Felix Hollaender
Das Schiff der Abenteuer
Felix Hollaender

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29

Als die Verlobten mit Miß Bottchen aus den Flugzeugen stiegen, war um London tiefer, undurchdringlicher Nebel.

»Diese Stadt«, sagte Miß Bottchen, »ist wie das Leben – immer im Geheimnis. Nur zuweilen lüftet sie den Schleier, um ihn dann sogleich wieder fallen zu lassen.«

Herr Testini, der großen Appetit verspürte, hauchte sie etwas ungemütlich an.

»Lassen Sie jetzt Ihre Lebensbetrachtungen, Miß Bottchen, und sehen wir, so schnell wie möglich ins Savoy-Hotel zu kommen.«

»Ich weiß nicht, ob das Savoy-Hotel das Richtige ist. Die jungen Damen sind in so ernster Stimmung, daß sie gerade jetzt nicht gern bekannten Gesichtern begegnen möchten.«

Wanner warf einen kurzen Seitenblick auf die Bottchen. Er allein hatte sie sofort begriffen.

»Tut mir leid«, entgegnete Testini, »die Zimmer sind bestellt – und ich möchte lunchen.«

Fräulein von Seckendorf nahm seinen Arm und nickte zustimmend. »Ich bin ganz Deiner Meinung, Albert.«

Teresina zog die Schultern fröstelnd empor. Dieser vertrauliche Ton schockierte sie. Und zu Miß Bottchen gewandt: »Bitte, steigen Sie in Papas Wagen.«

Die Komtesse Seckendorf war bereits im Begriff, Einspruch zu erheben, aber Herr Testini drückte sie leise am Arm. »Nur jetzt keine Konflikte, Kind«, flüsterte er ihr zu.

261 Man fuhr durch die Riesenstadt – war in eine undurchsichtige Wolke gehüllt, die alles verschlang.

Teresina hatte sich eng an Wanner geschmiegt.

»Wenn wir nur erst alles hinter uns hätten – und endlich allein wären«, sagte sie zärtlich und nahm seine Hand zwischen die ihren.

Wanner erwiderte kein Wort. Er war vom Fluge abgespannt – seine Gedanken irrten ziellos.

Sie spürte seine Abwesenheit – und zog verstimmt ihre Hände zurück. Aber lange ertrug sie diesen Zustand nicht.

»Nicht wahr, sobald alles vorüber ist, separieren wir uns. Ich kann den Anblick der Bottchen nicht mehr ertragen – die Seckendorf fällt mir auf die Nerven – und Vaters Gegenwart drückt mich. Hast Du Dir schon überlegt, wohin wir fahren werden?«

»Ich denke, über Paris nach New York.«

»New York«, sagte sie, »finde ich großartig. Nach all den Mumien und Königsgräbern möchte man Gegenwart haben. Was geht mich schließlich Ramses III. und Tutanchamon an!«

»Und ich meinerseits möchte die ärztlichen Institute Nordamerikas kennenlernen – und drüben eine Zeitlang Studien machen.«

»Ganz, wie Du willst, mein Schatz! Ich stelle mir das reizend vor. Sind die Schiffskarten bereits gelöst?«

»Miß Bottchen hat es telegraphisch erledigt. In dieser Beziehung kann man sich auf sie verlassen.«

»Findest Du nicht, daß sie etwas Dämonisches hat? Zuweilen flößt sie mir geradezu Furcht ein.«

262 »Sie ist das größte Aas auf Gottes Erde!« erwiderte er unbeherrscht.

»Und dennoch fühle ich mich ihr trotz der unverschämten Provision zu Dank verpflichtet. Denn ohne ihre Hilfe wären wir heute nicht so weit! Meinst Du nicht auch, Ernst?«

»Sie hat ihre Meriten«, antwortete er kurz.

Die Autos hielten vor dem Savoy-Hotel.

Boys rissen die Wagenschläge auf und halfen den Damen beim Aussteigen.

Während Herr Testini in Begleitung der Damen sich beim Portier über die Zimmer informierte, nahm Miß Bottchen Wanner beiseite.

