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VII. »Der Fechter von Ravenna.«

Obgleich eigentlich zur Bühnengeschichte des Stückes gehörig, muß doch schon hier der merkwürdigen und in der neueren Geschichte unserer Literatur nahezu unerhörten Vorgänge gedacht werden, welche das Erscheinen des Trauerspieles: »Der Fechter von Ravenna« im Jahre 1854 und später zu Tage förderte. Dies erscheint deshalb nötig, weil die »Fechterfrage« eine so große Bedeutung für Halms Gemütsleben, ja sogar für seine ohnehin nicht feste Gesundheit erlangt hatte, daß sie nicht nur mit Bezug auf die literarische Entwicklung und Stellung des Dichters, sondern durch seine Haltung in der Frage auch für sein Tun und Denken bemerkenswert zu nennen ist. Allerdings muß dabei, wie das erwähnte Datum anzeigt, wieder um einige Jahre zurückgegriffen werden.

Schon im März 1852 hatte Halm nach Quellen, über die später noch seine eigene Erklärung Auskunft geben wird, das Trauerspiel »Der Fechter von Ravenna« begonnen, aber durch Umstände mannigfacher Art gehindert, es erst zu Ende 1853 vollendet. Nur im allerengsten Kreise war er als Verfasser bekannt, da er die Absicht hatte, das Stück vollständig anonym dem Direktor des Burgtheaters, Laube, einzusenden. Dies geschah auch im Januar 1854. Laube erhielt das anonym eingereichte Drama über Dresden. Das Stück kam (am 18. Oktober) im Wiener Burgtheater anonym zur Darstellung und erregte nach den ersten wenig beachteten Aufführungen bald außerordentliches Aufsehen. Was den Verfasser betrifft, so mutmaßte man (mit Putlitz' Worten) »hin und her und nur der alte Grillparzer ließ sich nicht täuschen! Das Stück, hatte er gleich gesagt, konnten nur zwei Dichter gemacht haben – Halm oder ich; da ich nun weiß, daß es nicht von mir ist, muß es von Halm sein! Aber Halm leugnete hartnäckig.« Die Autorschaft des »Fechters« nahm nun alle literarischen Kreise in Anspruch und es wurden in allen möglichen Zeitungen und Zeitschriften die verschiedensten Vermutungen über den Verfasser aufgestellt, da das Stück mit großem Beifalle schon über viele deutsche Bühnen gegangen war. Die Tantiemen aber, welche der Verfasser zu fordern berechtigt war, wurden nirgends behoben und es fehlte somit jeder Anhaltspunkt. Plötzlich meldete sich erst im zweiten Jahre draus ein Schulmeister, Franz Bacherl aus Oberpfaffenhofen in Bayern, und erklärte, unterstützt von einem literarischen Verteidiger, O. v. Schorn in München, er, Bacherl, habe schon im März 1854 einige Hefte von Jugendgedichten, darunter auch ein dramatisches Stück, »Die Cherusker in Rom«, an Direktor Laube mit der Bitte um Unterstützung zur Herausgabe der Dichtungen gesendet. In den übrigens ganz kurz und schülerhaft abgefaßten »Cheruskern in Rom« fanden sich, wie sich später herausstellte, allerdings in mehreren Punkten einige Ähnlichkeiten mit kleinen Einzelheiten des »Fechters«, aber von einer eigentlichen Benutzung des Stoffes, zumal von seiten eines so hervorragenden Dramatikers wie Halm, konnte doch wohl keine Rede sein. Die Angelegenheit wurde in der Öffentlichkeit viel besprochen und namentlich die Augsburger »Allgemeine Zeitung« nahm zunächst für Bacherl im Jahre 1856 energisch Stellung und brachte eine ganze Reihe von Artikeln in der »Fechterfrage«, deren viele sich gegen Laube richteten und ihn für den Mitwisser und Förderer des begangenen »Plagiates« erklärten. Dieser hatte seinerzeit die Stücke Bacherls, welche die erwähnte Sendung enthielt, als »zur Aufführung nicht geeignet« an Bacherl zurückgestellt. O. v. Schorn, fortwährend als Verteidiger des talentlosen Schulmeisters auftretend, erging sich in allen möglichen Angriffen und Verdächtigungen Laubes, bis dieser eine ernste und würdige Entgegnung veröffentlichte. Er erklärte darin, wie ihm damals jene Manuskripte von Bacherl eingesendet worden und seinerseits gar nicht ernst beachtet worden seien, namentlich nicht jene »Stücke«, welche »auf dem Briefbogen eine sogenannte Tragödie erledigen und der komischen Wirkung viel näher stehen als der tragischen«. Auch bemerkt Laube, daß der »Fechter« wohl früher als »Die Cherusker« entstanden ist und erklärte in umständlicher Weise die Begriffe von literarischem Eigentum. Er deutete schließlich auf die Entmutigung hin, welche durch ein solches Verfahren den produzierenden Kräften eingejagt wird. »Der Verfasser des Fechters z. B.«, meinte er, »dessen Name hier in Wien keinem Kunstverständigen zweifelhaft, gibt uns ein so tüchtiges Stück, welches das ganze Vaterland erfrischt und bewegt, er verlangt nicht Ruhm und Lohn dafür und muß sich nach Jahren in europäischen Blättern auf den Kopf Zusagen lassen: du hast offenbar dein Stück entwendet« usw.

