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V. Markus Aurelius (168 n. Chr.).

Der Kaiser Antonin der Fromme hatte den Markus Aurelius und Lucius Verus an Sohnes Statt angenommen, und Beide kamen (161 n. Chr.) zugleich zur Regierung. Zum ersten Male herrschten jetzt zwei Kaiser nebeneinander; aber welcher Unterschied zwischen beiden! Verus war roh, träge, ausschweifend; und seine Neigung zum Bösen ward nur durch das höhere Ansehen des Markus Aurelius im Zaume gehalten oder unschädlich gemacht. Mark Aurel, auch der »Philosoph« genannt, war ein Philosoph (Weltweiser) in Lehre und Leben, voll heiligen Eifers für seine Pflichten, streng gegen sich, nachsichtig gegen Andere und unermüdet thätig. Fand er auch zuweilen, aus Gefälligkeit gegen das Volk, sich bei den öffentlichen Schauspielen ein, so pflegte er während derselben zu lesen, oder zu schreiben, oder mit seinen Ministern von Geschäften zu reden. Den wahren Bedürfnissen seines Volkes kam er überall liebevoll entgegen. Aber es war ihm nicht beschieden, in stiller Ruhe die Früchte seiner Anstrengungen reifen zu sehen; vielmehr sollte seine Tugend durch Leiden bewährt werden. Zuerst bekümmerte ihn die Lasterhaftigkeit seines Mitregenten; dann brach ein Krieg mit den Parthern aus. Dieser wurde zwar siegreich geendet, aber dem heimkehrenden Heere folgte die Pest, und mehrere Provinzen litten durch Erdbeben und Ueberschwemmung. Darauf folgten stürmische Bewegungen unter den Völkern des Nordens. Die Markomannen, mit mehreren süddeutschen und sarmatischen Völkern vereinigt, brachen von der Donau her in Italien ein und drangen bis Aquileja vor (168); Roms Untergang schien nahe. Da raffte der Kaiser alle Kräfte des Staates zusammen, um den verwüstenden Völkerstrom zu hemmen. Alles, was nur Waffen tragen konnte, wurde zu dem gefahrvollen Kampfe aufgeboten. Der Kaiser gab seinen ganzen Privatschatz her, ließ sogar alle Kostbarkeiten und Schmucksachen aus seinem Palaste versteigern, um die Unkosten des Feldzuges zu bestreiten. Und nun kämpfte er so wacker, daß die Feinde bis jenseits der Donau sich zurückziehen mußten.

Mark Aurel verfolgte sie. Auf den Rath der Wahrsager ließ er zwei Löwen in die Donau jagen, »die würden dem Feinde Verderben bringen« – so glaubten die Soldaten. Lachend aber sahen am jenseitigen Ufer die Quaden zu und riefen: »Seht doch, was für große Hunde!« Und als die Löwen drüben Waren, nahmen jene ihre Keulen und schlugen sie damit todt. Indessen spannte der Kaiser mit Klugheit ein Kriegsnetz über das ganze Donauland, und wo er selber war, gewann er den Sieg. So bezwang er die Markomannen, und schlug die Jazygen (ein Volk slavischer Abkunft, das mit den Deutschen verbündet war) auf der Eisdecke der Donau. Darnach gedachte er auch das zahlreiche Volk der Quaden zu überwinden; diese aber wichen vor ihm tiefer in's Ungarland zurück und verlockten ihn in eine Wildniß. Da sah er sich plötzlich in einem Thale rings von ihnen umstellt, und das Heer, das vor fünf Tagen fast vor Durst verschmachtete, gab sich schon für verloren. Nur wie durch ein Wunder ward es gerettet; ein furchtbares Gewitter brach los, erquickte die Römer, daß sie mit zehnfacher Kraft fortkämpften, und verdarb den Quaden ihre Geschosse. Diese meinten, eine Legion habe den Blitz in ihrer Mitte ( legio fulminatrix), flohen und unterwarfen sich. Als der Friede geschlossen war, stellte der Kaiser die Burgen und Schanzen an der Donau wieder her. Die Ruhe konnte er aber nicht wieder herstellen, denn der Hochmuth und die Tyrannei der Römer stachelten die Ueberwundenen immer wieder zu neuen Kämpfen. Leider hatte er sich schon im Jahre 177 zu einer grausamen Christenverfolgung hinreißen lassen. Nachdem er zu Anfang des Jahres durch ein allgemeines Edikt allen Anklägern der Christen das Recht verliehen hatte, in das Besitzthum des Angeklagten einzutreten, nachdem er also die Christen ganz recht- und schutzlos gemacht hatte, schloß er das Jahr 177 mit massenhaften Hinrichtungen. Diese Christenverfolgung ist ein schwarzer Fleck im Charakter des sonst so edeln Kaisers. Er starb im Jahre 180 in der Stadt Vindobona, aus welcher später Wien entstanden ist. Sein Sohn Kommodus schloß mit den auf die Grenzen des Reichs anstürmenden Feinden eiligst einen schmählichen Frieden und zog aus allen Kastellen, die über die Reichsgrenze hinausstanden, die römischen Besatzungen. So ging dieser Krieg aus, der nur ein Vorspiel war zu anderen, welche entscheidender enden sollten.