»Sobald Ihr Schwiegervater etwas in die Hände nimmt, geschieht selbstverständlich eine Dummheit! Es ist doch sonnenklar, daß unser plötzliches Verschwinden nicht unbemerkt blieb. Man ist wirklich keinen Augenblick seines Lebens sicher. Was mag sich inzwischen schon ereignet haben! Und da muß Herr Testini ausgerechnet im Savoy Zimmer bestellen, wo sich alle Welt trifft und Rendezvous gibt. Veranlassen Sie Ihre Braut, daß wenigstens das Hochzeitsfrühstück nicht hier stattfindet.«

»Was für ein Hochzeitsfrühstück?« fragte Wanner entsetzt. »Muß das auch noch sein?!«

»Es muß sein! Abgesehen davon, daß Herr Testini es wünscht, würde es auch derartig auffallen – –«

»Machen Sie, was Sie wollen – ich halte solange still, bis der Faden schließlich abreißt.«

Sie sah ihn erschreckt an.

263 »Sie sind imstande, noch im letzten Moment . . .«

»Das bin ich«, entgegnete er, ohne sie den Satz aussprechen zu lassen.

Miß Bottchen stieg die Galle hoch.

»Wissen Sie, ich besitze eine Lammsgeduld – aber wenn Sie auf meinen Nerven weiter so herumtrampeln, stehe ich für nichts.«

Wanner ging in sein Zimmer, um sich umzukleiden, während Miß Bottchen vorerst mit dem Geschäftsführer über einen Tisch verhandelte, der etwas abseits gelegen sein sollte.

»Wir sind abgespannt und möchten vor allen Dingen unsere Ruhe haben.«

Der Geschäftsführer nickte und verbeugte sich.

Sie war die Erste, die im Speisesaal wieder erschien. Gegen das viele Waschen hatte sie eine ausgesprochene Abneigung.

Das Hors d'oeuvre mit allen denkbaren Delikatessen wurde serviert. Herr Testini ließ es sich nicht nehmen, die Komtesse persönlich zu bedienen. Nach dem ersten Glase Sekt wurde er aufgekratzt.

»Die ganze Feier macht mir einen diebischen Spaß; auf seine alten Tage wird man noch einmal romantisch!«

»Wie Du nur redest, Albert! Mit Deinem Aussehen kannst Du noch neben jedermann bestehen.«

»Das ist das Reizendste, was Du mir sagen konntest, Charlotte! Laß uns anstoßen.«

Nach acht Tagen hat sie ihn gänzlich in der Tasche, dachte Teresina – Gott sei Dank, daß wir dann auf dem Meere schwimmen.

264 In diesem Augenblick steuerte ein elegant aussehender Mann schnurstracks auf Herrn Testini los.

»Sie in London – das hätte ich mir nicht träumen lassen! Mein gnädiges Fräulein«, er bückte sich und küßte Teresinas Hand.

»Gestatte«, sagte Herr Testini zu Fräulein von Seckendorf gewandt, »daß ich Dir einen Geschäftsfreund vorstelle: Herr Geheimrat Götz – meine Braut, Komtesse Seckendorf. Und hier, mein Schwiegersohn, Doktor Ernst Wanner, der, wie Sie vielleicht gelesen haben dürften, der jüngste Nobelpreisträger ist.«

Dann auf Miß Bottchen weisend, der das Herz inzwischen ausgesetzt hatte – »dies unsere gemeinsame Freundin, Miß Bottchen.«

Wanner mußte wider Willen lächeln. An der unheimlichen Komik der Situation berauschte er sich eine Sekunde.

»Wollen Sie nicht einen Augenblick bei uns Platz nehmen«, forderte Testini in bester Laune den Geheimrat auf.

»Wenn Sie gestatten – gern! Welch eine Überraschung und Freude! Das ist ja eine doppelte Sensation! In Hamburg wird man die Augen aufreißen, sobald man es erfährt.«

Miß Bottchen tropfte der Schweiß von der Stirn.

