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Bei der Beerdigung einer jungen Nonne.

Unter Blumen eingeschlafen
Ruht hier eine Gottesbraut,
Deren Herz nicht Stürme trafen
Und ihr Ohr kein Frevellaut.

Die ihr in dem Sarge schaut,
War des Klosters jüngste Blüte,
Hat sich früh dem Herrn vertraut,
Daß er ihre Seele hüte.

Einem hat sie nachgehangen,
Eine Glut hat sie verzehrt,
Die ihr noch die kalten Wangen
Jetzt in Rosenschein verklärt.

Traurig hängt ihr Saitenspiel,
Möchte gern sein Lied vollenden;
Rosenkranz und Zither fiel,
Da sie starb, aus ihren Händen.

Sollt' ihr ganz und gar entschweben,
Süßes Lied und zarter Ton?
Ist mit jenem holden Leben
Alle Melodie entflohn?

In dem Himmel klingt es fort,
Was hienieden abgebrochen,
Rätselhaftes halbes Wort
Wird einst völlig ausgesprochen.

Kündet's laut, ihr Glockenklänge,
Glaub' es dankend, frommer Christ,
Daß die Erd' uns viel zu enge,
Daß sie keine Heimat ist.

Höher lodre, Andachtsglut,
Tröst' uns in Triumphgesängen,
Wenn wir mit geweihter Flut
Nun das teure Bild besprengen.

Erste Gabe, letzte Gabe,
Opferwasser, Tränenquell,
Daß ein Menschenherz sich labe,
Fließet ewig fromm und hell.

Senkt den Leichnam in das Grab,
Schwestern, haltet ein mit Weinen!
Reife Früchte fallen ab,
Euer Tag wird auch erscheinen.

Zu der Schar der heil'gen Frauen,
Zu der Himmelskönigin,
Zu den ewiggrünen Auen
Führt euch einst ein Engel hin.


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