Unter der Regierung des Markus Aurelius im Jahre 167 starb auch Polykarpus, der Bischof von Smyrna, den Märtyrertod. Auf Verlangen des Volkes wurde der ehrwürdige Greis herbeigeholt und aufgefordert, Christum zu verfluchen. Auf ein so gottloses Ansinnen entgegnete Polykarp mit ruhiger Würde: »lieber 86 Jahre diene ich bereits meinem Herrn Jesu, und noch nie hat er mir etwas zu Leide gethan; wie könnte ich meinen König und Herrn lästern!« Da schrie die tobende Menge: »In's Feuer, in's Feuer mit ihm!« und thürmte in stürmischer Hast einen Scheiterhaufen empor. Freudig und mit einem Dankgebete bestieg ihn der Greis. Allein die Flamme berührte seinen Leib nicht, sie wölbte sich um ihn gleich einem vom Winde geschwellten Segel, so daß endlich der Henkersknecht hinaufsteigen und ihm den Dolch in's Herz stoßen mußte.

 

Antonius und Pachomius (360 n. Chr.).

(Der Ursprung der Klöster.)

 

Antonius.

 

1.

Antonius, im Jahre 251 auf einem Dorfe in Ober-Aegypten (Thebais) von christlichen Eltern geboren, führte in seiner Jugend ein sehr zurückgezogenes Leben. Seine Eltern waren reich und angesehen, aber nie verlangte er nach Leckerbissen und Vergnügungen. Dagegen war er immer ein sehr gehorsames Kind, besuchte fleißig mit den Eltern den Tempel des Herrn und nahm zu Herzen, was er dort hörte.

In seinem zwanzigsten Jahre starben ihm beide Eltern, und er mußte nun die Aufsicht über die jüngere Schwester und über das Hauswesen übernehmen. Aber die Sorge für irdische Dinge sagte seinem Sinnen und Trachten, das auf das Himmlische gerichtet war, nicht zu. Als er die Kirche besuchte, traf es sich, daß die Stelle des Evangelii (Matth. XIX. 21) vorgelesen wurde, wo Jesus zu einem reichen Jüngling sagte: »Willst du vollkommen werden, so gehe hin, verkaufe, was du hast, und gib's den Armen, so wirst du einen Schatz im Himmel haben; und dann komm und folge mir nach.« In diesen Worten glaubte Antonius einen göttlichen Wink zu erkennen; es dünkte ihn, daß sie nur seinetwegen verlesen worden wären, und kaum war er aus der Kirche zurückgekommen, so entsagte er seinen Gütern. Seine liegenden Gründe, 300 fruchtbare Aecker, schenkte er den Einwohnern seines Dorfes; seine bewegliche Habe aber verkaufte er, und das hierdurch gelöste Geld vertheilte er unter die Armen. Nur Weniges behielt er für seine Schwester zurück, und auch dieses nur auf kurze Zeit. Denn als er wieder in die Kirche gekommen war und daselbst die Worte des Evangelii (Matth. VI. 34): »Sorget nicht für den andern Morgen etc.« gehört hatte, so vertheilte er alles Geld, was er noch hatte, und verschaffte seiner Schwester ein Unterkommen bei frommen Jungfrauen, wo sie nachmals die Erzieherin vieler andern Jungfrauen und so gleichsam die Mutter der Nonnen wurde. Er selbst aber begab sich außerhalb des Dorfes in die Einsamkeit.

