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5. Kapitel

Duro wurde ein vielseitiger Gebrauchshund. Gleich gut auf der Hasen- wie auf der Hühnersuche, blendend bei der Wasserjagd, schneidig am Raubwild.

Wenn der Oberförster an einem schönen Herbstmorgen, nur von dem Hund und einem Trägerjungen begleitet, auf die Hühnersuche ging, sah man eine Zusammenarbeit von Herrn und Hund, die vielen Jägern Vorbild sein konnte.

Nur selten sind alle Vorzüge des Gebrauchshundes in einem Exemplar vereint. Das liegt aber mehr am Jägermaterial als an dem der Hunde. Es werden heute viel gutveranlagte Welpen gewölft gewölft = geboren., da die erprobten Linien des Deutschen Vorstehhundes sich durchgesetzt haben. Aber nur ein ganz geringer Prozentsatz dieser Hunde wird jagdlich brauchbar, geschweige denn gut. Ganz abgesehen von dem jagdlichen Können, das die Abrichtung und Führung eines Jagdhundes beim Jäger voraussetzt, erfordert diese Aufgabe auch menschlich sehr viel. Vor allem Gefühl, Energie, die Eigenschaft, sich mäßigen zu können, wenn der Hund versagt, gutes Schießen, damit der vierbeinige Jagdgefährte nicht die Lust an der Arbeit verliert, und Instinkt. Ohne jagdlichen Instinkt und ohne Gefühl für das Wesen des Hundes sollte kein Mann Jäger sein. Der Hund als Nasentier zieht ganz andere Schlüsse als der Mensch, der, wie man sagen könnte, Augentier ist. Der Besitzer eines Jagdhundes muß, wenn er Erfolge sehen will, viel Vertrauen in seinen Hund setzen.

Wirklich zur Meisterschaft entfalten kann sich ein Jagdhund nur, wenn er wohl Respekt, aber keine Furcht vor seinem Herrn hat. Der Oberförster verstand es, einen Hund so zu leiten. Duro, dessen Jagdpassion und hohe Intelligenz nach immer neuer Entfaltung suchten, konnte das Gefühl haben, sein Herr korrigiere ihn nur.

Mit einer Armbewegung, nicht etwa mit Rufen oder gar Schreien, lenkte der Oberförster die Suche seines Hundes. Im flotten Galopp nahm Duro viel Feld, ohne sich doch zu weit von der Flinte zu entfernen. Seine Quersuche, festes Vorstehen, ruhiges Nachziehen und das Verhalten während des Augenblicks, in dem der Hase oder die Hühner aufstanden, machte die Arbeit mit ihm zur Freude. Allmählich aber arbeiteten sich die Besonderheiten der Paarung dieses Jägers und Hundes heraus. So etwa, wenn die Hühner an gewissen, nicht heißen Tagen liefen. Anstatt wie sonst Hund und Jäger heranzulassen und dann in Schußnähe aufzustehen, rennen sie an solchen Tagen, immer gedeckt, in den Furchen der Kartoffel-, Rüben- oder anderen Schläge so schnell und weit, daß sie, wenn sie endlich aufstehen, weit entfernt vom Schützen unbeschossen entkommen. Wenn nun Duro merkte, daß die Hühner in dieser Weise liefen, verließ er ihr Geläuf, rannte außerhalb des Schlages in voller Karriere an das andere Ende des betreffenden Feldes und arbeitete den Hühnern entgegen.

Währenddessen war der Oberförster, die Flinte schußbereit, den Hühnern ruhig weiter nachgegangen. Die Rebhühner, sowie sie merkten, daß der Hund sie nicht mehr verfolgte, ließen in ihrer schnellen Gangart nach. Dann plötzlich hörten sie den Hund vor sich. Jetzt blieben sie ratlos, wo sie waren, denn gleichzeitig rauschten die schweren Tritte des Jägers von der anderen Seite heran. Schließlich erreichte sie der Hund und stand vor. Der Oberförster, nur etwa fünfzehn Meter entfernt, blieb gleichfalls stehen. Die Hühner lagen fest wie die Steine, denn die beiden Alten, Hahn und Henne, erkannten, daß sie eingekeilt waren, und wußten aus Erfahrung, daß sie, sowie sie jetzt aufstanden, beschossen würden.

Nun ermutigte der Mann den Hund, die Hühner herauszustoßen. Dann folgten die wunderbaren Sekunden, in denen der Jäger genau weiß: jetzt – jeden Moment können sie aufstehen! Und obwohl man weiß, wie Rebhühner aussehen, daß man schießen und wahrscheinlich auch treffen wird, und obgleich man dieselbe Situation schon Hunderte von Malen erlebt hat, ist man doch immer wieder aufs äußerste und angenehmste gespannt.

Dann endlich – das ohrenbetäubende, obwohl erwartete, doch immer wieder erschreckende Rasseln und Knattern der aufstiebenden Hühner. Im ersten Augenblick nichts, dann ein Schuß, gleich darauf noch einer. Ein Zuruf an den Hund, schnelles Laden – noch ein Schuß.

Die Strecke sind vier Hühner. Mit dem ersten Schuß zwei, die hintereinander flogen, mit den beiden anderen Schüssen je eins. Doch das letzte, schon etwas weit, war nur geflügelt. Duro rauscht in voller Fahrt durch das Rübenkraut, verfolgt das um sein Leben rennende Rebhuhn die Furche hinauf, bis an den Rand des Rübenfeldes, von dort durch den Kartoffelschlag, auf die Stoppel, und hier endlich greift er das Huhn. In weiten Sprüngen apportiert er es seinem Herrn, setzt sich, gibt aus und wedelt stolz mit der Rute.

Der Oberförster lobt den Hund, und weiter ziehen die beiden auf der Suche nach Hühnern.


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