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Walther darf tiefsinnige Gespräche mit anhören und wird vor pedantischem Mitsprechen bewahrt durch eine ehrenvolle Entsendung in die Rollkammer.

Der alte Herr Kopperlith hatte die Wahrheit gesagt. Seine Villa lag gleich bei den »Logementen«. Das war gesellig, sagte er, man fand da Zeitungen und Menschen aus der Stadt.

Es ist seltsam, daß die meisten, die aus dem Gewühl der Stadt flüchten, ihre ländliche Einsamkeit nur dann ordentlich genießen können, wenn sie noch immer mit städtischem Trubel versetzt ist.

Walther bemerkte denn auch sehr bald, daß der Landaufenthalt ganz etwas anderes war, als er sich vorgestellt hatte. Wie krumm und verdreht auch die Idylle sich ihm in Versen aufgethan hatte, er fand keine Spur von den Bildern, die sie in seiner Phantasie geweckt hatte.

Als er aus seinem Wagenkasten heraussah, vermochte er kein einzig Fleckchen zu entdecken, wo ein verlorener Sohn das kleinste Schweinchen zum Teilnehmer an seiner Reue hätte machen können. Auch Hirtinnen, mit Blumen auf den Hüten, kurzen Röcken und roten Schuhen, sah er nirgends. Kein Damon spielte die Flöte. Keine jugendlichen Landbewohner tanzten auf dem sammetnen Grasgrund. Und auch der Grasgrund selbst, mit oder ohne Samt, fehlte. Er ging zu anderen Kapiteln aus der Geschichte seiner Phantasie über – aber auch keine romantische Wildnis, die so reizvoll sein mußte, zeigte sich irgendwo.

Beim Umbiegen um eine Ecke hätte die famose »Britschka von Papa« beinahe einen halbblinden Geigenspieler überfahren ... war das der Damon dieser Gegend? Der Fahrweg war von Klinkern, die fußhoch mit Erde und Staub bedeckt waren ... war das der sammetne Tanzboden der Landjugend? An den Bäumen sah man keinen Apfel, keine Birne, keine Nuß, nicht einmal eine Kokosnuß oder Brotfrucht ... war dies die freigebige Milde der ländlichen Natur?

Und ... und – ja, er mußte sich selbst eingestehen, daß er enttäuscht war – während der ganzen Reise hatte kein einziges Abenteuer die Eintönigkeit des Haarlemer Weges in frischer, fröhlicher Weise unterbrochen. Kein Rad war am Wagen gebrochen, kein Räuber hatte sich gezeigt ... ja doch, soeben, etwas Ähnliches. Ein Bettler schien einen Anschlag im Sinne zu haben, oder die Insassen des Wagens hatten sich wohl einen Augenblick einbilden können, daß er etwas anderes war als ein friedlicher Landstreicher, – aber ein kleiner Wink mit der Peitsche hatte genügt, um auch diese Illusion zu beseitigen. Walther saß wieder allein mit seinem Honigkuchen und seiner Hutschachtel.

Gerade war er dabei, sich die Frage vorzulegen, warum jemand, der einen Landsitz sein eigen nennen konnte, das nicht lieber in Afrika suchte, als das Gefährt in das Thor von Grünenhaus einfuhr und vor der Vorder-Veranda stillhielt.

Pompilius kam mit seiner üblichen Geschäftigkeit zum Vorschein:

»Tag, Kalbb! Tag, Hersilie! Habt ihr Honigkuchen mitgebracht? Ihr wißt, daß Mama nicht herauskommen kann. Wie spät seid ihr abgefahren? Staub auf'm Weg, wie? Ja, viel Staub. Der Weg ist sehr staubig, wißt ihr. Das kommt von der Trockenheit. Wenn's regnen thäte, thät's auch weniger staubig sein. So, Pieterse, bist du da? Komm nur raus ... kannst rauskommen ... steig' aufs Rad. Sind das die Honigkuchen? Na, halt' sie nur fest, bis das Mädchen kommt ... denn ... gleich kommt das Mädchen ... wie, Hersilie? Und hat Bonifaz sein Schaukelpferd mitgebracht? Sag': Tag, Onkel! 's kann in der Rollkammer stehen, oder im Gartenhaus ... denn Mama hat Kopfschmerzen, weißt du, Hersilie ... noch immer ganz schrecklich böse Kopfschmerzen ... und Nerven, weißt du? Wir haben die Krückers hier, und mittags kommen die Hockers, und die Damen Pleiers kommen morgen auf'n Gläschen Madeira. ›Mit großem Vergnügen!‹ haben sie sagen lassen, denn ... Papa hat sie eingeladen. Und nachher fahren wir spazieren, wißt ihr, mit den Krückers, aber Mama bleibt zu Hause ... scheußliche Kopfschmerzen, wißt ihr ... sie wird mit der Jüffrau Karten spielen. Sie ist schön böse darüber, die Jüffrau meine ich. Mir ist's egal, und Eugen sagt ...‹

