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ANFANG DES FEGEFEUERS ●
DIE BEKRäNZUNG MIT DEM SCHILF

Dass nun auf bessrer flut mit seinem steuer
Das kleine fahrzeug meines geistes streiche
Nachdem er liess ein meer so ungeheuer!

Ich singe nun von jenem Zweiten Reiche
Wo menschensinnes reinigung geschehe
Damit er wert das paradies erreiche.

Dass nun die tote dichtung auferstehe
O heilige Musen denen ich gehöre!
Kalliope ein weilchen mit mir gehe

Mit jenem ton begleitend meine chöre
Der die armseligen Elstern schuf in tiere
Ohn jede hoffnung dass man sie erhöre!

Der sanfte glanz vom östlichen saphire
Sich durch die heitren lüfte hin verstreute
Rein bis hinauf zum obersten reviere

Und machte dass von neuem ich mich freute
Nachdem ich aus dem toten dunst entflohen
Der mir das auge und die brust bedräute.

*

›So geh denn! damit jeder russ verschwinde
Sein angesicht zu waschen und erkiese
Das glatte schilf womit er sich umwinde!

Nicht würde sich geziemen wenn er wiese
Getrübt von dünsten seiner augen flamme
Vorm ersten diener in dem paradiese.

An dieses kleinen eilands unterm damme
Wo ihm die fluten rings entgegenschwellen
Erhebt sich schilfrohr aus dem weichen schlamme.

Kein anderes gewächs dem blätter quellen
Und das zu holz wird ist dort je gediehen
Weil sichs nicht schmiegt dem ungestüm der wellen.

Ihr sollet fürder hierher nicht mehr fliehen!
Dort geht die sonne auf ● ihr sollt erproben
Auf bestem steig den berg hinaufzuziehen.‹

Und er verschwand. Ich hatte mich erhoben
Und drängte mich heran mit keinem worte
An meinen herrn und sah vor ihm nach oben.

Und er begann: O sohn ● nach diesem orte!
Folg mir! wir kehren um ● auf diesem pfade
Neigt sich die ebne nach der flachen borte.

Die helle trieb den dämmer der gerade
Vor uns entfloh so dass ich in der weite
Die wellen zittern sah an dem gestade.

Wir gingen durch das einsame gebreite
Wie einer zum verlornen weg mit sorgen
Umkehrt und weiss dass er vergeblich schreite.

Als er zu einer stelle wo der morgen-
Tau mit der sonne streitet hin mich brachte
Der hier nur wenig schwindet ● kühl geborgen:

Sah ich mit seinen beiden händen sachte
Den Meister durch die nassen gräser langen..
Worauf ich ● der erriet was er gedachte ●

Entgegenhielt die tränenvollen wangen
Damit er jene farbe wieder rüste
Die in der hölle ganz und gar vergangen.

Wir kamen dann zu der verlassnen küste
In deren flut sich keiner noch verloren
Der nachher wieder umzukehren wüsste..

Er kränzte mich nach dem geheiss mit rohren.
O wunder! denn so oft er sich drum bückte
Ward die bescheidne pflanze neu geboren

Im augenblicke dort wo er sie pflückte.

FEGEFEUER ● I. GESANG ● 1–18 und 94–136.

 


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