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85

Neunter Theil
Fünfte Rede

Bodhi der Königsohn

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Bhagger, bei der Stadt Suṃsumāragiram, im Forste des Bhesakalā-Waldes.

Damals nun hatte Bodhi der Königsohn eben erst ein Landhaus, Lotusrose genannt, sich erbauen lassen, und niemand noch hatte darin gewohnt, kein Asket und kein Priester noch irgendein menschliches Wesen.

Da nun wandte sich Bodhi der Königsohn also an Sañjikāputto den jungen Brāhmanen:

»Komm', bester Sañjikāputto, und geh' zum Erhabenen hin und bring' dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar und wünsche Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein: ›Bodhi,‹ sage, ›o Herr, der Königsohn, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein;‹ und füge hinzu: ›möge, o Herr‹, lässt er sagen, ›der Erhabene Bodhi dem Königsohne die Bitte gewähren, morgen mit den Mönchen bei ihm zu speisen!‹«

»Jawohl, Herr!« entgegnete da gehorsam Sañjikāputto der junge Brāhmane Bodhi dem Königsohne. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Sañjikāputto der junge Brāhmane zum Erhabenen also:

»Bodhi, o Gotamo, der Königsohn, bringt Herrn Gotamo zu Füßen Gruß dar und wünscht Gesundheit und Frische, Munterkeit, Stärke und Wohlsein; und er lässt sagen: ›Möge, o Herr‹, sprach er, ›der Erhabene Bodhi dem Königsohne die Bitte gewähren, morgen mit den Mönchen bei ihm zu speisen!‹«

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun Sañjikāputto der junge Brāhmane der Zustimmung des Erhabenen gewiss war, stand er auf, begab sich zu Bodhi dem Königsohne zurück und sprach also zu ihm:

»Ausgerichtet haben wir Herrn Gotamo euere Botschaft: und Herr Gotamo hat angenommen.«

Da ließ nun Bodhi der Königsohn am nächsten Morgen in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und den Boden in seinem Landhause Lotusrose mit weißen Geweben bespreiten, bis zur untersten Treppenstufe herab. Zu dieser festlichen Ausschmückung cf. die entsprechenden Edikte von Kosambī und Sāñci, i. f.: (o)dā (tā)ni (d) usāni naṃ dhāpayitu etc., und Bühlers Anmerkung hierzu, Indian Antiquary 1890, p. 126, Epigraphia Indica vol. II, p. 367. Weiß ist die festlich feierliche Farbe der Inder: daher auch, wie S. 5, 326 passim, die weiß gekleideten Hausleute, odātavasanā; cf. die Śvetāmbarās, auch Śuklāmbarās Man. IV, 35. Dann befahl er Sañjikāputto dem jungen Brāhmanen:

»Eile dich, bester Sañjikāputto, geh' hin zum Erhabenen und melde: ›Es ist Zeit, o Herr, das Mahl ist bereit.‹«

»Jawohl, Herr!« entgegnete da gehorsam Sañjikāputto der junge Brāhmane Bodhi dem Königsohne. Und er begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, und gab dem Erhabenen Meldung:

»Es ist Zeit, o Gotamo, das Mahl ist bereit.«

Und der Erhabene rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Almosenschaale und begab sich zur Wohnung Bodhi des Königsohns. Um diese Zeit aber stand Bodhi der Königsohn vor dem Eingange seines Hauses, den Erhabenen erwartend. Und Bodhi der Königsohn sah den Erhabenen von ferne herankommen, und als er ihn gesehn schritt er ihm entgegen, bot ehrerbietigen Gruß dar, ließ den Erhabenen vorangehn und geleitete ihn zu der Lotusrose Landhaus. An die unterste Treppenstufe gelangt blieb der Erhabene stehn. Und Bodhi der Königsohn lud den Erhabenen ein:

»Möge, o Herr, der Erhabene die Gewebe beschreiten, möge der Willkommene die Gewebe beschreiten, auf dass es mir lange zum Wohle, zum Heile gereiche!«

Also eingeladen schwieg der Erhabene still. Und zum zweiten Male sprach Bodhi der Königsohn zum Erhabenen also; und zum zweiten Male schwieg der Erhabene still. Und zum dritten Male wandte sich Bodhi der Königsohn an den Erhabenen:

»Möge, o Herr, der Erhabene die Gewebe beschreiten, möge der Willkommene die Gewebe beschreiten, auf dass es mir lange zum Wohle, zum Heile gereiche!«

Da blickte nun der Erhabene auf den ehrwürdigen Ānando zurück. Und der ehrwürdige Ānando sprach also zu Bodhi dem Königsohne:

»Lass' die Gewebe, Königsohn, fortschaffen; nicht will der Erhabene über Teppiche schreiten: auf die Nachfolger hat der Vollendete zurückgeblickt.«

Und Bodhi der Königsohn ließ die Gewebe fortschaffen und auf dem Söller der Lotusrose die Stühle bereit stellen. Und der Erhabene stieg die Terrasse empor und nahm mit den Mönchen auf den dargebotenen Sitzen Platz. Und Bodhi der Königsohn bediente und versorgte eigenhändig den Erwachten und seine Jünger mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der Erhabene gespeist und das Mahl beendet hatte, nahm Bodhi der Königsohn einen von den niederen Stühlen zur Hand und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Bodhi der Königsohn zum Erhabenen also:

»Ich hab' es, o Herr, bei mir bedacht: ›Man kann nicht Wohl um Wohl gewinnen: um Wehe lässt sich Wohl gewinnend.‹« Ist Lehrsatz der Jainās; cf. die 14. Rede, 1. Band S. 217. – Zum Folgenden die 36. Rede; später auch die 26ste. – Vergl. Matth. XI. 29; Giordano Bruno, De umbr. idear., Dedic. v. 2:

Et littera Pythagorae,
    Bicorni acta discrimine,
    Quaeis trucem ostendit vultum dextri tramitis:
    Finem largitur Optimum.

