Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Kopfleiste

25. An den Ndjiriseen.

Plötzlich und überraschend, wie die große Regenzeit eingesetzt, hatte sie ihr Ende erreicht. Im Laufe dreier Wochen jedoch hatten sich ungeheure Wassermassen über die durstige Steppe ergossen, hatten Pfützen und Lachen gefüllt, wie mit Zauberhänden aus dem tennenartig öden oder auch schwarz verbrannt vor uns liegenden Steppenboden üppiges Grün hervorgezaubert, Bäume und Büsche aus ihrem Winterschlafe zum Leben erweckt, die Rinnsale und Regenstrombetten jedoch in rauschende, wenn auch schnell vergängliche Ströme verwandelt.

Im Senkungsgebiete am Westfuße des Kilimandscharomassivs, dessen tiefste Stellen die westlichen und östlichen Ndjirisümpfe Als erster Europäer hatte ich diese Sümpfe schon im Aufstandsjahre 1899 genau erkundet und ihren Umfang festgestellt. Ich möchte hier betonen, daß die Wasserflächen dieser Seen wie auch ihr Inundationsgebiet je nach der Stärke der Regenzeiten großen Schwankungen unterliegen. Mit Bezug auf die Ndjiriseen habe ich das schon 1899 feststellen können und im Jahre 1897 bereits (siehe Veröffentl. der Geographischen Gesellschaft in Berlin) gefunden, daß der von Dr. Oskar Baumann im Gebiete der Kibaya-Masai eingezeichnete Kiniarók-See nicht als dauernde Wasserfläche existiert. – Diese Tatsache bestätigt 1906 Herr Dr. F. Jäger. bilden, haben sich die Wassermassen, schnell verlaufend, in diesen Sümpfen vereint, und weit und breit die umliegenden tieferen Teile der Steppe in periodische Seen verwandelt.

Wochenlang hatte sich ein großer Teil der Tierwelt über die nun allenthalben wasserreiche, mit jungem, zartem Grün von neuem bedeckte Steppe verteilt; auch die fernsten, abgelegensten Gegenden waren für Tier und Mensch nunmehr für kurze Wochen zugänglich geworden. Weit schweiften die Elefanten, die Nashörner, Antilopen und andere Säuger umher, und schwierig war es nun für den eingeborenen Jäger, reiche Beute zu machen, denn allzusehr war das Tierleben zerstreut durch die unendlichen Gebiete. ...

Aber mit überraschender Schnelligkeit reiften die Gräser heran, hatte die ephemere (kurzlebige) Vegetation ihren Höhepunkt überschritten!

Die Wasserstellen trockneten ein, das Grün wurde unschmackhaft, und wiederum zog sich die Tierwelt zurück nach jenen wassergesegneteren Gebieten, ihren Hauptaufenthaltsorten zur Trockenzeit. – –

Die an Sumpf und Wasser gebundene Vogelwelt dieser Steppen aber fand nunmehr eine reich gedeckte Tafel auf den Seen der Ndjirisümpfe, die langsam eintrocknend, eine Anzahl von schwimmenden, samenreichen Wasserpflanzen hatte heranreifen lassen.

Ungeheure Scharen von Gänsen und Enten bedeckten die Flächen der Seen. An ihren Ufern hatten sich Tausende von Gnus und Zebras zusammengerottet, und weit aus der Steppe herwechselnd, suchten allnächtlich die Nashörner wiederum ihre Tränkstellen an den Sümpfen auf, während sich Kuhantilopen, Wasserböcke, Warzenschweine und einige wenige Büffel jetzt ebenfalls in die Nähe des Sumpfgebietes und in letzteres selbst wiederum zurückgezogen hatten.

Verlockend war es für den Jägersmann und lockend für den Beobachter, nunmehr im Sumpfgebiet dem Tierleben und seinem Treiben zu folgen und es zu beobachten. Aber gleich gewissenhaften Hütern des Wildes lauerten Myriaden von fieberbringenden Moskitos in dem Röhricht und den Papyrusdickichten jener Sumpfwelt.

