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36. Kapitel

»Meine alte Kora war Ihrem Duro recht ähnlich, ich wollte, ich hätte sie noch.«

Einer der Herren im Wagen, ein hagerer mit Spitzbart, sagte es zu dem Oberförster. Aufgefordert von seinen Jagdfreunden, erzählte er die Geschichte von dem traurigen Ende seiner Rauhhaarhündin. Kora war wieder einmal heiß. Sie vollbrachte in diesem Zustand die unglaublichsten Kunststückchen, um sich zu befreien, denn natürlich wurde sie zur Zeit der Hitze in Gewahrsam gebracht, sobald sie nicht in der Obhut ihres Herrn war.

So ruhig und vernünftig sie in normaler Verfassung war, sobald sie läufig wurde, entwickelte sie eine mit Verschlagenheit gepaarte Ungebärdigkeit, und ihr sonst so würdevolles Benehmen verließ sie ganz.

Hatte man sie in ein leerstehendes Zimmer eingeschlossen, so hielt sie sich in der Nähe der Tür, und sowie diese geöffnet wurde, bohrte sie ihren buschigen Kopf durch den Spalt, und wenn die Tür nicht ganz fest hinter ihrem Halse zugeklemmt wurde, zwängte sie den Körper durch und stürmte der Freiheit und der Liebe entgegen.

In der Nacht hatte sie einmal, als man sie in den Pferdestall sperrte, unten in die Tür ein so großes Loch genagt, daß ihr Herr sie mit dem Kopf herausgucken sah, als er sie zu einem Morgenspaziergang an der Leine abholen wollte.

Im vergangenen Herbst war es nun wieder soweit, Kora war wieder heiß, und man hatte sie in ein Zimmer gesperrt, dessen Fenster zwei Meter über der Erde lag. Das Dienstmädchen hatte das Fenster geöffnet. Da sie aber der Kora den Zweimetersprung wohl zutraute, hatte sie eine ziemlich lange Lederleine mit einer Schlaufe am Fensterkreuz befestigt und die Leine dann an das Halsband der Hündin gehakt. Als der Herr Koras gegen Mittag nach Hause kam, fand er seine brave Jagdgefährtin an der Leine aus dem Fenster hängen. Sie war, getrieben von der inneren Unrast, aus dem Fenster gesprungen und hatte sich erhängt. Ihr Herr fand sie bereits steif und kalt, und alle seine Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos.

Auch einer der anderen Herren, die mit im Wagen saßen, hatte einen lieben Hund verloren.

Er besaß eine kleine, hirschrote, kurzhaarige Teckelhündin, die sehr intelligent und anhänglich war. Außerdem hatte er noch eine braune Kurzhaarjagdhündin. Die beiden Tiere lebten ständig zusammen, jagten gemeinsam mit ihrem Herrn und waren ein Herz und eine Seele.

Eines Abends wurden sie, wie schon so oft, im Hausflur allein gelassen. Als nach ein paar Stunden der Herr mit seiner Frau heimkehrte, kam ihnen die Jagdhündin mit allen Anzeichen der Furcht und des schlechten Gewissens entgegengekrochen. Nachdem das Licht aufgeflammt war, sahen der Mann und die Frau die kleine Teckelhündin tot in der Ecke liegen. Die Jagdhündin hatte sie abgewürgt. Es blieb dem Besitzer der beiden Hündinnen immer rätselhaft, wie dieser Mord an der Gefährtin hatte geschehen können, denn nie hatte das Benehmen der großen Hündin gegenüber der kleinen auf eine solche Möglichkeit hingewiesen.

Ein anderer Fall konnte als Gegenstück zu Duros glücklicher Heimkehr in den Besitz seines Herrn gelten. Einem der drei Jäger, die in Begleitung des Oberförsters fuhren, war ein sehr wertvoller englischer Vorstehhund, ein Pointer, anläßlich einer Reise verlorengegangen. Der temperamentvolle Hund hatte sich beim Umsteigen losgerissen, war über den Bahnkörper gerannt und, erschreckt durch eine mit viel Geräusch anfahrende Lokomotive, trotz allen Pfeifens für seinen Herrn verloren geblieben.

Anzeigen in den Blättern nützten nichts, und da die Hühnerjagd näherrückte, blieb dem passionierten Mann nichts anderes übrig, als einen neuen Hund zu kaufen, nachdem seit dem Verlust des alten sechs Wochen vergangen waren. In einer der Jagdzeitungen erschien also die Annonce:

Suche fermen ferm = gut auf allen jagdlichen Gebieten. Pointer im zweiten oder dritten Felde 1., 2., 3. Feld = 1., 2., 3. Arbeitsjahr.. Erstklassiger Stammbaum Bedingung.

Aus den drei Angeboten suchte sich der Herr das beste heraus und ließ sich den angebotenen Hund drei Tage auf Probe schicken. Doch der Pointer war noch nicht aus der Kiste heraus, da hatte sich sein Empfänger schon entschlossen, diesen Hund auf jeden Fall zu behalten, denn es war sein eigner, verloren geglaubter Harro, der ihm auf diese Weise wieder zugeführt wurde. Die Nachforschungen, die er anstellte, hatten ein nur unbefriedigendes Ergebnis, denn der Hund war in der kurzen Zeit durch fünf Hände gegangen. Er bezahlte gern einen recht hohen Preis für seinen eigenen Hund und war glücklich, ihn wiederzuhaben.


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