Gottlieb Konrad Pfeffel
Gedichte
Gottlieb Konrad Pfeffel

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Der Talismann

(1766)

        Der alte Junker Kilian,
Trug immer einen Talismann
Auf seinem abgestorbnen Leibe:
Warum? das fiel einst seinem Weibe
Von ungefähr zu fragen ein;
Es konnt auch wohl aus Fürwitz sein;
Die jungen Schönen wie man saget,
Sind mit dem Fürwitz oft geplaget,
Und dieses Weib war jung und schön.
Genug sie hat den Mann gefraget
Man kann es wie man will verstehn.
Ei meine liebe Kunigunde,
Sprach Kilian mit holdem Munde,
Es ist, ich sag es ungescheut,
Ein Talismann der Fruchtbarkeit,
Der mich trotz meinen sechszig Jahren,
Trotz meinen grau gebleichten Haaren,
Noch eh ich selbst daran gedacht,
So glücklich zum Papa gemacht,
Und ehe wir den Morgen sehen
Kann es zum andern mal geschehen.
Das gute Kind wird rot und lacht,
Und spricht mit gutem Vorbedacht
Die Talismanne sollen leben!
Ha! Bravo! rufet Kilian;
Und lachet, was er lachen kann
Und will ihr stracks ein Mäulchen geben.
Er nahet sich mit reger Lust
Und sieht auf ihrer weißen Brust,
Ein hübsches rundes Bildchen schweben.
Er hatte gleich die Brille nicht
Sie hätt ihm sonst das Angesicht
Des jungen Neffen sehen lassen.
Ei, ei mein Schatz, was hast du hier?
Sprach Kilian voll Neubegier.
Das Weibchen wußte sich zu fassen:
Mein Engel sprach sie ganz gelassen
Es ist, ich sag es ungescheut,
Ein Talismann der Fruchtbarkeit,
Der mich trotz deinen sechszig Jahren,
Trotz deinen grau gebleichten Haaren,
Noch eh du selbst daran gedacht,
So glücklich zur Mama gemacht.
Und ehe wir den Morgen sehen,
Kann es zum andern mal geschehen.

 


 


 << zurück weiter >>