Doch das Fieber darf der Beobachter und der Jäger in tropischen Ländern nicht fürchten; auch weiß er, daß hier, fernab von menschlichen Wohnstätten, die Mücken weniger gefährlich, weniger verderbenbringend sind, als in der Nähe bewohnter Örtlichkeiten und in der Nähe der Karawanenstraßen, wo die kleinen Unholde stets Gelegenheit haben, sich mit Fieberkeimen zu infizieren. – –

So verlegte ich mein Lager in die baum- und strauchlosen, salzinkrustierten, weißschimmernden Flächen in der Nähe der binsenbewachsenen Seen und Sumpflagunen, alles Entbehrliche zurücklassend, vor allem Esel und Rindvieh, welche von den Mücken zu Tode gepeinigt worden wären. Weither muß das notwendige Brennholz und süße Wasser am Tage geholt werden. Der Boden ist nur hier und da bedeckt mit dürftigen Gräsern, die beetartig wachsend von vollkommen kahlen Bodenflächen unterbrochen werden. Dünenartig ist der Sand durch das Spiel der Winde gewellt; isolierte kleine Seen, vollkommen vegetationslos, liegen weit zerstreut um das Lager umher.

Aus dem Schilfwuchs der eigentlichen Sümpfe aber, an deren periodischen Ausläufern die Zelte aufgeschlagen sind, schwärmen, wie schon gesagt, allabendlich Wolken von Stechmücken auf Beute aus. Im Zelte finden sich auch tagüber viele Hunderte von ihnen, die sich kaum verscheuchen lassen. Sie und die mit leisem Ruf in der Nähe des Lagers die Luft belebenden Brachschwalben sind treue Begleiterscheinungen dieses einsamen Sumpfaufenthaltes.

Beginnt zur abendlichen Stunde die hier besonders mühevolle Arbeit des Photographen, so ist dies nur möglich in einer nordpolfahrerartigen Kleidung. So gegen die Stiche der allzu blutgierigen Insekten einigermaßen geschützt, heißt es dann noch Gesicht und Hände gegen ihre Angriffe verteidigen. Dutzende von Stichen müssen aber dennoch allabendlich in den Kauf genommen werden.

Meine Schwarzen, obwohl stets im Rauche der schwelenden Lagerfeuer hingestreckt, vermögen in der Nacht kein Auge zu schließen. Tagüber versuchen sie sich dafür tunlichst an kahlen, sandigen Stellen, im Sonnenbrand in der Nähe des Lagers hingestreckt, zu entschädigen.

Unter solchen Umständen ist »Carpe diem« (Nütze die Zeit!) die Losung. Aber für alle Unbill findet sich reichlich Entschädigung in der Fülle anziehendster Beobachtungen zur Tageszeit. Dort, wo das Wasser langsam zurücktretend frische Gräser entsprießen läßt, finden sich in den Erdboden eingegrabene Vertiefungen, Ansitze der Jagdnomaden, in denen hingekauert, sie zuzeiten mittels Giftpfeilen ihren Tribut aus den großen Gnu- und Zebraherden erheben, die zur Tränke ziehen. In den zahlreich angebrachten Gruben finden sie je nach Bedürfnis und je nach der Richtung des Windes Deckung, und selbst Elefanten und Nashörner pflegen sie von da aus, zu mehreren vereint, beim Scheine des Mondes zu erlegen. ... Das verkünden mir in der Sonne blendend weiß gebleichte Schädel dieser Riesen in der Nähe der Ansitzgruben ... ...

Jetzt aber ist kein Ndorobbo, kein Mkamba (Einwohner der Landschaft Ukamba) weit und breit zu sehen, und vertraut ziehen die von mir nicht gestörten Wildmengen zur Tränke. Tagelang gab ich mich nur mit photographischen Versuchen ab, brachte die zahlreichen Wildmengen auf die Platte und erreichte es so, daß ohne Unterbrechung tagüber Hunderte und Hunderte von Gnus und Zebras nicht weit von meinem Lager, zahmen Herden gleich, sich aufhielten. ...

Hier ästen sie in Gesellschaft von Flügen der schönen Kronenkraniche und Nilgänse; Hunderte von Zwerggazellen »weideten« gleich »Schafen« dazwischen, und wo auch das Auge hinblickte, stieß es auf die knorrige, dunkle, markante Silhouette der alten, einzeln von den Herden getrennt äsenden Gnubullen. ...

Das waren Tage für den Jäger, für den Ornithologen, Beobachter und Photographen. ...

Keine Untiefe unterbricht auf viele Stunden die Wasser dieser Seengebiete. Dort, wo sich Kanäle, aus der Steppe verlaufend, zum eigentlichen Sumpfe hinziehen, reicht uns das Wasser bis zum Gürtel; nur wenige Fuß tief ist es im übrigen. Binsendickichte säumen die Ufer weit ausgedehnt ein, jene von mir hier aufgefundene europäische Schwimmpflanze Potamogeton, so zum ersten Male für Deutsch-Ostafrika nachgewiesen, bedeckt die Wasserfläche, soweit das Auge reicht; nur ihre Samenkapseln erheben sich wenige Millimeter über den Wasserspiegel.