»Auch ich hab' es, Königsohn, noch vor der vollen Erwachung, als unvollkommen Erwachter, Erwachung erst Erringender, bei mir bedacht: ›Man kann nicht Wohl um Wohl gewinnen: um Wehe lässt sich Wohl gewinnen.‹ Und da bin ich, Königsohn, nach einiger Zeit, noch in frischer Blüthe, glänzend dunkelhaarig, im Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter, εν ήβη τουμον ευσδενες δεμας, genau so von Euripides formuliert, Cycl., Anf. gegen den Wunsch meiner weinenden und klagenden Eltern, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

»Also Pilger geworden, das wahre Gut suchend, nach dem unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, begab ich mich zu Ālāro Kālāmo und sprach zu ihm: ›Ich möchte, Bruder Kālāmo, in dieser Lehre und Ordnung das Asketenleben führen.‹ Hierauf, Königsohn, erwiderte mir Ālāro Kālāmo: ›Bleibt, Ehrwürdiger! Solcherart ist diese Lehre, dass ein verständiger Mann, sogar binnen kurzem, sich die eigene Meisterschaft begreiflich und offenbar machen und ihren Besitz erlangen kann.‹ Und ich begriff, Königsohn, binnen kurzem, sehr bald diese Lehre. Ich lernte nun soviel, Königsohn, als Lippen und Laute mitzutheilen vermögen, das Wort des Wissens und das Wort der älteren Jünger, und ich und die anderen wussten: ›Wir kennen und verstehn es.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Āl;ḷāro Kālāmo verkündet nicht die ganze Lehre nach seinem Glauben ›Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil' ich in ihrem Besitze‹, sicher kennt %#256;ḷāro Kālāmo diese Lehre genau.‹ Ich ging nun, Königsohn, zu Āḷāro Kālāmo hin und sprach also: ›Inwiefern, Bruder Kālāmo, erklärst du, dass wir diese Lehre begriffen, uns offenbar gemacht und ihren Besitz erlangt haben?‹ Hierauf, Königsohn, stellte Āḷāro Kālāmo das Reich des Nichtdaseins dar. ākicaññāyatanam. Vergl. Yājñvalkyas' These sa eṣa neti nety6#257;tmā, in der Bŗhadāraṇyakopaniṣat III, 9, 28, passim; und Tripurātāpinyupaniṣat 5, v. 4:

Nirastaviṣayāsaṉgaṃ
sannirudhya mano hŗdi
yadāyātyamanī bhāvas,
tadā tat paramaṃ padam.
Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Zuversicht, ich aber habe Zuversicht; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Standhaftigkeit, ich aber habe Standhaftigkeit; nicht einmal &'256;ḷāro Kālāmo hat Einsicht, ich aber habe Einsicht; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Selbstvertiefung, ich aber habe Selbstvertiefung; nicht einmal Āḷāro Kālāmo hat Weisheit, ich aber habe Weisheit. Wie, wenn ich nun diese Lehre, von welcher Āḷāro Kālāmo sagt ›Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil' ich in ihrem Besitze‹, mir anzueignen suchte, damit sie mir völlig klar würde?‹ Und binnen kurzem, sehr bald, Königsohn, hatte ich diese Lehre begriffen, mir offenbar gemacht und ihren Besitz erlangt. Ich ging nun, Königsohn, wieder zu Ālāro Kālāmo hin und sprach also: ›Ist diese Lehre, Bruder Kālāmo, insofern von uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt worden?‹ – ›Insofern, o Bruder, ist diese Lehre begriffen, offenbar gemacht und erlangt worden.‹ – ›Ich habe nun, Bruder Kālāmo, diese Lehre insofern begriffen, mir offenbar gemacht und erlangt.‹ – ›Beglückt sind wir, o Bruder, hoch begünstigt, die wir einen solchen Ehrwürdigen als ächten Asketen erblicken! So wie ich die Lehre verkünde, so hast du sie erlangt; so wie du sie erlangt hast, so verkünde ich die Lehre. So wie ich die Lehre kenne, so kennst du die Lehre; so wie du die Lehre kennst, so kenne ich die Lehre. So wie ich bin, so bist du; so wie du bist, so bin ich. Komm' denn, Bruder: selbander wollen wir diese Jüngerschaar lenken.‹ So, Königsohn, erklärte Ālāro Kālāmo, mein Lehrer, mich, seinen Schüler, als ihm ebenbürtig und ehrte mich mit hoher Ehre. Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht diese Lehre führt zur Abkehr, zur Wendung, zur Auflösung, zur Aufhebung, zur Durchschauung, zur Erwachung, zur Erlöschung, sondern nur zur Einkehr in das Reich des Nichtdaseins.‹ Und ich fand diese Lehre, Königsohn, ungenügend; und unbefriedigt von ihr zog ich fort.

»Ich begab mich nun, Königsohn, das wahre Gut suchend, nach dem unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, zu Uddako, dem Sohne des Rāmo, und sprach zu ihm: ›Ich möchte, Bruder Rāmo, in dieser Lehre und Ordnung das Asketenleben führen.‹ Hierauf, Königsohn, erwiderte mir Uddako Rāmaputto: ›Bleibt, Ehrwürdiger! Solcherart ist diese Lehre, dass ein verständiger Mann, sogar binnen kurzem, sich die eigene Meisterschaft begreiflich und offenbar machen und ihren Besitz erlangen kann.‹ Und ich begriff, Königsohn, binnen kurzem, sehr bald diese Lehre. Ich lernte nun soviel, Königsohn, als Lippen und Laute mitzutheilen vermögen, das Wort des Wissens und das Wort der älterem Jünger, und ich und die anderen wussten: ›Wir kennen und verstehn es.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Rāmo hat nicht die ganze Lehre nach seinem Glauben ›Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil' ich in ihrem Besitze‹ verkündet, sicher hat Rāmo diese Lehre genau gekannt.‹ Ich ging nun, Königsohn, zu Uddako, dem Sohne Rāmos, hin und sprach also: ›Inwiefern, Bruder, hat Rāmo diese Lehre als von uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt erklärt?‹ Hierauf, Königsohn, stellte Uddako, der Sohn Rāmos, das Reich der Gränze möglicher Wahrnehmung dar. nevasaññānāsaññāyatanam. Cf. den berühmten Nāsadāsīnno-Hymnus, Ṛgvedas X, 129; und Tripurātāpinyupaniṣat 5, v. 6:

Naiva cintyaṃ na cācintyaṃ
na cintyaṃ cintyam eva ca:
pakṣapātavinirmuktam
brahma sampadyate dhruvam.
Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht einmal Rāmo hatte Zuversicht, ich aber habe Zuversicht; nicht einmal Rāmo hatte Standhaftigkeit, ich aber habe Standhaftigkeit; nicht einmal Rāmo hatte Einsicht, ich aber habe Einsicht; nicht einmal Rāmo hatte Selbstvertiefung, ich aber habe Selbstvertiefung; nicht einmal Rāmo hatte Weisheit, ich aber habe Weisheit. Wie, wenn ich nun diese Lehre, von welcher Rāmo sagte ›Mir selbst begreiflich und offenbar gemacht verweil' ich in ihrem Besitze‹, mir anzueignen suchte, damit sie mir völlig klar würde?‹ Und binnen kurzem, sehr bald, Königsohn, hatte ich diese Lehre begriffen, mir offenbar gemacht und ihren Besitz erlangt. Ich ging nun, Königsohn, wieder zu Uddako, dem Sohne Rāmos, und sprach also: ›Ist diese Lehre, Bruder, der Darlegung Rāmos gemäß insofern von uns begriffen, offenbar gemacht und erlangt worden?‹ – ›Insofern, Bruder, hat Rāmo diese Lehre als begriffen, offenbar gemacht und erlangt dargestellt.‹ – ›Ich habe nun, Bruder, diese Lehre insofern begriffen, mir offenbar gemacht und erlangt.‹ – ›Beglückt sind wir, o Bruder, hoch begünstigt, die wir einen solchen Ehrwürdigen als ächten Asketen erblicken! So wie Rāmo die Lehre verkündet hat, so hast du die Lehre erlangt; so wie du sie erlangt hast, so hat Rāmo die Lehre verkündet. So wie Rāmo die Lehre gekannt hat, so kennst du die Lehre; so wie du die Lehre kennst, so hat Rāmo die Lehre gekannt. So wie Rāmo war, so bist du; so wie du bist, so war Rāmo. Komm' denn, o Bruder: sei du das Haupt dieser Jüngerschaar.‹ So, Königsohn, belehnte Uddako Rāmaputto, mein Ordensbruder, mich mit der Meisterschaft und ehrte mich mit hoher Ehre. Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht diese Lehre führt zur Abkehr, zur Wendung, zur Auflösung, zur Aufhebung, zur Durchschauung, zur Erwachung, zur Erlöschung, sondern nur zur Einkehr in das Reich der Gränze möglicher Wahrnehmung.‹ Und ich fand diese Lehre, Königsohn, ungenügend; und unbefriedigt von ihr zog ich fort.