In der Angelegenheit nahmen auch Saphir in kaustisch-polemisierender Weise und Karl Gutzkow ernst und sachlich das Wort. In diesem Gewirre von Meinungen und Gegenmeinungen konnte schon Laubes wegen Halm nicht mehr schweigen und so veröffentlichte er denn jene Erklärung, die in eine große Zahl von Zeitungen übergegangen ist, in der Wiener Österreichischen Zeitung vom 27. März 1856, deren Text lautet:

Erklärung.

Es war bisher meine Absicht, dem »Fechter von Ravenna« bei seiner Aufnahme in die demnächst erscheinende Gesamtausgabe meiner Werke eine geschichtliche Darstellung seines Ursprungs und seiner Schicksale beizufügen: die Angriffe aber, denen Dr. Laube seither aus Anlaß dieses Stückes ausgesetzt war, machen es mir zur Pflicht, mich schon jetzt als seinen Verfasser zu erklären, und hier vorauszusenden, was mit dem Stücke erscheinen sollte.

Was mich veranlaßte, anonym aufzutreten, war neben vielen anderen Gründen, die nicht hierher gehören, der Wunsch, eines meiner Stücke sich selbst überlassen, von dem Einflüsse des Namens seines Verfassers weder begünstigt noch benachteiligt, seinen Weg machen zu sehen. Daß ich die einmal angenommene Anonymität konsequent festzuhalten strebte, liegt in der Natur der Sache; daß ich sie nicht früher aufgegeben, findet seine Erklärung in den Umständen, die bisher das Erscheinen der Gesamtausgabe meiner Werke verzögerten.

Die Anregung zur Verfassung meines Stückes verdanke ich zunächst Göttlings »gesammelten Abhandlungen aus dem klassischen Altertume«. Dieses Buch, das im Jahre 1851 zu Halle erschien, und im Dezember desselben Jahres zufällig in meine Hände geriet, enthält einen Aussatz, der den Titel führt: »Thusnelda, Arminius' Gemahlin und ihr Sohn Thumelicus« und der auf 24 Seiten alle die letztgenannten Personen betreffenden Momente so genau und vollständig zusammenstellt, und daraus so schlagende Folgerungen ableitet, daß mir nach dem ersten Durchsehen derselben der Entwurf meines Trauerspieles in allen Hauptmotiven frisch und lebendig vor der Seele stand.

Ich führe die Stellen an, aus deren Verbindung und Vergleichung sich in mir, wie von selbst, der Grundgedanke meines Stückes, der Kern der Handlung entwickelte:

Seite 395. Tacitus erzählt im ersten Buch der Annalen (58): Arminius' Gemahlin gab einem Sohne das Leben; der Knabe ward in Ravenna erzogen, und zu welchem Hohne des Schicksals er bald nachher aufgespart worden, werde ich zu seiner Zeit berichten. – Aus diesen Worten ergibt sich zuerst, daß Thumelicus, Arminius' Sohn, entfernt von seiner Mutter erzogen wurde, welche wahrscheinlich in Rom zurückblieb, während der Knabe nach Ravenna gebracht ward.

Seite 396. Thusneldas Seele war feurig und patriotisch wie die ihres Gemahls; sie hätte den Sohn, wenn er bei ihr geblieben wäre, sicher im Haß gegen die Römer erzogen; darum ward er von ihr getrennt.