Stundenweit war ich oftmals mit meinen Begleitern in diese Seenwelt eingedrungen; wo auch das Auge hinblickt, sehen wir die schönen weißen Edelreiher, die schwarz-weißen »heiligen« Ibisse, den unserm Fischreiher ähnlichen schwarzköpfigen Reiher, die kleinen weißen Kuhreiher, Hunderte und Tausende von Nilgänsen und die großen schwarz-weißen Sporngänse, in weiter Ferne aber säumen die Uferränder Hunderte von prächtigen, rötlich schimmernden Flamingos gleich lebenden Seerosen.

Tauchenten ( Nyroca capensis [Cuv.] Less.), viele andere Entenarten, die schönen Witwenenten, Wasserhühner, Steißfüße, Strandreiter und zahllose andere Vogelarten mehr nimmt unser Auge in Fülle wahr, über unsern Häuptern aber zieht der prächtige Schreiseeadler seine Kreise und läßt seine gellende Stimme erschallen. An den Ufern schwirren Strandläufer in Flügen hin und her, – verirrte Mitglieder vielleicht aus den Scharen hochnordischer Wintergäste – die weißflüglige Seeschwalbe stößt auf das Wasser nieder.

Jetzt aber fesselt uns ganz besonders ein seltsam sich gebarender Vogel, den unser Erscheinen in dieser Einöde sichtbar in hohem Grade ängstigt! Es ist der schöne Säbelschnäbler, auch Avocette genannt, ( Recurvirostra avocetta L.), ein Vogel, der einst auch an deutschen Meeresküsten brütend, heute kaum mehr dort zu finden und ausgerottet ist. ...

Hier finde ich ihn zum ersten Male – dies für Deutsch-Ostafrika nachweisend – als Brutvogel. An diesen salzigen und alkalischen Steppenseen hat er seine Jungen aufgezogen, und im höchsten Grade anziehend und eigentümlich ist sein Gebaren, wenn er Nest oder Junge in Gefahr weiß!

Unter fortwährendem, hellem Locken fliegt er hoch über unsern Häuptern hin und her, läßt sich im Wasser nieder, duckt sich dort platt auf den Wasserspiegel und läuft in dieser Stellung von Binseninselchen zu Binseninselchen, zuletzt aber so weit ins offene Wasser hinaus, als es die Tiefe erlaubt. So verrät er den Kommenden untrüglich die Jungen. Höchst anziehend sind dabei die fluggewandten schwarz-weißen, so ängstlich um ihre Nachkommenschaft besorgten Gesellen, wie sie sich scharf vom wolkenlos blauen Himmel, wenig nur vom hellen Ufersande und dem schmutziggrauen, von Milliarden kleiner Lebewesen getrübten Wasser jener Steppenseen abheben! Die tief herabhängenden Ständer vermehren das Eigenartige des ganzen Vogelbildes; zu alledem haben die abgebrochenen Locktöne der Avocette allgemeinen Aufruhr in der Vogelwelt hervorgerufen, und namentlich der schöne Trauerkibitz ( Hoplopterus speciosus [Lcht.]) schließt sich ihr an, gaukelnden Fluges über den Störenfried eifrigst scheltend!

Welche Fülle von blendendem Licht, majestätischer erhabenster Einsamkeit und tiefinnerster, wunderbare Gefühle auslösender, unendlicher Weite und schrankenloser Ferne. ... Wie weltfern sind diese einsamen Seen ...

Laufend suchen sich jetzt die von uns erspähten, noch nicht flugfähigen jungen Avocetten landeinwärts zu retten, und ihr schwarz-weißes Gefieder macht sie, wenn sie sich auf den Boden mit weit vorgestrecktem Hals und Schnabel niederdrücken, fast völlig unsichtbar; schimmert doch das Gelände hier blendend weiß von Salzen wie im Neuschnee! Dort, wo die weiten blanken Wasserflächen in die tieferen Gewässer der permanenten Sümpfe übergehen und anfänglich lichte, aber immer dichtere und undurchdringlichere Schilfwälder sich erheben, sehen wir fast jedes Fleckchen Wasser mit Vertretern der Vogelwelt besetzt. In den Schilfkaupen surrt und zwitschert es von den Stimmen der Rohrsänger und der eigenartigen kleinen Sumpfhühnchen; die streitsüchtigen Wasserhühner erheben sich fliegend über die Blänken, zahlreiche Sumpfhühner, einzelne Zwergsumpfhühner und die eigenartigen Blatthühnchen ( Actophilus africanus Gm.) zeigen sich unseren Blicken.

