibchen und die jüngeren Tiere stets gestreift; die Bullen im späteren Alter verlieren indes die 5treifung vollkommen und nehmen eine ins ausgesprochen Bläuliche stechende Färbung an. während ich niemals unregelmäßige Hornbildung bei letzteren bemerkte, variieren die Kühe vielfach in Form, Länge und Gestaltung der Hörner; man findet bei ihnen sowohl sehr gedrehte, gewundene, als auch ganz glatte Hörner. Sie erreichen eine beträchtliche Länge, aus Portugiesisch-Ostafrika besitze ich ein paar Hörner von 1 m 4 cm Länge.

Längere Zeit hindurch hatte man geglaubt, daß auch die Elenantilope durch die Rinderpest, gleich dem Büffel, seit dem Jahre 1891 in Deutsch- Ostafrika fast ausgerottet sei. Das ist erfreulicherweise nach meinen Feststellungen nicht der Fall. Die an Köpfen zahlreichste Herde fand ich im Lande Kikuyu; es waren siebenundvierzig Stück, welche jedoch, da sie in Gesellschaft von Straußen sich befanden, auf den weiten flachen Ebenen nicht anzupürschen waren. Am Nakurosee erlegte ich 1896 meine erste Elenantilope, zwei andere bei Kibwezi im englischen Gebiete; in späteren Jahren jedoch habe ich viele hunderte von Elenantilopen gesichtet, sowohl einzelne alte Bullen im Herbste unserer Jahreszeit, als auch kleinere und größere Rudel das ganze Jahr über.

Die Elenantilope ist erstaunlicherweise eine ausgezeichnete Bergsteigerin. Professor Hans Meyer und Hauptmann Merkel haben sie beispielsweise in Höhen von fast 5 000 Meter auf dem Plateau des Kilimandscharo gefunden.

Die Elenantilope führt, wie viele andere Säugetiere Afrikas, ein Wanderleben, sich in ihren Aufenthaltsorten den verschiedenen Jahreszeiten anpassend, und zur trockenen Jahreszeit in bedeutende Höhenlagen der Berge aufsteigend. Wie ein großer Teil der Tierwelt der ostafrikanischen Steppe in permanenter Wanderung, den oft sehr unregelmäßigen Regenzeiten entsprechend, seine Standorte ändert, heute im Gebirge oder der Hochsteppe, morgen in der Niederung oder gar an der Seeküste zu finden ist, so wandert auch die Elenantilope innerhalb eines ungeheuren Gebietes weit umher, immer frische Äsung suchend.

Bei Annäherung von Gefahr pflegen sich die zerstreut äsenden »Singoita«, wie die Wandorobbo sie nennen, anfänglich zusammenzudrängen, um zuerst im Trabe, dann aber in schwerfälligem, aber förderndem Galopp flüchtig zu werden. Bevor sie in diesen verfallen, führen sie regelmäßig in höchst charakteristischer Weise einige sie hoch in die Luft erhebende Fluchten aus, die, zum ersten Male gesehen, einen erstaunlichen Eindruck auf den Beobachter machen, da er dem schweren Tiere diese Behendigkeit nicht zugetraut haben würde. Ebenso zeichnen Elenantilopen in einer ganz außerordentlich markanten Weise auf die Kugel, eine Tatsache, die ich stets und ohne Ausnahme habe feststellen können.

Ich fand die Elens oft sehr weit vom Wasser entfernt; sie haben die Fähigkeit, es zwei und mehr Tage entbehren zu können. Sie nähren sich keineswegs nur von Gras, sondern auch von Stauden und Baumschößlingen; weiden aber mit Vorliebe die grasbedeckten Abhänge gewisser Höhenzüge ab.

Wissend, daß die Elenantilopen Berge besteigen, war ich doch sehr überrascht, als ich sie zum ersten Male dicht am Gürtelwalde, mitten in dem aus undurchdringlichem Jasmin, Vernonien und Smilaxdickichten gebildeten Dschungel, in mehr als zweitausend Meter höhe antraf, wie sie im Begriff waren, bergaufwärts zu wechseln. Ich habe das schöne Wild dann wieder über dem Gürtelwald in der Region der Stauden wahrgenommen. Sehr häufig aber fand ich die Elenantilopen in den grasigen Lichtungen, welche auch die Nashörner lieben, aber auch im dichten Hochwalde auf den verschiedenen Bergen der Masaisteppe in Höhe von 2 000 – 2 400 Meter.

Da ich um dieselbe Zeit das Tier in den Ebenen seltener fand, glaube ich, wie gesagt, annehmen zu dürfen, daß diese Antilope zur trockenen Jahreszeit die Berge zu bevorzugen pflegt.

In den meisten Fällen fand ich die Elenantilopen nicht mit anderen Antilopen vergesellschaftet, die sehr alten Bullen sogar sehr häufig allein. Nichtsdestoweniger Zeichneten sich diese Antilopen, wo ich sie auch immer beobachten konnte, durch große Friedfertigkeit aus; selbst angeschossene Bullen setzten sich nur wenig zur Wehr.

Ihre Hörner waren in einzelnen Fällen außerordentlich zerstoßen; ich lasse dahingestellt, ob dies durch Reiben an Baumstämmen oder durch Kämpfen mit anderen Bullen geschehen war.

