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Neunter Theil
Zweite Rede

Raṭṭhapālo

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit wanderte der Erhabene im Kurū-Lande von Ort zu Ort und kam, von vielen Mönchen begleitet, in die Nähe einer Burg der Kurūner Namens Thūlakoṭṭhitam Und es hörten die brāhmanischen Hausleute in Thūlakoṭṭhitam reden: ›Der Asket, wahrlich, Herr Gotamo, der Sakyersohn, der dem Erbe der Sakyer entsagt hat, wandert in unserem Lande von Ort zu Ort und ist mit vielen Mönchen in Thūlakoṭṭhitam angekommen. Diesen Herrn Gotamo aber begrüßt man allenthalben mit dem frohen Ruhmesrufe, so zwar: Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar. Glücklich wer da nun solche Heilige sehn kann!'‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt verneigten sich einige vor dem Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder, andere wechselten höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, einige wieder falteten die Hände gegen den Erhabenen und setzten sich zur Seite nieder, andere wieder gaben beim Erhabenen Namen und Stand zu erkennen und setzten sich zur Seite nieder, und andere setzten sich still zur Seite nieder. »Denn das Auge ist es der Andacht: die stille Verehrung.« Und die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam, die da zur Seite saßen, wurden vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert und ermuthigt, erregt und erheitert.

Damals nun hatte Raṭṭhapālo, ein junger Edelmann, der Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter, eben dort zu Thūlakoṭṭhitam in der dreifachen Versammlung der Adeligen, Priester und Bürger. Platz genommen. Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann gedachte bei sich: ›So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹

Und die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam, vom Erhabenen in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert, standen von ihren Sitzen auf, erfreut und befriedigt durch des Erhabenen Rede, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und entfernten sich.

Da nun begab sich Raṭṭhapālo der junge Edelmann, bald nachdem die brāhmanischen Hausleute von Thūlakoṭṭhitam gegangen waren, zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Raṭṭhapālo der junge Edelmann also zum Erhabenen:

»So ich da wirklich, o Herr, die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, o Herr, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszuziehn: möge mir, o Herr, der Erhabene Aufnahme gewähren, die Ordensweihe ertheilen!«

»Und hast du, Raṭṭhapālo, die Zustimmung deiner Eltern erhalten, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn?«

»Nicht hab' ich, o Herr, die Zustimmung meiner Eltern erhalten, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn.«

»Nicht nehmen, Raṭṭhapālo, Vollendete ohne Zustimmung der Eltern den Sohn auf.«

»Dann werd' ich, o Herr, dahin wirken, dass mir die Eltern ihre Zustimmung nicht versagen sollen, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn.«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und begab sich zu seinen Eltern. Dort angelangt sprach er also zu ihnen:

»Mutter, Vater! So ich da wirklich die vom Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: gestattet mir, dass ich fort vom Hause in die Hauslosigkeit gehe!«

Auf diese Worte sprachen die Eltern zu Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Komm' denn, lieber Raṭṭhapālo: iss und trink' und ergetze dich! Vergl. Herodot II, 78. Du kannst essen und trinken und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprach Raṭṭhapālo der junge Edelmann also zu seinen Eltern:

»Mutter, Vater! So ich da wirklich die vorn Erhabenen dargelegte Lehre verstehe, geht es nicht wohl, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen. Ich wünsche, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: gestattet mir, dass ich fort vom Hause in die Hauslosigkeit gehe!«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen die Eltern zu Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Komm' denn, lieber Raṭṭhapālo: iss und trink' und ergetze dich! Du kannst essen und trinken und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Da gedachte Raṭṭhapālo der junge Edelmann: ›Meine Eltern wollen mich nicht aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen‹; und erlegte sich auf den bloßen Erdboden hin und sagte:

