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Friedrich Halms Leben und Wirken.

I. Kindheit und Jugendzeit.

Der Dichter, welcher in der neueren deutschen Literatur unter dem Decknamen Friedrich Halm bekannt und berühmt geworden ist – Rudolf Gottschall zählt ihn »zu den ersten Zierden des österreichischen Parnasses« – hieß mit seinem wahren Namen Eligius Franz Josef Freiherr von Münch-Bellinghausen. Seine Vorfahren gehörten männlicherseits dem Kurtrierschen Adel an. Einem Johann Joachim Georg von Münch, welcher mütterlicherseits von den Bellinghausen abstammte, wurde am 6. Juni 1745 der erbliche Reichsfreiherrnstand mit dem Prädikate von Bellinghausen verliehen. Die Vorfahren dieses Münch-Bellinghausen standen fast ausnahmslos in trierschen Diensten, die Nachkommen in österreichischen. Der Großvater des Dichters, Franz Josef v. Münch-Bellinghausen, mit Elisabeth Freiin v. Penkler vermählt, wurde 1794 vom Kaiser Franz II. im Reichsfreiherrnstand bestätigt. Er hatte fünf Söhne, deren einer, Cajetan, die Beamtenlaufbahn, und zwar in Galizien, betrat, und im Jahre 1805 sich in Krakau, wo er als Landrat wirkte, mit Therese v. Deuster vermählte.

Als Sohn dieses Paares wurde am 2. April 1806 um ½8 Uhr morgens Eligius Freiherr v. Münch-Bellinghausen, der nachmalige Dichter Friedrich Halm, in Krakau geboren, ein »äußerst gesunder und großer Bub«, wie der glückliche junge Gatte einem seiner Oheime melden konnte. Eine Schwester, Maria Therese Elisabeth, folgte im Jahre 1807 nach, Baronin Therese aber starb schon im Jahre 1810 und die Kinder blieben mutterlos zurück.

Es sei gleich an dieser Stelle angeführt, daß Münch, welcher zuerst in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts für die von ihm verfaßten Gedichte das Pseudonym S. Fidel – es soll Sophiae fidelis zu deuten sein – gewählt nach dem Titel eines heute verschollenen Romans »Reiseabenteuer von Anton Halm«, der auf ihn große Wirkung ausübte und wahrscheinlich wegen der Ähnlichkeit des Namens Friedel (Friedrich) mit Fidel sich den berühmt gewordenen Namen »Friedrich Halm« beilegte. Zuerst 1834 anläßlich der Veröffentlichung einiger Gedichte in der »Wiener Zeitschrift« und bald darauf beim Hervortreten auf der Bühne mit seinem ersten erfolgreichen Drama Griseldis.

So lange die Mutter lebte, deren Bild sich tief in das Herz des Sohnes eingegraben hat, war sie es vorzüglich, an welcher die beiden Kinder hingen. Der Vater erscheint als ein streng geschulter ausgezeichneter pflichtgetreuer Beamter, aber ohne jegliches Interesse für künstlerisches oder höheres wissenschaftliches Streben und stand daher dem Sohne auch nur als strenges Familienoberhaupt gegenüber, ohne einen milderen Einfluß auf denselben auszuüben. Vielmehr blieb ein solcher der zarter angelegten Mutter vorbehalten, welche, da der Gatte 1811 als Appellationsrat nach Brünn versetzt wurde, mit den Kindern in einen Ort der Umgebung Wiens zog. »Mit ihrem Hinscheiden versiegte der reiche Quell an kleinen Liedern und schönen Märchen, dem der kleine Münch Stoff und Anregung zu jenen naiven Dramatisierungen dankte, von denen, als den ersten Regungen seiner künstlerisch angelegten Natur, einer seiner Jugendfreunde berichtet und denen bei ihrer Darstellung ein einfaches Schachbrett als bescheidenes Podium und dessen Figuren als Personale genügen mußten.« Freiherr Cajetan v. Münch kam 1814 als Hofrat zur obersten Justizstelle nach Wien und verheiratete sich 1816 neuerlich mit Marie Anna Freiin Guldenmüller von Güldenstein, welcher Ehe zwei Töchter, Henriette und Camilla, entsprossen. Er starb in Wien 1831.