»Ich wanderte nun, Königsohn, das wahre Gut suchend, nach dem unvergleichlichen höchsten Friedenspfade forschend, im Magadhā-Lande von Ort zu Ort und kam in die Nähe der Burg Uruvelā. Dort sah ich einen entzückenden Fleck Erde: einen heiteren Waldesgrund, einen hell strömenden Fluss, zum Baden geeignet, erfreulich, und rings umher Wiesen und Felder. Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Entzückend, wahrlich, ist dieser Fleck Erde! Heiter ist der Waldesgrund, der Fluss strömt hell dahin, zum Baden geeignet, erfreulich, und rings umher liegen Wiesen und Felder. Das genügt wohl einem Askese begehrenden edlen Sohne zur Askese.‹ Und ich setzte mich nun, Königsohn, dort nieder: ›Das genügt zur Askese.‹

»Da sind mir nun, Königsohn, drei Gleichnisse aufgeleuchtet, naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein feuchtes, leimiges Holzscheit ins Wasser geworfen würde; da träte ein Mann hinzu, mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken, Licht hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn: könnte wohl dieser Mann, mit dem Reibholz das feuchte, leimige, ins Wasser geworfene Holzscheit reibend, Feuer erwecken, Licht hervorbringen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Und warum nicht?«

»Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja feucht, leimig und überdies noch ins Wasser geworfen! Alle Plage und Mühe des Mannes wäre vergeblich.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder Priestern, die des Körpers nicht, nicht der Wünsche entwöhnt sind, die was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim, Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das nicht innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene lieben Asketen und Priester herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren, so sind sie unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und auch wenn jene lieben Asketen und Priester keine herantretenden schmerzlichen, brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so sind sie auch dann unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung. Dieses Gleichniss nun, Königsohn, war das erste mir aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Und hierauf ist mir nun, Königsohn, ein zweites Gleichniss aufgeleuchtet, ein naturgemäßes, nie zuvor gehörtes. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein feuchtes, leimiges Holzscheit fern vom Wasser ans Land geworfen würde; da träte ein Mann hinzu, mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken, Licht hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn: könnte wohl dieser Mann, mit dem Reibholz das feuchte, leimige, fern vom Wasser ans Land geworfene Holzscheit reibend, Feuer erwecken, Licht hervorbringen?«

»Gewiss nicht, o Herr!«

»Und warum nicht?«

»Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja feucht, leimig, und wenn es auch außerhalb des Wassers am Lande liegt, alle Plage und Mühe des Mannes wäre vergeblich.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder Priestern, die des Körpers, die auch der Wünsche entwöhnt sind, die aber was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim, Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das nicht innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene lieben Asketen und Priester herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren, so sind sie unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und auch wenn jene lieben Asketen und Priester keine herantretenden schmerzlichen, brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so sind sie auch dann unfähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung. Dieses Gleichniss nun, Königsohn, war das zweite mir aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Und hierauf ist mir nun, Königsohn, ein drittes Gleichniss aufgeleuchtet, ein naturgemäßes, nie zuvor gehörtes. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein trockenes, ausgedörrtes Holzscheit fern vom Wasser ans Land geworfen würde; da träte ein Mann hinzu, mit einem Reibholz versehn: ›Ich will Feuer erwecken, Licht hervorbringen.‹ Was meinst du nun, Königsohn, könnte wohl dieser Mann, mit dem Reibholz das trockene, ausgedörrte, fern vom Wasser ans Land geworfene Holzscheit reibend, Feuer erwecken, Licht hervorbringen?«

»Freilich, o Herr!«

»Und warum das?«

»Jenes Holzscheit, o Herr, ist ja trocken und ausgedörrt und liegt fern vom Wasser am Lande.«

»Ebenso nun auch, Königsohn, steht es mit jenen Asketen oder Priestern, die des Körpers, die auch der Wünsche entwöhnt sind, die was bei ihren Wünschen Wunscheswille, Wunschesleim, Wunschestaumel, Wunschesdurst, Wunschesfieber ist, die das innerlich ausgetrieben, ausgeglüht haben: wenn da jene lieben Asketen und Priester herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren, so sind sie fähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung; und auch wenn jene lieben Asketen und Priester keine herantretenden schmerzlichen, brennenden, bitteren Gefühle erfahren, so sind sie auch dann fähig zum Wissen, zur Klarsicht, zur unvergleichlichen Erwachung. Dieses Gleichniss nun, Königsohn, war das dritte mir aufleuchtende, das naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Diese drei Gleichnisse, Königsohn, sind mir aufgeleuchtet, naturgemäße, nie zuvor gehörte.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich nun mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth niederzwänge, niederdrückte, niederquälte?‹ Und ich zwang nun, Königsohn, mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth nieder, drückte es nieder, quälte es nieder. Und indem ich also, Königsohn, mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth niederzwang, niederdrückte, niederquälte, rieselte mir der Schweiß aus den Achselhöhlen. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein starker Mann einen schwächeren, beim Kopf oder bei der Schulter ergreifend, niederzwingt, niederdrückt, niederquält, ebenso rieselte mir da, Königsohn, indem ich also mit aufeinandergepressten Zähnen und an den Gaumen gehefteter Zunge durch den Willen das Gemüth niederzwang, niederdrückte, niederquälte, der Schweiß aus den Achselhöhlen. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund und Nase an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund und Nase anhielt, wurde mir das überlaute Geräusch der Blutströmungen im Ohre vernehmbar. Gleichwie etwa, Königsohn, der geblähte Blasebalg einer Schmiede überlautes Geräusch erzeugt, ebenso wurde mir da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund und Nase anhielt, das überlaute Geräusch der Blutströmungen im Ohre vernehmbar. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, schlugen mir überheftige Strömungen auf die Schädeldecke auf. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein starker Mann mit scharfer Dolchspitze die Schädeldecke zerhämmerte, ebenso schlugen mir da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, überheftige Strömungen auf die Schädeldecke auf. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, hatte ich im Kopfe betäubende Kopfgefühle. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein starker Mann feste Riemenstränge auf dem Kopfe peitschend tanzen ließe, ebenso hatte ich da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, im Kopfe betäubende Kopfgefühle. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, schnitten mir überheftige Strömungen durch den Bauch. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn ein geschickter Schlächter oder Schlächtergeselle mit scharfem Schlachtmesser den Bauch durchschlitzte, ebenso schnitten mir da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, überheftige Strömungen durch den Bauch. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun noch weiter in athemlose Selbstverlierung verlöre?‹ Und ich hielt nun, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr an. Und indem ich also, Königsohn, die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, hatte ich im Körper überheftig glühende Quaal. Gleichwie etwa, Königsohn, wenn zwei starke Männer einen schwächeren Mann an beiden Armen ergriffen und in eine Grube voll glühender Kohlen hineinquälten, hineinrollten, ebenso hatte ich da, Königsohn, indem ich also die Ein- und Ausathmungen von Mund, Nase und Ohr anhielt, im Körper überheftig glühende Quaal. Gestählt war zwar, Königsohn, meine Kraft, unbeugsam, gewärtig die Einsicht, unverrückbar, aber regsam war da mein Körper, nicht ruhig geworden durch diese so schmerzliche Askese, die mich antrieb.

