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XXXXV

Vor drei Wochen hätten wir ein Jubiläum feiern können: es waren fünfzehn Jahre, daß ›Glück und Glaube‹ erschienen.

 

Ich kam nach Hause, abends, und das Paket mit meinen Freiexemplaren lag auf dem Tisch. Das erste eigene Buch. Sauber und nett. Da lag es. Die Erfüllung eines langen Wunsches und doch wie etwas Fremdes, nicht mehr mir Gehöriges. Mir war ... mir war:

wie wenn man aus der Heimat geht und am Berg oben stehen bleibt und zurücksieht: warum geht man eigentlich? man möchte gar nicht! man hängt mit allen Fasern an dem kleinen Tal, kennt jedes Haus, jeden Weg, jeden Stein ...

und vorauf in blauem Schleierdunst die Ferne, ungewiß, unbekannt, stockfremd! man möchte gar nicht! wozu! was soll man da draußen! wie ein leises Grauen kriechts im Grund! und doch ... gehs, wies geh! ich steh ... und wags! ... und wies auch fällt, ich trags! und schlags!

Gott grüß die Welt!

 

Ich nahm ein Exemplar und lief in die Stadt und meinte, jeder, der mir begegne, müsse die Empfindung haben, daß etwas Besonderes geschehen und daß ... ich derjenige!

dumm ... kinddumm! und so schön!

dann setzte ich mich in ein Café, holte mein Buch heraus und schnitt es auf: was eigentlich darin stehe, und ob ichs gut fände, wenn es von einem andern wäre?! und lebte Seite um Seite noch einmal durch!

und am nächsten Morgen, dachte ich, müßten alle Zeitungen was darüber bringen, und eine Menge Briefe müßte kommen und ... und man wäre ›berühmt‹! und ... und ...

und vor fünf Jahren wurde es ›verwurstet‹

und du gabst noch fünfzig Mark, um zu retten, was zu retten war.

*

Mit den ›Sprüchen eines Steinklopfers‹ sind es nun gerade zwölf Bücher, die in den fünfzehn Jahren von mir gedruckt wurden, und eingebracht haben sie mir brutto-brutto: drei Mark! und auch das ist wahrscheinlich bloß ein Versehen!

Ich habe diesen lieben Taler noch. Ich habe ihn bei Seite gelegt damals, weil es ein Frauentaler war ... und ...

ich bin es noch nicht müde

und glaube immer noch!

 

Gestern freilich war ich traurig darüber, heute lach ich!

gestern sagte ich: was so tot liegt, kann nichts Lebendiges sein! und altes Eisen und tote Bücher hat die Welt genug! wozu also!?

heute sag ich: es kann ja gar nicht anders sein! doch ... es ist nicht tot, es schläft nur!

und eines Tages bin ich hoffentlich noch weiter und bin stolz auf meinen Taler und sage: Gott sei Dank, daß es so war, wies war! was verloren ging, ging wohl verloren! es war eine harte Schule, aber sie war gut!

*

Zeit, umzukehren, wär es vielleicht immer noch!

und wenn ich liege und nicht schlafen kann, kommt es mitunter: wozu die Qual all eines eigenen Wegs!?

Die Straßen des Lebens sind so schön und eben und tragen ganz von selbst von Punkt zu Punkt, und wer da will, kann ruhig einmal Rast machen, wo es ihm behagt, ohne Sorge, sich zu verlaufen und kein Unterkommen mehr zu finden, eh es Abend wird!

und anstatt wie jetzt hilflos allein herumzusuchen, säßen wir in einem kleinen Garten, Rosen um uns her, und hätten, was wir träumen!

Doch wenn ich andere dann wieder sehe und sehe, was sie haben ... und gewollt haben alle das Höchste ... und wenn ich sehe, wie ein Pfund Wurst der Inbegriff aller Glückseligkeit für sie geworden ...

dann sage ich mir: Philister über dir! du bist aus anderem Holz! und wozu hat man sein Leben? Ob man so es wegwirft oder so, wen gehts was an? Sie verschlafen es! du ... verkämpfs!

Durch! und festbleiben! und aushalten!


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