Glücklicherweise sagte jetzt Herr Testini: »Wir bitten zunächst um strengste Diskretion – ich habe mich vor der Zeit etwas verplappert, Sie begreifen – wes das Herz voll ist, des geht der Mund über.«

265 »Nein«, entgegnete der Geheimrat, »das dürfen Sie von mir nicht verlangen – ich telegraphiere ohnedies morgen nach Hamburg – ich will der Erste sein, der die gute Botschaft weiterträgt.«

Er hob sein Glas.

»Ich trinke, Kürze ist der Rede Würze, auf das Wohl der beiden jungen Paare.«

Die Gläser klangen zusammen – aber Miß Bottchen war dem Heulen nahe.

»Dieser Narr, dieser Narr«, stöhnte sie in ihrem Innern.

»Im Ernst gesprochen, lieber Geheimrat, halten Sie reinen Mund. Wir möchten eine Weile noch unbehelligt bleiben.«

Der Geheimrat zwinkerte vielsagend.

»Selbstverständlich, Herr Testini, es war ja nur ein kleiner Scherz, den ich mir erlaubte.« Und dann zu Doktor Wanner: »Verzeihen Sie meine Unbildung – auch habe ich die Presse in letzter Zeit nicht verfolgen können – für welche Arbeit ist Ihnen der Nobelpreis zugesprochen worden?«

Hier aber fiel Miß Bottchen ein: »Die ganze wissenschaftliche Forschung Doktor Wanners, die sich in der Hauptsache auf traumatische Neurosen bezieht«, log sie unverschämt, »ist von dem Kuratorium der Nobelstiftung gekrönt worden.«

Der Geheimrat sah die Dame einen Moment zerstreut und befremdet an. Dann ließ er seinen forschenden Blick auf Wanner ruhen. Etwas linkisch – etwas unweltmännisch, wie alle Gelehrten, aber ein guter Kopf, unbedingt ein guter Kopf, kalkulierte er.

266 »Gestatten Sie, daß ich mich jetzt von Ihnen verabschiede. Da sind noch einige Herren, die auf mich warten.«

Als er kaum außer Sicht war, platzte die Bottchen wütend heraus: »Zuerst wird er jetzt seinen Geschäftsfreunden die große Neuigkeit auftischen – natürlich unter strengster Diskretion – verlassen Sie sich darauf, Herr Testini.«

»Und wenn schon, Miß Bottchen! Schließlich ist es ganz egal, ob es die Welt eine Woche früher oder später erfährt. Findest Du nicht auch, Charlotte?«

»Gewiß, Albert. Aber jetzt bin ich müde, von dem langen Fluge abgespannt und muß schlafen gehen, wenn ich morgen auf dem Posten sein soll.«

Alle erhoben sich.

»Die Trauung findet Punkt 12 Uhr statt«, sagte die Bottchen beim Abschied.

Im Korridor behandelten die beiden jungen Damen noch die Kostümfrage.

»Ich ziehe mein Dunkelbraunes an«, sagte Charlotte.

»Und ich mein Dunkelblaues,« erwiderte Fräulein Testini, »damit wir voneinander abstechen. Sonst hält man Mutter und Tochter noch gar für Schwestern. Gute Nacht, liebe Mama«, schloß sie scherzhaft und küßte sie dabei leicht auf die linke Backe.

»Gute Nacht, mein Töchterchen!«

Die Hochzeitspaare hatten Glück. Am nächsten Tage war der Nebel gewichen, und London lag in seltener Klarheit und Helle vor ihnen.

267 Das Zeremoniell selbst nahm nur wenige Minuten in Anspruch. Miß Bottchen hatte in der Tat präzise Arbeit geleistet. Zwölf Uhr fünfzehn war der ganze Akt erledigt. Bei beiden Paaren hatte sie mit einem von ihr gestellten Unbekannten als Trauzeugin figuriert. Ganz unfeierlich und sehr aufgeräumt küßte man sich vor dem Beamten.

»Und schleunigst ins Savoy zum Frühstück«, sagte Herr Testini.