Das Wildpret der Elenantilope, namentlich jüngerer Exemplare zur feuchten Jahreszeit, zählt zu den ganz besonders vortrefflichen Leckerbissen unter dem dortigen Wilde. Die Häute der Bullen bedürfen einer recht schwierigen Präparation, da sie besonders am Hals von einer außerordentlichen Dicke sind und sehr leicht in Fäulnis übergehen. –

Charakteristisch für den afrikanischen Kontinent sind die Gnus, »Njumbo porrini« von den Waswahili, »en gǎt« von den Masai und »Ngaita« von den Wandorobbo genannt.

Wenngleich das nunmehr in seiner Heimat, Südafrika, leider nur noch gehegt lebende Weißschwanzgnu ( Connochaetes gnu Zimm.) in jeder Beziehung in seinen Eigenschaften charakteristischer und ausgeprägter erscheint, wie das blaue und das Weißbartgnu, so verleiht doch letztere zoogeographische Art, das Weißbartgnu ( Connochaetes albojubatus Thos.), den Salzsteppen der Masaihochländer einen faunistischen Stempel höchster Eigenart. – Größer und stärker als das südafrikanische Gnu, gleicht es, namentlich von weitem gesehen, sehr viel mehr dem Büffel, als sein kleinerer südafrikanischer Vetter. Der erste Anblick eines oder einiger Gnubullen, wie sie in trotzigster Haltung, unbeweglich, wie mit dem Boden verwachsen, nach dem Fremdling hinüberäugen, erweckt dem Europäer unzweifelhaft das Gefühl, Büffel vor sich zu haben, freilich nur dann, wenn er dem mächtigen afrikanischen Wildbüffel noch nicht in der Wildnis begegnet ist.

Zur Zeit meiner ersten Reise war die Frage noch nicht entschieden, welche Art des Gnus die Masailänder bewohnt; heute wissen wir, daß nur das Weißbartgnu dort vorkommt. Es unternimmt weite Wanderungen, je nach den Regenzeiten, ist im höchsten Grade gesellschaftsliebend, und fast stets finden wir es zusammen mit Zebras, Straußen oder Antilopen.

Ein seltsames Trio, bestehend aus einem alten Gnubullen, einer weiblichen Giraffengazelle und einem Zwerggazellenbock habe ich wochenlang an einer bestimmten Stelle beobachten und auch einmal photographieren können.

Gnus wie auch Zebras begnügen sich oft lange Zeit mit salzhaltigem Wasser, welches anderen Tieren nicht zusagt. In der Trockenzeit finden wir sie monatelang in der Nähe der Natronseen, wo sie das kurze, frische Gras äsen, welches beim Eintrocknen der periodischen Jeen dicht am Wasser hervorsprießt.

Eine von mir neu entdeckte Oestruslarve, die noch der Beschreibung harrt, scheint beim Weißbartgnu zuzeiten weit verbreitet; es wäre von großer Wichtigkeit, festzustellen, ob meine Beobachtung dieser Larven auch im Magen der Gnus von anderer Leite bestätigt werden kann! Es kann ja auch das von mir untersuchte Gnu diese Larven sich zufällig einverleibt haben.

Näherte ich mich den Herden in abgelegenen Ländern, wo die Gnus den Europäer noch nicht kannten, so war es nicht schwierig, auf nahe Schußdistanz heranzukommen. Namentlich alte Herdenbullen ließen mich zuweilen bis auf zweihundert Schritte und weniger auf freier, flacher, deckungsloser Boga herankommen, bevor sie prustend flüchtig wurden, während ihre Herden sich einige hundert Schritte weiter entfernt hielten. Sehr alte männliche Exemplare halten sich getrennt von den Herden, einzeln oder zu zweien und dreien auf, und scheinen von den im besten Alter befindlichen Bullen abgekämpft, bzw. abgeschlagen zu werden. Solche sehr bejahrten Tiere fand ich mehrere Male mit fast ganz weißen, im Haarkleid gebleichten Köpfen.

Schnaubend werden die Gnus vor dem Jäger flüchtig, um nach seltsamen Evolutionen, neckisch spielenden Luftsprüngen, neugierig Front zu machen, dieses Spiel häufig wiederholend. Es liegt dies Gebahren in einer seltsamen Eigenart aller Gnuarten begründet. Ihre Luftsprünge und Kapriolen sind höchst charakteristisch; sie führen diese auch in der Gefangenschaft aus, und man kann sie hier förmlich durch eigene Luftsprünge dazu auffordern.

Allen Tiergärtnern sind die Luftsprünge der Gnus wohl bekannt. Am charakteristischsten zeigt sich dies beim südafrikanischen Gnu, dessen eigenartige Luftsprünge und Kapriolen so grotesk sind, daß sie sich mit Worten kaum beschreiben lassen. Ähnliches dürfte unter den Wiederkäuern im erwachsenen Zustand nicht wieder vorkommen.

Zum großen Teil ist dieses spielende Springen auch wohl begründet in der Kampfeslust der Bullen untereinander, die sich vielfach innerhalb der Herden äußert.

Das Gnu gehört, wie man in früheren Tagen im Kaplande festgestellt hat, zu dem durch einen, auch gut berittenen Mann kaum einzuholenden Wilde, dessen Zähigkeit und Lebenskraft den Jäger immer wieder in Erstaunen setzt.

