W. A. Mozart
Mozarts Briefe
W. A. Mozart

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Wien, 12. Mai 1781.

Sie wissen aus meinem letzten Schreiben, daß ich den Fürsten um meine Entlassung gebeten habe, weil er mir es selbst geheißen hat. Dann schon in den zwei ersteren Audienzen sagte er mir: »Scher Er sich weiter, wenn Er mir nicht recht dienen will!« Er wird es freilich leugnen, aber deswegen ist es doch so wahr, als Gott im Himmel ist. Was Wunder dann, wenn ich endlich (durch Bub, Schurke, Bursch, liederlicher Kerl und dergleichen mehr im Munde eines Fürsten rühmliche Ausdrücke ganz außer mir) das »Scher Er sich weiter« endlich für bekannt angenommen habe! Ich gab den folgenden Tag dem Graf Arco eine Bittschrift, um sie S. Hochfürstlichen Gnaden zu überreichen, und auch wieder das Reisegeld, welches in fünfzehn Fl. vierzig Kr. als das Diligencegeld und zwei Dukaten Verzehrungsgeld besteht. Er nahm mir beides nicht an, sondern versicherte mich, daß ich gar nicht quittieren könnte, ohne Ihre Einwilligung zu haben, mein Vater. »Das ist Ihre Schuldigkeit«, sagte er mir. Ich versicherte ihm gleichfalls, daß ich so gut als er und vielleicht besser meine Schuldigkeit gegen meinen Vater kenne, und es wäre mir sehr leid, wenn ich sie erst von ihm lernen müßte. »Gut also,« sagte er; »ist er damit zufrieden, so können Sie Ihre Entlassung begehren, wo nicht, so – können Sie sie auch begehren.« Eine schöne Distinktion! Alles was mir der Erzbischof in den drei Audienzen Erbauliches sagte, besonders in der letzten, und was mir itzt wieder dieser herrliche Mann Gottes Neues erzählte, machte eine so treffliche Wirkung auf meinen Körper, daß ich abends in der Opera mitten im ersten Akt nach Hause gehen mußte, um mich zu legen; dann ich war ganz erhitzt, zitterte am ganzen Leibe und taumelte wie ein Besoffener auf der Gasse, blieb auch den folgenden Tag, als gestern, zu Hause, den ganzen Vormittag aber im Bett, weil ich das Tamarindenwasser genommen.

Der Herr Graf hatte auch die Gewogenheit, sehr viel Schönes an seinen Herrn Vater von mir zu schreiben, welches Sie vermutlich schon werden haben einschlucken müssen. Es werden freilich einige fabelhafte Stellen darin sein; doch wenn man eine Komödie schreibt, so muß man, wenn man Beifall haben will, etwas outrieren und nicht so genau der Wahrheit der Sache treu bleiben, und Sie müssen auch der Dienstfertigkeit dieser Herren etwas zugut halten.

Ich will nur, ohne mich zu beeifern, dann mir ist meine Gesundheit und mein Leben lieber (ist mir leid genug, wenn ich dazu gezwungen bin) – ich will also nur noch den Hauptvorwurf, den man mir über meine Bedienung macht, hersetzen. Ich wußte nicht, daß ich Kammerdiener wäre, und das brach mir den Hals. Ich hätte sollen alle Morgen so ein paar Stunden in der Antekamera verschlendern. Man hat mir freilich öfters gesagt, ich solle mich sehen lassen; ich konnte mich aber niemalen erinnern, daß dies mein Dienst seie, und kam nur allzeit richtig, wenn mich der Erzbischof rufen ließ.

Nun will ich Ihnen nur kurz meinen ohnbeweglichen Entschluß vertrauen, so aber, daß es die ganze weite Welt hören mag. Wenn ich beim Erzbischof von Salzburg zweitausend Fl. Gehalt bekommen kann und in einem andern Ort nur tausend, so gehe ich doch in das andere Ort; dann für die andern tausend Fl. genieße ich meine Gesundheit und Zufriedenheit des Gemüts. Ich hoffe also bei aller väterlichen Liebe, die Sie mir von Kindheit auf in so hohem Grade erwiesen haben und wofür ich Ihnen zeitlebens nicht genug dankbar sein kann (am allerwenigsten aber in Salzburg), wenn Sie Ihren Sohn gesund und vergnügt haben wollen, mir von dieser ganzen Sache gar nichts zu schreiben und sie ganz in die tiefste Vergessenheit zu vergraben; dann ein Wort davon wäre schon genug, um mir neuerdings und Ihnen selbst, gestehen Sie es nur, Ihnen selbst Galle zu machen.

Nun leben Sie recht wohl und freuen Sie sich, daß Sie keinen Hundsfutt zum Sohne haben...


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