Eduard Mörike
Maler Nolten
Eduard Mörike

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Kaum hatte Nolten geendigt, so trat der Büchsenmacher gelassen hervor mit den Worten: »Lieber Herr! es ist für uns beide recht gut, daß Sie gerade selber aufhören, denn ich stand auf heißen Kohlen im Winkel dort, weil's fast aussehen konnte, als wollt ich horchen; das ist aber meine Sache nicht, sonderlich wenn es mein eigenes oder meiner Kameraden Lob oder Schande gilt, und davon war just eben die Rede. Ihre Worte in Ehren, Herr, Sie müssen ein genauer Freund von meinem wackern Joseph gewesen sein, also sei's Ihnen zugut gehalten. Werden späterhin wohl selbsten innewerden, daß Sie dato nicht so ganz recht berichtet sind, was für eine Bewandtnis es mit dem Joseph und seiner Genossenschaft habe. Ich sollte meinen, er hatte sich seiner Leute nicht eben zu schämen. Nun, das mag ruhen vorderhand; zuvörderst ist es meine Pflicht und Schuldigkeit, daß ich Ihnen gegenwärtiges Schreiben übermache, denn es wird wohl für Sie gehören; man fand es, wie es ist, auf dem Tisch in Josephs Stube liegen.«

Begierig nahm Theobald den dargebotenen Brief und eilte damit in ein anderes Zimmer. Als er nach einer ziemlichen Weile wieder zurückkam, konnte man auf seinem Gesicht eine gewisse feierliche Ruhe bemerken, er sprach gelassener, gefaßter, und wußte namentlich den gekränkten Handwerker bald wieder zu beruhigen. Übrigens entließ er für jetzt die beiden Kameraden, um mit Agnesen und der Schwester allein zu sein und ihnen das Wesentlichste vom Zusammenhang der Sache zu eröffnen. Oft unterbrach ihn der Schmerz, er stockte, und seine Blicke wühlten verworren am Boden.

Von dem Inhalt jenes hinterlassenen Schreibens wissen wir nur das Allgemeinste, da Nolten selbst ein Geheimnis daraus machte. Soviel wir darüber erfahren konnten, war es eine kurze, nüchterne, ja für das Gefühl der Hinterbliebenen gewissermaßen versöhnende Rechtfertigung der schauderhaften Tat, welche seit längerer Zeit im stillen vorbereitet gewesen sein mußte, und deren Ausführung allerdings durch Noltens Erscheinung beschleunigt worden war, wiewohl in einem Sinne, der für Nolten selbst keinen Vorwurf enthielt. Auch wäre die Meinung irrig, daß nur das Beschämende der Überraschung den Schauspieler blindlings zu einem übereilten Entschluß hingerissen habe, denn wirklich hat sich nachher zur Genüge gezeigt, wie wenig ihm seine neuerliche Lebensweise, so seltsam sie auch gewählt sein mochte, zu eigentlicher Unehre gereichen konnte. Begreiflich aber wird man es finden, wenn bei der Begegnung des geliebtesten Freundes der Gedanke an eine zerrissene Vergangenheit mit überwältigender Schwere auf das Gemüt des Unglücklichen hereinstürzte, wenn er sich ein für allemal von demjenigen abwenden wollte, mit dem er in keinem Betracht mehr gleichen Schritt zu halten hoffen durfte, und aus dessen reiner Glücksnähe ihn der Fluch seines eigenen Schicksals für immer zu verbannen schien.

(Einige Jahre nachher hörten wir von Bekannten des Malers die Behauptung geltend machen, daß den Schauspieler eine geheime Leidenschaft für die Braut seines Freundes zu dem verzweifelten Entschlusse gebracht habe. Wir wären weit entfernt, diese Sage, wozu eine Äußerung Noltens selbst Veranlassung gegeben haben soll, schlechthin zu verwerfen, wenn wirklich zu erweisen wäre, daß Larkens, wie allerdings vorgegeben wird, kurz nachdem er seine Laufbahn geändert, Agnesen bei einer öffentlichen Gelegenheit, und unerkannt von ihr, zu Neuburg gesehen habe. – Getraut man sich also nicht, hierin eine sichere Entscheidung zu geben, so müssen wir das harte Urteil derjenigen, welche dem Unglücklichen selbst im Tode noch eine eitle Bizarrerie schuld geben möchten, desto entschiedener abweisen.)