Bemerkenswerterweise zeigt sich das Gnu in der Freiheit dem Menschen gegenüber überaus furchtsam und ängstlich. Wollte es von seiner Kraft und seinen gefährlichen Hörnern Gebrauch machen, so würde es zweifellos dem Menschen so gefährlich oder gefährlicher als der Büffel werden können, namentlich da sein Sehvermögen recht gut ist. Bosheit dem Menschen gegenüber zeigt es immer erst in der Gefangenschaft, erreicht dann freilich an Gefährlichkeit die Pferde- und Oryxantilopen.

Ich war so glücklich, die ersten lebenden, etwa zweijährigen Weißbartgnus im Jahre 1900 nach Europa bringen zu können. In Begleitung zweier Kühe, mit denen die Gnus aufgezogen waren, folgten sie meiner Karawane bis zur Küste und gelangten glücklich nach Deutschland. Da sie den Rindern frei folgten, war es nicht leicht, Flüsse mit ihnen zu übersetzen; ich mußte sie jedesmal werfen und fesseln, um sie durch die Flüsse an Stricken durchziehen zu lassen.

Einen Bullen schenkte ich dem Berliner Zoologischen Garten und hoffte, die beiden anderen, damals noch ganz zahmen Tiere zu Zuchtversuchen verwenden zu können.

Auf den Koppeln in Weyerhof liefen sie anfänglich frei umher. Glücklicherweise hatte ich dem Bullen beim Herausnehmen aus dem Transportkasten, – den ich nebst den beiden anderen mit meinem Präparator aus einem in der Hafenstadt Pangani gekauften alten Zaun aus europäischem Holz selbst gezimmert hatte – die dolchspitzen Hörner etwas abgestumpft.

Hoch erfreut nahm sich ein bewährter Pferdepfleger der seltsamen Fremdlinge an. Seine neuen Pfleglinge selbstverständlich vom Standpunkte der Nützlichkeit aus beurteilend, meinte er:

»Dat sin liebe Dierchere! Ich wett', die kann mer' nächstens melke!«

Überraschend schnell jedoch änderte sich der Charakter der von den Reisestrapazen erholten, gut gepflegten Tiere.

Eines Tages weigerte sich denn auch der Mann, die große Umzäunung seiner Pfleglinge, wie dies notwendig war, zu betreten.

»Dat sin kein liebe Dierchere mehr, dat sin Teufele! Dat Weib, dat is ja noch brav, aber der Mann von de beide, tauch nix!«

Einige Tage verreist gewesen, glaubte ich nun mit den Tieren selbst noch fertig werden zu können; mit einer langen Fuhrmannspeitsche bewaffnet, unternahm ich es, den gegen mich Front machenden Bullen in die Flucht zu schlagen.

Schneller bin ich jedoch in meinem Leben nicht umgestoßen und einige Fuß hoch in die Luft befördert worden!

Nur durch ein Wunder entging ich ernsten Verletzungen oder einem schlimmeren Lose. Jetzt vermochten nur noch drei oder vier energische mit Peitschen bewaffnete Männer zusammen die Tiere fortzutreiben. Nach acht Tagen jedoch respektierte der Gnubulle auch diese vereinigten Kräfte nicht mehr, zeigte sich gegen die stärksten Peitschenhiebe unempfindlich und mußte mit seiner Gefährtin in eine mit sehr starken Pfählen abgegrenzte Umzäunung gebracht werden, seine Bosheit steigerte sich hier von Tag zu Tag und verwandelte sich allmählich in eine geradezu unglaubliche Wildheit.

Denselben Werdegang machte sein Reisegefährte im Berliner Zoologischen Garten durch; alle drei Tiere erlagen jedoch leider nach einiger Zeit der Tuberkulose.

Unter allen Antilopenarten sind es die Gnus, die die weite offene Steppe, – die Boga – am meisten lieben und hier ihren Aufenthalt vorzugsweise nehmen.

Im glühenden Sonnenbrande liegt in unendlicher Weite der hellfarbige, rötlich schimmernde Lateritboden vor unseren Blicken, und Hunderte von gedrungenen, je nach der Beleuchtung in verschiedenen Tinten dem Auge sich bietenden Tierkörpern beleben die öden Flächen. ...

Wie zutraulich Wild in menschenleeren Gegenden sein kann: Schnaubend wurden die Gnus flüchtig, um nach seltsamen Evolutionen neugierig Front zu machen ...

Taucht in den Mittagsgluten in der Ebene die so oftmals geschaute Fata Morgana – uns bläuliche Wasserflächen vortäuschend – auf, so scheinen die Gnus, die Zebras sich mitten im Wasser zu bewegen. ...

Um die Mittagsstunde halten einzelne Gruppen von Gnus ihre Siesta unter den vereinzelten, dürftigen Dornenstrauchbäumen von Salvadora persica und andern Bäumen; zur übrigen Tageszeit aber sieht man die Wildrudel über die Ebene zerstreut.