Seite 400 wird auseinandergesetzt und durch die Berichte Senecas nachgewiesen, wie ehrenrührig es freien Germanen erschien, an einem öffentlichen Kampfe teilzuneymen und wie sie lieber sich selbst auf eine gräßliche Weise den Tod gaben, als sich der Schmach aussetzten, den Römern ein solches Beispiel ihrer Tapferkeit um einen ehrlose» Zweck und zum Hohne ihres Volkes zu gewähren.

Wird mit diesen drei Stellen nun noch die vierte verbunden:

Seite 399. Der Hohn aber, den Tiberius nach Tacitus' Angabe über den unglücklichen Jüngling (Thumelicus) verhängt haben wird, kann schwerlich in etwas anderem bestanden haben, als daß der Sohn des Arminius, des Befreiers der Deutschen, der Besieger der Römer, zum Gladiator auferzogen, später gezwungen ward, zur Feier eines Sieges, welchen die Römer über sein Vaterland davongetragen, öffentlich im Amphitheater oder Zirkus, vielleicht in Rom selbst zu kämpfen;

und erinnert man sich noch, daß nach Seite 398 Thusnelda in Rom blieb, so liegt die Annahme, daß sie von diesem Vorhaben der Römer erfuhr, und bei ihrem Charakter das Äußerste aufbieten mußte, die hier besprochene, ihrem Sohne und in ihm ihrem Vaterland bereitete Schmach abzuwenden, ganz nahe, und wer von künstlerischer Komposition einen Begriff hat, muß einsehen, daß mir damit die Verwicklung eines Stückes und die Katastrophe, auf die es hinausläuft, in ihren Hauptzügen gegeben war. Nur in einem bin ich von Göttling abgewichen, darin nämlich, daß ich Thumelicus in den letzten Tagen des Caligula fallen lasse, während Göttling seinen Tod unter der Regierung Tibers annimmt. Ich glaubte mich dazu berechtigt, weil Tacitus in seinem Berichte über die Herrschaft Tibers des Todes des Thumelicus nicht erwähnt, weil es also doch immer im Bereich der Möglichkeit bleibt, daß er noch die Regierung Caligulas erlebt habe, weil der Versetzung der Handlung von den letzten Tagen Tibers (gest. 37 n. Chr.) in die letzten Caligulas (gest. 41 n. Chr.) das Alter des Thumelicus (gest. 16 n. Chr.) nicht im Wege steht, vor allem aber weil der halbwahnsinnige Caligula sich als ein bei weitem besserer und bühnenwirksamerer Repräsentant des entnervt und entsittlicht zusammenstürzenden Römertums darstellt, als der finstere, die letzten Jahre seines Lebens einsam aus Capri verschweigende Tiber.

Was die Sendung des Merovig betrifft, so habe ich sie ebenfalls nach Göttlings Andeutungen aus Tacitus, Annalen XI, 16, geschöpft, wo berichtet wird, daß die Cherusker sich von Kaiser Claudius (nach dem Tode des Thumelicus), dem letzten Sprossen ihres alten Fürstenstammes, den Sohn des Flavins Armin zum Könige erbaten und erhielten. Ich fand mich dadurch zu der Fiktion veranlaßt, daß einige Jahre früher in den deutschen Fürsten und Völkern die große Idee Armins, durch Vereinigung aller deutschen Stämme Roms Übermacht zu brechen, noch einmal aufflammte, und daß sie in diesem Sinne Merovig nach Rom gesandt hätten, den Sohn Armins aus der Knechtschaft zu lösen, und an die Spitze ihres Unternehmens zu stellen.

Glabrio und Lyeisca sind rein erfunden, römische Entsittlichung und Versumpfung in anderen Teilen darzustellen. Wenn ich dagegen den Sohn Armins von der Mutter Sigmar, von den Römern Thumelicus nennen lasse, so geschieht das nach Göttlings Andeutung S. 398 u. 390; der Fechterschule zu Ravenna wird Seite 397, der Ramis, der Gefährtin Thusneldas Seite 389 und 404 gedacht usw.

Für den Einsichtsvollen also zeigt sich, daß ich nirgend weiter zu suchen, nur wenig zu erfinden, und bloß das in dem Göttlingschen Aufsatze fleißig und verständig zusammengetragene Material zweckmäßig zu ordnen und zu verbinden hatte, um sofort den Bau beginnen zu können.