Während dieses Geratters war der Wagen abgeladen, und Walther wurde von seinem Honigkuchen erlöst durch eins der Mädchen, die der herumarbeitende Pompilius dazu kommandiert zu haben schien. Er durfte nun der Familie folgen, die ins Haus getreten war und bald darauf in die hintere Galerie kam, wo das Hauptquartier aufgeschlagen war.

Da fand man die immer noch ganz schrecklich scheußlich fürchterlich kranke alte Mevrouw mit ihrer Schwiegertochter Julie und dem Gesellschaftsfräulein.

Da saß der alte Herr mit seinem Sproß Eugen.

Da saß die Familie Krücker.

Und da nahmen nun auch die Neuangekommenen unter Führung von Pompilius ihre Plätze ein.

Walther, der etwas später als die anderen und ein wenig verlegen eintrat, wurde der Frau des Hauses mit einer Unachtsamkeit vorgestellt, in der gewiß nichts Tadelnswertes gelegen hätte, wenn sie sich auf seine Unbedeutendheit als Mensch gegründet hätte. Aber darin lag die Entschuldigung für Pompilius' Flegelhaftigkeit nicht. Er machte deshalb so wenig Umstände, weil man es ja bloß mit einem Comptoirbediensteten zu thun hatte, mit einem Wesen niederer Ordnung.

Vielleicht habe ich mich schon einer Übertreibung schuldig gemacht, indem ich vom »Vorstellen« sprach. Die Wahrheit ist, daß Walther mit einer Handbewegung als »der junge Pieterse« bezeichnet wurde, und als ein paar Mitglieder der Familie Krücker sich zu etwas wie zu einem Gruße bereit machten, wurden sie vor diesem gefährlichen Mißgriff durch eine schnelle Mitteilung von Walthers gesellschaftlichem Standpunktchen behütet.

»Unser jüngster Bediensteter,« sagte Pompilius sehr vornehm und in einem Tone, der so viel bedeuten wollte, wie: ihr braucht euch nicht erst in Unkosten zu stürzen mit Höflichkeit oder so etwas.

Dann durfte Walther sich hinsetzen und sogar den erhabenen Gesprächen zuhören, die in dieser hinteren Galerie von Grünenhaus geführt wurden.

In Frankreich hatte man einmal die Sitte der sogenannten Réunions, aber sie ließen an gutem Geschmack viel zu wünschen übrig. Der Himmel bewahre mich, daß ich die Mode auch bei uns eingeführt sehen möchte, einander zu besuchen mit dem ausgerechneten Plan, »Geistreichtum« auszukramen, ja selbst wenn es Geist wäre. Wir wissen nun einmal, daß das die Natur vergewaltigen heißt, und das wollen wir nicht.

Aber sehr viele haben auch ein Mittel gefunden, um noch schlimmer abzuirren, indem sie sich mit Gesprächen unterhielten, deren Inhalt ebensosehr Mangel an Sinn und Verstand verriet, wie auch zeigte, daß man nicht einmal den Schein davon zu retten suchte. Für Walther war das wieder eine Enttäuschung ... er hatte gedacht, er würde nun endlich einmal etwas aus der wirklichen Welt vernehmen, und er hatte sich vorgenommen, gut zuzuhören, um den wahren Ton zu fassen, der vornehme Leute von dem Kleinbürgertum unterscheidet ... o Jammer!