»Hier will ich den Tod erwarten oder euere Zustimmung.«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann ließ eine Mahlzeit vorübergehn, und zwei und drei und vier Mahlzeiten vorübergehn, und fünf und sechs und sieben Mahlzeiten vorübergehn. So der barm. und siam. Text. Aber die Eltern sprachen Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also zu:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Erhebe dich, lieber Raṭṭhapālo: iss und trink' und ergetze dich! Du kannst essen und trinken und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Also angesprochen gab Raṭṭhapālo der junge Edelmann keine Antwort. Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal sprachen die Eltern Raṭṭhapālo dem jungen Edelmann also zu:

»Du bist, o Raṭṭhapālo, unser einziges, theures, geliebtes Kind, in Freuden erwachsen, in Freuden auferzogen: du weißt, o Raṭṭhapālo, nichts von Leiden. Erhebe dich, lieber Raṭṭhapālo: iss und trink' und ergetze dich! Du kannst essen und trinken und dich ergetzen und fröhlich genießen und Gutes thun und dich damit zufriedengeben. Wir gestatten dir nicht, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn! Sogar der Tod ließe uns deinen Verlust nicht willig ertragen: wie sollten wir dich erst lebendig aus dem Hause in die Hauslosigkeit ziehn lassen?«

Und ein zweites Mal, und ein drittes Mal gab Raṭṭhapālo der junge Edelmann keine Antwort.

Da begaben sich nun, auf die Bitten der Eltern, seine Freunde zu ihm und sprachen ihm dreimal zu: und dreimal ließ er sie reden und gab ihnen keine Antwort. Und seine Freunde kehrten wieder zu den Eltern zurück und sprachen also zu ihnen:

»Liebe Eltern, euer edler Sohn Raṭṭhapālo liegt auf dem bloßen Erdboden: da will er den Tod erwarten oder euere Zustimmung. Wenn ihr ihm nicht gestatten wollt, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, so wird er eben da sterben. Wenn ihr ihm aber gestatten wollt, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, so werdet ihr ihn doch als Pilger sehn. Und wenn euer edler Sohn Raṭṭhapālo an der Pilgerschaft kein Gefallen findet, wo sollt' er sich anders hinwenden? Er wird eben wieder hierher zurückkehren. Geht euerem edlen Sohne Raṭṭhapālo die Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn.«

»Wir geben, ihr Guten, unserem edlen Sohne Raṭṭhapālo die Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn, aber er soll seine Eltern als Pilger besuchen!«

Da gingen die Freunde zu Raṭṭhapālo dem jungen Edelmanne zurück und sprachen also zu ihm:

»Deine Eltern gestatten dir, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu gehn: aber du sollst deine Eltern als Pilger besuchen!«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann stand auf, kam zu Kräften und begab sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte er den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprach nun Raṭṭhapālo der junge Edelmann zum Erhabenen also:

»Erhalten hab' ich, o Herr, meiner Eltern Zustimmung, aus dem Hause in die Hauslosigkeit zu ziehn: möge der Erhabene mich aufnehmen!«

Und Raṭṭhapālo der junge Edelmann wurde vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Und der Erhabene begab sich nun, da er nach Belieben zu Thūlakoṭṭhitam geweilt hatte, nicht lange nach der Aufnahme des ehrwürdigen Raṭṭhapālo, vierzehn Tage nach der Ordensweihe, auf die Wanderung nach Sāvatthī, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Stadt.

Zu Sāvatthī weilte nun der Erhabene, im Siegerwalde, im Garten Anāthapiṇḍikos.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Raṭṭhapālo der Heiligen geworden.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo begab sich zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, setzte sich seitwärts nieder und sprach also:

»Ich möchte, o Herr, meine Eltern besuchen, so es der Erhabene mir gestattet.«

Und der Erhabene nahm den Sinn des ehrwürdigen Raṭṭhapālo, im Geiste geistig erkundend, wahr. Und als der Erhabene merkte:›Unmöglich kann Raṭṭhapālo der edle Sohn von der Askese abfallen und zur Gewohnheit zurückkehren‹, da sagte denn der Erhabene zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Wie es dir nun, Raṭṭhapālo, belieben mag.«

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum, räumte sein Lager zusammen, nahm Mantel und Schaale und begab sich auf die Wanderung nach Thūlakoṭṭhitam, von Ort zu Ort wandernd näherte er sich der Burg.

