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73

Achter Theil
Dritte Rede

Vacchagotto

III

Das hab' ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Rājagaham, im Bambusparke; am Hügel der Eichhörnchen.

Da nun begab sich Vacchagotto der Pilger dorthin wo der Erhabene weilte, wechselte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Vacchagotto der Pilger also zum Erhabenen:

»Seit langem pfleg' ich mit Herrn Gotamo Gespräch. O wohl, wenn mir Herr Gotamo in Kürze das Gute und das Böse darlegen möchte!«

»In Kürze kann ich dir, Vaccho, das Gute und das Böse darlegen, und ausführlich kann ich dir, Vaccho, das Gute und das Böse darlegen; aber ich will es dir, Vaccho, in Kürze künden, das Gute und das Böse: das höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, Herr!« erwiderte da aufmerksam Vacchagotto der Pilger dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Sucht ist, Vaccho, das Böse: Suchtlosigkeit das Gute. Hass ist, Vaccho, das Böse: Hasslosigkeit das Gute. Irre ist, Vaccho, das Böse: Irrlosigkeit das Gute. So sind hier, Vaccho, drei Dinge bös und drei Dinge gut. Tödten ist, Vaccho, das Böse: Überwindung des Tödtens das Gute. Stehlen ist, Vaccho, das Böse: Überwindung des Stehlens das Gute. Ausschweifen ist, Vaccho, das Böse: Überwindung des Ausschweifens das Gute. Lüge ist, Vaccho, das Böse: Überwindung der Lüge das Gute. Verleumden ist, Vaccho, das Böse: Überwindung des Verleumdens das Gute. Barsche Rede ist, Vaccho, das Böse: Überwindung barscher Rede das Gute. Schwätzen ist, Vaccho, das Böse: Überwindung des Schwätzens das Gute. Gier ist, Vaccho, das Böse: Gierlosigkeit das Gute. Wuth ist, Vaccho, das Böse: Wuthlosigkeit das Gute. Falsche Erkenntniss ist, Vaccho, das Böse: rechte Erkenntniss das Gute. So sind hier, Vaccho, zehn Dinge bös und zehn Dinge gut. Wenn da nun, Vaccho, ein Mönch den Lebensdurst verleugnet, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht hat, so dass er nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln kann, dann ist er ein heiliger Mönch, ein Wahnversieger, Endiger, hat das Werk gewirkt, die Bürde abgelegt, das Heil errungen, die Daseinsfesseln zerstört, ist in vollkommener Weisheit erlöst.«

»Sei es Herr Gotamo giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur einen Mönch als Jünger, der den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen hat?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Mönche, die als meine Jünger den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen haben.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur eine Nonne als Jüngerin, die den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen hat?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Nonnen, die als meine Jüngerinen den Wahn versiegt und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen haben.«

»Sei es Herr Gotarno, seien es die Mönche, seien es die Nonnen: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur einen Anhänger als Jünger, der, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigt, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Anhänger, die als meine Jünger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur einen Anhänger als Jünger, der, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu ist, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Anhänger, die als meine Jünger, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu sind, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilen.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur eine Anhängerin als Jüngerin, die, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigt, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Anhängerinen, die als meine Jüngerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, nach Vernichtung der fünf niederzerrenden Fesseln emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt.«

»Sei es Herr Gotamo, seien es die Mönche, seien es die Nonnen, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, seien es die Anhänger, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, seien es die Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend: giebt es aber bei Herrn Gotamo auch nur eine Anhängerin als Jüngerin, die im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu ist, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilt?«

»Nicht giebt es, Vaccho, nur etwa hundert oder zweihundert oder dreihundert oder vierhundert oder fünfhundert sondern noch mehr der Anhängerinen, die als meine Jüngerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, ordensgetreu sind, der Belehrung zugänglich, zweifelentronnen, ohne Schwanken, keinem anderen trauend, in erfahrener Zuversicht zum Orden des Meisters verweilen.«

»Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo erlangt worden wäre und nicht von den Mönchen, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen erlangt worden wäre und nicht von den Nonnen, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und den Nonnen erlangt worden wäre und nicht von den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden wäre und nicht von den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden wäre und nicht von den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern. Wenn, freilich, o Gotamo, diese Lehre nur von Herrn Gotamo und den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, und den Anhängerinen, im Hause lebend. weiß gekleidet, keusch entsagend, erlangt worden wäre und nicht von den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, dann wäre dieses Asketenthum unvollkommen, eben insofern; weil nun aber, o Gotamo, diese Lehre von Herrn Gotamo sowohl wie von den Mönchen und den Nonnen und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängern, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, keusch entsagend, und den Anhängerinen, im Hause lebend, weiß gekleidet, Wünsche genießend, erlangt worden ist, ist dieses Asketenthum vollkommen, eben insofern.

