Gabriel Ferry
Der Waldläufer
Gabriel Ferry

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74 Der Biberteich

Bevor wir in unserer Erzählung weitergehen, müssen wir mit zwei Worten die plötzliche Anwesenheit der Jäger und der Indianer unter den Befehlen Rayon-Brûlants ebenso wie die der Vaqueros Don Agustins an der Red Fork rechtfertigen.

Man hat gesehen, daß – mit Ausnahme von Main-Rouge und Sang-Mêlé, dessen Truppe weit voraus war – die drei anderen Abteilungen, die sich zu dem zum Vereinigungspunkt bestimmten Ort begaben – nämlich die des Schwarzen Falken, Rayon-Brûlants und von Antilope –, in kurzer Entfernung voneinander folgten. Der Komantsche, der sich entschlossen hatte, diejenigen an Schnelligkeit zu überholen, die er angreifen wollte, und die Hilfe der Vaqueros Don Agustins in Anspruch zu nehmen, bat Sir Frederick, ihm sein Pferd zu leihen, und nun sprengte der Indianer, nachdem er sich ausführlich mit den beiden Jägern über die Zeichen und die Erkennungsrufe sowie über den Posten, den jeder einnehmen sollte, verständigt hatte, mit verhängtem Zügel zum Büffelsee.

Der Komantsche war seiner Sicherheit wegen gezwungen gewesen, bei seiner Ankunft an der Red Fork einen Umweg durch den Arm des Red River zu machen, den die Dämme der Biber beinahe ausgetrocknet und in ein anderes Bett geleitet hatten, und deshalb war er auch Don Agustin bei seinem Ausflug, der so verhängnisvoll für ihn werden sollte, nicht begegnet. Rayon-Brûlant setzte über den großen Arm des Flusses mittels der Furt, die Encinas dem Hacendero gezeigt hatte, und gelangte eine Stunde später an die Ufer des Büffelsees, nachdem der letztere diese verlassen hatte. Er benachrichtigte in aller Eile den Büffeljäger von den Plänen, die die Indianer und die beiden Piraten der Prärien zur Red Fork führten, und dieser hatte, als er den Vaqueros die Gefahr schilderte, in der sie alle – ihre Herren wie sie selbst – schwebten, keine Mühe gehabt, sie zu bewegen, aufs Pferd zu steigen, um die Ufer des Flusses einzuschließen, während Rayon-Brûlant zum Vereinigungspunkt des Flusses zurückkehren und die Ankunft Bois-Rosés und der ganzen Schar, die er zurückgelassen hatte, abwarten sollte. Er brauchte nicht lange zu warten.

Darauf begaben sich der junge Komantsche, Gayferos und sechs Indianer durch den kleinen Arm des Flusses zum Tal. Pepe, Bois-Rosé und die übrigen stiegen vor dem Zusammenfluß, wo der Schwarze Falke haltgemacht hatte, an Land. Dort sollten sie zum Angriff das Signal des Komantschen erwarten. Der furchtbare Schrei, der so plötzlich den Widerhall im Tal der Red Fork geweckt hatte, war von dem Komantschen ausgestoßen, und der Angriff wurde, wie man gesehen hat, ungestüm begonnen. –

Nachdem diese Erklärungen nun einmal gegeben sind, hindert uns jetzt nichts mehr daran, Bois-Rosé und dem spanischen Jäger in ihren letzten Versuchen zu folgen, den Händen der Indianer ihren jungen, vielgeliebten Gefährten und die Tochter Don Agustins zu entreißen. Diaz und Pepe hatten fast in demselben Augenblick auf dem Land festen Fuß gefaßt, wo Bois-Rosé und Encinas mit den drei Büffeljägern aus ihrem Kanu aus Büffelhaut ans Ufer sprangen. Als die sechs Streiter in schräger Richtung marschierten, um sich miteinander zu vereinigen, und zugleich die Gegend, durch die sie gingen, durchspähten, entschloß sich plötzlich Sir Frederick, dem sein abenteuerlicher Geist die Rolle eines Zuschauers unerträglich machte, den Jägern bei ihrem Angriff tätigen Beistand zu leisten, und er hatte keine Mühe, seinen Leibgardisten Wilson zu überreden, ihn zu begleiten.