Zu Thūlakoṭṭhitam weilte nun der ehrwürdige Raṭṭhapālo, an König Koravyos Jagdgelände.

Und der ehrwürdige Raṭṭhapālo, zeitig gerüstet, mit Mantel und Schaale versehn, machte sich auf den Almosengang nach Thūlakoṭṭhitam. Dort stand er von Hütte zu Hütte still und gelangte vor das Haus seines Vaters. Um diese Zeit nun ließ der Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo in der mittleren Thorhalle sich rasieren. Und es sah des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Vater den ehrwürdigen Raṭṭhapālo von ferne herankommen, und als er ihn gesehn sprach er also:

»Von solchen kahlgeschorenen Pfaffen ist uns unser einziger, vielgeliebter Sohn geraubt worden!«

Und so empfing der ehrwürdige Raṭṭhapālo im Hause seines Vaters weder Gabe noch Absage, sondern nur Schimpf empfing er.

Unterdessen wollte die Kindsmagd des ehrwürdigen Raṭṭhapālo von Abend übrig gebliebene Grütze wegschütten. Da sprach der ehrwürdige Raṭṭhapālo also zu ihr:

»Wenn das, o Schwester, weggeschüttet werden soll, so gieß' es in meine Schaale.«

Aber während des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Kindsmagd die von Abend übrig gebliebene Grütze dem ehrwürdigen Raṭṭhapālo in die Schaale goss, erkannte sie ihn an seinen Händen und Füßen und an seiner Stimme. Und sie rannte zur Mutter des ehrwürdigen Raṭṭhapālo und rief ihr entgegen:

»O Herrin, dass du es weißt: der junge Herr, Raṭṭhapālo ist da!«

»Ist das wahr, was du sagst, so sollst du frei sein!«

Und des ehrwürdigen Raṭṭhapālo Mutter eilte zum Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo und sprach also zu ihm:

»O Hausvater, dass du es weißt: Raṭṭhapālo, heißt es, unser edler Sohn ist hier!«

Inzwischen nahm der ehrwürdige Raṭṭhapālo die von Abend übrig gebliebene Grütze, an einer Mauer rastend, ein. Und der Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo suchte ihn auf, trat an seine Seite und sprach also zu ihm:

»Ist es denn möglich, o Raṭṭhapālo, dass du von Abend übrig gebliebene Grütze einnimmst? Willst du denn nicht, o Raṭṭhapālo, dein eigenes Haus betreten?«

»Woher, o Hausvater, war' uns ein Haus eigen, die wir aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen sind? Hauslos sind wir, o Hausvater. Gekommen sind wir, o Hausvater, zu deinem Hause, und haben da weder Gabe empfangen noch Absage, sondern nur Schimpf haben wir empfangen.«

»Komm', o Raṭṭhapālo, wir wollen in den Saal gehn.«

»Genug. Hausvater: fertig bin ich für heute mit dem Mahle.«

»Wohlan denn, o Raṭṭhapālo, so gewähre mir die Bitte, morgen bei mir zu speisen!«

Schweigend gewährte der ehrwürdige Raṭṭhapālo die Bitte.

Als nun der Vater des ehrwürdigen Raṭṭhapālo der Zustimmung sicher war, begab er sich nach Hause zurück. Dort ließ er einen großen Haufen von Gold und Geschmeide aufschichten, ihn mit Matten bedecken und befahl dann den früheren Frauen des ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Herbei, ihr Gesponsen! Mit was für Schmucke geschmückt ihr ehedem Raṭṭhapālo dem jungen Edelmanne lieblich erschient und reizend, mit diesem Schmucke sollt ihr euch schmücken!«

