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An Ferdinand Delbrück.

So sind wir fröhlich denn zum Ziel gekommen!
Durchzogen ist ein weites, reiches Land,
Wo wir so manch lebendig Wort vernommen;
Es war ein tiefer Strom, an dessen Rand
In leichter Barke wir so froh geschwommen;
Doch an dem holden Blütenufer stand
Und ging ein Chor von herrlichen Gestalten  
O strebet, sie euch ewig festzuhalten!

Vom sel'gen Anschaun ist der Blick noch trunken.
Die Schönheit sahen wir im Zauberspiegel,
Da lebten Bilder auf, da sprühten Funken
Durch unsre Seelen, lösend Schloß und Riegel.
Als wir in Andacht vor ihr hingesunken,
Entsprossen schmerzlich süß die Liebesflügel,
Was die Platone und die Diotimen
Für aller Seligkeit Beginnen rühmen.

Das herrliche Vermögen, diesen Traum
Verkörpert in das Leben einzuführen,
Den öden, wesenlosen, toten Raum
Mit himmlischen Gebilden auszuzieren
Und festzuhalten an des Kleides Saum
Die Göttin   was nur wenig Priester spüren
Und froh bekennen als des Himmels Gunst,
Solch Sehnen, solche Kraft, wir nannten's Kunst.

Und eine Insel hob sich aus den Welten,
Da weilt die Poesie in Lorbeerhainen;
Es ruht Petrarka sinnend an den Quellen,
Im Lorbeer soll sich Laura ihm vereinen;
Ariosto will die Nacht um ihn erhellen,
Läßt Ritter, Damen, Zauberer erscheinen  
Vor allen aber ist der Preis beschieden
Dem ew'gen Klang, dem Wort des Mäoniden.

Schon glaubten wir die schöne Fahrt geendet,
Da ward noch eine Göttin uns gesandt.
Ihr klarer Blick war himmelan gewendet,
Doch Siegern gleich durchschritt sie jedes Land,
Vom ew'gen Recht schien sie herabgesendet,
Ein schlankes Richtmaß zierte ihre Hand,
Zum Führer an verworrenen Gestaden
Bot sie uns, Ariadnen gleich, den Faden.  

Dies ist das Land, wohin sich sehnt hienieden,
Wen je ein Strahl von obenher beseelet,
Das sel'ge Land, wo Streit sich löst in Frieden
Und Schönheit nur der Schönheit sich vermählet;
Doch ist nicht jedem solches Glück beschieden,
Viel sind berufen, wenig sind erwählet,
Nur frommem Kindessinn ward es bereitet,
So hat es uns der Hierophant gedeutet.

Vollendet hat er, will uns nun verschwinden,
Der edle Mann von deutscher Art und Kunst.
Eilt, ihn mit Liebesketten festzubinden!
Mit ew'gem Band umschlingt uns ja die Kunst;
Von Blumen schwillt der Kranz, den wir ihm winden,
Den heil'gen Lorbeer reichet ihm die Kunst,
Sein freundlich Antlitz strahlt in Moses' Glanz  
»Wie zieret der bescheidne Mann den Kranz.


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