Nach dem Tode der Mutter wurde Eligius dem Plebanschen, einem hervorragenden Erziehungsinstitute der Residenz, übergeben, welchem allerdings der Vorwurf gemacht ward, daß es das leibliche Wohl der Zöglinge mehr ins Auge fasse als das geistige und später seine Freundin Julie Rettich zu der Bemerkung veranlaßte, »er habe dort nur auf gutes Essen halten gelernt, erzogen worden sei er aber nicht«. Nachdem aber Freiherr Cajetan v. Münch seinen Amtssitz in Wien bezogen, gab er seinen Sohn »Eligi« zur Verpflegung und Erziehung in das Stift Melk, dessen Gymnasium sich eines vortrefflichen Rufes erfreute.

Die Schwester Maria Theresia, bis dahin bei weiblichen Verwandten in der Pflege, wurde zu gleicher Zeit dem Stifte der Englischen Fräulein in Krems anvertraut. Eligius wird aus jener Zeit als ein gutgearteter, wenn auch etwas eigensinniger, rascher und launenhafter Knabe geschildert, der weder leicht engere Kameradschaft schloß, noch lärmende Vergnügungen liebte. Er las damals ihm zugängliche Bücher aller Art und ein kleines Theater aus der Ederschen Kunsthandlung in Wien bot ihm große Unterhaltung; »zu den auf demselben dargestellten vorhandenen Stücken gesellten sich bald freie Erzeugnisse seiner schon lebhaften Phantasie. In Melk war es, wo der Konventuale des Stiftes, Michael Enk von der Burg, als Münchs wohlwollender, wenn auch etwas derber Klassenvorstand den Knaben zuerst kennen lernte, für dessen spätere poetische Entwicklung dieser Geistliche von solcher Bedeutung werden sollte. Der frische Knabe Eligius, von gedrungener Gestalt, trug damals ein seltsam exklusives Wesen zur Schau, er verkehrte bei seiner Kostgeberin, der bejahrten einfachen Witwe eines Verwalters Stenzler, fast nur mit dieser, und besuchte mitunter seine stets von ihm überaus geliebte Schwester in Krems, welche leider bald darauf der Tod ereilte, welches Ereignis in dem Herzen des jungen Eligius einen tiefen Schmerz zurückließ. Was den wissenschaftlichen Fortgang betrifft, so war derselbe nur ein mittelmäßiger. Freilich dauerte der Aufenthalt in Melk nicht lange, schon 1816 finden wir Münch als Schüler des Schottengymnasiums in Wien, wo er unter dem väterlichen Dache im Heiligenkreuzerhofe wohnte. In jenem Gymnasium machte sich bald ein Umschwung in seinen Lernerfolgen bemerkbar und nach und nach wurde er, mit Ausnahme des Latein, in allen Gegenständen ein vorzüglicher Schüler. Schon damals ist in dem Mansarden-Zimmerchen, welches er bewohnte und das über der Wohnung seiner Eltern gelegen war, manches Gedicht entstanden, er besingt später in einem derselben dieses Studentenstübchen und dessen Einfachheit, aber auch den Besuch »der Musen«, welcher ihm in dem »einfachen Gemache« mit »holprigen Dielen«, »kahler Wand« und »drückend niederer Decke« zuteil wurde.

Im Jahre 1819 trat Münch in die philosophischen Studien, davon drei Jahrgänge nach dem damaligen Lehrplane in Österreich dem eigentlichen Fachstudium vorangehen mußten. Tüchtige Lehrkräfte waren es, denen er hier seine weitere wissenschaftliche Ausbildung verdankte, so der für damals allzu freisinnige Philosoph Leopold Rembold, der Mathematiker Josef Jenko, der Lateiner Anton Stein und andere.