Am nächsten Morgen nun ließ der Vater des ehrwürdigen Raṭṭahapālo in seiner Behausung ausgewählte feste und flüssige Speise auftragen und sandte einen Boten an den ehrwürdigen Raṭṭahapālo mit der Meldung: ›Es ist Zeit, o Raṭṭahapālo, das Mahl ist bereit.‹ Und der ehrwürdige Raṭṭahapālo rüstete sich beizeiten, nahm Mantel und Schaale und begab sich zu seines Vaters Wohnung. Dort angekommen nahm er auf dem dargebotenen Sitze Platz. Da ließ nun der Vater jenen Haufen von Gold und Geschmeide enthüllen und sprach also zum ehrwürdigen Raṭṭahapālo:

»Das kommt dir, o Raṭṭahapālo, als Erbtheil der Mutter zu, ein anderes vom Vater, ein anderes vom Großvater man kann, o Raṭṭahapālo, den Reichthum genießen und Gutes thun. Komm', o mein Raṭṭahapālo: gieb die Askese auf, kehr' zur Gewohnheit zurück genieße den Reichthum und thue Gutes!«

»Wenn du, Hausvater, thun wolltest was ich rathe, so würdest du diesen Haufen von Gold und Geschmeide auf Wagen laden und hinausfahren und mitten in den Strom der Gangesfluthen versenken lassen: und warum das? Du wirst ja, Hausvater, Wehe, Jammer, Leiden Gram und Verzweiflung daran erfahren.«

Da stürzten des ehrwürdigen Raṭṭahapālo frühere Frauen vor ihm nieder, und jede umfing seine Füße, und sie sprachen zu ihm:

»Was mögen das nur, edler Gemahl, für Huldinen sein, um die du Kasteiung übst?«

»Nicht üben wir, o Schwestern, Kasteiung um Huldinen.«

»Schwestern hat uns der edle Gemahl, Raṭṭahapālo genannt!« schrien sie und fielen da bewusstlos zu Boden.

Und nun wandte sich der ehrwürdige Raṭṭahapālo also an seinen Vater:

»Soll, Hausvater, Atzung gereicht werden, so reiche sie: lass' uns nicht länger quälen.«

»Bediene dich, Raṭṭahapālo, bereit ist das Mahl.«

Und des ehrwürdigen Raṭṭahapālo Vater bediente und versorgte eigenhändig den ehrwürdigen Raṭṭahapālo mit ausgewählter fester und flüssiger Speise.

Nachdem nun der ehrwürdige Raṭṭahapālo gespeist und das Mahl beendet hatte, ließ er, schon erhoben, folgende Weise verlauten:

»Schau' wie der Balg ist aufgeputzt,
Der ganz aus Wunden doch besteht,
Der siech ist, voll von Willensdrang,
Der dauerlos erstirbt, verstiebt.

»Schau' wie der Leib ist aufgeputzt,
Rubinbehangen, goldgeschmückt,
Das hautverbrämte Beingerüst,
Im Glanze seiner Kleiderpracht!

»Das rothbelackte Füßlein da,
Der Lippe Purpur, Lippe Duft:
Verblendet blinzelt schon der Thor,
Doch keiner, der die Küste sucht.

»Das achtgetheilte Haargezöpf,
Die schwanken Wimpern, schwarz gefärbt:
Verblendet blinzelt schon der Thor,
Doch keiner, der die Küste sucht.

»Gleichwie man Wände neu bemalt
Betünchen sie den faulen Leib:
Verblendet blinzelt schon der Thor,
Doch keiner, der die Küste sucht.

»Die Schlinge warf ein Wildrer aus,
Das Wild verbarg sich, floh den Bast,
Genoss das Futter, fing sich nicht
Und ließ den Wildrer lauern nur.«

Als dann der ehrwürdige Raṭṭhapālo, schon erhoben, diese Weise gesagt hatte, ging er hinweg und begab sich zu König Koravyos Koravyo, Kauravyas, Der von den Kurū, stammt, d.i. der Kurūner. Jagdgelände. Dort saß er am Fuß eines Baumes nieder, bis Abend zu verweilen.

