W. A. Mozart
Mozarts Briefe
W. A. Mozart

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München, 30. Dezember 1780.

Glückseliges neues Jahr! Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen dermalen sehr wenig schreibe, dann ich stecke nun über Hals und Kopf in Arbeit. Ich bin noch nicht ganz fertig mit dem dritten Akt und habe alsdann, weil kein Extraballett, sondern nur ein zur Opera gehöriges Divertissement ist, auch die Ehre, die Musik dazu zu machen; mir ist es aber sehr lieb, dann so ist doch die Musik von einem Meister. Der dritte Akt wird wenigstens so gut ausfallen als die beiden ersten, ich glaube aber unendlichemal besser, um daß man mit Recht sagen könne: finis coronat opus. Der Kurfürst war letzthin bei der Prob so zufrieden, daß er, wie ich Ihnen letzthin geschrieben, morgens beim Cercle meine Opera sehr gelobt und dann abends bei der Cour wieder; und dann weiß ich es von einer sehr sichern Hand, daß er den nämlichen Abend nach der Prob allen, jedermann, der zu ihm gekommen ist, von meiner Musik geredet hat mit diesem Ausdruck: »Ich war ganz surpreniert, noch hat mir keine Musik den Effekt gemacht, das ist eine magnifique Musik.« Vorgestern haben wir eine Rezitativprob bei der Wendling gemacht und das Quartett zusammen probiert, wir haben es sechsmal repetiert, itzt geht es endlich. Der Stein des Anstoßes war der dal Prato, der Bub kann doch gar nichts; seine Stimme wäre nicht so übel, wenn er sie nicht in den Hals und in die Gurgel nähmte; übrigens hat er aber gar keine Intonation, keine Methode, keine Empfindung, sondern singt wie etwa der Beste unter den Buben, die sich hören lassen, um in dem Kapellhause aufgenommen zu werden. Raaff hat sich mit Vergnügen betrogen gefunden und zweifelt nun auch nicht an dem Effekt. Nun bin ich wegen des Raaffs letzter Aria in einer Verlegenheit, woraus Sie mir helfen müssen. Das rinvigorir und ringiovenir ist dem Raaff unverdaulich, und wegen diesen zwei Wörtern ist ihm schon die ganze Aria verhaßt. Es ist wahr, das mostrami und vienmi ist auch nicht gut, aber das schlechteste sind schon die zwei Endwörter, wo ich bei dem ersten rinvigorir, um den Triller auf dem i zu vermeiden, ihn auf dem o machen müßte. Nun hat Raaff, ich glaube im Natal die Giove, welches freilich sehr wenigen bekannt ist, eine zu dieser Lage passende Aria gefunden, ich glaube, sie ist die Lizenzaria davon: Bell' alme al ciel dilette, und diese Aria soll ich ihm schreiben. »Man kennt sie nicht,« sagt er, »und wir sagen nichts.« Er weiß halt, daß es dem Herm Abbate nicht zuzumuten ist, diese Aria zum drittenmal zu ändern, und wie sie ist, will er sie doch nicht singen ... Nun bitte ich um eine schleunige Antwort. Nun muß ich schließen, dann ich muß über Hals und Kopf schreiben; komponiert ist schon alles, aber geschrieben noch nicht ...


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