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Siebzehntes Kapitel.
Schluß

Wir stehen am Schluß unserer Erzählung. – Konrad's Wunde war tödtlich; doch lebte er noch lange genug, um vor giltigen Zeugen ein vollständiges Bekenntniß über Julian's Ende abzulegen. Auch die Beichte des alten Sandmoll war erschöpfend; nachdem er sich einmal von allen Seiten rettungslos umgarnt sah, und nachdem er sich namentlich hatte überzeugen müssen, daß die Diebslore seit Jahren seine geheimsten Gänge ausspionirt und verrathen hatte, fand er ein ordentliches Vergnügen daran, nun auch Alles, was jemals sein schwarzes Herz belastet hatte, zu beichten. Er erreichte seinen Zweck damit; auch Lore wurde durch seine Geständnisse so stark compromittirt, daß sie ebenfalls eingezogen ward. Doch sollte er diese Freude nicht lange genießen; schon in den ersten Wochen der Untersuchung starb er. Kurz vor seinem Tode hatte er noch durch unzweifelhafte Zeugnisse dargethan, daß Reinhold in der That der Sohn der Baronin, Herr von Lehfeldt dagegen der Sohn des Ministers und der armen, verführten Lene war.

Lore wurde zu lebenswieriger Einsperrung verdammt, der übrige Proceß dagegen niedergeschlagen, namentlich auch in Betreff der Zolldefraudation, welche Herr Wolston so lange und in so großartigem Maßstabe betrieben. Das war auch wirklich das Klügste, was geschehen konnte: denn es zeigte sich jetzt ziemlich deutlich, daß die Regierung selbst seit Langem um den verbotenen Handel gewußt und sogar unter der Hand an dem Gewinn desselben Antheil genommen. Der neue Regent war, wie neue Regenten sind: er wollte seine Regierung mit Milde und Nachsicht beginnen. Der alte Geheimerath wurde entlassen; da er sein Vermögen ungeschmälert mit sich nehmen durfte, so konnte er das Unglück allenfalls ertragen. Herrn von Lehfeldt erkannte er als seinen Sohn an. Derselbe verschwand für längere Zeit, um erst in den ersten Bewegungen des Jahres Achtundvierzig im südlichen Deutschland wieder aufzutauchen. Er war damals sehr radical und betheiligte sich namentlich lebhaft an der Wiener Revolution. Späterhin machte er einige diplomatische Reisen, und in dem Augenblicke, da wir dieses schreiben (Januar Einundfunfzig), ist er, wenn wir recht unterrichtet sind, in Dresden …

Die Baronin hielt ihr Wort: sie hat Reinhold, ihren Sohn, niemals wiedergesehen. Der Justizrath regulirte einen Vergleich, nach welchem sie den größern Theil des Wolston'schen Vermögens an Reinhold abtrat. Mit dem Reste ging sie, in Waller's Begleitung, nach Italien. Sie sollen daselbst Beide kürzlich zur katholischen Religion übergetreten sein.

Und das Engelchen? und Reinhold? fragen unsere Leser. Aber nein, sie fragen nicht: ihr Herz hat ihnen bereits gesagt, was aus Reinhold und dem Engelchen geworden ist – ein durch Liebe beglücktes, beglückendes Paar. Statt der Wolston'schen Fabriken hat Reinhold die alte zünftige Weberkunst, wie sie zu Zeiten seines Großvaters getrieben wurde, wieder hergestellt; der Meister, durch Leonhard unterstützt, geht den jungen, wackern Ansiedlern, die sich jetzt um das Schloß her anbauen, mit Rath und Beispiel voran. Es gibt keine prächtige Schenke mehr im Dorf, die dicke Wirthin ist in die Stadt gezogen; aber dafür gibt es auch keine Säufer, keine Spieler, keine Verbrecher mehr; ein neues Geschlecht voll Arbeitsamkeit, Zucht und Sitte wächst herauf, das in seiner jungen Gutsherrschaft die Muster jeder häuslichen und bürgerlichen Tugend verehrt. Herr Florus kommt alle Sommer regelmäßig zum Besuch ins Schloß, sein Roman jedoch ist noch immer nicht fertig. Auch der Justizrath stellt sich regelmäßig, wie die Blätter gelb werden, ein. Nur eine einzige Traurige gibt es im Schloß – Margareth. Aber auch ihr Blick erheitert sich, wenn sie die holden Kleinen anblickt, welche Reinhold's und Angelica's Knie umspielen, und deren blondgelockte, schelmische Köpfchen Bürge dafür sind, daß der Name, nach welchem unser Buch sich nennt, in diesem Hause noch lange nicht aussterben wird, der Name

»des Engelchen«.


Nachwort Aus Urheberrechtsgründen gelöscht. Re


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