Nachdem die Familie Krücker die ganz außergewöhnliche Liebenswürdigkeit des jungen Herrn Bonifaz nach Gebühr gewürdigt hatte, kam das Gespräch auf das mitgebrachte Schaukelpferd und die Schwierigkeit, das Tier unterzubringen.

»Er wollt's absolut mithaben, Mama,« versicherte Hersilia. »Und wenn das Kind seinen Willen nicht hat ...«

»Ja, dann ist er voller Unwillen,« fügte der Elsässer Konsul hinzu. »Das Kind hat kolossal viel Charakter.«

»Ja, aber ... Mama hat so scheußliche Kopfschmerzen. Ihr könnt es von der Jüffrau hören. Nicht wahr, Jüffrau?«

Die Jüffrau legte nach Pompilius' Wunsch ihr Zeugnis ab, und die noch immer ganz schrecklich kranke Mevrouw nickte mit dem Kopfe.

Der kleine Junge wurde weggeschickt, mit der Weisung, sein Pferd ja nirgends anders zu schaukeln als in der Rollkammer. Nun, das that er denn auch, und das Haus dröhnte davon.

Die Gesellschaft hielt sich schadlos durch ein Gespräch über Wetter und Wind, an, dem sich auch die Damen beteiligen konnten. Nach einigen Übergängen kamen dann die »Geschäfte« aufs Tapet, und der weibliche Teil der Gesellschaft konnte sich als ausgeschlossen ansehen.

Die noch immer ganz scheußlich kranke Mevrouw hielt sich schadlos durch ein unaufhörliches Mummeln von Honigkuchen ... der Doktor hatte gesagt, daß das ganz besonders gut wäre, um Appetit zu erregen. Julie »arbeitete« an ihrem Jagdhund, den Walther bei dieser Gelegenheit mit Vergnügen wiedersah. Die Jüffrau hantierte auch ein bißchen an einer Stickerei herum, bediente die Launen von Mevrouw und warf ab und zu schmachtende Blicke auf Eugen, der aber die Gefühllosigkeit selbst blieb. Der Herr des Hauses beschäftigte sich mit einer fortwährenden Anwendung seines bekannten Lachens, mit dem er gewohnt war, seiner Existenz zuzujubeln. Pompilius drehte sich auf seinem Stuhle hin und her und war glücklich über das Entzücktthun seiner Krückers. Jeder seiner Blicke schien zu sprechen: »na, hab' ich es nicht gleich gesagt, daß Papa 'ne eigene Villa hat?« Um ihm seinen Dank abzustatten, machte einer von ihnen die Bemerkung, daß in Leinwand ein sehr wichtiges Fach wäre.

»Ein sehr wichtiges Fach, M'neer Kopperlith!«

»Gewiß, gewiß! Aber Korken sind auch nicht zu verachten,« gab der alte Herr zurück.

Der scharfsinnige Leser merkt, daß die Familie Krücker in Kork oder in Korken »machte«.

»Wenn ich zu wählen hätte, machte ich lieber in Leinwand,« sagte einer von ihnen entgegenkommend.

»Hm, ja, so. In Leinwand, sehen Sie ...«

»Darin ist immer was zu thun.«

»Gewiß, gewiß. Immer etwas.«

»Und in Korken hat man manchmal    «

»Ja, das ist wahr.«

»Aber man kann doch nicht so schnell umsatteln.«

»Nein, das geht nicht. Man muß Branchekenntnis haben.«

»Richtig. Und dabei groß geworden sein.«

Die ganze Gesellschaft betrachtete mit geziemender Ehrerbietung alle die Krückers, die Verstand von Korken hatten und dabei groß geworden waren.

»Papa,« fragte da plötzlich die naive Julie, »ist für Korken viel Verstand nötig?«

»Julie!« rief die alte Mevrouw vorwurfsvoll.

»Gewiß, gewiß, Kind! Zum Handel ist viel Verstand nötig, viel Verstand!«

»Wir machen mit Spanien, wissen Sie,« rief die Familie Krücker.

»Ah!« sagte Julie, als ob diese Mitteilung die Sache aufklärte.

»Ja, mit Spanien!«

»Dann sprechen Sie gewiß auch spanisch?«

Diese Frage galt als liebenswürdige Unart. Alle fingen an so herzlich wie möglich zu lachen, und die, an die die Frage gerichtet war, am lautesten, vielleicht um so um die Notwendigkeit einer Antwort zu kommen.