Don Agustin wollte ebenfalls am Kampf teilnehmen, mußte aber den dringenden Vorstellungen des Engländers nachgeben, der ihm begreiflich machte, daß seine Gegenwart unentbehrlich sei, um unter seinen Vaqueros gute Ordnung zu halten, die wenig an die Kämpfe der indianischen Kriege gewöhnt waren. Als dieser Punkt abgemacht war, beeilte sich der Amerikaner, nachdem er Sir Frederick mehrmals wiederholt hatte, daß dieser sich aus freiem Willen der Gefahr aussetze und er aufhöre, für den Augenblick für seine Person verantwortlich zu sein, ihm in der Richtung nach der Furt des Flusses zu folgen.

Während dieser Zeit hatten Pepe und Diaz sich mit dem Waldläufer und dem Büffeljäger getroffen. Die beiden Waffengefährten waren von der Gefahr, in der Fabian schwebte, aufgeregt; der Ernst ihrer ganzen Lage, die sich jetzt entscheiden sollte, hatte sie ergriffen, und sie wechselten bei ihrem Zusammentreffen einen schweigenden, aber ausdrucksvollen Blick.

»Er lebt noch, Bois-Rosé!« sagte Pepe, der die stumme Sprache des Waldläufers verstand. »Frage Diaz; wir haben eben hinter einem dichten Weidengebüsch neben dem Eindruck der Büffelfüße von Main-Rouge die Spuren der Füße Fabians bemerkt; ihre Richtung geht dorthin.«

Der Spanier zeigte auf eines der ungeheuren Baumwollstaudengebüsche, mit denen die morastige Ebene besät war. Diaz bestätigte Pepes Worte.

»Die Schurken verschanzen sich in den dichten Gebüschen, die den Biberdamm und den halbtrockenen Arm des Red River begrenzen. Still! Hört ihr sie?« sagte der Grenzjäger.

Ein Geräusch von Beilen, die die Stämme von Bäumen trafen, erscholl in der Ferne.

»Das ist richtig«, erwiderte der Kanadier. »Wenn ich nicht für das Leben dieses armen jungen Mannes fürchtete, so würde ich dem Himmel dafür danken, uns diese wilden Tiere so in ihrer Verschanzung überliefert zu haben; aber der Gedanke ist schrecklich, daß die Launen oder der Zorn eines Indianers seine Tage verkürzen können.«

»Sie werden es jetzt weniger als jemals zuvor wagen, das sage ich dir«, erwiderte Pepe. »Der Tag wird nicht vorübergehen, ohne daß sie eine Kapitulation verlangt hätten.«

Encinas hielt mit großer Mühe seine Dogge zurück, die sich zu dem Ort stürzen wollte, wo ihr feiner Geruch die Indianer witterte, als Bois-Rosé plötzlich daran dachte, ihren Instinkt zu nützen. Er zog den zerrissenen Hut Fabians unter seiner Jacke hervor und übergab ihn Encinas mit den Worten: »Macht einen Versuch, Euren Hund diesen Hut beriechen zu lassen; es ist der Hut desjenigen, den ich suche. Ich habe in ähnlichen Fällen diese Tiere den Fährten von Menschen folgen sehen, deren Spur man nicht wiederfinden konnte.«

Der Büffeljäger nahm den Hut aus den Händen des Kanadiers und ließ Oho dessen Inneres beriechen. Das verständige Tier schien zu ahnen, was man von ihm erwartete, und nachdem es die Ausdünstungen, die dieser Teil der Kleidung Fabians behalten hatte, sanft beschnuppert hatte, stürzte es wie ein Pfeil in der Richtung fort, wo Pepe die Spuren des jungen Mannes gefunden hatte. Hinter einem schattigen Gebüsch schlug die Dogge an, um ihren Herrn nach dieser Stelle zu rufen.