»Gleichwie etwa, o Gotamo, der Gangesstrom nach dem Meere sich neigt, nach dem Meere sich beugt, nach dem Meere sich hinsenkt und angekommen am Meere stillesteht: ebenso auch ist hier des Herrn Gotamo Gefolge, so Pilger wie Bürger, zur Erlöschung geneigt, zur Erlöschung gebeugt, zur Erlöschung hingesenkt und bleibt angekommen bei ihr stillestehn. – Vortrefflich, o Gotamo, vortrefflich, o Gotamo! Gleichwie etwa, o Gotamo, als ob einer Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg wiese, oder ein Licht in die Finsterniss hielte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch hat Herr Gotamo die Lehre gar vielfach gezeigt. Und so nehm' ich bei Herrn Gotamo Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: möge mir Herr Gotamo Aufnahme gewähren, die Ordens weihe ertheilen!«

»Wer da, Vaccho, erst einem anderen Orden angehörte und in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten will, der bleibt vier Monate bei uns; und nach Verlauf von vier Monaten wird er, wenn er also verblieben ist, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht in das Mönchthum: denn ich habe hier manche Veränderlichkeit erfahren.«

»Wenn, o Herr, die früheren Anhänger anderer Orden, welche in diese Lehre und Zucht aufgenommen werden, die Weihe erhalten wollen, vier Monate bleiben, und nach Verlauf von vier Monaten, wenn sie also verblieben sind, von innig erfahrenen Mönchen aufgenommen und eingeweiht werden in das Mönchthum, so will ich vier Jahre bleiben: und nach Verlauf von vier Jahren sollen mich, wenn ich also verblieben bin, innig erfahrene Mönche aufnehmen und einweihen in das Mönchthum.«

Es wurde Vacchagotto der Pilger vom Erhabenen aufgenommen, wurde mit der Ordensweihe belehnt.

Nicht lange aber war der ehrwürdige Vacchagotto in den Orden aufgenommen, vierzehn Tage war er in den Orden aufgenommen, da ging er zum Erhabenen hin, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun der ehrwürdige Vacchagotto also zum Erhabenen:

»So viel man, o Herr, mit kämpfender Weisheit, mit kämpfendem Wissen gewinnen kann, das hab' ich gewonnen: weiter möge mir der Erhabene die Lehre darlegen!«

»Dann also, Vaccho, erwirb dir noch weiter zwei Dinge: Ruhe und Klarsicht. Und hast du dir, Vaccho, diese zwei Dinge noch weiter erworben, Ruhe und Klarsicht, so werden sie dir zur Zerlegung der einzelnen Artungen taugen.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Geläng' es mir doch auf manigfaltige Weise Machtentfaltung zu erfahren, als nur einer etwa vielfach zu werden, und vielfach geworden wieder einer zu sein, oder sichtbar und unsichtbar zu werden, Vergl. Chāndogyopaniṣat VII, 26: Tasya ha vā etasyaivaṃ paṣyata evaṃ manvānasyaivaṃ vijānata ... ātmata āvirbhāvatirobhāvau... sa ekadhā bhavati, tridhā bhavati, pañcadhā saptadhā navadhā caivādi. auch durch Mauern, Wälle, Felsen hindurchzuschweben wie durch die Luft; oder auf der Erde auf- und unterzutauchen wie im Wasser; auch auf dem Wasser zu wandeln ohne unterzusinken wie auf der Erde; oder auch durch die Luft sitzend dahinzufahren wie der Vogel mit seinen Fittichen; auch etwa diesen Mond und diese Sonne, die so mächtigen, so gewaltigen, mit der Hand zu befühlen und zu berühren, Cf. die analoge prāpti des Yogas, Bühlers Grundriss III. 4. p. 46. – Ob hier, wie Robert l'Orange vermuthet, etwa an den wohlbekannten somnambulen Sonnenkreis, e. g. Seherin von Prevorst 1, 231, zu denken sei, bleibe dahingestellt. Die Art und Weise, wie z. B. der Mönch im Kevaṭṭasuttantam, Dīghanikāyo vol. I. p. 215 und 220, die Pfade zu den Göttern und zu Brahmā in seinem eigenen Inneren findet, scheint allerdings jene Vermuthung zu bestätigen.

Vergl. noch
NāradaparivrājakopaniṠat
i. f. sūryo na tatra bhāti na śaśāṉko' pi; HarivaṃṠam I, 50, 6:

Na tatra viṣayo vāyor
nendor na ca vivasvataḥ:
vapuṣaḥ padmanābhasya
sa deśas tejasāvṛtaḥ.