Aber König Koravyo hatte den Wildmeister zu sich befohlen:

»Sorge dafür, guter Wildmeister, dass mein Jagdgelände, der Wildgarten, sauber sei: wir wollen eine Ausfahrt machen, in die schöne Umgebung hinaus.«

»Wohl, o König!« entgegnete da gehorsam der Wildmeister dem Herrscher. Und er ließ das Jagdgelände säubern und sah den ehrwürdigen Raṭṭhapālo am Fuß eines Baumes tagüber sitzen. Und er ging zum Herrscher zurück und sprach also zu ihm:

»Sauber, o König, ist das Jagdgelände; doch weilt Raṭṭhapālo darin, ein junger Edelmann, der Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter eben hier von Thūlakoṭṭhitam, den du oft gepriesen hast: der hat sich am Fuß eines Baumes über den Tag hingesetzt.«

»So sei es denn, guter Wildmeister, um die heutige Gartenfahrt: wir wollen dann eben diesen Herrn Raṭṭhapālo aufsuchen.«

Und König Koravyo befahl: »Was an Speise und Trank da vorgesorgt war, das soll alles vertheilt werden«; und er ließ viele prächtige Wagen bespannen, bestieg selbst einen solchen und fuhr also mit überaus reichem königlichem Gepränge aus der Stadt hinaus, den ehrwürdigen Raṭṭhapālo zu besuchen. So weit gefahren als man fahren konnte, stieg er vom Wagen ab und ging dann zu Fuße, während er das Gefolge zurückbleiben hieß, dorthin wo der ehrwürdige Raṭṭhapālo weilte. Bei ihm angelangt wechselte er höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte und stellte sich seitwärts hin. Seitwärts stehend sprach nun König Koravyo also zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Möge Herr Raṭṭhapālo sich hier auf die Schabracke hinsetzen!«

»Schon gut, großer König: du setze dich hin; ich bleibe auf meinem Platze.«

Da setzte sich König Koravyo auf den dargebotenen Sitz. Und er sprach also zum ehrwürdigen Raṭṭhapālo:

»Vier Arten giebt es, o Raṭṭhapālo, von Verderbniss, wo da mancher, davon betroffen, sich Haar und Bart abscheert, das fahle Gewand anlegt und aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht: welche vier? Alterverderbniss, Krankheitverderbniss, Besitzverderbniss, Verwandtenverderbniss. Was ist aber, o Raṭṭhapālo, Alterverderbniss? Da ist einer, o Raṭṭhapālo, alt und greis geworden, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt. Der überlegt bei sich: ›Ich bin jetzt alt geworden und greis und hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt; nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er also von Alterverderbniss betroffen ist, scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo, Alterverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo steht jetzt in frischer Blüthe, glänzend dunkelhaarigem Genusse glücklicher Jugend, im ersten Mannesalter: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene Alterverderbniss. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?

»Und was ist, o Raṭṭhapālo, Krankheitverderbniss? Da ist einer, o Raṭṭhapālo, siech, leidend, schwerkrank. Der überlegt bei sich: ›Ich bin jetzt siech, leidend, schwerkrank; nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er also von Krankheitverderbniss betroffen ist, scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo, Krankheitverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo ist ja gesund und munter, seine Kräfte sind gleichmäßig gemischt, weder zu kühl noch zu heiß: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene Krankheitverderbniss. Ganz ähnlich der pythagoræische Arzt Alcmæeon: ύγρου, ϑερμου, ξηρου, ψυχρου, πικρου, γλυκεος, κτα. την δ΄εν αυτοις μοναρχιαν, νοσου ποιητικν΄ φϑοροποιον γαρ έκατερου μονκρχια ... τεν δε ύγειαν συμμετρον των ποιων την κρασιν, bei Plutarch, De plac. philos. V, 30. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?