»O wenn du wüßtest«, rief Theobald Agnesen zu, »was dieser Mann mir gewesen, hätt ich dir nur erst entdeckt, was auch du ihm schuldig bist, du würdest mich fürwahr nicht schelten, wenn mein Schmerz ohne Grenzen ist!« Agnes wagte gegenwärtig nicht zu fragen, was mit diesen Worten gemeint sei, und sie konnte ihm nicht widersprechen, als er das unruhigste Verlangen bezeigte, den Verstorbenen selber zu sehen. Zugleich ward ihm die Sorge für den Nachlaß, für die Bestattung seines Freundes zur wichtigsten Pflicht. Larkens selbst hatte ihm diesfalls schriftlich mehreres angedeutet und empfohlen, und Theobald mußte auf einen sehr wohlgeordneten Zustand seiner Vermögensangelegenheiten schließen. Vor allen Dingen nahm er Rücksprache mit der obrigkeitlichen Behörde, und einiger Papiere glaubte er sich ohne weiteres versichern zu müssen.

Indessen war es bereits spät am Tage und so trat er in einer Art von Betäubung den Weg nach der Stätte an, wo der traurigste Anblick seiner wartete.

Ein Knabe führte ihn durch eine Menge enger Gäßchen vor das Haus eines Tischlers, bei welchem sich Larkens seit einigen Monaten förmlich in die Arbeit gegeben hatte. Der Meister, ein würdig aussehender, stiller Mann, empfing ihn mit vielem Anteil, beantwortete gutmütig die eine und andere Frage und wies ihn sodann einige steinerne Stufen zum unteren Geschoß hinab, indem er auf eine Tür hinzeigte. Hier stand unser Freund eine Zeitlang mit klopfendem Herzen allein, ohne zu öffnen. Jetzt nahm er sich plötzlich zusammen und trat in eine sauber aufgeräumte, übrigens armselige Kammer. Niemand war zugegen. In einer Ecke befand sich ein niedriges Bett, worauf die Leiche mit einem Tuch völlig überdeckt lag. Theobald, in ziemlicher Entfernung, getraute sich kaum von der Seite hinzusehen, Gedanken und Gefühle verstockten ihm zu Eis und seine einzige Empfindung in diesem Augenblicke war, daß er sich selber haßte über die unbegreiflichste innere Kälte, die in solchen Fällen peinlicher zu sein pflegt, als das lebhafteste Gefühl unseres Elends. Er ertrug diesen Zustand nicht länger, eilte auf das Bette zu, riß die Hülle weg und sank laut weinend über den Leichnam hin.

Endlich, da es schon dunkel geworden, trat Perse, der Goldarbeiter, mit Licht herein. Nur ungern sah Theobald sich durch ein fremdes Gesicht gestört, aber das bescheidene Benehmen des Menschen fiel ihm sogleich auf und hielt ihn um so fester, da derselbe mit der edelsten Art zu erkennen gab, daß auch er einiges Recht habe mit den Freunden des Toten zu trauern, daß ihm derselbe, besonders in der letzten Zeit, viel Vertrauen geschenkt. »Ich sah«, fuhr er fort, »daß an diesem wundersamen Manne ein tiefer Kummer nagen müsse, dessen Grund er jedoch sorgfältig verbarg; nur konnte man aus manchem eine übertriebene Furcht für seine Gesundheit erkennen, so wie er mir auch selbst gestand, daß er eine so anstrengende Handarbeit, wie das Tischlerwesen, außer einer gewissen Liebhaberei, die er etwa für dies Geschäft haben mochte, hauptsächlich nur zur Stärkung seines Körpers unternommen. Auch begriff ich gar wohl, wie wenig ihn Mangel und Not zu dergleichen bestimmt hatte, denn er war ja gewiß ein Mann von den schönsten Gaben und Kenntnissen; desto größer war mein Mitleiden, als ich sah, wie sauer ihm ein so ungewohntes Leben ankam, wie unwohl es ihm in unserer Gesellschaft war und daß er körperlich zusehends abnahm. Das konnte auch kaum anders sein, denn nach dem Zeugnis des Meisters tat er immer weit über seine Kräfte und man mußte ihn oft mit Gewalt abhalten.« Hier deckte er die Hände des Toten auf, wie sie von grober Arbeit gehärtet und zerrissen waren. – Jetzt öffnete sich die Türe und ein hagerer Mann mit edlem Anstande trat herein, vor welchem sich der Goldarbeiter ehrerbietig zurückzog und dessen stille Verbeugung Nolten ebenso schweigend erwiderte. Er hielt den Fremden für eine offizielle Person, bis Perse ihm beiseit den Präsidenten von K*** nannte, den keine amtliche Verrichtung hieher geführt haben könne. So stand man eine Zeitlang ohne weitere Erklärung umeinander und jeder schien die Leiche nur in seinem eignen Sinne zu betrachten.