Es tritt dann so recht in Erscheinung, daß hier wie überall das Leben in der Tierwelt auch insofern ordnenden Gesetzen unterliegt, als die vereinigten in der Vollkraft der Jahre stehenden männlichen Individuen dieser Gnuherden die alten greisenhaften Stiere abkämpfen und dauernd dem sozialen Verbande des Rudels fernhalten. So sehen wir denn links und rechts die alten Bullen wie vorgeschobene Posten einige hundert Schritte abseits von der Herde, und bemerken, daß ihre Annäherung stets von den jüngeren Herdebullen zurückgewiesen wird.

Kermit Roosevelt, dem Sohne des Präsidenten, gelang es 1910, schöne Aufnahmen kämpfender Gnubullen in Britisch-Ostafrika zu machen.

In den Hungerjahren 1899/1900 konnte ich nicht selten eine Art ernsten Kriegsspieles zwischen Gnus und Eingeborenen in der staubdurchwirbelten Steppe zwischen Kilimandscharo und dem Meruberge aus der Vogelperspektive von einem der zahlreichen Hügel jener mit Lava besäten Steppe aus beobachten. Aber obwohl die Eingeborenen, jede Deckung benutzend, sich den Gnurudeln mit ihren Bogen und Giftpfeilen zu nähern versuchten – immer wieder wußten diese ihren Feinden zu entfliehen, gewarnt durch ihre Vorposten, alte Gnustiere, die allerorten die Rudel flankierten. – – –

In den Steppengebieten, durch welche die englische Ugandabahn den Reisenden zum Viktoria-Nyanza befördert, wird man manchenorts besonders große Herden von Gnus neben vielen anderen Antilopen dicht am Schienenwege wahrnehmen. Es ist den englischen Behörden durch strengste Verordnungen gelungen, hier unmittelbar an der großen Verkehrsader mit Erfolg Wildreserven zu schaffen.

Mit eiserner Energie gingen die Behörden hierbei vor, und der erste Übertreter der Verordnungen, ein höherer englischer Beamter, soll dem Vernehmen nach mit sehr hoher Geldstrafe gebüßt worden sein. Ein derartig praktisch durchführbares Vorgehen innerhalb eines kontrollierbaren Revieres ist aller Anerkennung wert. Es unterscheidet sich in bemerkenswerter Weise von dem deutschen Schutzsystem durch Verordnungen, die für weitentlegene Steppengebiete wohl erlassen, aber niemals überwacht werden können, während in der Nähe der Stationen zuweilen das Wild ausgerottet wird.

Der Wildreichtum, den ich in den Steppen Britisch-Ostafrikas habe beobachten können, lange bevor ein eiserner Schienenweg den Indischen Ozean mit dem größten zentralafrikanischen See verband, ist so zum großen Teil erhalten geblieben und gibt einen deutlichen Fingerzeig, was durch zweckmäßige Anordnungen in der Nähe der zu bauenden Eisenbahnen auch im deutschen Ostafrika zu erreichen wäre! – – –

Riesen unter den Antilopen heimaten außer den genannten drei Arten in manchen Teilen Deutsch-Ostafrikas; es sind die großen Pferdeantilopen, Hippotragus niger und Hippotragus equinus, beide von den Waswahili Palla-halla genannt.

In den eigentlichen Masaihochländern ist erstere Art nicht zu finden; vielmehr birgt ein sich kaum über 100 Kilometer landeinwärts erstreckender Küstenstreifen der Linie Mombas-Tanga-Pangani-Sadaani hauptsächlich dieses herrliche Wild. Die verwandte Art finden wir im Süden des Landes, im abflußlosen Gebiete. Aus den zahlreichen frischen Hörnern, die ich bei den Händlern in Sansibar leider häufig fand, und die nach ihrer Aussage alle aus deutschem Gebiete stammten, ferner aber aus den Erfahrungen verschiedener Reisenden ist es festzustellen, daß die schwarze Pferdeantilope in dem Gebiete der Küste nicht allzu selten vorkommt. In den Ländern am Kilimandscharo fehlt die »Palla-Halla«. Den Eingeborenen dortselbst war sie völlig unbekannt; erst im Gebiete des Ngare-Dobasch sah ich die verwandte, helle Pferdeantilope ( Hippotragus equinus), die ich auch später wieder unweit der Landschaft Kikumbulia einmal beobachten konnte.

Ich glaube nicht, daß in den Ländern am Kilimandscharo Pferdeantilopen je vorgekommen und dann erst durch die Rinderpest ausgerottet sind; kamen sie jedoch dennoch hier vor, so haben sie wohl niemals zu den häufigen Erscheinungen gezählt.

In voller Freiheit aufgenommene photographische Aufnahmen der prächtigen Pferdeantilopen wären ein jeder Weidmannskunst und -ausdauer würdiges Unterfangen, das mir leider nicht vergönnt war. Auch sind mir derartige »Natururkunden« bis heute (1920) nicht zu Gesicht bekommen. Eine im Kaplande vorzeiten heimatende Art der Pferdeantilope ist schon längst bis auf das letzte Stück durch Pulver und Blei vernichtet worden.

Recht oft dagegen traf ich auf eine ebenso schöne wie scheue, hauptsächlich in den trockensten, aridesten, fern von Wasserquellen gelegenen Steppengebieten wohnende Antilope, die Oryxantilope oder Spießantilope ( Oryx callotis Thos.).