»Und was ist, o Raṭṭhapālo, Besitzverderbniss? Da ist einer, o Raṭṭhapālo, reich, mit Geld und Gut mächtig begabt; und er büßt seinen Besitz nach und nach ein. Der überlegt bei sich: ›Ich bin ehedem reich gewesen, mit Geld und Gut mächtig begabt; und ich habe meinen Besitz nach und nach eingebüßt. Nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er also von Besitzverderbniss betroffen ist, scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo, Besitzverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo, ist eben hier zu Thūlakoṭṭhitam Erbe eines der ersten Adelsgeschlechter: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene Besitzverderbniss. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen? »Und was ist, o Raṭṭhapālo, Verwandtenverderbniss? Da hat einer, o Raṭṭhapālo, viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern; und diese Sippen sterben ihm nach und nach aus. Der überlegt bei sich: ›Einst hatte ich viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern; und diese Sippen sind mir nach und nach ausgestorben. Nicht wohl, freilich, geht es an, dass ich noch nicht erworbenen Besitz mir erwerbe, oder den erworbenen Besitz mehre. Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ Und weil er also von Verwandtenverderbniss betroffen ist, scheert er sich Haar und Bart ab, legt das fahle Gewand an und zieht aus dem Hause in die Hauslosigkeit. Das heißt man, o Raṭṭhapālo, Verwandtenverderbniss. Aber Herr Raṭṭhapālo hat eben hier zu Thūlakoṭṭhitam viele Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern: fremd ist Herrn Raṭṭhapālo jene Verwandtenverderbniss. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen? – Das sind, o Raṭṭhapālo, die vier Arten von Verderbniss, wo da mancher, davon betroffen, sich Haar und Bart abscheert, das fahle Gewand anlegt und aus dem Hause in die Hauslosigkeit zieht: fremd sind diese Herrn Raṭṭhapālo. Was hat Herr Raṭṭhapālo erfahren oder gesehn oder gehört, und ist aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen?«

»Es sind, großer König, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, vier Lehrsätze dargelegt worden; die hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen: welche vier? ›Aufgerieben wird die Welt, verweslich‹: so lautet, großer König, der erste Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde; den hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹ so lautet, großer König, der zweite Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde; den hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. ›Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man gehn‹: so lautet, großer König, der dritte Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde; den hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹: so lautet, großer König, der vierte Lehrsatz, der von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, dargelegt wurde; den hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen. Das sind, großer König, die vier Lehrsätze, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten dargelegt wurden; die hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»'Aufgerieben wird die Welt, verweslich', hat Herr Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: bist du mit zwanzig oder mit fünfundzwanzig Jahren imstande gewesen Elephanten zu bändigen, Rosse zu reiten, Wagen zu lenken, Bogen zu spannen, Schwerdter zu schwingen? Bist du stark in den Schenkeln, stark in den Armen gewesen, tauglich genug zum Kampfe?«

»Ich bin, o Raṭṭhapālo, mit zwanzig oder mit fünfundzwanzig Jahren imstande gewesen Elephanten zu bändigen, Rosse zu reiten, Wagen zu lenken, Bogen zu spannen, Schwerdter zu schwingen, bin stark in den Schenkeln, stark in den Armen gewesen, tauglich genug zum Kampfe. Zuweilen fühlt' ich, o Raṭṭhapālo, fast Überkraft in mir: nicht hab' ich an Stärke meines Gleichen gekannt.«

»Was meinst du wohl, großer König: bist du auch jetzt ebenso stark in den Schenkeln und Armen, tauglich genug zum Kampfe?«

»Das nicht, o Raṭṭhapālo; jetzt bin ich alt und greis geworden, hochbetagt, dem Ende nahe, ausgelebt, stehe im achtzigsten Jahre. Zuweilen will ich, o Raṭṭhapālo, den Fuß dahinsetzen, und setze ihn dorthin.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Aufgerieben wird die Welt, verweslich‹; das hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Aufgerieben wird die Welt, verweslich‹: denn aufgerieben wird, o Raṭṭhapālo, die Welt, verweslich. – Versehn ist, o Raṭṭhapālo, meine Königsburg mit Kriegselephanten, mit Reiterei, mit Streitwagen mit Fußtruppen, die uns in Noth und Gefahr zu Schutz und Trutz gereichen. ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹, hat Herr Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: leidest du an irgend einem andauernden Übel?«

»Ich leide, o Raṭṭhapālo, an dem Übel der andauernden Gicht. Zuweilen, o Raṭṭhapālo, stehn meine Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern um mich herum und reden: ›Diesmal wird König Koravyo sterben! Diesmal wird König Koravyo sterben!‹«