 

2.

Es liegt im Charakter kraftvoller Menschen, den einmal ergriffenen Lebensplan mit unverdrossenem Eifer zu verfolgen, und sich durch vorkommende Schwierigkeiten mehr anfeuern als abschrecken zu lassen. Auch Antonius bewies dies durch sein Beispiel. Fest entschlossen, nach Ascetenart zu leben, blieb er dieser Lebensart unverbrüchlich treu, und suchte es darin weiter als sein Vorgänger zu bringen. Zuerst hielt er sich an das Beispiel eines frommen Greises, der nicht weit von seinem Dorfe in der Einsamkeit lebte. Dann suchte er auch die übrigen Asceten der Umgegend auf und bestrebte sich, die guten Eigenschaften derselben, als die Geduld des Einen, das eifrige Gebet des Andern, das häufige Fasten des Dritten in sich zu vereinigen. Dies gelang ihm, und bald gewann er durch sein frommes Leben die Achtung Aller, die ihn kannten. Da suchte ihn, wie es heißt, der Teufel bald durch Reizungen zur Wollust, bald durch furchtbare Erscheinungen zu verführen; aber vergebens! Antonius blieb standhaft und vertrieb den Teufel durch Anrufung Gottes. Er behandelte seinen Körper mit größter Strenge, brachte oft ganze Nächte schlaflos hin, schlief auf der bloßen Erde, aß erst gegen Sonnenuntergang, fastete oft drei bis vier Tage nacheinander, genoß nie Fleisch und Wein, sondern nur Brod, Salz und Wasser, und verschmähete das Salben mit Oel als Sache der Weichlichkeit.

Hiermit noch nicht zufrieden, verließ er seinen bisherigen Aufenthalt und begab sich zu den entlegenen Grabmälern, wo er in einem derselben eingeschlossen lebte. Aber auch hier hatte er, der Sage zufolge, vor dem Teufel keine Ruhe, sondern wurde von ihm auf alle Weise geplagt, ja oft mit Schlägen gemartert. Halbtodt wurde er eines Tages von einem Freunde, der ihm Brod bringen wollte, aus seiner Höhle getragen und in eine Kirche gebracht. Dort kam er wieder zu sich, und sogleich verlangte er, in sein Grabgewölbe zurückgeführt zu werden. Sein Freund erfüllte dies Verlangen. Matt und so erschöpft, daß er nicht aufstehen konnte, kam Antonius in seine Einsamkeit zurück. Da überfiel ihn abermals der Teufel, umringte ihn mit tausend Schreckgestalten und peinigte ihn mit Schlägen. Doch nun erschien auch Jesus Christus, verjagte den Teufel, heilte ihn von allen Wunden und Schmerzen und sicherte ihm den göttlichen Schutz zu mit dem Befehl, den Namen Christi unter den Menschen zu verherrlichen.

 

3.

Vieles hatte Antonius bereits gethan, um sich zu einem gottseligen Leben zu erheben, aber er wollte noch mehr thun. Noch lebten die Einsiedler in der Nähe menschlicher Wohnungen und keiner hatte noch die Wüste ausgesucht. Je schwieriger dies war, desto verdienstlicher erschien es dem frommen Antonius. Er machte sich also unter Gebet aus, in die Wüste zu ziehen. Unterwegs begegnete ihm wieder der Teufel, warf ihm einen Goldklumpen in den Weg, um ihn aufzuhalten; aber Antonius verfolgte seine Bahn unerschütterlich und kam so in die Gebirge, die nach dem Rothen Meere zu liegen. Dort fand er ein altes verfallenes Gebäude, das er zu seiner Wohnung erwählte. Wasser war in der Gegend, Brod brachten ihm seine Freunde jährlich zweimal. Aber wenn seine Anhänger ihm das Brod brachten, mußten sie es ihm durch den obern Theil des Gebäudes hinabreichen, denn der Eingang war abgesperrt. So lebte Antonius zwanzig Jahre lang in völliger Einsamkeit. Da nöthigte ihn aber die Menge Derer, die zu ihm drangen und seine Lebensart nachahmen wollten, wieder zum Vorschein zu kommen. Er trat hervor wie ein Prophet und Gottbegeisterter. Sein Aeußeres hatte sich nicht verändert, aber sein Geist schien verklärt, denn er hatte Gnade bei Gott gefunden. Nun heilte er Kranke, trieb die bösen Geister aus, tröstete die Traurigen, versöhnte die Feindseligen, ermahnte Alle, der Weltlust zu entsagen und Christo nachzufolgen.

