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An Christine Hebbel.

Als dir der Tod den edlen Gatten
Mit hochgezücktem Jägerspieß
– Gleich Hagen in des Waldes Schatten –
Am Born des Lebens niederstieß,

Da mußtest du ein Leid ertragen.
Unendlich wie des Lebens Reich;
Da durftest du den Schöpfer fragen:
Wo ist ein Weh, dem meinen gleich?

Und doch, bei Gott! all deine Schmerzen,
O Frau, du trägst sie nicht allein,
Er ward geraubt auch unsern Herzen,
Ja: er war unser und ist dein!

Und nun ist Jahr auf Jahr entschwunden
Umsonst hat ihn der Neid benagt,
Die Zeit hat ihm den Kranz gewunden;
Du aber – hast genug geklagt!

Horch auf! wie seines Ruhmes Boten
Die Welt durchziehn, es kommt sein Tag;
Oh, mach' dein Herz nicht zu des Toten
Geheimnisvollem Sarkophag!

Er lebt! Du selbst mit heil'gem Beben
Empfindest's tief in sel'ger Lust,
Er lebt in deinem eignen Leben,
Er sprengt sein Grab in deiner Brust.

Heil dir! denn das ist Himmelsmahnung,
In deines Herzens Heiligtum
Verspürst du seines Daseins Ahnung,
Der Tote spricht – und du bist stumm!


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