»Da sahn mich nun, Königsohn, Gottheiten und sagten: ›Gestorben ist der Asket Gotamo.‹ Andere Gottheiten sagten: ›Nicht gestorben ist der Asket Gotamo, aber er stirbt.‹ Und andere Gottheiten sagten: ›Nicht gestorben ist der Asket Gotamo und nicht stirbt er, heilig ist der Asket Gotamo, ein Zustand ist es nur des Heiligen, von solcher Art.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich mich nun gänzlich der Nahrung enthielte?‹ Da traten, Königsohn, Gottheiten zu mir heran und sprachen: ›Wolle nicht, Würdiger, dich gänzlich der Nahrung enthalten! Wenn du dich, Würdiger, gänzlich der Nahrung enthalten willst, so werden wir dir himmlischen Thau durch die Poren einflößen: dadurch wirst du am Leben bleiben.‹ Vergl. das urverwandte schöne Mythologem vom belebenden Morgenthau, im Vafthrúdhnismál v. 45. Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wenn ich nun auch gänzliches Fasten hielte, diese Gottheiten mir aber himmlischen Thau durch die Poren einflößten und ich also gefristet würde, so wär' es bloßer Schein.‹ Und ich wies, Königsohn, die Gottheiten zurück und sagte: ›Schon gut!‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, wenn ich nun wenig, wenig Nahrung zu mir nähme, eine hohle Hand voll und noch eine, als wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe oder Linsenbrühe?‹ Und ich nahm, Königsohn, wenig, wenig Nahrung zu mir, eine hohle Hand voll und noch eine, als wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe oder Linsenbrühe. Und indem ich also, Königsohn, wenig, wenig Nahrung zu mir nahm, eine hohle Hand voll und noch eine, als wie Bohnenbrühe oder Erbsenbrühe oder Linsenbrühe, wurde mein Körper außerordentlich mager. Wie dürres, welkes Rohr wurden da meine Arme und Beine durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie ein Kameelhuf wurde da mein Gesäß durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie eine Kugelkette wurde da mein Rückgrat mit den hervor- und zurücktretenden Wirbeln durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, Vergl. Lieder der Mönche S. 558 Anm. 3. wie sich die Dachsparren eines alten Hauses queerkantig abheben, hoben sich da meine Rippen queerkantig ab durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie in einem tiefen Brunnen die unten liegenden Wasserspiegel verschwindend klein erscheinen, so erschienen da in meinen Augenhöhlen die tiefliegenden Augensterne verschwindend klein durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme, wie ein Bitterkürbiss, frisch angeschnitten, in heißer Sonne hohl und schrumpf wird, so wurde da meine Kopfhaut hohl und schrumpf durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme. Und indem ich, Königsohn, die Bauchdecke befühlen wollte traf ich auf das Rückgrat, und indem ich das Rückgrat befühlen wollte traf ich wieder auf die Bauchdecke. So nahe war mir, Königsohn, die Bauchdecke ans Rückgrat gekommen durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme. Und ich wollte, Königsohn, Koth und Harn entleeren, da fiel ich vornüber hin durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme. Um nun diesen Körper da zu stärken, Königsohn, rieb ich mit der Hand die Glieder. Und indem ich also, Königsohn, mit der Hand die Glieder rieb, fielen die wurzelfaulen Körperhaare aus durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme.

»Da sahn mich nun, Königsohn, Menschen und sagten: ›Blau ist der Asket Gotamo!‹ Andere Menschen sagten: ›Nicht blau ist der Asket Gotamo, braun ist der Asket Gotamo!‹ Und andere Menschen sagten: ›Nicht blau ist der Asket Gotamo und nicht braun ist der Asket Gotamo, gelbhäutig ist der Asket Gotamo!‹ So sehr war nun, Königsohn, meine helle, reine Hautfarbe angegriffen worden durch diese äußerst geringe Nahrungaufnahme.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Was für Asketen oder Priester auch je in der Vergangenheit herangetretene schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren haben: das ist das höchste, weiter geht es nicht. Was für Asketen oder Priester auch je in der Zukunft herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren werden: das ist das höchste, weiter geht es nicht. Was für Asketen oder Priester auch jetzt in der Gegenwart herantretende schmerzliche, brennende, bittere Gefühle erfahren: das ist das höchste, weiter geht es nicht. Und doch erreiche ich durch diese bittere Schmerzensaskese kein überirdisches, reiches Heilthum der Wissensklarheit! Es giebt wohl einen anderen Weg zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ich erinnere mich, einst, während der Feldarbeiten bei meinem Vater Sakko, im kühlen Schatten eines Rosenapfelbaumes sitzend, den Wünschen erstorben, dem Unheil entronnen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit die Weihe der ersten Schauung errungen zu haben: das mag wohl der Weg sein zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, das einsichtgemäße Bewusstsein: ›Das ist der Weg zur Erwachung.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wie, sollt' ich etwa jenes Glück fürchten, jenes Glück jenseit der Wünsche, jenseit des Schlechten?‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nein, ich fürchte jenes Glück nicht, jenes Glück jenseit der Wünsche, jenseit des Schlechten.‹

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Nicht leicht kann wohl jenes Glück erreicht werden mit so außerordentlich entkräftetem Körper; wie, wenn ich nun feste Nahrung zu mir nähme, gekochten Reisbrei?‹ Und ich nahm, Königsohn, feste Nahrung zu mir, gekochten Reisbrei.