»Was meinst du wohl, großer König: erlangst du das bei deinen Freunden und Genossen, Verwandten und Vettern: ›Kommt heran, ihr lieben Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Alle, die ihr da seid, mögt diesen Schmerz unter euch theilen, damit ich den Schmerz minder empfinde!‹, oder aber musst du den Schmerz allein erdulden?«

»Nicht kann ich das, o Raṭṭhapālo, bei meinen Freunden und Genossen, Verwandten und Vettern erlangen: ›Kommt heran, ihr lieben Freunde und Genossen, Verwandte und Vettern! Alle, die ihr da seid, mögt diesen Schmerz unter euch theilen, damit ich den Schmerz minder empfinde!‹, sondern ich muss den Schmerz allein erdulden.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹; das hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, › Hülflos ist die Welt, ohnmächtig‹: denn hülflos ist, o Raṭṭhapālo, die Welt, ohnmächtig. – Es findet sich, o Raṭṭhapālo, in meiner Königsburg reichlich Gold und Geschmeide vor, heimlich vergraben und offen aufgestellt. › Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man gehn‹, hat Herr Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: wie du hienieden mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt bist, kannst du auch jenseit erlangen: ›Ebenso will ich mit eben diesem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt sein!‹, oder aber wird dieser Reichthum auf andere übergehn, und wirst du je nach den Thaten wandeln?«

»Nicht kann ich, o Raṭṭhapālo, wie da hienieden mit dem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt, auch jenseit erlangen: › Ebenso will ich mit eben diesem Besitz und Genuss der fünf Begehrungen begabt sein!‹, sondern auf andere wird dieser Reichthum übergehn, und ich werde je nach den Thaten wandeln.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man gehn‹; das hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Uneigen ist die Welt, alles verlassend muss man gehn‹: denn uneigen ist, o Raṭṭhapālo, die Welt, alles verlassend muss man gehn. Cf. Maitryupaniṣat I, 4. – ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹, hat Herr Raṭṭhapālo gesagt: wie aber soll man, o Raṭṭhapālo, den Sinn dieser Worte verstehn?«

»Was meinst du wohl, großer König: gedeiht dir herrlich in Überfluss dein Kurūland?«

»Gewiss, o Raṭṭhapālo, gedeiht mir herrlich in Überfluss mein Kurūland.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn da ein Mann zu dir herkäme, von den östlichen Gränzen, glaubwürdig, vertrauenswürdig; und er träte zu dir und spräche also: ›O großer König, dass du es weißt: ich komme von den östlichen Gränzen her! Da hab' ich ein mächtiges Reich gesehn, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt: da giebt es viel Kriegselephanten und Reiterei, Streitwagen und Fußtruppen, viel Elphenbein und Felle, viel Gold und Geschmeide, roh und bearbeitet, da giebt es viel Weibergesinde! Und man kann es mit einer gewissen Streitmacht erobern: erobere es, großer König!‹ Was würdest du da thun?«

»Wir würden es, o Raṭṭhapālo, eben erobern und beherrschen.«

»Was meinst du wohl, großer König: wenn da ein Mann zu dir herkäme, von den westlichen Gränzen, und von den nördlichen Gränzen, und von den südlichen Gränzen, und von jenseit des Ozeans, glaubwürdig, vertrauenswürdig; und er träte zu dir und spräche also: ›O großer König, dass du es weißt: ich komme von jenseit des Ozeans her! Da hab' ich ein mächtiges Reich gesehn, blühend, gedeihend, volkreich, von vielen Menschen bewohnt: da giebt es viel Kriegselephanten und Reiterei, Streitwagen und Fußtruppen, viel Elphenbein und Felle, viel Gold und Geschmeide, roh und bearbeitet, da giebt es viel, Weibergesinde! Und man kann es mit einer gewissen Streitmacht erobern: erobere es, großer König!‹ Was würdest du da thun?«