»Ihr Schmerz sagt mir«, nahm der Präsident das Wort, nachdem Perse sich entfernt hatte, »wie nahe Ihnen dieser teure Mann im Leben müsse gestanden haben. Ich kann mich eines näheren Verhältnisses zu ihm nicht rühmen, doch ist meine Teilnahme an diesem ungeheuren Fall so wahr und innig, daß ich nicht fürchten darf, es möchte Ihnen meine Gegenwart –« »O seien Sie mir willkommen!« rief der Maler, durch eine so unverhoffte Annäherung in tiefster Seele erquickt, »ich bin hier fremd, ich suche Mitgefühl – und ach, wie rührt, wie überrascht es mich, solch eine Stimme und aus solchem Munde hier in diesem Winkel zu vernehmen, den der Unglückliche nicht dunkel genug wählen konnte, um sich und seinen ganzen Wert und alle Lieb und Treue, die er andern schuldig war, auf immer zu vergraben.«

Des Präsidenten Auge hing einige Sekunden schweigend an Theobalds Gesicht und kehrte dann nachdenklich zu dem Toten zurück.

»Ist's möglich?« sprach er endlich, »seh ich hier die Reste eines Mannes, der eine Welt voll Scherz und Lust in sich bewegte und zauberhelle Frühlingsgärten der Phantasie sinnvoll vor uns entfaltete! Ach, wenn ein Geist, den doch der Genius der Kunst mit treuem Flügel über all die kleine Not des Lebens wegzuheben schien, so frühe schon ein ekles Auge auf dieses Treiben werfen kann, was bleibt alsdann so manchem andern zum Troste übrig, der ungleich ärmer ausgestattet, sich in der Niederung des Erdenlebens hinschleppt? Und wenn das vortreffliche Talent selbst, womit Ihr Freund die Welt entzückte, so harmlos nicht war, als es schien, wenn die heitere Geistesflamme sich vielleicht vom besten Öl des innerlichen Menschen schmerzhaft nährte, wer sagt mir dann, warum jenes namenlose Weh, das alle Mannheit, alle Lust und Kraft der Seele, bald bänglich schmelzend untergräbt, bald zornig aus den Grenzen treibt, warum doch jene Heimatlosigkeit des Geistes, dies Fort- und Nirgendhin-Verlangen, inmitten eines reichen, menschlich schönen Daseins, so oft das Erbteil herrlicher Naturen sein muß? – Das Rätsel eines solchen Unglücks aber völlig zu machen, muß noch der Körper helfen, um, wenn die wahre Krankheit fehlt, mit einem nur um desto gräßlicheren Schein die arme Seele abzuängstigen und vollends irre an sich selber zu machen!«