Pompilius war stolz auf den entzückenden Geist seines Frauchens.

»Ja, ja, die Korken kommen aus Spanien,« versicherte der alte Herr. »Wer in Kork macht, hat 'n Comptoir in Spanien.«

»Die Reisenden aus Barcelona bereisen das Land,« sagte die Familie Krücker.

»Ja, Papa, 's ist 'n famos Fach,« versicherte Pompilius, der die durch ihn eingeführten Gäste ein bißchen herausstreichen wollte.

»Ach, 's wird so drin geschleudert,« klagte einer von den Krückers, »ganz schrecklich, M'neer!«

»Die Menschen können das Schleudern nicht lassen.«

»Sie gehen in die kleinsten Dörfer und besuchen die geringsten Krämer!«

»Ein Nackenschlag für den Handel!«

»Das müßten sie nicht thun. Was sagst du, Eugen?«

»Hm!« sagte Eugen.

»Für den Großhandel bleibt nichts zu verdienen, aber auch gar nichts. Wir Grossiers können uns den Mund abwischen.«

»Und wie steht der Wechsel auf Spanien?«

»Ach, wir remittieren gewöhnlich auf Paris. Das ist bequemer.«

»Paris steht hoch, sagte gestern mein Buchhalter ... nicht, Pompilius?«

»Ja, Papa. Dieper sagte, daß Paris hoch steht.«

»Papa,« rief Julie, »was bedeutet denn das: Paris steht hoch?«

Allgemeines Gelächter über Julies Witz. Pompilius rieb sich die Hände vor Vergnügen.

»Nun, das bedeutet ...«

»Natürlich, 's bedeutet, daß ...«

»Man meint damit, daß der französische Wechsel hoch steht.«

»Der französische Wechsel, weißt du?«

»Ah,« sagte Julie befriedigt.

»Da hast du, zum Beispiel, England,« erklärte Pompilius. »England steht zwölf und drei.«

»Ach so!«

»Ganz richtig, so ist es, England steht zwölf und drei. Und Frankreich ...«

»Frankreich steht gewiß ...«

»Ja, ja, Frankreich steht ganz hoch.«

»Papa, warum steht Frankreich so hoch?«

Diese Frage Julies brachte die Gesellschaft weniger in Verlegenheit, als man eigentlich erwarten sollte. Keiner wußte eine vernünftige Antwort zu geben, und doch schämte sich keiner der Anwesenden seiner Unwissenheit.

Pompilius, der sicher nicht mehr Verstand hatte als die anderen, stieß einen der Krückers gegen das Knie, als ob er sagen wollte: »Na, was sagen Sie zu meinem Frauchen?«

Julie aber meinte aus dem allgemeinen Gekicher wohl entnehmen zu dürfen, daß sie eine Frage gethan hatte, die der Wiederholung wert war. Nochmals also:

»Ja, wahrhaftig, Papa, warum steht Frankreich so hoch?«

Walther hörte aufmerksam zu. Auch er hatte sich manchmal, wenn er seine Rechnungen für das Fakturenbuch machte, die Frage vorgelegt, woher das Steigen und Fallen des Wechselkurses eigentlich käme. Auf dem Comptoir konnte er keine Erklärung erwarten. Da hätte man ihn gewiß mit einer Redensart abgespeist: »Das sind deine Sachen eigentlich nicht!« Sehr tief hatte er ja über die Frage auch noch nicht nachgedacht, aber durch die unerwartete Art, mit der sie hier aufgeworfen wurde, war sein Interesse geweckt.

Julie aber drang trotzig auf Antwort, nicht etwa daß ein unwiderstehlicher Drang zum Wissen und Verstehen sie getrieben hätte, sondern weil sie das Triumphchen, das ihre Naivetät ihr offenbar verschafft hatte, möglichst lange genießen wollte.

»Diese Julie!« hatte die alte Mevrouw gerufen.