Brütend, in erstickender Schwüle lagert die Sonnenglut über der wie mit einem Teppich von Wasserpflanzen überzogenen Wasserfläche; fester Landfläche gleichend, ziehen diese trügerischen Pflanzenmassen sich hier über die Oberfläche der Seen dahin, und wir vermögen nur mühsam, Schritt für Schritt, durch sie vorwärts zu dringen. Dort, wo auf Sumpfinselchen einzelne Akaziensträucher sich erheben, haben sich Scharen von Zwergcormoranen, mit ausgebreiteten Flügeln ihr Gefieder trocknend, niedergelassen; aber diese Fischfeinde, mit allen ihren Genossen aus dem Reiche der Tierwelt, vermochten seit grauen Zeiten dennoch nicht die Zahl der Fische zu dezimieren. Überall und überall wimmelt es hier von Welsen. Wo wir auch unsere Schritte hinlenken, vor uns auf freien Wasserflächen kündet die Bewegung der Oberfläche, kleine Wirbel und Strudel, die ihre Beute erschnappenden Welse an! Eine ausgeworfene Angel bringt im Laufe einer halben Stunde eine so reiche Anzahl bis zu fünf- und mehrpfündiger Welse, daß vier Mann die schwere Last kaum zum Lager schleppen können. Und dies alles, trotzdem Dutzende von prächtigen Seeadlern ihre Kreise über den Sümpfen ziehen, ihren hellklingenden, schönen Ruf, eine der schönsten Raubvogelstimmen, die ich kenne, häufig ertönen lassend!

Mit nur wenigen Leuten im Schilfe versteckt, bis an die Arme im Wasser verborgen, ist es nun hier ein Hochgenuß, dem Leben und Treiben der Vögel zu lauschen.

Wäre es nicht um der Moskitos und gewisser kleiner, in Auge, Ohr und Nase kriechender, uns unendlich peinigender Fliegen willen, wir vermöchten tagelang hier auszuharren.

Da gleitet plötzlich ein unendlich zierliches Blatthühnchen über das Wasser dahin. Ist es eine junge Parra? Aber augenscheinlich ist das nicht der Fall, und hocherfreut darf ich zum ersten Male das entzückende Zwergblatthühnchen ( Microparra africana capensis [A. Sm.]) bewundern!

Die fabelhaft verlängerten Zehen dieses winzigen Tierchens haben anscheinend das Problem des Laufens über dem Wasserspiegel vollkommen gelöst: Der Vogel ist befähigt, mit Benutzung selbst geringster schwimmender Vegetationsteilchen als Stützpunkt auf dem Wasser über dessen Oberfläche hinwegzueilen. ...

Schwirrend und zwitschernd umgeben uns allenthalben geradezu zahllose Rohrsänger; neugierig nähern sie sich uns bis auf nächste Entfernung. Plötzlich aber fesselt eine Spitzmaus hier mitten im feuchten Reiche zu unsern Füßen meine Aufmerksamkeit, – jenes minutiöse Raubtier mit dem für seine Größe furchtbaren Gebiß – und als vollendeter Gegensatz zur Erscheinung dieses Zwergleins aus der Tierwelt erschallt nunmehr das dröhnende Grunzen des riesigsten Wasserbewohners dieser Sümpfe, des Nilpferdes, an unser Ohr. ...

Freilich nicht immer wird uns der friedliche Genuß stiller Beobachtungen so ungestört zuteil!

Das Gebiet der Ndjirisümpfe war mir als frei von Krokodilen bekannt. Diese Tatsache ist an und für sich verwunderlich, da die permanenten Sümpfe süßes, trinkbares Wasser enthalten, und nur die periodischen Inundationsflächen salzhaltiges Wasser bergen.

Im Begriff, im Anfange meines Aufenthaltes an den Sümpfen einen jener periodischen Seen zu durchqueren, entstand, als ich bereits etwa zehn Minuten vom Ufer entfernt war, plötzlich vor mir im Wasser eine überaus heftige Bewegung. Weithin pflanzten sich die entstandenen Wellen fort, und im größten Durcheinander entflohen meine Leute rückwärts aufs Ufer zu, mich im Stiche lassend, mit dem Rufe Mamba! Mamba!

Ich glaubte auch tatsächlich zwei große Krokodile vor mir zu erblicken, die sich auf mich zu bewegten, – nicht wissend, mit welcher Anzahl ich es zu tun hatte, ergriff ich nun auch schleunigst die Flucht!

