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Abschied an Stilling.

Der Herbst hat seinen Thron genommen,
Die liebe Blumenzeit verschwand,
Auch du bist wieder heimgekommen
Von Badens mildem Quellenrand.
So kehret jedes von der Reise
Und zieht in seine Heimat ein
Und richtet sich auf seine Weise
Zum langen Winter traulich ein.

Nur ich muß wieder dich ergreifen,
Du vielgebrauchter Wanderstab,
Und muß mit meiner Liebe schweifen
In fernes Land, den Rhein hinab.
Wohlan, die grünen Wellen bringen
Mir stündlich holde Grüße zu.
Und Wellenschlag und Lieder singen
Mein Herz in die gewünschte Ruh'.

Und wie dem Wanderer im Dunkeln,
In einer langen Winternacht
Die Sterne Gottes tröstlich funkeln
In ihrer ew'gen Liebespracht,
Gibt Stillings Fest mir noch den Segen
Zu guter Letzt zum Abschied mit
Und leuchtet mir auf meinen Wegen
Bei manchem schwanken Steg und Schritt.

Fahr wohl, o Haus der alten Treue,
Fahr wohl, du gastlich offnes Tor!
Ihr Lieben, täglich schaut aufs neue
Zu euern Bergen dort empor.
Die Berge hab' ich oft durchzogen,
Wenn ich zu spät am Abend kam,
Dort ist so mancher Schmerz entflogen,
Geheilt so mancher bittre Gram.

Ich kann es nimmermehr vergessen,
Wie alles hier so freundlich war,
Wie ich an diesem Tisch gesessen
So manchen Tag und manches Jahr,
Wie Vater Stillings Augen glänzten
Im fröhlich christlichen Gespräch,
Und wie die Töchter uns kredenzten,
Als ob das Brot ein andrer bräch'.

O du, von reinen Himmelsblüten,
Von ew'gen Kränzen schön umlaubt,
Dem sechsundsiebzig Sonnen glühten,
Du teures, vielgeprüftes Haupt,
Du darfst noch lange dich nicht neigen,
Den Ähren gleich von Segen schwer,
Mußt vielen noch die Wege zeigen
Zum Throne Gottes, stark und hehr.

Fahr wohl! zwar fernhin muß ich ziehen,
Doch bleibt mein Gastrecht unversehrt!
Noch lange soll die Flamme glühen
Auf diesem Patriarchenherd.
Die Engel kamen zu den Alten,
Zum Abraham, zum frommen Lot;
Mir ist, als fühlt' ich hier sie walten  
Fahr wohl, und alle grüß' euch Gott!


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