»Zu jener Zeit aber, Königsohn, lebten fünf verbündete Mönche um mich herum: ›Wenn uns der Asket Gotamo die Wahrheit erkämpft haben wird, wird er sie uns mittheilen!‹ Als ich nun, Königsohn, feste Nahrung zu mir nahm, gekochten Reisbrei, da wandten sich jene fünf verbündeten Mönche von mir ab und gingen fort: ›Üppig wird der Asket Gotamo, der Askese untreu, geneigt der Üppigkeit.‹

»Und ich nahm nun, Königsohn, feste Nahrung zu mir, gewann Kraft und erwirkte, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit die Weihe der ersten Schauung.

»Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens, Königsohn, erwirkte ich die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung.

»In heiterer Ruhe, Königsohn, weilte ich gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfand ich im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkte ich die Weihe der dritten Schauung.

»Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, Königsohn, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkte ich die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtete ich das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. Ich erinnerte mich an manche verschiedene frühere Daseinsform, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leiben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen – Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein.‹ So erinnerte ich mich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. Dieses Wissen, Königsohn, hatte ich nun in den ersten Stunden der Nacht als erstes errungen, das Nichtwissen zertheilt, das Wissen gewonnen, das Dunkel zertheilt, das Licht gewonnen, wie ich da ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich verweilte.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtete ich das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. Mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, sah ich die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich erkannte wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt.‹ So sah ich mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, ich erkannte wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. Dieses Wissen, Königsohn, hatte ich nun in den mittleren Stunden der Nacht als zweites errungen, das Nichtwissen zertheilt, das Wissen gewonnen, das Dunkel zertheilt, das Licht gewonnen, wie ich da ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich verweilte.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtete ich das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ verstand ich der Wahrheit gemäß. Also erkennend, also sehend ward da mein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss ging auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand ich da. Dieses Wissen, Königsohn, hatte ich nun in den letzten Stunden der Nacht als drittes errungen, das Nichtwissen zertheilt, das Wissen gewonnen, das Dunkel zertheilt, das Licht gewonnen, wie ich da ernsten Sinnes, eifrig, unermüdlich verweilte.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Entdeckt hab' ich diese tiefe Satzung, die schwer zu gewahren, schwer zu erkunden ist, die stille, erlesene, unbekrittelbare, feine, Weisen erfindliche. Zu ayaṃ dhammo … atakkāvacaro cf. idam ... apratarkyam aprakāśyam: Subālopaniṣadi 3. Vergnügen aber sucht ja dieses Geschlecht, Vergnügen liebt es, Vergnügen schätzt es. Dem Vergnügen suchenden Geschlechte nun aber, Vergnügen liebenden, Vergnügen schätzenden ist ein solches Ding kaum verständlich: als wie das auf gewisse Weise bedingt sein, die bedingte Entstehung; und auch ein solches Ding wird es kaum verstehn: eben dieses Aufgehn aller Unterscheidung, die Abwehr aller Anhaftung, das Versiegen des Durstes, die Wendung, Auflösung, Erlöschung. Wenn ich also die Satzung darlege und die anderen mich doch nicht begreifen, so ist mir Plage gewiss und Anstoß.‹ Und es sind mir, Königsohn, diese naturgemäßen Sprüche aufgeleuchtet, die vorher nie gehörten:

›Mit heißer Mühe was ich fand
Nun offenbaren wär' umsonst:
Das gier- und hassverzehrte Volk
Ist solcher Satzung nicht geneigt.

›Die stromentgegen gehende
Tief innig zart verborgene
Bleibt Gierergetzten unsichtbar
In dichter Finsterniss verhüllt.‹

»Also erwägend, Königsohn, neigte sich mein Gemüth zur Verschlossenheit, nicht zur Darlegung der Lehre. Da nun gewahrte, Königsohn, Brahmā Sahampati Der Name Sahampati lässt verschiedene Deutung zu. Vergl. das Intermezzo im Kevaṭṭasuttantam, Buddhistische Anthologie p. 97-98; und auf der anderen Seite die recht ansprechende Etymegorie von √ sah, sahas in einem jātaham des Saṃyuttakanikāyo, vol. V. p. 233. In vergangenen Äonen, als Kassapo der Meister war, erzählt da Brahmā von sich, sei er ein machtvoller Jünger, sahako bhikkhu, gewesen: darum sei er jetzt ein mächtiger Herr, saham pati, geworden. – Die Art eines Brahmā wird, je nach Umständen, als verschieden angegeben: siehe die 90. Rede, gegen Ende. – Gotamos Zaudern und Sahampatis Angst und Anliegen und die verwandten wunderbaren Vorgänge überhaupt sind von Robert L' Orange als apokryph erkannt worden, gehören spezifisch der Mahāvaggo-Mahāvastu-Legende an. Wie rathlos willkürlich diese letztere den zwar sekundären, verhältnissmäßig aber weit älteren, ihr daher stellenweise unverständlichen Pāli-Text oft behandelt hat, und dies bei sonst oft sehr schöner, vollkommen getreuer Übersetzung, zeige als typisches Beispiel der im Mahāvastu vol. III. p. 319 aus der obigen Rede versaṃskṛtisierte Spruch. Cf. Anm. 144. meines Herzens Bedenken und klagte: ›Verderben, ach, wird ja die Welt, elend verderben, wenn des Vollendeten, Heiligen, vollkommen Erwachten Gemüth sich zur Verschlossenheit neigt und nicht zur Darlegung der Lehre!‹ Da verschwand nun, Königsohn, Brahmā Sahampati, so schnell wie etwa ein kräftiger Mann den eingezogenen Arm ausstrecken oder den ausgestreckten Arm einziehn mag, aus der Brahmawelt und erschien vor mir. Da nun entblößte, Königsohn, Brahmā Sahampati eine Schulter, faltete die Hände zu mir und sprach hierauf also:

›O dass doch der Erhabene, o Herr, die Lehre darlege, o dass doch der Willkommene die Lehre darlege! Es giebt Wesen edlerer Art: ohne Gehör der Lehre verlieren sie sich; sie werden die Lehre verstehn.‹

»Das sagte, Königsohn, Brahmā Sahampati; und hierauf sprach er fernerhin also:

›Verkündet ward in Magadhā Verkehrtes,
Vertrübte Lehre von Unreinen ausgedacht:
Eröffne du jetzt dieses Thor des Lebens,
Der Reine weise zur entdeckten Wahrheit uns.