Dies geschah am 6. März 1852 und zwar mit jener Partie des Stückes, die jetzt die zweite Hälfte des zweiten Aktes ausmacht; aber ehe ich noch zum Schluß des Aktes gekommen, nötigte mich ein schmerzliches, ebenso erschöpfendes als hartnäckiges Nervenleiden, meine Arbeit aus Wochen und Monate beiseite zu legen; erst am 2. November 1852 konnte ich daran denken, sie wieder auszunehmen und mit Nachdruck durchzuführen.

Am 5. Januar 1853 war der erste, am 29. Januar 1853 der zweite, am 28. April 1853 der dritte Akt vollendet. Von Geschäften abgehalten, den vierten Akt unmittelbar nach Vollendung des dritten Aktes in Angriff zu nehmen, hinderten mich später wiederholte Krankheitsfälle, den endlich begonnenen fortzusetzen und nötigten mich zuletzt, im Juli 1853, alle Arbeiten beiseite zu legen und zur Wiederherstellung meiner Gesundheit eine Badereise anzutreten. Nach meiner Rückkehr von Karlsbad vollendete ich am 15. Oktober 1853 den vierten, am 17. November 1853 den fünften Akt.

Ich unterzog nun mein Stück einer letzten prüfenden Durchsicht, nahm die nötigen Kürzungen vor, besorgte mit aller Vorsicht einige Abschriften und sandte es sodann, nachdem es am 20. Dezember 1853 in einem kleinen Kreise vorgelesen worden, am 17. Januar 1854 nach Dresden, von dort ging es am 19. Januar an den artistischen Direktor des Hofburgtheaters Dr. Laube ab, begleitet von einem undatierten Schreiben, worin um Antwort unter der Adresse F. Wilhelm, Dresden poste restante ersucht wurde. – Die beiden unter dieser Adresse an mich gelangten Schreiben des Dr. Laube vom 3. April 1854 und Sr. Exc. des Herrn Oberstkämmerers Grafen von Lanckoronski vom 14. Mai 1854, die beide entschuldigen, daß die Briefe des Verfassers des »Fechter von Ravenna« bis dahin nicht beantwortet worden, beweisen das wirkliche Eintreffen der Sendung.

Das letzterwähnte Schreiben vom 3. April 1854 ist das einzige, das ich von Dr. Laube in Beziehung auf den »Fechter von Ravenna« von 1854 an gefangen bis zur Aufführung dieses Stückes am 18. Oktober 1854 empfing.

Der »Fechter von Ravenna« ist am 18. Oktober 1854 unverändert, wie ich ihn im Januar der Direktion des Burgtheaters eingesendet, gegeben worden; wer das Gegenteil behaupten wollte, hätte es zu beweisen.

Hier endet meine geschichtliche Darstellung! – Daß mir und allen Beteiligten daran gelegen sein muß, die volle Richtigkeit derselben außer Zweifel gestellt zu sehen, liegt am Tage. Gleichwohl entfällt für mich ja der Grund, durch die fernere Verhandlung dieser Angelegenheit in den öffentlichen Blättern das Publikum noch weiter zu ermüden. Ich habe mich als Verfasser des »Fechter von Ravenna« erklärt und dadurch jedermann Gelegenheit geboten, seine vermeintlichen Ansprüche aus gerichtlichem Wege gegen mich zur Sprache zu bringen; in den öffentlichen Blättern werde ich nicht mehr Rede stehen.

Friedrich Halm.