Auf diese Weise wechselten nun beide Männer, beinahe mehr den Toten als einander selbst anredend und oft von einer längern Pause unterbrochen, ihre Klagen und Betrachtungen. Erst ganz zuletzt, bevor sie auseinandergingen, veranlaßte der Fremde, indem er seinen Namen nannte, den Maler, ein Gleiches zu tun, sowie den Gasthof zu bezeichnen, wo jener ihn morgen aufsuchen wollte. »Denn es ist billig«, sagte er, »daß wir nach einer solchen Begegnung uns näher kennenlernen. Sie sollen alsdann hören, welcher Zufall mir noch erst vor wenigen Wochen die wunderbare Existenz Ihres Freundes verriet, den bis auf diesen Tag, soviel ich weiß, noch keine Seele hier erkannte. Meine Sorge bleibt es indessen, daß ihm die letzte Ehre, die wir den Toten geben können, ohne zu großes Aufsehn bei der Menge, von einer Gesellschaft würdiger Kunstverwandten morgen abend erwiesen werden könne. Ich habe die Sache vorläufig eingeleitet. Aber nun noch eine Bitte um Ihrer selbst willen: verweilen Sie nicht allzulange an diesem traurigen Orte mehr. Es ist das schönste Vorrecht und der edelste Stolz des Mannes, daß er das Unabänderliche mit festem Sinn zu tragen weiß. Schlafen Sie wohl. Lieben Sie mich! Wir sehn uns wieder.« Der Maler konnte nicht sprechen, und drückte stammelnd beide Hände des Präsidenten.

Als er sich wieder allein sah, flossen seine Tränen reichlicher, jedoch auch sanfter und zum erstenmal wohltuend. Er fühlte sich mit dieser Last von Schmerz nicht mehr so einsam, so entsetzlich fremd in diesen Wänden, dieser Stadt, ja Larkens' Anblick selber deuchte ihm so jämmerlich nicht mehr; eben als wenn der Schatte des Entschlafenen mit ihm die ehrenvolle Anerkennung fühlen müßte, die er noch jetzt erfuhr.

Nun aber drang es Theobalden mächtig, am Busen der Geliebten auszuruhen. Er steckte ein Nachtlicht an, welches für die Leichenwache bereitlag, er sagte unwillkürlich seinem Freund halblaut eine gute Nacht, und war schon auf der Schwelle, als Lörmer, der Büchsenmacher, ihm den Weg vertrat. Der Mensch bot einen Anblick dar, der Ekel, Grauen und Mitleid zugleich erwecken mußte. Von Wein furchtbar erhitzt, mit stieren Augen, einen gräßlichen Zug von Lächeln um den herabhängenden Mund, so war er im Begriff, das Heiligtum des Todes zu betreten. Nolten, ganz außer sich vor Schmerz und Zorn, stößt ihn zurück und reißt den Schlüssel aus der Tür, Lörmer wird wütend, der Maler braucht Gewalt und kann nicht verhüten, daß das Scheusal vor ihm niederstürzt und mit dem Kopf am Boden aufschlägt. »Ich bitte Sie«, lallt er, indem er sich vergebens aufzurichten sucht, und nicht bemerkt, daß Nolten schon verschwunden ist, um die Hausleute von dem Skandal zu benachrichtigen, »um Gottes Barmherzigkeit willen! lassen Sie mich hinein! mich! ich bin noch allein der Mann, ihm zu helfen – Sie müssen wissen, Herr, er pflegte gelegentlich auf den Lörmer was zu halten, Herr – Sehn Sie, diese Uhr hab ich von ihm – aber sie ist stehengeblieben – Wir standen du und du, mein guter Herr, ich und der Komödiant – Hieß er mich nicht immerdar sein liebes Vieh? hat er je einen andern so geheißen? und – – Hol euch der Teufel alle zusammen – Sehn muß ich ihn, da hilft kein Gott und keine Polizei – Ihr wißt den Henker zu distinguieren, ob ein Mensch in der Tat und Wahrheit k...iert ist oder nicht – Soll ich dir etwas im Vertrauen sagen? Da drinne liegt er munter und gesund und hat euch alle am Narrenseil. Denn das ist einer, sag ich euch, der weiß wie man den Mäusen pfeift. Und – aber – – wenn es je wahr wäre –« (hier fing er an zu heulen) »wenn er mir das Herzeleid antun wollte, und aufpacken und seinen Stelzer verlassen – wenn das – Jesu Maria! Auf! auf! schlag die Tür ein! ich muß ihm noch beichten – Jagt Papst und Pfaff und Bischöf, die ganze Klerisei zum Teufel! ich will dem Komödianten beichten, trotzdem daß er ein Ketzer ist – Er muß alles wissen, was ich seit meiner Firmelung an Gott und Welt gesündigt! Auf! hört ihr nicht? Ich will die ganze Baracke in Trümmer schmeißen, ich will ein solches Jüngstes Gericht antrommeln, daß es eine Art hat! – Alter! lieber Schreiner, laß mich hinein –« Das Schloß sprang auf, und Lörmer stürzte einige Stufen hinab in das Zimmer, wo man ihn, als die Leute kamen, bewußtlos am Fuß des Bettes liegen fand.

