Gottlieb Konrad Pfeffel
Gedichte
Gottlieb Konrad Pfeffel

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Der Stern

(1785)

An den Freiherrn Joseph von Beroldingen

              Der Tiere Großherr starb. Die hohe Fakultät
Vereinte sich, um seine Majestät
Nach Standsgebühr zu balsamieren.
Man schnitt den Leichnam auf. Doch welch ein Phänomen!
Man fand kein Herz. Die Ärzte disputierten
Sich braun und blau; Hippokrates, Galen
Und Avicenna siegt: die Herren demonstrieren
Das Gegenteil von dem, was sie vor Augen sehn
Und streichen sich den Bart. Den Unfug zu vermeiden,
Verbot der junge Schach aus weiser Politik
Der Fakultät bei Knut und Strick,
In Zukunft die Monarchen auszuweiden,
Und ließ auf allen Fall sich an des Herzens Platz
Auf seinem neuen Pupurlatz
Ein Supplement von Silberfäden sticken.
Sein Sohn umgab das Ding mit einem Strahlenkranz.
Sein Enkel wandelte, vielleicht aus Ignoranz,
Vielleicht aus bloßer Lust am Flicken
Das abgenutzte Herz in einen Stern.
Und so entstand der Klecks, womit die großen Herrn
Sich noch auf diesen Tag den leeren Busen schmücken.

 


 


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