In Zahlreichen Arten in Afrika und Arabien verbreitet, erreicht diese Antilope im Süden des Kontinents in dem, leider nach neueren Nachrichten in Deutsch-Südwestafrika in den letzten Jahren sehr dezimierten »Gemsbock« (eine der törichten Burenbezeichnungen einer Antilope) der Kapländer ( Oryx gazella) ihre stärkste Ausbildung und die ansehnlichste und längste Hornzier. Letztere ist bei den männlichen Tieren stets stärker, gedrungener und kürzer ausgebildet, wie bei den Weibchen; letztere tragen, dafür bedeutend längere, dünnere und spitzere Hörner. Eine 1900 von mir erlegte Kuh trug nur ein Horn; das zweite war abgebrochen. Diese Antilope erinnerte mich ganz auffallend an das englische Wappentier, das bekannte sagenhafte Einhorn.

Die in Deutsch-Ostafrika aber vorkommende Oryxart ist die mit Haarbüschen verzierte, »schönohrige« Oryx ( callotis = schönohrig), während weiter nördlich die Beisaantilope ( Oryx beisa) diese Ohrbüschel als Ohrschmuck nicht aufweist.

Den Waswahili ist die Spießantilope unter dem Namen »Chiróa« bekannt, den Masai als »ol' gomassurok« und den Wandorobbo als »Songóri«.

Bevor ich sie in den Masailändern jagte, hatte man dort wenig Kunde von ihrem Vorkommen; ich fand sie jedoch äußerst zahlreich in Herden bis zu sechzig Stück, meist aber in kleineren Rudeln und, wie bei den meisten Antilopen, alle starke Böcke vereinzelt lebend. –

Ihr außerordentlich der Färbung der Steppe gleichkommendes graubraunes, sandfarbenes Haarkleid, ihre Eigentümlichkeit, fernab in der Einsamkeit zu leben, ist die Ursache, daß sie verhältnismäßig selten von Europäern beobachtet und erlegt wurde. Hat doch ein so ausgezeichneter englischer Jäger, wie F. T. Selous, wie mir berichtet worden, vor einigen Jahren mehrere Wochen vergeblich versucht, im britischen Gebiet die von ihm noch nicht erlegte »Chiróa« zu erbeuten. Auch ich habe ihre Standorte erst aufgefunden, als mir allmählich die Masai-Nyika vertrauter geworden war.

Diese Antilope lebt oft wochenlang weitab vom Wasser und bedarf dessen nur selten; der nächtliche Tau und wasserhaltige Pflanzen genügen ihr zeitweise vollkommen. Nur zur größten Trockenzeit sucht sie das Wasser auf.

Außerordentlich kurz und gedrungen in ihrer Erscheinung, besitzt sie in ihren langen und spitzen Hörnern ungeheuer gefährliche Waffen und dürfte darum selbst den Leoparden keineswegs zu fürchten haben.

Sie ist so wenig bergliebend, wie das Gnu, vielmehr ein Tier der Ebenen. Scheuen Charakters, vermeidet sie bewohnte Gegenden nach Möglichkeit. Die Mütter sehr junger Tiere dieser Art wehrten geschickt die übrigen Mitglieder des Rudels vor allzu großer Annäherung an die Jungen ab, wie ich dies schöne Wild zuweilen auch bei einer Art Kampfspiel beobachten konnte, wobei die einzelnen Tiere gewandt mit ihren spitzen und gefährlichen Hörnern die spielenden Stöße ihrer Genossen parierten. Gleich dem Gnu zeigt sie eine besondere Vorliebe für die Gesellschaft von Zebras. Nicht selten fand ich Spießantilopen, namentlich einzelne Bullen, zur Tageszeit ruhend, selbst auf kleinen Blößen inmitten ausgedehnter Suedabüsche. Hier hatten sie sich aber stets so niedergetan, daß sie sich unterhalb des Windes durchs Auge sichern konnten; oberhalb des Windes befand sich oft außerordentlich günstige Deckung zum Anpürschen. Unmöglich aber wäre es unter solchen Umständen für Raubtiere oder den Jäger, sich ihnen des ungünstigen Windes halber zu nähern.

Die Oryxantilope gehört zu den zähesten Wildarten; nur ein sehr gut sitzender Schuß bringt sie zur Strecke. Theodore Roosevelt berichtet in seinem vorzüglichen Reisewerke: »Afrikanische Wanderungen«, daß auch er die »Chiróa« 1910 in Britisch-Ostafrika scheu und schwer anpürschbar und gegen Verwundungen sehr unempfindlich fand.

Auch diese schöne und interessante Antilope war lebend bis zur ersten Niederschrift dieses Buches noch niemals nach Europa gelangt. – – –

Geweihtragende Wiederkäuer fehlen in Afrika vollkommen, mit Ausnahme zweier auf den äußersten Norden des Kontinents beschränkter Hirscharten.

Einige Arten der über Afrika in verschiedenen Arten weit verbreiteten Wasserböcke ( Cobus) erinnern jedoch auffallend in ihren Gewohnheiten, Haltung und Betragen an Hirsche; namentlich die weiblichen Stücke gleichen in bemerkenswerter Weise den Tieren unseres Rothirsches. Die männlichen Wasserböcke tragen einen stattlichen Kopfschmuck in Gestalt von leierförmig gebogenen Hörnern. Im allgemeinen beobachtete ich den »Curo« der Waswahili in der Nähe des Wassers und in der Nähe von Sümpfen; er tritt jedoch auch in die offene Steppe, und zieht sich während der trockenen Jahreszeit auch in Bergwälder zurück, dort gute Deckung und Schutz vor den Fliegen findend.