»Diesmal nicht,« erwiderte die Bottchen. »Frau Doktor Wanner hat anders disponiert. Ich habe ihrer Ordre gemäß in Kettlers Hotel ein Zimmer reservieren lassen, wo wir ganz unter uns sind.«

Die Paare fuhren wieder in getrennten Wagen. Miß Bottchen besaß den außerordentlichen Takt, ein Auto für sich zu nehmen und voranzueilen, um noch einmal alles zu kontrollieren.

Kaviar, Austern und warme Langusten hatte sie als Vorgericht bestellt. Dazu einen ungewöhnlichen Chablis. Dann folgten klare Bouillon mit grünen Spargelspitzen und zuletzt junge Poularden mit einer Nachspeise.

Während des ersten Ganges zog Miß Bottchen die Stirn in Falten und überlegte. Jemand mußte doch ein paar Worte sprechen. Unmöglich, daß der Bräutigam, Herr Testini, ans Glas schlug – und noch absurder, wenn Herr Doktor Wanner den Toast ausbrächte. Also blieb nur sie übrig.

Als der Sekt eingegossen war, erhob sie sich mit einer resoluten Bewegung: »Meine sehr verehrten Hochzeitspaare! Nach einer in mancher Hinsicht 268 bewegten Fahrt, in der wir Meer und Luft und noch andere Sphären durchkreuzten, sind wir mit Gottes Hilfe hier in diesem kleinen Festraum gelandet. Der Himmel hat Ihnen zu Ehren sich aufgeklärt, um den Doppelbund zu segnen. Die modernen Menschen, die das Evangelium der neuen Sachlichkeit predigen, behaupten zwar, die Liebe spiele in unserer Zeit keine so wichtige Rolle mehr und müsse hinter ernsteren und wichtigeren Dingen zurücktreten. Ich halte das für eine der falschen Grundanschauungen, die das zwanzigste Jahrhundert hervorgebracht hat. Alles um Liebe gilt heute so gut wie gestern – und Gott in seiner Weisheit und Genialität hat schon gewußt, weshalb er die Menschwerdung mit dem höchsten und unsagbarsten aller Gefühle verband. Liebe ist etwas Unaussprechliches. Wenn ich mit Menschen- und mit Engelszungen redete und hätte der Liebe nicht, so wäre es nichts nütze. Hier aber wurde ein Dauerbund geschlossen – Widerstände überwand man spielend – und zuletzt war es ein Triumph der Liebe!«

Miß Bottchen hielt gerührt inne.

»Sie, mein verehrter Herr Doktor Wanner«, fuhr sie dann fort, »dürfen sich in so feierlicher und zugleich froher Stunde sagen: ein goldenes Ruhekissen ist das beste Gewissen. Und Sie, Herr Testini, waren in der beneidenswerten Lage, die Grundlagen des neuen und zeitgemäßen Gewissens zu schaffen. In diesem Spiel der Neigung haben Sie eine Gattin und einen Sohn gewonnen, während Ihnen, meine junge Frau Doktor, ein Gatte und eine Mutter in den Schoß fiel.

269 Jedem an unserer Tafel gab also das Schicksal in reichem Maße das Seine. So möge Gott Ihre Ehen segnen und unter seinen besonderen Schutz nehmen!«

Man stieß mit den Gläsern an, und Frau Doktor Wanner flüsterte ihrer jungen Stiefmutter zu: »Ein bißchen zu lang – jedoch nicht ohne Einfall. Das mit dem goldenen Ruhekissen fand ich allerdings reichlich taktlos.«

Herr Testini hatte seinen Schwiegersohn in eine Ecke gezogen und überreichte ihm den Scheck, der auf eine Million lautete.

»Ich vertraue Ihnen mein einziges Kind an«, sagte er leicht bewegt, »machen Sie es glücklich.«

Er beugte sich ein wenig vor, als beabsichtige er, ihn zu küssen. In diesem Augenblick wurde der Mokka mit Meukow und Chartreuse serviert, und Wanner konnte sich noch rechtzeitig dem geplanten Überfall entziehen – auch drängte sich jetzt Miß Bottchen an Testini heran.