Mächtig wirkte sein Wort, noch mächtiger sein Beispiel. Viele erwählten das einsame Leben, oder, wie sie es nannten, »den göttlichen Beruf«, und nahmen, nachdem sie alles ihr Besitzthum verlassen, ihren Aufenthalt bei ihm in der Wüste. So entstanden um seine Burg herum mehrere einsame Wohnungen ( Monasteria von monos, allein), die zu den spätem Klöstern den Anstoß gaben. Die Bewohner derselben, welche man Einsame ( Monachi) oder Mönche nannte, sahen auf Antonius als ihren gemeinschaftlichen Vater, während er selbst sie als seine jüngeren Brüder behandelte. Deshalb erschien er fleißig in ihrer Mitte und suchte durch gottselige Gespräche ihren frommen Eifer immer mehr anzufachen und aus eigener Erfahrung sie über die Mittel zu belehren, wie man den Angriffen des Teufels widerstehen könne. So wurde, wie Athanasius berichtet, die Wüste ein Schauplatz der Frömmigkeit.

 

Pachomius.

 

1.

Pachomius war um's Jahr 292 in Ober-Aegypten unweit Theben geboren. Seine Eltern waren Heiden und auch er wurde im Heidenthum erzogen, aber auch in den Kenntnissen und Wissenschaften der Aegypter unterrichtet. Als er zwanzig Jahre alt war, wurde er ausgehoben, um unter dem Maximin, einem Gegner des Kaisers Konstantin, als Soldat zu dienen. So kam er nach Theben, wo er von seinen Hütern sehr hart behandelt wurde. Aber mit dieser Härte wetteiferte die Mildthätigkeit der Christen. Unaufgefordert nahmen sie sich des Pachomius und seiner Gefährten an und brachten ihnen Nahrungsmittel und andere Erquickungen. Durch diese Mildthätigkeit wurde Pachomius so gerührt, daß er sich entschloß, sobald er wieder frei wäre, dem Gott der Christen zu dienen und seine Mitmenschen so zu lieben, wie die Bekenner Jesu. Schon dieser Entschluß erhob ihn weit über die niedrige Gemeinheit seiner Gefährten, und bald fand er auch Gelegenheit zur Ausführung desselben. Der Krieg des Maximin nahm mit dem Tode desselben ein schnelles Ende und die von ihm geworbenen Truppen erhielten den Abschied. So wurde auch Pachomius wieder in Freiheit gesetzt. Alsbald ging er in eine Kirche Ober-Aegyptens, wo er im Christenthum unterrichtet, getauft und in den Schooß der katholischen Kirche aufgenommen wurde. Aber noch floh ihn die Ruhe. Die Ketzereien der damaligen Zeit, besonders die Streitfragen über die Gottheit Jesu, bestürmten sein Inneres. Er wandte sich daher unter Gebet und Thränen an Gott, um zu erfahren, wo Wahrheit zu finden sei. Und Gott offenbarte ihm, die Kirche, in welche er aufgenommen sei, die sei auch die rechte. Von nun an hing er fest an derselben, seine bangen Zweifel hörten auf und er beschloß, ein einsames Leben zu führen, um sich Gott völlig zu weihen.

 

2.