Zu jener Zeit lernte der junge Dichter auch unter seinen Kollegen so manche selbst auf poetischem Gebiete Mitstrebende kennen, mit denen er später in Verkehr trat. Einer derselben, der einst überaus volkstümliche Johann Gabriel Seidl, hat in einer biographischen Skizze Friedrich Halms aus dem Jahre 1850 eine ansprechende Schilderung des Lebens in den philosophischen Jahrgängen der Wiener Hochschule aus jenen Tagen entworfen, der hier einiges mit Seidls, des Zeit- und Kunstgenossen eigenen Worten, entnommen sei. »Es war eine schöne Zeit, dies Triennium von 1819-1821, das letzte, das der Reduktion des philosophischen Lehrkurses auf zwei Jahrgänge voranging! Nicht bald dürften auf dem schmalen Gange vor den unfreundlichen, fast stallähnlichen Hörsälen des alten Jesuitenklosters so viele Jünglinge, aus denen nachher Männer von weitverbreitetem Rufe geworden sind, umhergewandelt sein als eben damals. Abgesehen von jenen, die im Staats- und Geschäftsleben verdienstlich gewirkt haben und zum Teile noch wirken, will ich hier nur einige erwähnen, die auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft mitunter noch jetzt allenthalben mit Auszeichnung genannt werden.« Seidl führt sodann die Namen einer ganzen Reihe bekannt und selbst berühmt gewordener Dichter an, so Nikolaus Lenau, Eduard v. Bauernfeld, Ludwig Halirsch, Hermann v. Hermannsthal, C. G. R. Herloßsohn, Eduard v. Badenfeld, J. A. Moshammer, die Gelehrten Franz Exner, Leopold Schulz von Strasznicki, C. W. Huber, den Komponisten Hoven und andere. »Und unter diesen Jünglingen,« fährt Seidl fort, »saß auch und zwar geraume Zeit hindurch an meiner Herzensseite, einer der jüngsten, ein schmächtiger, ziemlich stark aufgeschossener stiller Jüngling, mit sprechenden aber auffallend schwachen Augen, straffem Haare, etwas gedämpfter Stimme, einfach, in sich verschlossen, wortkarg, aber einnehmend in seinem anspruchslosen Äußeren, das ein desto regsameres Leben im Innern zu verbergen schien. Es war unser – Münch.« Der Biograph berichtet hierauf, wie er durch einen Zufall während der Stunde des Religionsprofessors Weintridt in der Sommerschwüle auf der Bank eingenickt, den Kollegen Münch zum Falle von der Bank und durch die folgenden Entschuldigungen es zur herzlichen Verständigung mit demselben gebracht habe, worauf sich die neuen Freunde auch ihre schon entstandenen poetischen Erstlinge mitteilten. Um diese Zeit gab ein gewisser C. Fr. Weiß ein dürftig ausgestattetes, in zwanglosen Heften erscheinendes poetisches Blatt: »Die Cicade« heraus, welchem Seidl und Münch ein ähnliches Unternehmen zur Seite stellen wollten, wozu es jedoch nicht kam; aber eine Zahl von Gedichten und Novellen, die der 13jährige Münch verfaßt und mit den Pseudonymen El. Mayer und E. Belling unterfertigt hatte, gab er dem neugewonnenen poetischen Freunde zur Begutachtung. Dieser hat sie zur Erinnerung aufbewahrt und als Halms »Griseldis« den Namen Münchs zehn Jahre später mit Ruhm umgab, hervorgesucht und diese Jugendschöpfungen mit Interesse wieder durchgesehen. Die Verhältnisse brachten übrigens bald darauf die zwei jungen Poeten in verschiedene Kreise und es bildete sich kein näherer Verkehr zwischen ihnen aus.

Mit sechzehn Jahren trat im Jahre 1822 Baron Münch in die juristischen Studien, wo er Professoren wie Egger, Dolliner, Wagner, Kudler hörte, und mit großem Fleiße der Rechtswissenschaft oblag. Sein letztes glänzendes Zeugnis ist vom 14. August 1826 ausgestellt und da er früher schon »bei dem Gerichte des Wiener Metropolitan-Kapitels zu auskultieren begonnen,« bewarb er sich in demselben Monate um eine Konzeptspraktikantenstelle bei dem k. k. Fiskalamte Oberösterreichs. Nach Ablauf einer vorgeschriebenen Prüfungszeit wurde er im Dezember 1826 zum »unentgeltlichen Konzeptspraktikanten« ernannt. Doch erscheint es notwendig, nunmehr auf einige Jahre zurückzugreifen, um die merkwürdig frühzeitig erfolgte Heirat des jungen Beamten und Poeten Münch zu erklären. Noch als Hörer der Rechte wurde er mit der Familie des Freiherrn Franz v. Schloißnigg bekannt, welcher den alten Herrensitz, das Schloß Ebergassing, in der östlichen Abdachung des Donaubeckens, nicht fern von der ungarischen Grenze, besaß, woselbst er mit seinen Kindern und Neffen im Sommer öfter weilte. »Die Bekanntschaft mit Schloißnigg und dessen zwei blühenden Töchtern Sophie und Albertine machte Münch wohl auf einem jener jeden Mittwoch des Faschings abwechselnd bei Frau Pereira und bei Baron Karl Rothschild üblichen Thés dansants, die alles in sich vereinten, was in Wien von höheren und geistigen Interessen und harmloser Lebenslust beseelt war.« In dem Schlosse Ebergassing wurde der junge Jurist bald ein gern gesehener Gast und bald auch hatte sich in seinem Herzen eine Neigung zu Sophie, der älteren von den beiden anmutigen Schwestern, gebildet, welche immer mehr Wurzel faßte. Es waren schöne Tage, welche Münch in dem freundlichen Parke des Schlosses in Gesellschaft der Familie Schloißnigg und namentlich der zwanzig- und sechzehnjährigen Mädchen verlebte.