 

Am Morgen kam ein Billett des Präsidenten und lud den Maler mit den Frauenzimmern zu einem einfachen Mittagsmahl. Nolten war diese Ableitung besonders um der Mädchen willen sehr erwünscht, mit deren verlassenem Zustande, weil er jeden Augenblick veranlaßt ward, bald aus dem Hause zu gehen, bald sich mit Schreibereien zu befassen, man in der Tat Bedauern haben mußte. Agnes und ihr Benehmen war indes zu loben. Bei allen Zeichen des aufrichtigsten Anteils bewies sie durchaus eine schöne, vernünftige Ruhe, sogar schien sie natürlicher, und sicherer in sich selbst, als es auf der ganzen Reise der Fall gewesen sein mochte; nicht nur dem Maler, auch Nannetten fiel das auf. Es hatte aber diese sonderbare Verwandlung ihren guten Grund, nur daß das Mädchen zu bescheiden war, ihn zu entdecken, oder zu schüchtern vielmehr, um an ihre alten »Wunderlichkeiten« (wie Theobald zuweilen sagte) in dem Augenblicke zu mahnen, wo es sich um eine ernste und schaudervolle Wirklichkeit handelte. Allein auch ihr war es ein hoher Ernst mit dem, was sie für jetzt zurückzuhalten ratsam fand. Denn in der ganzen schrecklichen Begebenheit mit Larkens erblickte sie nichts anderes als die gewisse Erfüllung eines ungewissen Vorgefühls, und so vermochte sie ein offenbares und geschehenes Übel mit leichterem Herzen zu beweinen, als ein gedrohtes zu erwarten.

Nolten erkundigte sich bei dem Wirt nach den Verhältnissen des Präsidenten, und erfuhr, daß derselbe, obgleich seit Jahr und Tag mit seiner Frau gespannt, eines der angesehensten Häuser hier bilde, sich aber als ein leidenschaftlicher Mann vor kurzem auch mit der Regierung entzweit habe, und bis auf weiteres von seinem Amte abgetreten sei. Er wohnte selten in der Stadt und neuerdings fast einzig auf seinen Gütern in der Nähe.

Perse, der Goldarbeiter, kam einiger Bestellungen wegen, welche die Leiche betrafen. Beiläufig erzählte er, daß der Barbier, als mehrerer Diebstähle verdächtig, seit heute früh im Turme sitze. Er habe gestern in der öffentlichen Wirtsstube sich aus Alteration und Reue wegen ähnlicher an Larkens verübter Schändlichkeiten selber verschwatzt. Die größte Niederträchtigkeit an dem Schauspieler habe der Taugenichts dadurch begangen, daß er sich von jenem das Stillschweigen über seinen wahren Charakter mit schwerem Gelde habe bezahlen lassen, indem er ihm täglich gedroht, alles auszuplaudern. – Theobald fragte bei dieser Gelegenheit nach dem Büchsenmacher, und konnte aus Perses umständlichem Berichte soviel entnehmen, daß Larkens dem Menschen, weil es ein gescheiter Kopf, einiges Interesse geschenkt, das übrigens so gut als weggeworfen gewesen, da die deutliche Absicht des Schauspielers, ihn zu korrigieren, bloß dem Übermut des Burschen geschmeichelt habe, zumal die Art, wie Larkens zu Werke gegangen, bei weitem zu delikat gewesen. Übrigens habe sich Larkens nicht nur dem Zirkel, sondern besonders auch vielen Armen als unbekannter Wohltäter unvergeßlich gemacht.


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