Auch Faust, gegen Ende, wo der Pater seraphicus die Säligen Knaben »in sich nimmt«. etwa gar bis zu den Brahmawelten den Körper in meiner Gewalt zu haben‹: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wenn ich doch mit dem himmlischen Gehör, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, beide Arten der Töne hörte, die himmlischen und die irdischen, die fernen und die nahen‹: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wär' es mir doch gegeben, der anderen Wesen, der anderen Personen Herz im Herzen zu schauen und zu erkennen, das begehrliche Herz als begehrlich und das begehrlose Herz als begehrlos, das gehässige Herz als gehässig und das hasslose Herz als hasslos, das irrende Herz als irrend und das irrlose Herz als irrlos, das gesammelte Herz als gesammelt und das zerstreute Herz als zerstreut, das hochstrebende Herz als hochstrebend und das niedrig gesinnte Herz als niedrig gesinnt, das edle Herz als edel und das gemeine Herz als gemein, das beruhigte Herz als beruhigt und das ruhelose Herz als ruhelos, das erlöste Herz als erlöst und das gefesselte Herz als gefesselt‹: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›Wär' ich doch imstande, mich an manche verschiedene frühere Daseinsform zu erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen – Weltenvergehungen, ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‹, wär' ich doch also imstande, mich an manche verschiedene frühere Daseinsform zu erinnern, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen‹: Vergl. Māṇḍūkyakārikā IV, 42:

jātis tu deśitā buddhair
ajātes trasatāṃ sadā.

Näher noch steht die wörtliche Parallele im
Sāmavidhānabrāhmaṇam
III, 7,1: Atha yaḥ kāmayetāmuhyantsarvāṇyājanitrāṇi parikrameyam iti; sowie III, 8, 4 der vedische Wunsch: Nāhaṃ yoniṃ pravekṣyāmi bhūtottamāyā brahmaṇo duhituḥ saṃrāgavastrāyā – jāyate mriyate sandhīyate ca. Cf. auch das wichtige Smṛti-Wort von der paurvikī jāti, bei Manus IV, 148 f., wozu Kullūkas bemerkt: bahūni janmāni smaraṃs teṠu ca garbhajanmajarāmaranaduḥkhānyapi smaran, saṃsāre virajya... śravaṇamananadhyānaiḥ ... mokṣasukhaṃ prāpnoti. was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst ›Hätt' ich doch das himmlische Auge, das geläuterte, über menschliche Gränzen hinausreichende, die Wesen zu sehn, wie sie dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, sah' ich doch wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren, ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt; jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes, bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt‹, könnt' ich doch also mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen erkennen, wie sie dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, sah' ich doch wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren‹: Vergl. der 98. Rede 50. Vers; Therāgathā 917 =– Visnupurāne am. 6 a. 5 (cit. in Ramatirthas' Komm. zu Maitryup. I, 2):

Utpattiṃ pralayaṃ caiva
bhūtanām āgatim gatim,
vetti vidyām avidyaṃ ca,
sa vācyo bhagavān iti.
was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.

»Wie du eben, Vaccho, es wünschen magst: ›O könnte ich doch den Wahn versiegen und die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten mir offenbar machen, verwirklichen und erringen‹: was da je zu verwirklichen ist wirst du gewinnen, je nach der Wirkensart.«

Und der ehrwürdige Vacchagotto war durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt; und er stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.

Und der ehrwürdige Vacchagotto, einsam, abgesondert, unermüdlich, in heißem, innigem Ernste verweilend, hatte gar bald was edle Söhne gänzlich vom Hause fort in die Hauslosigkeit lockt, jenes höchste Ziel des Asketenthums noch bei Lebzeiten sich offenbar gemacht, verwirklicht und errungen. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ verstand er da. Auch einer war nun der ehrwürdige Vacchagotto der Heiligen geworden.

Um diese Zeit nun waren viele Mönche unterwegs, den Erhabenen zu besuchen. Es sah aber der ehrwürdige Vacchagotto jene Mönche wie sie von ferne heranzogen, und als er sie gesehn ging er ihnen entgegen und sprach also zu ihnen:

»Wohlan, wo geht ihr, Ehrwürdige, denn hin?«

»Den Erhabenen, o Bruder, wollen wir besuchen.«

»So geht, ihr Brüder, und bringt dem Erhabenen zu Füßen meinen Gruß dar: ›Vacchagotto, o Herr, der Mönch, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar, und er lässt sagen:

Bedient von mir ist unser Herr,
Bedient von mir der hohe Held.‹«

»Gern, o Bruder!« sagten da jene Mönche, dem ehrwürdigen Vacchagotto zustimmend.

Und jene Mönche begaben sich dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßten sie den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprachen nun jene Mönche zum Erhabenen also:

»Der ehrwürdige Vacchagotto, o Herr, bringt dem Erhabenen zu Füßen Gruß dar, und er lässt sagen:

›Bedient von mir ist unser Herr,
Bedient von mir der hohe Held.‹«

»Schon hab' ich, ihr Mönche, Vacchagotto den Mönch, im Geiste geistig erfassend, erkannt: ›Drei Wissen weiß Vacchagotto der Mönch, hat hohe Macht, hohe Gewalt.‹ Und auch Gottheiten haben es mir angezeigt: ›Drei Wissen weiß, o Herr, Vacchagotto der Mönch, hat hohe Macht, hohe Gewalt.‹«

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.


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