Der Biograph Naab schildert dieselben: »Die Züge der beiden Mädchen hatten, so verschieden sie in ihrem Ausdrucke waren, doch viel Gemeinsames in ihren Konturen. Sie erinnerten an jene englischen Schönheiten, die durch die Stahlstiche nach Thomas Lawrence zum Typus geworden waren. Die Gestalten, obwohl ungewöhnlich hoch, ja imposant, bewahrten doch durch ein edles Ebenmaß der Glieder die Leichtigkeit und Anmut der Jugend. Die Formen, durch eine der heutigen Mode verwandte enganschließende Gewandung und das helle Sonnenlicht fast durchscheinend, waren tadellos. Es war dies ein Bild, das selbst noch in der Erinnerung dem greisen, stets leicht erregbaren Dichter das Blut rascher durch die Adern rollen machte.« Baronin Sophie, welcher sich das Herz des jungen Mannes bald in ausgesprochener Weise zugewendet hatte, zeigte gehaltvollen Ernst und sinniges Wesen, Münchs weicher und von Stimmungen abhängiger Charakter fand in demselben eine glückliche Ergänzung. Dabei zeigte sie Klarheit und Umsicht im praktischen Leben, wie sie dies später, als sie Frau war, gar vielfach bewährte, im Gegensatze zu Baron Münch, welcher zu jener Zeit durchaus keinen Hang zur Sparsamkeit zeigte. Aus jener Zeit stammen Dichtungen, welche Münch als »Poetische Versuche von Fidelis« bezeichnete und die im Nachlasse vorgefunden wurden, aber ungedruckt geblieben sind. Sie weisen zwei Bände »Gedichte aus den Jahren 1823 bis 1828« auf, mit so manchen lyrischen Stücken, die auf des Dichters Herzensleben in jenen Tagen ein helles Licht werfen.

Raab erzählt auch, daß sich vier Jahrgänge eines Hauskalenders für 1826 bis 1826 erhalten haben, in deren einem ein kleiner eigenhändig von Münch geschriebener Zettel lag, welcher die Worte enthielt: »Kalender während meiner vier Dienstjahre um meine liebe Rahel.« – In der Tat wurde das Verhältnis zwischen Halm und Sophie bald ein innigeres und die Einwirkung der jungen Freundin auf sein leicht bewegliches Gemüt, selbst auf sein Tun und Handeln, erwies sich von bester Wirkung. Nicht nur, daß sie eine gewisse Stetigkeit und Ordnung in seine finanziellen Verhältnisse brachte – freilich hatte er damals nur vierzig Gulden Taschengeld, aus dem auch die nicht ganz anspruchslose Garderobe zu bestreiten war – auch ihre schönen Sprachkenntnisse regten sein Interesse für fremde Sprachen und Literaturen an, ihre musikalische Ausbildung und Begabung befreundete ihn mit der Tonkunst und daß Sophie wohl auch schon damals den ersten poetischen Schöpfungen des Dichters Aufmerksamkeit und Freude entgegenbrachte, ist anzunehmen, wenn auch nirgends beglaubigt. Tatsache aber ist es, daß Sophie, als sie schon des Dichters Gemahlin war, eine französische Übersetzung der »Griseldis« und später des »Fechters von Ravenna« verfaßte, welche noch im Manuskripte existiert, und das feine Verständnis der Dame für die spätere dramatische Poesie des Gatten genugsam beleuchtet.