»Vorwärts jetzt!« rief Bois-Rosé mit Festigkeit. »An welchem Ort er auch sein mag – tot oder lebendig –, wir werden ihn nun überall wiederfinden können.«

Sir Frederick und sein von ihm unzertrennlicher Wilson kamen im selben Augenblick zu ihnen, und die sieben Männer standen im Begriff, vorzudringen, um den Rückzug der Indianer auszukundschaften, als ein Bote Rayon-Brûlants eintraf mit dem Auftrag von dem jungen Häuptling, Verstärkung bei ihnen zu holen. Er sagte, daß sich gegenüber dem fast undurchdringlichen Dickicht, wo die Apachen sich verschanzten, eine ziemlich tiefe Schlucht befände, von der aus man den Feind beunruhigen könnte, deren man sich aber notwendigerweise vor diesem bemächtigen müsse.

Als der Indianer seinen Auftrag ausgerichtet hatte, verließ er sie, um den Vaqueros die Aufforderung zu überbringen, über den Fluß zu gehen und eine Stellung auf dem gegenüberliegenden Ufer einzunehmen, damit man die Blockade, mit der man die Räuber einschließen müsse, nötigenfalls enger ziehen könne. Während diese Bewegung ausgeführt wurde und die Vaqueros auf ihren Pferden durch den Fluß schwammen oder ihn an der Furt durchschritten oder endlich auch in dem ledernen Kanu hinüberfuhren, suchte die kleine Schar, die Bois-Rosé führte, einen gedeckten Weg, um, geschützt gegen die Kugeln, das düstere Gehölz zu umgehen, wo die Indianer sich noch immer befestigten, er Klang der Äxte tönte unaufhörlich herüber. Die Belagerer benützten zu ihrer Deckung bei ihren Bewegungen um die Verschanzung der Apachen herum die Baumstämme und die Ungleichheit des Bodens. Sie schössen aufs Geratewohl mitten in diese dichten, schwarzen Gebüsche hinein, deren bloßer Anblick schon schrecklich war, so hatte sich die kräftige Vegetation der Weiden und Baumwollstauden, der wilden Reben und anderen Lianen zu dichten Netzen verschlungen, die von den Wipfeln der Bäume bis zum Moos an ihren knorrigen Wurzeln reichten.

Einige Büchsenschüsse drangen aus dem dichten Gehölz, aber die Kugeln, die aufs Geratewohl abgeschossen waren, trafen niemand, ebenso wie diejenigen keinen Schaden unter den Belagerten anrichteten, die von den Belagerern abgefeuert worden waren. So gelangten die letzteren nahe an die Stelle, die Rayon-Brûlant mit seinen Kriegern besetzt hielt.

»Begreifst du«, sagte Bois-Rosé zu Pepe in einem Augenblick, wo die beiden Jäger sich zusammen hinter einer Baumgruppe befanden, unter deren Schutz der Kanadier den anscheinend undurchdringlichen Saum des Gehölzes untersuchte, »wie alle diese Indianer mit ihren Pferden sich so rasch durch dieses dichte Gebüsch haben Bahn brechen können?«

»Ich dachte gerade auch daran«, erwiderte der Grenzjäger. »Es scheint, als ob ein einzelner Mann sich nur schwer durch diese Lianen einen Weg bahnen könne – es sei denn, mit dem Beil in der Hand –, und diese Schelme sind im Nu zu Pferd hineingedrungen. Es muß irgendeinen geheimen Zugang geben, den wir finden müssen; denn auf eine andere Weise ist dieser Ort uneinnehmbar, und wir werden einer nach dem anderen unsere Gebeine hier lassen, wenn wir einen Versuch machen wollten, sie daraus zu vertreiben.«

»Wir haben immer noch das letzte Mittel: das Gebüsch in Brand zu stecken!« antwortete Bois-Rosé. »Unglücklicherweise jedoch gibt es unter diesen Indianern kostbare Leben, die wir schonen müssen.«

Unter diesen Worten setzten die beiden Jäger ihren raschen, sich hin und her windenden Marsch fort, und einige Augenblicke später trafen sie mit dem Komantschenhäuptling zusammen.

»Die Blume des Sees ist dort«, sagte Rayon-Brûlant; »und der Sohn des Adlers ist nicht weit von ihr.« Die von dem jungen Krieger geschickt gewählte Stellung war der von den Bibern über den schmälsten Arm des Red River gezogene Damm.