Im großen Ruf der Heiligkeit stand damals Palämon, ein Einsiedler, der sich zwischen dem Nil und dem Rothen Meere aufhielt. Zu ihm ging Pachomius, um sich nach ihm zu bilden. Der Greis stellte ihm alle Beschwerlichkeiten des einsamen Lebens vor, aber der muthvolle Jüngling ließ sich dadurch nicht abschrecken. Da öffnete ihm Palämon die Thür seiner Zelle, nahm ihn bei sich auf und bildete ihn weniger durch Lehren – denn er sprach wenig – als durch sein ernstes, sich immer gleich bleibendes Beispiel. Von ihm lernte Pachomius alle Arten von Selbstpeinigungen, durch die sich die Asceten der damaligen Zeit abzuhärten suchten; z. B. mit Brod und Salz zufrieden sein und Gemüse mit Staub und Asche vermischt genießen; ferner, um sich des Schlafes zu erwehren, Sand von einem Orte zum andern tragen und mit nackten Füßen durch stachlichte Dornen gehen. Noch rühmlicher aber nahm Pachomius zu in gottseligen Gesinnungen. Die heilige Schrift las er oft und übte sich in dem, was er daselbst vorgeschrieben fand. Oft brachte er ganze Nächte im Gebete zu, und Bitte um Reinheit des Herzens und Bewahrung vor den Versuchungen des Satans war vorzüglich der Gegenstand seiner Gebete. Palämon freute sich über seinen Zögling; Gott aber, der ihn also leitete, wollte, daß Pachomius noch eine größere Bedeutung in der christlichen Kirche erhalten sollte.

In der Nähe seines Aufenthalts lag ein verlassenes Dorf, oder, wie Andere meinen, eine Insel am Nil, Namens Tabennä. Dahin ging Pachomius oft, um zu beten. Einst, als er daselbst im Gebet versunken war, hörte er eine Stimme, die ihm zurief: »Hier bleibe und erbaue ein Kloster; denn Viele werden zu dir kommen, begierig nach einem heiligen Leben.« Zugleich erschien ihm ein Engel, der ihm eine Tafel überreichte, auf welcher die Regeln für das Klosterleben standen.

Diese Regeln, welche wohl die ältesten Vorschriften für Mönche sind, lauten im Wesentlichen also: »Jeder Mönch soll nach Maßgabe seiner Kräfte essen, trinken, arbeiten und fasten. Denen, die viele Körperkräfte haben und viel essen, sollen härtere Arbeiten auferlegt werden; aber leichtere den Enthaltsamen und Schwachen. – Jedes Kloster soll verschiedene Zellen haben und in jeder Zelle sollen drei Mönche wohnen; allen aber soll an einem Orte die Speise zubereitet und gereicht werden. – Alle sollen nicht liegend, sondern sitzend, auf rückwärts gelehnten und mit ihren Mänteln bedeckten Stühlen schlafen, des Nachts leinene Kleider um die Lenden und beständig einen weißen Ziegenpelz mit einem purpurfarbenen Kreuze tragen, außer bei dem Genusse des heiligen Abendmahls, wo sie ihr Haupt mit einer Kappe bedecken sollen. – Eben diese Kappe sollen sie auch bei den gemeinschaftlichen Mahlzeiten tragen; denn Keiner soll bei Tische den Andern ansehen oder sprechen, oder sonst umherblicken. – Kommt ein fremder Mönch, der andere Gewohnheiten hat, so soll er auch nicht mit ihnen essen; nur einem Reisenden soll dies gestattet sein. – Sämmtliche Mönche sollen in 24 Haufen abgetheilt, jeder dieser Haufen soll mit einem Buchstaben des griechischen Alphabets bezeichnet sein und jeder dieser Buchstaben soll eine Eigenschaft dessen, der ihn führt, andeuten. – Wer in das Kloster aufgenommen werden will, soll erst drei Jahre lang durch harte Arbeiten geprüft werden, ehe er zu den heiligen Uebungen zugelassen wird. – Alle sollen des Tages zwölf Mal, ebenso oft des Abends und eben so viel Mal des Nachts beten. Doch soll es dem, der in der Gottseligkeit weiter gekommen ist, unverwehrt bleiben, hierin noch ein Uebriges zu thun!«

 

3.

Pachomius machte sich in Gemeinschaft mit dem alten Palämon auf, und Beide bauten nach Vorschrift des Engels ein Kloster zu Tabennä. Als aber der Bau (um's Jahr 326) größtentheils vollendet war, ging Palämon in seinen alten Aufenthaltsort zurück; doch machte er mit dem geliebten Zögling aus, daß sie sich wechselweis besuchen wollten. Und so geschah es bis zum Tode des Greises, der nach kurzer Zeit in den Armen des Pachomius verschied und von diesem begraben wurde.