»Ja, ja, Mama, ich frage, warum denn nun eigentlich Frankreich so hoch steht?«

»Na, Kind,« sagte der Alte, »begreifst du das nicht? Das ist der Wechsel. Der Wechsel, verstehst du wohl?«

»Ganz recht,« riefen die Krückers. »'s ist der Wechsel!«

»Siehst du, Julie, 's ist der Wechsel,« bestätigte Pompilius. Und sich zu seinen Gästen wendend: »Alles, alles will sie wissen. So ist sie. Sie giebt nicht Ruhe, ehe sie nicht alles weiß!«

»Aber Papa, was heißt denn das: der Wechsel steht hoch?«

»Na, ganz einfach. Der Wechsel auf Frankreich!«

»Ganz richtig, Julie! Siehst du, 's ist der Wechsel auf Frankreich.«

»Aber ... was meint man denn damit?«

»Nun, daß der Wechsel teuer ist.«

»Aber ... warum ist er teuer?«

»Ja, das sind nun eben Fragen, Kind ...«

»Ja, Julie, das sind Fragen ...!«

Und auch die Familie Krücker war einstimmig der Ansicht, daß das Fragen waren ...

Ein Teufelchen spukte in Walthers Geist. Das Nichtwissen der anderen stachelte ihn zum Nachsinnen an. Er begann zu meinen, daß er vielleicht die Frage würde lösen können. Er dachte nach und sann, und wollte etwas sagen, aber er getraute sich nicht. Gewiß, er wäre erschrocken, wenn er seine Stimme in dieser vornehmen Gesellschaft gehört hätte. Außerdem nahm der alte Herr das Fach des Erklärers auf sich.

»Der Wechsel ist teuer, Julie, wenn er im Preiscourant hoch notiert steht.«

»Ja,« sagte Pompilius. »Das ist die ... Börsennotierung, verstehst du! Dieper verrechnet auch immer unsere Wechsel auf England nach der Börsennotierung des Tages. Nicht wahr, Papa? Nicht wahr, Eugen?«

Weder Papa noch Eugen widersprachen. Und alle Krückers nickten zustimmend.

»Ach so, jawohl, ja ... Börsennotierung,« antwortete Julie, völlig befriedigt.

»Es sind ... Geschäfte, mußt du verstehen,« setzte Pompilius zum Überfluß noch hinzu, um die Sache gehörig aufzuklären.

»Da haben Sie's,« riefen die Krückers. »Es liegt in den Geschäften, liebe Mevrouwtje!«

Und zu weiterer Aufklärung kam es nicht.

Walther, der mehr und mehr zu glauben anfing, daß er etwas Wesentliches zu dem Gegenstande beitragen könnte, schwieg. Außer der Scheu vor seiner eigenen Stimme begann er zu fürchten, daß etwas Gefährliches darin lag, Julies Preisfrage anzurühren, etwas Indecentes vielleicht, wie die Geburt eines Kindes. Unwillkürlich dachte er an seine Kameraden am Postamt, seinen Weisheitsbrunnen seit einigen Monaten. Die würden es ganz gewiß wissen, meinte er, warum die Gesetze, die den Wechselkurs beherrschen, in vornehmer Gesellschaft nicht besprochen werden dürfen. O, welch ein pikantes Geheimnis! Aber die Gesetze selbst kamen ihm so einfach vor, daß er Mühe hatte, den Mund zu halten.

Er wurde aus seiner Spannung durch Pompilius erlöst:

»Sag', Pieterse, weißt du, was du thust? Du mußt eben mal so gut sein und in die Rollkammer gehen – nicht wahr, Mama – nicht wahr, Hersilie? – und spiel mal 'n bißchen mit dem jungen Herrn Bonifaz, denn er schaukelt so schrecklich. Es ist bloß, siehst du, Hersilie, weil Mama so scheußliche Kopfschmerzen hat ... das ist's bloß!«

Das Ehepaar Kalbb blickte unzufrieden und fand es augenscheinlich unter ihrer Würde, daß ihr Sproß sich irgendwo anders amüsieren sollte als im Salon.

Walther verschluckte seine Weisheit über die Ursachen des Wechselkurses. Er verließ die Gesellschaft und fand auch bald, indem er dem Gepolter nachging, die Rollkammer.

Hier erfüllte er sein nächstliegendes Pflichtchen, den jungen Herrn Bonifaz von seinem Schaukelpferd wegzulocken.


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