In jeder anderen Lage wäre es etwas Anziehendes gewesen, die Arbeit dieser erfindungsreichen Tiere, diesen Damm, zu untersuchen, von dem man hätte glauben können, daß er durch die Hand von Menschen gebaut sei. Aber der Augenblick gehört zu denjenigen, deren außerordentliche Wichtigkeit die ganze Aufmerksamkeit derer in Anspruch nimmt, die dessen Minuten zählen.

Das Wasser war anfangs durch den Damm aus seinem Bett geleitet worden und hatte sich, bevor es endlich Lagunen in der Ebene bildete, die diese in gewissen Entfernungen bedeckten, ein anderes, aber bald trocken gebliebenes Bett gebrochen. In dieser Art von Schlucht, die ungefähr vier Fuß tief und zwanzig Fuß breit war, legten sich die neuen Hilfstruppen der Komantschen in den Hinterhalt. Von diesem Ort aus, der etwa nur einen halben Büchsenschuß von dem dichten Gürtel entfernt war, hinter dem der Feind unsichtbar stand, konnten geschickte Schützen wie der Kanadier, der Spanier und der Amerikaner Wilson einen unberechenbaren Schaden zufügen.

»Encinas«, sagte der Kanadier zum Büffeljäger, »wenn Ihr einen Augenblick Eure Dogge loslassen würdet, so könnte uns das Tier einen großen Dienst leisten; es kann das Leben eines Christen retten helfen.«

»Der arme Oho ist mir sehr teuer«, erwiderte Encinas, »und ihn in dieses Dickicht hineinschicken, heißt ihn der Gefahr aussetzen, seine Haut darin zu lassen. Aber am Ende ist es doch, wie Ihr sagt, und das Leben eines Christen wird vielleicht für das seinige gewonnen.« Bei diesen Worten knüpfte der Büffeljäger den Knoten auf, der den Riemen mit dem Halsband Ohos zusammenhielt. »Such, Oho, mein braver Oho!« fuhr Encinas fort und ließ seinen Hund den Hut Fabians beriechen; dann ließ er ihn los.

Die tapfere Dogge schien auch diesesmal den Willen ihres Herrn zu verstehen, der mehr auf ihren Instinkt als auf ihren Mut rechnete, und anstatt bellend mit Wut fortzuspringen, glitt sie schweigend durch die Gebüsche.

»Wir wollen ihm folgen, Pepe!« rief der Kanadier. »Es soll nicht gesagt werden, daß ein Tier weniger vorsichtig gewesen sei als ein Vater, der seinen Sohn, oder ein Freund, der seinen Freund sucht.«

Der Spanier ließ es sich nicht zweimal sagen, und die beiden Jäger folgten vorsichtig der Fährte des Hundes. Aber Oho schien bald die Spur verloren zu haben. Er schnupperte vergeblich in dem dichten Gras nach der Witterung, die er suchte, und die beiden Jäger sahen ihn plötzlich in der Ferne einen Umweg machen und aus dem Gebüsch, in das er eingedrungen war, herauskommen.

»Glaubst du, daß er verstanden hat, was man von ihm erwartet?« fragte der Kanadier Pepe leise.

»Ohne Zweifel. Fabian ist auf dieser Seite nicht mit den Indianern in das Gehölz eingedrungen, und die Dogge geht ganz natürlich zum Anfang der Spur zurück, der sie folgt.«

Der Hund verließ in der Tat ungestüm den Saum des Baumwollstaudengebüsches, und die beiden Jäger sahen ihn die Richtung zur Gruppe von Weiden einschlagen, unter denen sie schon die Spuren Fabians gefunden hatten. Alle beide folgten Oho so schnell wie möglich, ohne sich darüber zu beunruhigen, daß sie gesehen werden könnten, und als sie den baumlosen Raum betraten, fanden sie Encinas, der, um seinen Lieblingshund besorgt, das Dickicht umging, um ihn wieder zu treffen.