›Wie einer, der am Gipfel hoher Berge steht
Und in die Lande blickt nach allen Seiten hin,
So blick', Allauge du, vom Thurm der Wahrheit
In dieses Schmerzenreich, du Schmerzenlöser!
Sieh' hin, o Weiser, auf das Sein:
Entstehn-Vergehn ist seine Pein.

›Wohlan, o Heide, siegreicher Kampfesherr,
Geh' hin zur Welt, entsühnt, o Meisterführer du!
Die Lehre mögest, Herr, verkünden:
Es werden sich Verständige finden.

»Auf das Anliegen Brahmās nun, Königsohn, und aus Erbarmen zu den Wesen blickte ich mit dem erwachten Auge in die Welt. Und ich sah, Königsohn, mit dem erwachten Auge in die Welt blickend, Wesen edlerer Art und gemeinerer Art, scharfsinnige und stumpfsinnige, gut begabte und schlecht begabte, leicht begreifende und schwer begreifende und manche, die das Anpreisen einer anderen Welt für arg erachten. Gleichwie etwa, Königsohn, in einem Lotusweiher einzelne blaue oder rothe oder weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, unter dem Wasserspiegelbleiben, aus der Wassertiefe Nahrung aufsaugen; einzelne blaue oder rothe oder weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, bis zum Wasserspiegel dringen; einzelne blaue oder rothe oder weiße Lotusrosen im Wasser entstehn, im Wasser sich entwickeln, über das Wasser emporsteigen und dastehn unbenetzt von Wasser: Vergl. Chāndogyopaniṣat IV, 14, 3: Yathā puṣkarapalāśa āpo na śliṣyante, evam evaṃvidi pāpaṃ karma na śliṣyata iti.

In der Stelle app' ekacce paralokavajjabhayadassāvine viharante wird vajjaº nicht von √varj sondern von √ vad abzuleiten sein, wie Lieder der Mönche S. 212 Anm. 1 anderweitig belegt, und die richtige Übersetzung demnach heißen: »und manche, die das Anpreisen einer anderen Welt für arg erachten.« Die Möglichkeit der Ableitung von √varj ist zwar nicht ausgeschlossen, scheint aber doch, nipuṇaṃ nirūpya, dem Geiste der Stelle kaum zu entsprechen. Die Lotusrosen des Gleichnisses, die emporragen, unbenetzt von Wasser, deuten eben auf solche, die noch in dieser Welt, diṭṭhe va dhamme, Vollendung erreichen. Vergl. hierzu Lieder der Mönche S. 159.
ebenso nun auch, Königsohn, sah ich, mit dem erwachten Auge in die Welt blickend, Wesen edlerer Art und gemeinerer Art, scharfsinnige und stumpfsinnige, gut begabte und schlecht begabte, leicht begreifende und schwer begreifende und manche, die das Anpreisen einer anderen Welt für arg erachten.

»Und ich erwiderte nun, Königsohn, Brahmā Sahampati'n mit dem Spruche:

»Erschlossen sind zur Ewigkeit die Thore:
Wer Ohren hat zu hören komm' und höre.
Den Anstoß ahnend wahrt' ich unberedsam
Das köstlich Edle vor den Menschen, Brahmā.«

»Da nun, Königsohn, sagte Brahmā Sahampati: ›Gewährung hat mir der Erhabene verheißen, die Lehre darzulegen‹, begrüßte mich ehrerbietig, ging rechts herum und war alsbald verschwunden.

»Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem könnt' ich nun wohl zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese Lehre gar bald begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Jener Āḷ:āro Kālāmo ist weise, entfremdet, tiefsinnig, lebt seit langer Zeit der Entsagung; wenn ich nun ihm zuerst die Lehre darlege, wird er diese Lehre gar bald begreifen.‹ Da nun kamen, Königsohn, Gottheiten zu mir und sagten: ›Vor sieben Tagen, o Herr, ist Āḷāro Kālāmo gestorben.‹ Die klare Gewissheit ging mir nun auf: ›Vor sieben Tagen ist Āḷāro Kālāmo gestorbene Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ein großer Geist war &'#256;ḷāo Kālāmo: hätte er diese Lehre vernommen, er hätte sie gar bald begriffen.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem könnt' ich nun wohl zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese Lehre gar bald begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Jener Uddako Rāmaputto ist weise, entfremdet, tiefsinnig, lebt seit langer Zeit der Entsagung; wenn ich nun ihm zuerst die Lehre darlege, wird er diese Lehre gar bald begreifen.‹ Da nun kamen, Königsohn, Gottheiten zu mir und sagten: ›Am Abend, o Herr, ist Uddako Rāmaputto gestorbene Die klare Gewissheit ging mir nun auf: ›Am Abend ist Uddako Rāmaputto gestorben.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Ein großer Geist war Uddako Rāmaputto: hätte er diese Lehre vernommen, er hätte sie gar bald begriffen.‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wem könnt' ich nun wohl zuerst die Lehre darlegen, wer wird diese Lehre gar bald begreifen?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Zugethan sind mir ja die Fünf verbündeten Mönche, die meiner warteten, als ich mich der Askese hingab; wie, wenn ich nun zuerst den Fünf verbündeten Mönchen die Lehre darlegen möchte?‹ Da kam mir, Königsohn, der Gedanke: ›Wo weilen wohl jetzt die Fünf verbündeten Mönche?‹ Und ich sah, Königsohn, mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, den Aufenthalt der Fünf verbündeten Mönche bei Benāres, am Sehersteine, im Wildparke. Cf. Bd. 1, Anm. 21. – Zu Isipatanam vergl. Bhṛgupatanam, im Anfang von Kap. 4 des Daśakumāracaritam I, p. 22, das also doch wohl auf Bhṛgus den Seher deutet. Und ich begab mich nun, Königsohn, da ich in Uruvelā nach Belieben geweilt hatte, auf die Wanderung nach Benāres.

»Da begegnete mir, Königsohn, Upako, ein Nackter Büßer, auf dem Wege vom Baum der Erwachung nach Gayā, und als er mich gesehn hatte sprach er also zu mir:

›Heiter, o Bruder, ist dein Angesicht, hell die Hautfarbe und rein! Um wessen willen, o Bruder, bist du hinausgezogen? Wer ist wohl dein Meister? Oder zu wessen Lehre bekennst du dich?‹

»Auf diese Worte, Königsohn, sprach ich zu Upako dem Nackten Büßer die Sprüche:

»Allüberwinder, Allerkenner bin ich,
Von allen Dingen ewig abgeschieden,
Verlassend alles, lebenswahngeläutert,
Durch mich allein belehrt, wen kann ich nennen?

»Kein Lehrer hat mich aufgeklärt,
Kein Wesen giebt es, das mir gleicht,
Die Welt: mit ihren Göttern hat
Nicht Einen Ebenbürtigen.

»Denn ich bin ja der Herr der Welt,
Der höchste Meister, der bin ich,
Ein einzig Allvollendeter,
Vollkommen Wahnerloschener.