»Wir würden es, o Raṭṭhapālo, eben auch erobern und beherrschen.«

»Daran aber, großer König, hat Er gedacht, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, als er gesagt hat: ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹; das hab' ich erfahren und gesehn und gehört, und bin aus dem Hause in die Hauslosigkeit gezogen.«

»Wunderbar, o Raṭṭhapālo, außerordentlich ist es, o Raṭṭhapālo, wie Er da so richtig gesagt hat, der Erhabene, der Kenner, der Seher, der Heilige, vollkommen Erwachte, ›Bedürftig ist die Welt, nimmersatt, durstverdungen‹: denn bedürftig ist, o Raṭṭhapālo, die Welt, nimmersatt, durstverdungen.«

Also sprach der ehrwürdige Raṭṭhapālo. Und nachdem er also geredet sprach er ferner noch dies:

»Ich sehe Menschen mächtig sein, gewaltig,
Und reich und thörig keine Gabe geben:
Begierig häufen an sie Gut an Güter
Und haschen lüstern nach erneuten Lüsten.

»Und hätt' ersiegt ein König sich die Erde,
Und herrscht' er weithin, bis zum Meere herrlich:
Des Meeres Gränze grämt' ihn ungesättigt,
Nach neuen Siegen sehnt' er sich hinüber.

»Der König und gar viele gehn entgegen
Mit ungestilltem Durste düsterm Tode,
Vergeblich abgenutzt stirbt nur der Leib hin
Denn keiner in der Welt wird satt an Süchten

»Verwandte weinen, raufen sich die Locken
Und rufen ›Wehe, weh' uns, dass wir leben!‹
In weißes Linnen wickeln sie den Leichnam
Und schichten Scheite, schüren an die Lohe.

»Nun röstet er am Roste, rauh gerüttelt,
Ein einzig Tüchlein deckt ihn, das ist alles:
Der Abgelebte findet keine Zuflucht,
Geliebte, Freunde nicht und nicht Genossen.

»Die Erben reißen sich um seinen Reichthum,
Sein Wesen aber wandelt nach den Werken:
Am Hingeschiednen haftet keine Habe,
Nicht Weib und Kind, nicht Geld und Gut und Lande.

»Um Geld erkauft sich keiner langes Leben,
Und Schätze schützen elend vor dem Alter:
›Gar kurz ist‹, künden Denker, ›unser Dasein,
Und unbeständig, unstet, ohne Dauer.‹

»An Reiche rührt, an Arme rührt Berührung,
Und wie der Thor, berührt wird auch der Weise:
Doch Thoren reißt Berührung rasend nieder,
An Weise rührend kann sie nimmer regen.

»So gilt wohl mehr als Geld und Güter Weisheit,
Da sie Vollendung sälig uns entbietet:
Unsälig stehn ja Wirre starr gebunden
An Sein und Wiedersein und wirken Böses.

»Man keimt in Schooßen, keimt in andern Welten
Und kehrt im Wandelkreise hin und wieder,
Ergiebt sich gern dem Wahne der Gewohnheit:
Und keimt in Schooßen, keimt in andern Welten.

»Gleichwie der Räuber, den die Falle festhält,
Durch eigne That sich richtet, der Verruchte,
So wird in andern Welten der Verwesne
Durch eigne That gerichtet, der Verruchte.

»Wie launisch locken uns Begierden gaukelnd hin,
Das Herz zerhämmernd, heftig, ungeheuer!
Erkannt hab' ich den Kummer der Begehrung,
Bin darum Büßer nun, o König, Bettler.

»Der Mensch fällt, wie die Frucht vom Baume fällt herab.
Noch unreif, oder reif, in raschem Sturze;
So bin ich denn, o König, gern ein Bettler:
Gewisse Pilgerschaft, sie dünkt mich besser.« Der vorletzte Lehrsatz, S. 515, ist von Horaz ungemein schön und innig erkannt worden, carm. II, 14,6:

   Linquenda tellus et domus et placens
   Uxor, neque harum quas colis arborum
      Te praeter invisas cupressos
         Ulla brevem dominum sequetur.


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