Cobus ellipsiprymnus nennt die Wissenschaft den im Masaigebiet heimatenden Wasserbock, den die Masaisprache mit »ol' ěmaingó« und die Wandorobbosprache als »ndoi« (weich gesprochen) bezeichnet.

An der Meeresküste liebt der Wasserbock besonders die Nähe der salzhaltigen Creeks. Außerordentlich zahlreich fand ich ihn in der Nähe sumpfiger Flußufer, wo die Anzahl der von mir an einem Tage beobachteten Wasserböcke – so an den Ufern des Panganiflusses – oft mehrere hundert betrug. Wie bei allen Antilopen, sondern sich auch die Wasserböcke in nach Geschlechtern getrennte Rudel ab; man findet aber zur selben Jahreszeit auch einzelne Böcke bei den oft sehr zahlreichen Rudeln von weiblichen Stücken. Ganz besonders liebt der Wasserbock in Flüssen gelegene Inseln, zu denen er, unbekümmert um die Krokodile, durch die Flußarme wechselt. Dem Wasserbock ist ein höchst charakteristischer Geruch eigen, der sich an den Standorten dieses Wildes besonders intensiv und auf weite Entfernung bemerkbar macht. Dieser teerartige Duft durchdringt auch das Wildpret, so daß dessen Genuß Europäern wenig zusagt.

Die alten weiblichen Wasserböcke zeichnen sich durch große Scheu und Aufmerksamkeit aus und geben stets zuerst das Zeichen zur Flucht; der oder die bei ihnen befindlichen Böcke pflegen dann stets den Beschluß des flüchtigen Rudels zu machen. Die Lebenszähigkeit dieser Antilopen ist, wie die der meisten anderen afrikanischen Hornträger, sehr bemerkenswert. Ich glaube beobachtet zu haben, daß der Wasserbock hauptsächlich Gräser äst.

Im März des Jahres 1897 zog ich allein mit einer kleinen Karawane vom Kilimandscharo der Küste zu, dem linken Ufer des Rufu folgend. Unter meinem zahmen Rindvieh befand sich auch eine schwarzweiß gefärbte Kuh. Ich bemerkte vor mir auf etwa zweihundert Schritte Entfernung plötzlich etwas Schwarzweißes und hielt dies für jene schwarzweiße Kuh, welche mit meiner Ziegenherde vorangetrieben war. Doch gleich darauf fand ich, daß es ein männlicher Strauß war, welcher zur Mittagsstunde ein Sandbad genommen hatte und nun flüchtig wurde. Kaum eine Stunde darauf sah ich zu meiner größten Überraschung, – diesmal der Karawane weit voranmarschierend, – abermals etwas Weißes vor mir durch die Büsche schimmern. Als ich mich erstaunt mit dem Glase vergewisserte, was dies sei, stellte sich das weiße Etwas zu meiner freudigsten Überraschung als ein schneeweißes weibliches Exemplar des Wasserbocks heraus. Zu meiner größten Enttäuschung fehlte ich das Tier auf weite Entfernung und in begreiflicher Aufregung.

Drei Tage blieb ich nun an dieser Stelle, vergeblich nach dem seltenen Tiere suchend: – ich habe es niemals wieder zu Gesicht bekommen! Etwa ein Jahr später wurde es, wie mir berichtet worden ist, von zwei Offizieren an derselben Stelle wiederum vergeblich bejagt.

Merkwürdigerweise waren weiße Wasserböcke meinem alten Karawanenführer nicht unbekannt. Vor Jahren hatte er annähernd an derselben Stelle mehrere Stück weißes Wild wahrgenommen, ebenso die ihn damals begleitenden Leute. Hier hätte mir ein glücklicher Schuß beinahe eine Rarität geliefert; ein Gegenstück zu der von mir später erlegten schneeweißen Impallahantilope!

Die sogenannten Kuhantilopen, leider auch nicht selten »Hartebeester« mit ihrer häßlichen Burenbezeichnung genannt, sind in vielen Arten weit über Afrika verbreitet. Trotz ihrer stets vorhandenen, unverkennbaren Familienähnlichkeit weichen sie in der Färbung und namentlich in der Hörnerbildung sehr voneinander ab.

»Punju« nannten sie meine Wanyamwesiträger; mit »Kongōni« bezeichneten sie die Küstenleute; die Masai nannten sie »Logoandi« und im älteren Idiome »ol'lojulúdjula«. Als Wandorobbobezeichnung der Tiere konnte ich »robōht« erkunden.

Im Gebiete der Masaisteppe findet sich das Kongōni der Küstenleute ( Bubalis cokei Gthr.), ein braungefärbtes, wie alle Kuhantilopen merkwürdig überbautes Tier. Niemals in dichter Deckung sich aufhaltend, ist es ein ausgesprochener Bewohner der Ebene, wo es, scheu und vorsichtig einmal rege geworden, ein außerordentliches »Stehvermögen« entwickelt und sich höchst ausdauernd erweist. Je nach den Erfahrungen, die die Kuhantilope mit dem Menschen gemacht hat, ist sie oft sehr schwer zu berücken; wird jedoch das alte Leittier eines Rudels, sei es nun ein Bock oder weibliches Stück, erlegt, so hält es leider oft nicht schwer, einige andere Mitglieder der Herde zu töten.