Indessen hatte der Ruhm des heiligen Pachomius sich weiter und weiter verbreitet und es kamen immer Mehrere, die nach dem Mönchsleben verlangten. Erst prüfte sie Pachomius und fragte nach der Beistimmung ihrer Eltern; dann gab er ihnen das Mönchskleid, unterrichtete sie in ihren Pflichten und ermahnte sie besonders zur Verachtung alles Irdischen und zur standhaften Nachfolge Jesu Christi. Wirklich zeichneten sich auch, wie die Geschichte meldet, die ersten Mönche zu Tabennä durch große Frömmigkeit aus, und selbst Viele von denen, die in der Rohheit ausgewachsen waren, wurden zu tugendhaften Menschen gebildet.

Die anfangs kleine Zahl von Mönchen belief sich schon im Jahre 333 auf hundert, und als Pachomius starb, auf dreitausend. Um sie unterzubringen, bedurfte es mehrerer Klöster. So entstanden noch durch Pachomius selbst in Ober-Aegypten neun Mönchsklöster und ein Nonnenkloster. Jedes derselben erhielt mehrere Häuser und jedes Haus mehrere Zellen. Auch erhielt jedes Kloster seinen besondern Vorsteher oder Vater (Abbas, davon Abt), und die Mönche wurden in einzelne Ordnungen abgetheilt. Die eine Abtheilung mußte für Essen und Trinken, die andere für Pflege der Kranken, die dritte für Aufnahme der neuen Ankömmlinge und Fremden sorgen. Dabei mußten aber die meisten noch besondere Arbeiten verrichten, entweder Matten oder Körbe flechten, oder den Garten- und Feldbau betreiben, oder die Hausgeräthe und Kleider anfertigen. Pachomius war der Oberaufseher oder Obervogt und ihm mußten die entbehrlichen Erzeugnisse abgeliefert werden, der sie dann verkaufen ließ und mit dem gelösten Gelde die Ausgaben für die Klöster bestritt.

 

4.

Der Ruf der Einrichtungen des Pachomius war auch bis zu dessen Schwester gelangt und sie ging daher nach Tabennä, ihn zu besuchen. Aber Pachomius, dem es als Frömmigkeit galt, keine Frau anzusehen, ließ ihr durch den Pförtner sagen: »Du hörst, Schwester, daß ich gesund bin und lebe. Ziehe nun hin in Frieden und gräme dich nicht, daß du mich mit leiblichen Augen nicht siehst. Bedenke aber fleißig, ob du im Stande seiest, eine Lebensweise wie die meinige zu wählen, um dadurch Gnade bei Gott zu finden. Höre ich, daß dieses dein Vorsatz ist, so werde ich dir nicht weit von der meinigen eine Wohnung einrichten, wo du mit andern Jungfrauen, die dein Beispiel erwecken wird, dem Heil deiner Seele nachstreben kannst.« Die Schwester des Pachomius, deren Name uns nicht aufbehalten worden ist, ergriff mit Eifer den ihr vom Bruder ertheilten Rath. Sogleich ließ dieser durch seine Mönche ein Kloster erbauen, das nur durch den Nil von Tabennä geschieden war, den Namen Men erhielt und in kurzer Zeit von vielen nach Heiligkeit dürstenden Jungfrauen angefüllt wurde. Ein ehrwürdiger Greis, aus der Zahl der Mönche von Tabennä, erhielt die Oberaufsicht; und Pachomius selbst entwarf die Regeln für die Jungfrauen, die nach einem ägyptischen Worte »Nonnen«, d. i. ehrwürdige Mütter, genannt wurden.

In jenen Zeiten, wo das große römische Reich zusammenstürzte, wo Alles in Verwirrung gerieth und in Barbarei zu versinken drohte, waren die Klöster allein Sitze der Frömmigkeit, eine Zuflucht für die lebensmüden, von der Welt zurückgestoßenen Seelen, für die verfolgte Unschuld, wo selbst den Räuber ein Gefühl der Ehrfurcht überkam. Großes haben sie geleistet, um das Land urbar zu machen, um die Schätze der Wissenschaft zu retten, um den Frieden Jesu Christi zu erhalten inmitten des wilden Kriegsgetümmels; sie waren ein Werkzeug in der Hand der göttlichen Vorsehung.

 

Konstantin und Julian.


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