Diese war indessen für meine Leute sowohl als für mich in dem drei Fuß tiefen Wasser begreiflicherweise höchst anstrengend. In seichteres Wasser gelangt, versuchte ich meine Leute zum Stillstand zu bringen. Das hatte jedoch bei ihrer großen und gerechtfertigten Angst vor den gefährlichen Wasserechsen nicht den geringsten Erfolg. Am Ufer hielt ich eine Beratung mit einigen meiner Masai ab, und nunmehr gewann ich die Überzeugung, daß es nicht Krokodile, sondern riesige Schlangen gewesen, die uns so erschreckt hatten. Von neuem näherte ich mich der Stelle, wo wir die Tiere bemerkt hatten, und erlegte hier mitten im Wasser nach längeren Bemühungen dann auch drei außerordentlich große, etwa vier Meter lange Pythonschlangen, welche wohl den Eiern der Sumpfvögel und diesen selbst nachgestellt hatten.

Höchst genußreich war auch der abendliche Anstand auf kleinen Inseln inmitten der Wasserflächen. Flach auf den Boden hingestreckt wartete ich der schwirrend und flatternd allabendlich erscheinenden Enten und Sumpfvögel aller Art. Besonderen Reiz erhielten diese Jagden durch die stete Möglichkeit, von Flußpferden, – unter solchen Umständen in flachen Wassern gefährlichen Gegnern – überrascht zu werden. Zur Tageszeit hielten diese Tiere sich freilich innerhalb der tieferen Sumpfgewässer auf, gegen Abend aber streiften sie weit über das Gebiet der periodischen Seen hinaus. ...

Gewährte der leider in den Tropen allzu kurze »Abendstrich« reiche Genüsse, so boten die bald nach Sonnenaufgang aus fernen Steppenteilen herbeieilenden, in der klaren Luft schon weit sichtbaren herrlichen Sandhühner allmorgendlich reizvolle Bilder. Einzeln und in größeren Flügen kommen sie reißenden Fluges, mit weithin vernehmbarem, lebhaftem Locken zum Wasser, um in hastigen Zügen zu trinken und wiederum ihren fernen Wohnsitzen zuzueilen.

Ihre herrlichen Flugbilder und ihr lebhaftes Locken werden sich jedem Naturfreund unvergeßlich einprägen.

Die fliegenden Flamingos boten ein herrliches Schauspiel! Ihre rosa gefärbten Federn hoben sich kontrastreich vom blauen Himmelszelte ab ...


Meilenweite grasgrüne Binsenwälder bedeckten die Ufer des Natronsees, schneeweiße Edelreiher, jener vornehmste ornithologische Schmuck einer Landschaft, den ich kenne, und schwarzweiße heilige Ibisse belebten die weiten Flächen.

Arbeitsreiche Tage verflossen in diesen Sumpflagern unter Beobachtungen und Aufnahmen. Die Jagd trat dabei sehr in den Hintergrund und verlor um so mehr an Reiz, als die Menge tierischen Lebens und Treibens zunahm.

Selbst die Nächte jedoch boten nicht selten Neues und Spannendes!

Waren es während einer dunklen, wolkenverfinsterten Nacht die Löwen, die für Schlummermusik während Stunden sorgten, so besuchten dann wieder ein oder mehrere riesige Nashörner mein schlafendes Lager. Die riesigen dunklen Dickhäuter stehen mir für alle Zeit unverrückbar in der Erinnerung – massig und imposant auf salzweiß im Mondschein schimmernder Steppe sich abzeichnend! Das waren für mich, wenn ich, plötzlich in tiefer Nacht von der Wache aus dem Schlummer geweckt, fröstelnd nach ihnen ausschaute, die Nashörner der Urzeit im Neuschnee Europas!

Zwei gewaltige "Riesenschlangen" (Pythonschlangen), jede gegen vier Meter lang, traf ich hier im Wasser der Ndjirisümpfe an ... (Das Märchen von den Riesenschlangen, die Menschen angreifen und töten, wird wohl unausrottbar bleiben!)


Im glühenden Sonnenbrande dehnte sich die Steppe endlos vor uns aus, Wasser war erst nach 24 Stunden zu erlangen, und Mann an Mann marschierte meine 135 Träger starke Karawane vorwärts, da die Eingeborenen sich unruhig gezeigt hatten ... In der Nacht wurde dann auch das Fort Moschi angegriffen ...

Denn Schnee und Eis sind selbst dem Äquator nicht fremd: In weiter Ferne badete sich zu unsern Häuptern in einsamer, weltferner Majestät die gletschergepanzerte Kaiser-Wilhelm-Spitze des gewaltigen Kilimandscharo in den zauberischen Mondstrahlen.

 



 << zurück weiter >>