»Lassen wir ihn gehen«, sagte er; »mein braver Oho ist ebenso geschickt wie mutig. Ihr seht, daß er sich Rechenschaft von dem Auftrag ablegt, den ich ihm gegeben habe.«

Nachdem die Dogge wieder auf den richtigen Weg gekommen war, stürzte sie in der Richtung des Flusses fort, d. h. parallel mit den beiden großen Bergketten in der Mitte, die das Tal begrenzten, und nach einer Seite des dichten Gehölzes, das die Indianer schützte und das die zwei Jäger bei ihrem Herankommen rechts hatten liegen lassen. Nach einem langen Umweg, der nötig war, um das Feuer des Feindes zu vermeiden, gelangten sie endlich an diese Stelle, sahen aber Encinas' Hund nicht mehr. In diesem Teil des Holzes schien die Einfassung von Bäumen weniger dicht, soweit man dies wenigstens nach den Wipfeln der Baumwollstauden, die das hohe Gras überragten, beurteilen konnte.

Encinas war über die Abwesenheit seines Hundes unruhig und pfiff schon einige Minuten lang nach ihm, ohne daß das Tier seinem Herrn antwortete, als sie ihn plötzlich anschlagen hörten – ohne Zweifel, um sie herbeizurufen. Das Bellen, das er ausstieß; schien eher Freude als die Nähe einer Gefahr zu bezeichnen; die drei Jäger gehorchten dem Ruf Ohos und liefen durch die Halme, die ihren Augen die niederen Zweige des Gehölzes verbargen, in das sich die Apachen geflüchtet hatten.

Sie fanden bald einen kleinen Fußpfad, auf dem das Gras seiner ganzen Länge nach erst vor kurzem niedergetreten zu sein schien, so daß die zertretenen Halme noch nicht verwelkt waren, obgleich die Hufe der Pferde sie zerquetscht hatten, deren Spur auch ebenso sichtbar war wie auf einem sandigen Weg. Gerade am Ende dieses engen und sich krümmenden Fußpfads erscholl immer noch die Stimme Ohos. Darauf wurde das Gras seltener und spärlicher, auf den weichen Boden folgte ein härterer, und endlich standen die drei Jäger auf den Zuruf Bois-Rosés plötzlich still.

»Bleibt, wo ihr seid!« sagte der Kanadier. »Es ist nutzlos, daß wir uns den dort hinten verborgenen Büchsen als doppelter Zielpunkt darbieten. Ah, Pepe, wir hatten uns nicht geirrt. Der Hund hat den geheimen Zugang entdeckt.«

Während Encinas Oho, der wieder zu ihm gekommen war, streichelte und seinen Büffelriemen wieder an seinem Halsband befestigte, hatte sich Pepe, ohne die Warnung des Kanadiers zu hören, und voll Ungeduld, zu sehen, was Bois-Rosé andeutete, bis hinter diesen geschlichen.

Das letzte Gras des Fußpfads erstarb auf einem steinigen Boden, und ungefähr fünfundzwanzig Schritt von dem dünnen, fransenartigen Saum, den es bildete, begann der Wald. Anstatt jedoch hier wie überall dem Auge einen unübersteiglichen Wall von Lianen, dicht zusammenstehenden Stämmen und ineinander verschlungenen Zweigen zu bieten, ließ der ursprünglich durch die Gewässer aufgerissene Boden einen etwa vier Fuß breiten Durchgang zwischen den Bäumen frei. Auf jeder Seite dieses Strombetts erhob sich ein Abhang mit geraden Wänden, und der Zwischenraum war mit Baumstämmen und frisch abgehauenen Zweigen angefüllt.

»Durch diesen Gang sind die Schelme zu Pferd wie durch einen Torweg eingezogen«, sagte Pepe.