Einer ehelichen Verbindung war der Freiherr v. Schloißnigg, der Vater des von Münch geliebten Mädchens, und die ganze Verwandtschaft nicht abgeneigt als sich das Streben des jungen Mannes zeigte, in seiner amtlichen Karriere vorwärts zu kommen. Eligius besaß übrigens ein Vermögen, welches etwa 1500 Gulden jährliche Einkünfte brachte und sein Vater, der Staats- und Konferenzrat, hatte erklärt, daß er dem Sohne, wenn dieser heirate und so lange Eligius im Staatsdienste bleibe, noch 1000 Gulden zulegen wolle, welcher Betrag sich in dem Verhältnisse mindern sollte, als der junge Beamte mehr wie 1000 Gulden an Gehalt beziehe. Da auch die junge Baronin einem vermögenden Hause entstammte, so hatte es allerdings vorläufig nichts auf sich, daß der angehende, erst im Dezember 1826, wie oben angedeutet, wirkliche Konzepts-Praktikant Baron Münch noch »unentgeltlicher« Beamter war. Als solcher vermählte er sich denn am 28. September 1826 mit Sophie und da er im August zur Ausbildung im politischen Dienste nach Linz übersetzt worden war, blieb das junge Paar in der Hauptstadt Oberösterreichs. Wie es ihm mit seiner Strebsamkeit im Dienste ernst gewesen, beweist der Umstand, daß der Zwanzigjährige schon im ersten Jahre seiner Ehe nicht versäumte, die vorgeschriebenen praktischen Prüfungen abzulegen. Im Dezember 1828 wurde er als noch immer unbesoldeter Kreiskommissär zum Kreisamte nach Wien versetzt, wo er mit der Gemahlin im Hause des Vaters derselben, welcher die Stelle eines Direktors der k. k. österreichischen Nationalbank bekleidete, wohnte. Es gab dies zu manchen Unzukömmlichkeiten bei den Wunderlichkeiten des alten Herrn und dem raschen temperamentvollen Charakter des jungen Ehemannes Veranlassung, wobei der Takt und die Geduld der vermittelnden jungen Frau oft im schönsten Lichte erschienen. Nach den Andeutungen Faust Pachlers, des genauen Kenners von Münchs Verhältnissen auch aus jenen Jahren, dürfte Eligius in seinen Ausgaben nicht sehr sparsam gewesen sein und das Eingreifen der klugen Gattin auch in dieser Richtung erschien mitunter recht notwendig. Im Mai 1830 wird Kreiskommissär Baron Münch zum Dienste bei der niederösterreichischen Regierung einberufen und erhält 1831 eine »unbesoldete Regierungs-Sekretärstelle«. Bald darauf, im Juni 1831, entriß ihm der Tod den stets für des Sohnes Wohl überaus bedachten Vater. Der Ehrgeiz des Beamten Baron Münch ließ ihn nicht zur Ruhe kommen und sein Bestreben war nun darauf gerichtet, eine Regierungsratsstelle zu erhalten, was ihm aber vorläufig nicht gelang und manche Kränkung verursachte. Erst im Jahre 1840 wurde Münch zum niederösterreichischen Regierungsrate befördert, nachdem er längst als ein vielfach gefeierter dramatischer Dichter anerkannt war. Freilich war es bei den bureaukratischen Anschauungen im damaligen Österreich – die übrigens heute noch hier und da nicht ganz geschwunden sind – durchaus nicht das Verdienst seiner poetischen Tätigkeit, welches seine Beförderung bewirkte. Man kann dies schon aus der beglaubigten Äußerung eines hohen Staatswürdenträgers entnehmen, welcher nach der Aufführung der »Griseldis« die denkwürdigen Worte sprach: »Wie kann ein so feiner Kopf aus so guter Familie auf die Idee kommen, ein Theaterstück zu schreiben! Solche Beamte können wir nicht brauchen!« – Was die Familienverhältnisse betrifft, so wurde Münch schon 1827 Vater einer Tochter »Felicia« und 1829 ward ihm ein Sohn »Franz« geboren, der leider etwas über 20 Jahre alt im Irrenhause starb. – Die Stelle als Regierungsrat bekleidete Münch durch fünf Jahre, wonach eine besondere Wendung in seiner Amtskarriere eintrat, auf welche später eingehend zurückzukommen ist.


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