»Der Wahrheit Reich erricht' ich nun
Und wandre zur Benāresstadt:
Erdröhnen soll in finstrer Welt
Die Trommel der Unsterblichkeit.«

›So glaubst du also, Bruder, dass du der Heilige bist, der Unumschränkte Sieger?‹

»Mir gleich, ja, werden Siegende,
Ist Wahnvertilgung ausgeübt:
Besiegt hab' ich das Sündige,
Bin darum Sieger, Upako.«

»Auf diese Worte, Königsohn, erwiderte Upako der Nackte Büßer: ›Wenn's nur wäre, Bruder!‹ schüttelte das Haupt, schlug einen Seitenweg ein und entfernte sich.

»Und ich zog nun, Königsohn, von Ort zu Ort nach Benāres, kam zum Seherstein, in den Wildpark, wo die Fünf verbündeten Mönche weilten. Da erblickten mich, Königsohn, die Fünf verbündeten Mönche von ferne herankommen, und als sie mich gesehn bestärkte einer den anderen: ›Da kommt, Bruder, jener Asket Gotamo heran, der Üppige, der von der Askese abgefallen ist und sich der Üppigkeit ergeben hat: wir wollen ihn weder begrüßen, noch uns erheben um ihm Mantel und Schaale abzunehmen, aber ein Sitz sei zugewiesen; wenn er will, mag er sich setzen.‹ Je mehr ich mich aber, Königsohn, näherte, desto weniger vermochten die Fünf verbündeten Mönche bei ihrem Entschluss zu verharren: einige kamen entgegen und nahmen mir Mantel und Schaale ab, einige baten mich Platz zu nehmen, einige machten ein Fußbad zurecht, und sie gingen mich mit dem Namen und dem Bruderworte an. Da sagte ich, Königsohn, zu den Fünf verbündeten Mönchen: ›Nicht gehet, ihr Mönche, den Vollendeten mit dem Namen und dem Bruderworte an: heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Auf diese Worte, Königsohn, erwiderten mir die Fünf verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit nicht errungen; wie magst du nun jetzt, wo du üppig geworden, von der Askese abgefallen bist, der Üppigkeit dich ergeben hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit besitzen?‹ Auf diese Worte, Königsohn, erwiderte ich den Fünf verbündeten Mönchen:

›Nicht ist, ihr Mönche, der Vollendete üppig geworden, von der Askese abgefallen, der Üppigkeit ergeben: heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und zum zweiten Mal nun, Königsohn, erwiderten mir die Fünf verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit nicht errungen: wie magst du nun jetzt, wo du üppig geworden, von der Askese abgefallen bist, der Üppigkeit dich ergeben hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit besitzen?‹ Und zum zweiten Mal nun, Königsohn, erwiderte ich den Fünf verbündeten Mönchen: ›Nicht ist, ihr Mönche, der Vollendete üppig geworden, von der Askese abgefallen, der Üppigkeit ergeben: heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und zum dritten Mal nun, Königsohn, erwiderten mir die Fünf verbündeten Mönche: ›Selbst durch deine so harte Buße, o Bruder Gotamo, durch deine Kasteiung, durch deine Schmerzensaskese hast du das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit nicht errungen: wie magst du nun jetzt, wo du üppig geworden, von der Askese abgefallen bist, der Üppigkeit dich ergeben hast, das überirdische, reiche Heilthum der Wissensklarheit besitzen?‹ Auf diese Worte, Königsohn, sagte ich zu den Fünf verbündeten Mönchen:

›Entsinnet ihr euch, ihr Mönche, dass ich je zuvor also gesprochen hätte?‹

›Nein, o Herr!‹

›Heilig, ihr Mönche, ist der Vollendete, der vollkommen Erwachte. Leihet Gehör, ihr Mönche, die Unsterblichkeit ist gefunden. Ich führe ein, ich lege die Lehre dar. Der Führung folgend werdet ihr in gar kurzer Zeit jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten euch offenbar machen, verwirklichen und erringen.‹

»Und es gelang mir, Königsohn, den Fünf verbündeten Mönchen meine Erkenntniss mitzutheilen. Erst trug ich, Königsohn, zweien Mönchen die Lehre vor, drei Mönche gingen um Almosenspeise, und was die drei Mönche an Almosenspeise brachten, das theilten wir in sechs Theile und lebten davon. Dann trug ich, Königsohn, dreien Mönchen die Lehre vor, zwei Mönche gingen um Almosenspeise, und was die zwei Mönche an Almosenspeise brachten, das theilten wir in sechs Theile und lebten davon.

»Und die Fünf verbündeten Mönche, Königsohn, von mir also belehrt, also eingeführt, hatten sich da gar bald jenes Ziel, um dessen willen edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten offenbar gemacht, verwirklicht und errungen.«

Nach dieser Rede wandte sich Bodhi der Königsohn also an den Erhabenen:

»Wie lange braucht wohl, o Herr, ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen?«

»Da will ich dir nun, Königsohn, eben hierüber eine Frage stellen: wie es dir gutdünkt magst du sie beantworten. Was meinst du wohl, Königsohn: ist dir die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken genau bekannt?«

»Gewiss, o Herr, genau ist mir die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bekannt.«

»Was meinst du wohl, Königsohn: da käme ein Mann herbei: ›Bodhi der Königsohn versteht die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken; bei ihm will ich diese Kunst erlernen.‹ Aber er hätte kein Zutrauen, was man durch Zutrauen erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre kränklich, was man durch Rüstigkeit erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre listig und gleißnerisch, was man durch Ehrlichkeit und Offenheit erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre feig, was man durch Tapferkeit erreichen kann, das erreichte er nicht. Aber er wäre blöde, was man durch Witz erreichen kann, das erreichte er nicht. Was meinst du wohl, Königsohn: könnte da nun dieser Mann die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bei dir erlernen?«

»Und hätte, o Herr, dieser Mann auch nur eine solche Eigenschaft, so könnt' er die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bei mir nicht erlernen, geschweige mit fünf solchen Eigenschaften!«

»Was meinst du wohl, Königsohn: da käme ein Mann herbei: ›Bodhi der Königsohn versteht die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken; bei ihm will ich diese Kunst erlernen.‹ Aber er hätte Zutrauen, was man durch Zutrauen erreichen kann, das erreichte er. Aber er wäre rüstig, was man durch Rüstigkeit erreichen kann, das erreichte er. Aber er wäre ehrlich und offen, was man durch Ehrlichkeit und Offenheit erreichen kann, das erreichte er. Aber er wäre tapfer, was man durch Tapferkeit erreichen kann, das erreichte er. Aber er wäre witzig, was man durch Witz erreichen kann, das erreichte er. Was meinst du wohl, Königsohn: könnte da nun dieser Mann die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bei dir erlernen?«