»Zwischen uns wäre ja soweit alles erledigt«, sagte sie in freundlichem Tone, »es handelt sich nur noch um eine Bagatelle.« Und damit überreichte sie ihm das von der ehemaligen Komtesse Seckendorf unterzeichnete Schriftstück.

Herr Testini war sprachlos.

Eine Sekunde zauderte er, ob er nicht vor Gattin, Schwiegersohn und Tochter der unverschämten Person den Wisch um die Ohren schlagen sollte. Aber der Gentleman in ihm siegte.

»Mit dem größten Vergnügen«, sagte er und sah 270 sie dabei mit den giftigen Augen an. Zugleich füllte er einen Scheck über fünfzigtausend Mark aus und überreichte ihn Miß Bottchen.

»Papa, jetzt müssen wir aufbrechen.«

Sie umschlang Herrn Testini – die beiden jungen Ehemänner schüttelten sich die Hände – dann umarmten sich die jungen Frauen. Zuletzt küßte die neugebackene Charlotte Testini Doktor Wanner.

Teresina schien es, als ob hier allzu gründliche Arbeit geleistet würde. Sie berührte ihren Mann leicht an der Schulter.

»Ernst, wenn wir noch eine Stunde durch den Hydepark fahren wollen, ist es die höchste Zeit.«

Herr Testini beglich die Rechnung – und im Nu waren beide Hochzeistpaare verschwunden.

Wer zurückblieb – war Miß Bottchen. Sie lockerte ihre Bluse und fiel breitbeinig in ihren Stuhl zurück. Einen Moment blickte sie abgespannt ins Leere – dann griff sie langsam zu einer der Sektflaschen und füllte ihr Glas bis zum Rande. Mit einem Zuge trank sie es aus. Ihr Gesicht belebte sich wieder – ihre Augen begannen zu funkeln.

Sie zog ihr Notizbuch heraus, und blätterte darin. »Zweihundertfünfundsiebzigtausend Mark«, murmelte sie mit noch feuchten Lippen.

Die Provision in der Ehesache Wanner betrug rund zweihunderttausend. Dazu kamen die fünfzigtausend der Seckendorf, und die letzten fünfundzwanzigtausend hatte der Großindustrielle blechen müssen.

Über eine Viertelmillion war bei dem Handel herausgesprungen. Es hatte Mühe, Arbeit, Schweiß 271 gekostet. Aber das Ergebnis konnte sich sehen lassen – es war ein glücklicher Fischzug gewesen . . .

Wieder versank Miß Bottchen in tiefes Nachdenken.

War jetzt nicht der geeignete Moment gekommen, fragte sie sich, das trübe Gewerbe einer Polizeiagentin an den Nagel zu hängen und sich ins Privatleben zurückzuziehen? . . . War es nicht eine herrliche Vorstellung, allsommerlich in Karlsbad ihre Galle zu pflegen, nachmittags bei Pupp den berühmten Kaffee zu trinken, um mit gestärkten Gliedern nach Berlin zurückzukehren und dreimal wöchentlich ihre Bridgepartie zu spielen?! . . .

Die Leute der Geheimabteilung in dem roten, nüchternen Ziegelbau am Alexanderplatz konnten sie dann gerne haben – diese Gesellschaft, die sich eingebildet hatte, sie wie eine Schachfigur heute dahin, morgen dorthin rücken zu können.

Sie kicherte in sich hinein: Das war ja ihr Triumph, daß sie das Spiel stets in den Händen gehabt und das Pack am Narrenseil geführt hatte.

Nein – es war noch zu früh, eine Position aufzugeben, die ihr für alle ihre Pläne und Projekte einen derartigen Rückhalt bot.

Und würde sie denn, gerissen aus dem bunten Wirbel des Abenteuers, überhaupt existieren können?! . . . Müßte sie nicht an der Schalheit und Eintönigkeit des Daseins ersticken?! . . .

Miß Bottchen beschloß, fürs erste ihre Stellung am Berliner Polizeipräsidium nicht aufzugeben. 272

 


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