Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

IV. Trajan.

 

1.

Trajan, ein Spanier von Geburt, war der erste Ausländer auf dem römischen Kaiserthrone. Schon ausgezeichnet als Feldherr, wurde er einer der besten Kaiser, die regiert haben. Auch unter seiner zwanzigjährigen Regierung fehlte es nicht an Unglücksfällen aller Art; hier zerstörte ein Erdbeben ganze Gegenden, dort entstand eine Hungersnoth und Rom litt durch Feuersbrünste, bei denen auch Nero's goldenes Haus, auf welchem wohl der Fluch des Himmels ruhen mußte, abbrannte. Aber Trajan's milde Hand linderte, dem Titus gleich, überall das Unglück. Unter dem abscheulichen Domitian waren wieder die heimlichen Angebereien eingerissen; Trajan reinigte Rom von dem Gesindel der Ankläger, die so vieler unschuldiger Menschen Leben auf ihrem Gewissen hatten; er ließ sie auf Schiffe packen und schickte sie auf wüste Inseln, wo sie kein Unheil stiften konnten. Die vorigen schlechten Kaiser hatten sich ängstlich mit Wache umgeben und waren doch ermordet worden. Trajan umgab sich daher mit einer stärkern Wache, mit der Liebe seiner Unterthanen. Er ließ auch seine Bildsäulen nicht ausstellen, um verehrt zu werden, denn in den Herzen seiner Unterthanen hatte er sich ein bleibendes Denkmal errichtet. Sein Palast stand für Jeden den ganzen Tag offen, und mit Allen sprach er freundlich. So lebte er wie ein Vater in der Mitte seiner Kinder. Den durch Unglücksfälle verarmten Provinzen erließ er die Abgaben oder mäßigte sie; zur Hebung des Verkehrs legte er Landstraßen an; für arme Kinder stiftete er Erziehungsanstalten. Es war keine Schmeichelei, wenn das Volk ihn »den Besten« nannte, und wenn man in späteren Zeiten den Kaisern und dem Volke etwas Gutes wünschen wollte, sagte man ihnen: »Sei glücklicher als August und besser als Trajan!«

Auch als Feldherr war er groß. Schon waren deutsche Stämme über die entlegenen Grenzen hereingebrochen und der feige Domitian hatte ihnen Tribut zahlen müssen. Da zog Trajan an die Donau, schlug die Dacier und machte ihr Land zu einer römischen Provinz. Darauf führte er auch mit den kriegslustigen und tapfern Parthern Krieg und drang über den Euphrat bis nach Indien vor, nahm die Hauptstadt der Parther Ktesiphon ein, eroberte das glückliche Arabien und beschiffte – der erste und letzte aller römischen Feldherren – den persischen Meerbusen. Die Macht und Kraft des Römerreichs loderte unter ihm und Mark Aurel noch einmal in heller Flamme empor.

 

2.

Wie Schade, daß der treffliche Trajan das Christenthum nicht besser kennen lernte und aus Unkenntniß grausam gegen die Christen verfuhr! Die Römer hielten nämlich die Christen für eine Secte der Juden, und weil diese schon sehr als ein halsstarriges, zum Aufruhr geneigtes Volk verschrieen waren, so hielt man die Christen für noch gefährlicher, weil sie die heidnische Religion zu verdrängen droheten. So führten denn die armen Christen, von Juden und Römern zugleich verfolgt, ein sehr elendes Leben. Des Nachts, wenn Alles schlief, kamen sie furchtsam in unterirdischen Gewölben oder in abgelegenen Höhlen zusammen, sangen dort in Gemeinschaft mit leiser Stimme ihre frommen Gesänge und schickten ihre brünstigen Gebete zu Gott und dem Heilande, der ihnen dafür auch so viele Stärkung verlieh, daß sie selbst unter den grausamsten Martern ihrem Glauben treu blieben. Die Römer, die keinen Begriff von der hohen Begeisterung hatten, welche die Religion dem Menschen zu geben vermag, hielten die christliche Treue für Starrsinn und quälten die Gläubigen mit aller erdenklichen Grausamkeit. Auch Trajan hielt die Christen für staatsgefährliche Leute, und da besonders in Kleinasien viele Christengemeinden waren, schickte er seinen Freund, den jüngeren Plinius (von dem bereits Erwähnung geschah), dorthin, um die vom alten Götterglauben Abgefallenen zu bestrafen oder sie von ihrem vermeintlichen Irrthum zurückzubringen. Plinius erstattete folgenden Bericht an Trajan: »Die bei mir als Christen angegeben worden sind« – schrieb er – »und es eingestanden, habe ich mit dem Tode bedrohet, und, wenn sie dabei beharrten, hinrichten lassen, weil ihre unbiegsame Hartnäckigkeit Strafe verdient. Viele betheuerten, sie wären Christen gewesen, aber davon zurückgekommen, und ihre ganze Verirrung habe darin bestanden, daß sie an einem bestimmten Tage (Sonntags) vor Tagesanbruch zusammengekommen wären, Gesänge an Christus und an Gott gerichtet und sich durch einen Eid verbunden hätten, sich des Diebstahls, Raubes und Ehebruchs zu enthalten, ihr Wort treu zu erfüllen und jedes anvertraute Gut treu wieder zu überliefern. Darauf wären sie auseinander gegangen, bald aber wieder zusammengekommen, um mit einander eine unschuldige und gewöhnliche Mahlzeit (das hl. Abendmahl) einzunehmen. Ich habe an den Christen überhaupt kein Verbrechen, sondern nur einen thörichten, übertriebenen Aberglauben gefunden.« Welch' ein schönes Zeugniß für die unsträflichen Sitten der ersten Christen, und obendrein aus dem Munde eines Heiden, der sie zum Tode verurtheilen zu müssen glaubte! – Trajan antwortete dem Plinius: »Aufsuchen mußt du die Christen nicht; werden sie als solche aber überführt, so müssen sie freilich bestraft werden. Sagt einer, er sei kein Christ mehr, so sprich ihn los, auch wenn der Schein gegen ihn wäre. Auf Anzeigen von Leuten, die sich nie nennen, nimm gar keine Rücksicht.«

Als der Kaiser nach Antiochia kam, ließ er den Hirten der christlichen Gemeinde daselbst, den Bischof Ignatius, vor sich bringen. Trajan fuhr ihn hart an und schalt ihn einen vom bösen Geiste Besessenen, da er unermüdlich seine Befehle verletzte und auch Andere mit in's Verderben fortrisse. Der alte ehrwürdige Mann entgegnete sonder Furcht: »Nicht der verdient den Namen eines vom bösen Geiste Besessenen, welcher als Diener Gottes Jesum freudig in seinem Herzen trägt, sondern der, welcher ihn verläugnet.« Und als er weiter bekannte, daß es nur Einen Gott gäbe und daß die Götter der Heiden solche böse Geister wären, ließ ihn der Kaiser sofort in Fesseln legen und nach Rom zum Tode abführen. Hier wurde er öffentlich in der Rennbahn unter dem Jubel des heidnischen Pöbels zwei hungrigen Löwen vorgeworfen und gierig von ihnen verschlungen. Die christlichen Brüder aber sammelten sorgfältig die übrig gebliebenen Gebeine des Märtyrers und brachten sie als heilige Reliquien nach Antiochia.


 << zurück weiter >>