»Und hätte, o Herr, dieser Mann auch nur eine solche Eigenschaft, so könnt' er die Kunst Elephanten zu besteigen und zu lenken bei mir erlernen, geschweige mit fünf solchen Eigenschaften!«

»Ebenso nun, Königsohn, giebt es auch hier fünf Kampfeseigenschaften: welche fünf? Da hat, Königsohn, der Mönch Zutrauen, er traut der Wachheit des Vollendeten, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Rüstig ist er und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß, den mittleren Kampf zu bestehn. Ehrlich ist er und offen und giebt sich der Wahrheit gemäß dem Meister oder erfahrenen Ordensbrüdern zu erkennen. Muth hat er und Kraft unheilsame Dinge zu verleugnen und heilsame Dinge zu erringen, er dauert stark und standhaft aus, giebt den heilsamen Kampf nicht auf. Witzig ist er, mit der Weisheit begabt, die Aufgang und Untergang sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die zur völligen Leidensversiegung führt. Das sind, Königsohn, die fünf Kampfeseigenschaften. Mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt, Königsohn, mag ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen, sieben Jahre brauchen.

»Sei es, Königsohn, um die sieben Jahre: mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen, sechs Jahre, fünf Jahre, vier Jahre, drei Jahre, zwei Jahre, ein Jahr brauchen.

»Sei es, Königsohn, um das Jahr: mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen, sieben Monate, sechs Monate, fünf Monate, vier Monate, drei Monate, zwei Monate, einen Monat brauchen.

»Sei es, Königsohn, um den Monat, sei es um den halben Monat, sei es um sieben Tage, um sechs Tage, um fünf Tage, um vier Tage, um drei Tage, sei es, Königsohn, um zwei Tage: mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt mag ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, um jenes Ziel, warum edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit ziehn, die höchste Vollendung der Heiligkeit noch bei Lebzeiten sich offenbar zu machen, zu verwirklichen und zu erringen, einen Tag brauchen.

»Sei es, Königsohn, um einen Tag: mit diesen fünf Kampfeseigenschaften begabt kann ein Mönch, der den Vollendeten zum Lenker hat, am Abend eingeführt am Morgen den Ausgang finden, am Morgen eingeführt am Abend den Ausgang finden.«

Auf diese Worte wandte sich Bodhi der Königsohn also an den Erhabenen:

»O herrlich Erwachter, o herrliche Wahrheit, o herrlich verkündete Wahrheit, wo da einer am Abend eingeführt am Morgen den Ausgang finden kann, am Morgen eingeführt am Abend den Ausgang finden kann!« Da meinte Sañjikāputto, der es gehört, der junge Brāhmane, sich an Bodhi den Königsohn wendend:

»So hat eben hier Herr Bodhi nur gesagt ›O herrlich Erwachter, o herrliche Wahrheit, o herrlich verkündete Wahrheit‹, aber nicht gesagt, dass er bei Ihm, dem Herrn Gotamo Zuflucht nehme, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft.«

»Nicht also rede, bester Sañjikāputto, nicht also rede, bester Sañjikāputto! Von meinem Mütterchen selber, bester Sañjikāputto, hab' ich Folgendes erfahren, aus ihrem Munde vernommen. Es war einmal, bester Sañjikāputto, da weilte der Erhabene zu Kosambī, im Stiftungsgarten. Und das Mütterchen, schwanger mit mir, begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun mein Mütterchen also zum Erhabenen: ›Was ich da, o Herr, im Leibe trage, das Knäblein oder das Mägdlein, das nimmt beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und beider Jüngerschaft: als Anhänger mög' es der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.‹ Es war einmal, bester Sañjikāputto, da weilte der Erhabene eben hier, im Bhagger-Lande, bei Suṃsumāragiram, im Forste des Bhesakaḷā-Waldes. Und meine Amme nahm mich zu Hüften, Cf. Lieder der Mönche p. 79.
Eine plastische Gruppe der jugendlich blühenden Mutter mit einem Kinde an der rechten Hüfte, als Göttin Ṣaṣṭhīṣiṣurakṣinī, eine wirkliche Αφροδιτη ϰουροτροφος von idealer Schönheit und Anmuth, ist uns im Museum zu Lahore, unter den Trümmern von Jamalgarhi aus dem 1. Jahrh. vor Chr., erhalten. Auch hiervon hat Senart eine Phototypie leicht zugänglich gemacht, im Journal asiatique von 1890 zu p. 154.
und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach nun meine Amme also zum Erhabenen: ›Dieser Bodhi, o Herr, der Königsohn, nimmt beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei den Jüngern: als Anhänger möge ihn der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.‹ Und so nehm' ich denn, bester Sañjikāputto, zum dritten Mal beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger möge mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu.« Den ersten, im Wesentlichen schon ganz übereinstimmenden Bericht vom Leben Gotamos verdanken wir, wie mir De Lorenzo mittheilt, dem kühnen Marco Polo, der es auf »Seilla«' voll Theilnahme gehört und dann – im Zeitalter Dantes – mit erstaunlicher Schlichtheit beschrieben hatte. Insbesondere erzählt er, im Texte Bonis vol. I. p. 185, von jenem Palaste mit den singenden und spielenden Mädchen, und dass der Prinz keine Freude daran finden mochte; wie er einst auf der Straße einen Todten gesehn, und wieder einen schlotternden, zahnlosen Greis; wie er tiefsinnig zum Palaste zurückgekehrt, voll Ekel an einer Welt wo man altern und sterben müsse, und gesagt habe, »che voleva cercare quello che mai non moriva, nè non invecchiava«, genau wie es in der 26. Rede, 1. Bd. S. 385, und oben S. 552 vorgetragen ist; wie er dann endlich, nach dem ergänzenden Texte Pauthiers p. 592f., heimlich bei Nacht den Palast verlassen habe, »et s'en ala aux grans montaignes et moult desvoiables«, wie 1. Bd. S. 183. »Et illec demoura moult honnestement, et moult menoit aspre vie; et fist moult grans abstinences«, S. 563 bis 568. Selbst durch das Medium fremder und trüber Idiome hatte sich die zeilonesische Tradition dem feinfühlenden Zuhörer verständlich gemacht, so dass er den Inhalt der – wenn man will trivialen – Legende rein wiederzugeben vermochte. Den Bericht nach dem Texte Pauthiers findet man in Grünwedels Mythologie des Buddhismus in Tibet und der Mongolei S. 2 – 4 vollständig abgedruckt.

Die sitzende Gestalt Gotamos als yogischer Büßer, in athemlose Selbstverlierung verloren, mit den einzelnen Merkmalen wie S. 567 f. dargestellt, ein seltsames Meisterstück der Skulptur des 1. Jahrh. vor Chr., befindet sich im Museum zu Lahore. Eine Phototypie davon hat Senart veröffentlicht, im Journal asiatique von 1890 zu p. 144.


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