Dieses auf den ersten Anblick so fremdartig und unschön aussehende Wild bewegt sich über den unebenen Boden der Steppe mit einer Leichtigkeit, die nicht in Worte zu fassen ist. Gleich Sprungfedern scheinen die stahlharten Läufe federnd das Tier über den Boden zu tragen; unter Umständen wird die Flucht eingeleitet durch ein höchst charakteristisches Traben, eine Art Stechtrab mit weit nach vorne geworfenen Vorderläufen.

Sind die Antilopen sehr flüchtig geworden, so tragen sie den Kopf tief nach vorne gesenkt. Die Lebenszähigkeit dieses ausschließlich von Gräsern sich nährenden Wildes übertrifft nach meiner Ansicht die aller anderen afrikanischen Antilopen; ich habe alte Böcke mit vier und mehr durchaus tödlichen, schweren Schüssen sehr lange verfolgen müssen, ehe ich ihnen den Fangschuß geben konnte. Das Haarkleid dieser Wildart schimmert unter Umständen bei entsprechender Beleuchtung weißlich, wie es treffend aus einer Abbildung der großen Ausgabe dieses Werkes hervorgeht.

In offenen, spärlich mit Akazien, Salvadora und Terminalien bewachsenen Bergabhängen, wie auch in der freien Ebene finden wir das »Kongoni« besonders häufig, oftmals vergesellschaftet mit Straußen, Zebras, Gnus und Grantgazellen oder anderen Wildarten. Junge Tiere dieser Antilope, nur wenige Tage alt, die ich hauptsächlich im März und April gefunden habe, vermögen mit einer Leichtigkeit die Flucht zu ergreifen, welche der Flüchtigkeit der Alten vollständig entspricht. Einem solchen, wenige Tage alten Tiere, dessen ich mich durch einen Dauerlauf bemächtigen wollte, habe ich hauptsächlich – allerdings in Verbindung mit schwerem Malariafieber –, jene qualvolle Herzaffektion zu verdanken, die meiner vorletzten afrikanischen Reise ein vorschnelles Ziel setzte. Dem Jäger gewährt diese Antilope keine besonders anziehende Jagd, da ihre Hörner keine besonderen Trophäen bieten. Längere Zeit hindurch vermag die Kuhantilope ohne Wasser zu leben, und die bemerkenswerte Fähigkeit mancher afrikanischer Wiederkäuer, mit sehr wenig Wasser existieren zu können, finden wir auch bei dieser Art besonders ausgebildet.

In den zum Viktoria-Nyanza abwassernden Gebieten lernte ich in früheren Jahren noch zwei andere schöne Arten der Kuhantilopen kennen, nämlich die Leierantilope ( Damaliscus jimela Mtsch.) und Jacksons' Hartebeest ( Bubalis jacksoni Thos.). Auch glückte mir in Britisch-Ostafrika 1897 die Erlegung einer damals in nur zwei oder drei Exemplaren bekannten Kuhantilope ( Bubalis neumanni Rothschild). Zu jener Zeit verfügte ich leider noch nicht über die Mittel, das afrikanische Wild im Bilde festzuhalten. –

Die schöne und graziöse Impallahantilope oder Schwarzfersenantilope ( Aepyceros suara Mtsch.), die Suara der Karawanenträger, deren Männchen mit prachtvollen leierartig ausgelegten Hörnern geschmückt ist, findet sich sowohl in kleineren Sprüngen, wie auch in großen Rudeln bis zu zweihundert Exemplaren, niemals auf den kahlen Ebenen, wohl aber in buschigem und mit lichtem Walde bestandenem Gelände. Sie ist befähigt, ungeheuer weite und hohe Fluchten zu machen, die das Tier mehrere Meter über den Erdboden erheben. Diese Fluchten werden von der Antilope meistens in dem Augenblicke ausgeführt, wo sie erschreckt das Weite sucht. Bei abgegebenen Schüssen ändert oft dies schöne Wild verwirrt mehrmals die Richtung, wobei die einzelnen Tiere, sich kreuzend, durch- und übereinander springen, – in sonnendurchfluteter Parklandschaft ein Anblick von berückendem Reize! Adel, Grazie, stählerne Spannkraft, wundervolle lebenskräftige Schönheit sind hier aufs engste vereint! ,

Scheu und zierlich, nimmt die Impallahantilope stets auf ihre Sicherheit sorgfältig Bedacht, und der warnende Schreckton der Böcke erklingt sowohl zur Tages-, wie auch zur Nachtzeit. Der beiden Geschlechtern eigene Warnungston läßt sich am besten durch ein sehr scharf durch Mund und Nase herausgestoßenes »Tjú« verdolmetschen. Junge Impallahantilopen fand ich im Dezember; ihre Mütter hielten sich in der Nähe der großen Rudel auf.