»Laß uns unsere Zeit hier nicht verlieren, Pepe, und da du einmal hier bist, so wollen wir jeder auf einer Seite dieser Öffnung entlangschlüpfen, um zu sehen, was der Feind macht, wo Fabian ist und an welcher Stelle der Angriff begonnen werden muß. Wenn es möglich ist, Encinas, so bemüht Euch, daß Euer Hund stumm ist; seine Stimme könnte Euch wie uns ein Stück Blei im Körper zuziehen; oder – besser noch – lauft und benachrichtigt Rayon-Brûlant und Don Agustin, daß wir den Durchgang zum Feind gefunden haben; dann stürzt kühn an der Spitze der Tapfersten hervor. Mein Gefährte und ich, wir wollen euren Marsch auskundschaften.«

Der Waldsaum war rechts und links, etwa zwanzig Schritt vom Hohlweg, ganz so dick wie überall, und die beiden Jäger zögerten nicht, sich jeder auf seiner Seite hineinzubegeben, um ihren Plan auszuführen. So dicht war der Pflanzenwuchs, daß ihre Augen kaum einige Schritt weit vor sich sehen konnten; aber so gefährlich auch dieser Versuch war – es war unerläßlich notwendig, ihn zu wagen.

Der Kanadier rückte also immer weiter durch die Zweige vor, schweigend wie ein mitten durch Schilf und Binsen kriechender Alligator, der den Büffel überfallen will, wenn dieser seinen Durst löscht.

Nach und nach jedoch wurde der Wald lichter, und der Jäger konnte nicht nur die undeutlichen und tausendfach gebrochenen Formen von Menschen und Pferden unterscheiden, sondern auch noch einen raschen Blick auf den von diesem Baumgürtel umgebenen Raum werfen. Der Biberteich lag an dem einen äußersten Ende dieser weiten Lichtung, wo für Pferde und Menschen Raum genug war. An den Ufern dieses Teichs erhoben sich ungefähr fünfzehn Hütten von einförmiger Gestalt.

Der größte Teil dieser Biberhütten, die die Indianer eingenommen hatten, lag beinahe ganz im Wasser; aber zwei oder drei waren weit genug von den Ufern des Teichs entfernt, so daß sie von den Belagerten in einen festen Wall hatten verwandelt werden können, wo die Zwischenräume mit Pferdesätteln, Decken und Mänteln aus Büffelhaut gehörig ausgefüllt waren. Gerade zwischen dem Rand des Teichs und dieser Verschanzung stand die größte Abteilung der Indianer, während die anderen hin und her liefen, um die schwächsten Stellen der grünen, undurchdringlichen Schranken, die die Lichtung umgaben, zu befestigen.

Übrigens war Fabian für die Augen des Kanadiers unsichtbar, die oft durch die Wolken der schrecklichsten Befürchtungen getrübt wurden, die er für sein Kind hegte; auch Sang-Mêlé und Main-Rouge und ebenso die Tochter des Hacenderos und der Schwarze Falke waren nicht sichtbar. Er setzte voraus, daß die Gegenstände seiner Liebe wie die seines Hasses sich zwischen dem Teich und den Biberhütten befanden, in denen die Öffnungen auf der Seite des Wassers angebracht waren.

Pepe sah ebenfalls nicht mehr wie Bois-Rosé; die beiden Jäger mußten also ihr Verlangen, das sie anspornte – Feuer auf die verhaßten Feinde zu geben –, unterdrücken, was auch in dieser ernsten Lage nicht von Wichtigkeit war.

Bois-Rosé lauschte ängstlich auf jedes Geräusch, das bis zu ihm dringen konnte. Er hoffte, die Stimme Fabians oder die der Tochter des Hacenderos zu vernehmen, und zählte angstvoll die Minuten, die seit der Entfernung Encinas', um Verstärkung herbeizuholen, verflossen waren. Es war dies in der Tat ein schrecklicher Augenblick, der einem verzweifelten Angriff vorherging, in dem das Blut so reichlich fließen sollte und wo die Rachsucht wilder Feinde Wiedervergeltung an seinem gefangenen Sohn üben konnte.

Plötzlich erzitterte die Luft in der Richtung des Biberdamms, wo der junge Komantschenhäuptling stand, von einem Schuß, dem Geheul folgte; dann ertönten noch ein halbes Dutzend anderer Schüsse. Eine große Bewegung fand in der Lichtung vor dem Teich statt, und ein Schauspiel bot sich einige Augenblicke dem Kanadier dar, bei dessen Anblick der Waldläufer das Blut in seinen Adern erstarren fühlte.


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