Mit dieser vornehm und wahr gehaltenen Erklärung Friedrich Halms schien die Angelegenheit in den Kreisen der billig und verständig Denkenden abgeschlossen. Aber es fehlte noch immer nicht an Zeitungsartikeln und Hinweisen auf mögliche andere Quellen, denen der »Fechter« seinen Stoff entnommen haben könnte. Auch Bacherl selbst hatte manche von ihm gefertigte Veröffentlichung in den Zeitungen gebracht, wohl hauptsächlich auf Veranlassung O. v. Schorns und der bayerischen Anhänger der Ansicht vom Plagiat. Zu diesen gehörte nun allerdings Franz Dingelstedt, welcher damals die Hoftheaterintendantenstelle in München bekleidete, nicht. Derselbe war durch mehr als 10 Jahre mit Münch bestens befreundet und in herzlichem Briefwechsel gestanden. Als die »Erklärung« Halms erschienen war, ließ Dingelstedt den »Fechter« im Münchener Hoftheater am 15. April 1856 zuerst nicht anonym mit der Bezeichnung »von Friedrich Halm« aufführen. Es gab dies Veranlassung zu einem unerhörten Theaterskandale nach Schluß des Stückes und zu Insulten des Intendanten Dingelstedt von seiten der zahlreichen Anhänger Bacherls. Den ganzen Verlauf dieses Fechterskandales im Münchener Theater und außerhalb desselben hat Dingelstedt später in seinen »Münchener Bilderbogen« (1879) genau und lebendig dargestellt, auch wie es der Partei gelang, den Intendanten um die Gunst des Königs Max zu bringen, so daß Dingelstedt in der Folge dieses seines Postens enthoben wurde. Was den »Fechter-Unsinn« betraf, so hatte allerdings Dingelstedt schon in einem Briefe von 1856 an Baron Münch geschrieben: »Die ganze Sache ist in ein Stadium getreten, worin sie dem Kladderadatsch und den Fliegenden Blättern verfällt.« lind dieser Standpunkt erscheint wohl auch als der richtige. Die Ansicht der Einsichtsvollen war: Bacherl habe, nachdem er die Ausführung des Fechters gesehen, die Ähnlichkeiten in sein Stück hineingearbeitet und in dieser Form seine »Cherusker« auch zum Drucke gebracht, in dem das sogenannte Drama in der Tat erschienen ist. Bacherl, welcher sich immer als »Teutone« gebärdete, zog übrigens nachher von Stadt zu Stadt und las gegen Eintrittsgeld sein »Stück« und andere unsinnige Dichtungen vor, wobei er allerdings ein großes Publikum hatte, das aber doch eigentlich mehr um den halb Verrückten zu verhöhnen gekommen war. Die Polizei selbst stellte diese »Vorträge« ein. Als »halb komische, halb verdächtige« Figur verschwand der Verfasser der »Cherusker in Rom« aus der Öffentlichkeit, um nie wieder aufzutauchen. Sein Name wäre überhaupt nie genannt worden, wenn ihn nicht seine Verquickung mit dem berühmten Dichternamen Friedrich Halms vor das literarische Publikum gebracht hätte. Man kann sich die Summe von Kränkungen und Ärger denken, welche dem namentlich im Ehrenpunkte empfindlichen Dichter Halm durch den ganzen großen Fechterskandal bereitet wurde. Er zog sich seitdem noch mehr zurück und wurde noch mißmutiger. Am 16. Juli 1856 schreibt Münch aus Karlsbad an Julie Rettich: »Zu meinem Ärger ist in der gestrigen Allgemeinen Zeitung ein neuer Fechter von Ravenna als erschienen angekündigt, ein Stück, das der Ankündigung nach die Bacherlsche Geschichte dramatisch verarbeitet und wahrscheinlich sich über ihn wie über mich lustig macht. Wird denn die Geschichte gar kein Ende nehmen?« Es ist das in der Augsburger Allgemeinen Zeitung Nr. 196 von 1856 (Beilage) vom Verleger Theodor Bläsing in Erlangen angekündigte: »Der Fechter von Ravenna. Großes historisches Trauerspiel in fünf Akten. Freie Übersetzung aus dem Deutschen eines unbekannten Verfassers.« Dem auch damals mit ihm gleichzeitig in Karlsbad weilenden Direktor Laube wich Münch mehr als je aus, da er dem Verdrusse über die Fechter-Angelegenheit durch Gespräche mit Laube entgehen wollte.

Aber Münchs Vertrauter, Faust Pachler, hat einen parodistischen Einakter verfaßt, welcher unter dem Titel »Der falsche Bacherl« den Fechterrummel zum Gegenstande einer dramatischen Farce gestaltete. Dieselbe spielt in Krähwinkel und führt einen Dichter vor, der sich für Bacherl ausgibt, aber durch das Erscheinen des angeblich wirklichen Bacherl, welchen ein Redakteur in die Gesellschaft bringt, entlarvt wird. Allerdings stellt sich heraus, daß auch dieser Bacherl nicht der echte ist, da nur der Bediente des erwähnten Redakteurs die Rolle Bacherls übernommen hat. Zum Schluß weist der Arrangeur des Scherzes eine Liste aller dramatischen Stoffe des »Urfechters« auf, welche Bacherl noch zu bearbeiten gedenkt, »wegen der Priorität, damit keiner zufällig in andere Hände kommt«. Es ist dies ein Register zur – Weltgeschichte.

Das witzig geschriebene Stückchen ist allerdings nie zum Drucke gelangt, verdient aber hier als Manifestierung der Schlußansichten über die ganze Frage eine gewisse Beachtung.


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