Die Impallah liebt ganz besonders eben hervorsprießendes junges Gras; sie weiß solches auf weite Entfernungen zu erkunden. Infolge dieser Vorliebe wechselt sie sehr oft ihren Standort. In der trockensten Jahreszeit hält sie sich in unmittelbarer Nähe der Quellen und Bäche auf, wo man sie stets in den Senkungen, denen frische Gräser entsprießen, wieder auffinden kann. Die Eingeborenen benutzen das, indem sie kleine Strecken der 5teppe abbrennen, auf denen schnell junge Grastriebe wachsen. Sie aufzusuchen eilt die Antilope von weitem herbei, und häufig trifft man das schöne Wild dann zwischen den halb verkohlten Solanum-Stauden auf schwarz verbranntem Steppenboden.

Im Herbst des Jahres 1899 bemerkte ich inmitten eines etwa zweihundert Stück zählenden Impallahrudels am Mto-Nyuki am Kilimandscharo ein völlig weißes weibliches Stück.

Die Erlegung dieses Stückes gelang mir zu meiner größten Freude nach einer langen und wegen der Kopfzahl der vielen vorsichtigen Tiere besonders schwierigen Pürsche. Die Verfolgung gestaltete sich so schwierig, da die Niederungen an diesem Bache vielfach mit fast undurchdringlichen Sansevieren-Dickichten bedeckt sind. Erst nach der dritten Kugel konnte ich mich der so sehr begehrten Beute bemächtigen. Die erlegte Antilope war kein Albino, sondern hatte normal gefärbte Augen. Längere Zeit darauf ist hier dem Vernehmen nach durch eingeborene Jäger wiederum eine weiße Antilope dieser Art erlegt worden, die nach Europa gebracht wurde.

Telebilder aus dem Leben einer ostafrikanischen Antilope ... Die trotzigen Gestalten eines Rudels Weißbartgnus wurden sichtbar. Nach längerer Pirsche auf allen Vieren richtete ich mich auf – eine Aufnahme gelang –


dann zog das Rudel weiter in die offene Boga hinaus, –


nun begannen die Leittiere mit den Schwänzen zu wedeln und setzten sich in Galopp ...


um endlich in voller Flucht das Weite zu suchen. Das Weißbartgnu der Masaihochländer hat, aus der Ferne erschaut, eine gewisse Ahnlichleit mit dem Kafferbüffel und ist, in seiner heimatlichen Steppe beobachtet, von wilder, kraftvoller, wundervoller Schönheit.

Eine von Robert Banzer in Oehringen für mich aufgestellte Gruppe zeigt dies seltene Stück von dem von mir erbeuteten melanistischen (schwarzen) Servalluchs und zwei anderen Servalen überfallen, und bildet eine höchst anziehende kontrastreiche Gruppe meines »afrikanischen« Jagdzimmers.

Aus der Reihe der im westlichen Afrika in ganz besonders schönen, großen, durch meist außerordentlich stark verlängerte Hufe dem Leben im Sumpfe angepaßten Tragelaphusarten kommt im Norden Ostafrikas nur der Buschbock ( Tragelaphus masaicus Neum.), die »Mbawára« der Waswahili vor, im Kimassai »Sárga« und von den Wakamba »Nsoia« genannt. Diese Art ist, obwohl auf die Nähe des Wassers angewiesen, wie schon aus der Bildung ihrer Schalen hervorgeht, keineswegs ein Sumpftier, sondern lebt auch in hoch gelegenen Bergwäldern und ist in ihrem Vorkommen an sehr bestimmte deckungsreiche Örtlichkeiten gebunden. Ich fand den Buschbock sowohl in der Nähe der Küste in dichtem Gesträuch, als auch an Flüssen und in 2000 Meter Höhe auf den Bergen der Masaisteppe. Unsere Antilope gibt einen eigentümlichen Schreckton, weit hörbar, von sich, läßt den Jäger zur Tageszeit oft sehr nahe herankommen, ehe sie plötzlich die Flucht ergreift, und geht frühmorgens und abends auf Lichtungen zur Äsung aus. Unter allen Umständen liebt sie sehr dichten und üppig bestandenen Busch. Alle Böcke verlieren allmählich die schöne braune Färbung und weiße Fleckung und werden im höheren Alter immer dunkler. Die Eingeborenen behaupten, daß diese Antilopenart unter Umständen, wenn verwundet, sich sehr angriffslustig und gefährlich zeige. Ich fand mehrmals, daß krankgeschossene Buschböcke ein tiefes rehbockartiges Klagen ausstießen. Einige Stämme verschmähen das Wildpret des Buschbockes. Im März beobachtete ich weibliche Buschböcke bei Arusha Chini mit geringen Kälbern.

Infolge ihrer schattenreichen Aufenthaltsorte gelang es mir leider nicht, eine brauchbare photographische Abbildung zu erzielen.

Eine Fülle von herrlichen Antilopenarten bieten dem Weidmann im Steppen- und Urwaldgebiet Ostafrikas Gelegenheit zu anziehenden Pürschgängen. Aber freilich, die begehrteste Trophäe des deutschen Jägers, das kapitale Hirschgeweih, muß ihm dort versagt bleiben.

Dafür aber entschädigen ihn zahlreiche Hornträger in reichlicher Weise, und auch heute noch – 1920 – winken dem forschenden Jägersmann dort drüben in Urwald, Sumpf und Steppe Trophäen von höchstem Reize – unentdeckte, unbekannte Wildarten!


 << zurück weiter >>