Gabriel Ferry
Der Waldläufer
Gabriel Ferry

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55 Der Ausfall

Mitten in den Steppen des fernen Westens, in den weiten Prärien des westlichen Amerikas sind drei Dinge vor allem nötig: ein der Furcht unzugängliches Herz, dann ein schneller und kräftiger Renner, endlich eine erprobte Büchse.

Ein unter allen Umständen bewährter Mut, wie die drei Jäger ihn besaßen, macht oft ein Pferd entbehrlich; aber ohne sein Gewehr ist der Mann mit starkem Herzen nichts weiter als ein gebrechliches Spielzeug, das Hunger und wilde Tiere einander streitig machen oder das die Willkür eines herumstreifenden Indianers vernichten kann.

Beim Anblick seiner bewährten Waffe, der treuen Gefährtin in so vielen Gefahren, die, seinen Händen entschlüpft, in denen sie von den Wäldern Kanadas bis zu den Nebelbergen so oft ihr Krachen hatte ertönen lassen, dort unten auf dem Sand lag, wurde das Herz des alten Waldläufers wie durch den Anblick des leblosen Körpers eines teuren Freundes tief erschüttert. Man hatte eben dem Kanadier nicht bloß seine eigene Kraft und sein Leben, sondern auch das Leben und die Kraft seines Kindes geraubt. Der rauhe Krieger der Prärien fühlte seine Augen feucht werden wie der Araber, der seinen Renner beweint. Eine Träne rollte aus den Augen über seine Wangen.

»Ihr seid von jetzt an nur zu zweit auf dem Felsen; der alte Bois-Rosé zählt nicht mehr!« sagte er endlich, indem er eine Anstrengung machte, seine Schwäche zu verbergen. »Ich bin nur noch ein Kind in den Händen seiner Feinde. Fabian, mein Sohn, du hast keinen Vater mehr, um dich zu verteidigen ...« Dann verfiel er in ein düsteres, trauriges Schweigen wie ein besiegter Indianer.

Seine beiden Kameraden machten es nicht anders. Beide fühlten das Unglück, das sie alle drei getroffen hatte, in seiner ganzen Ausdehnung. Der Versuch, eine Waffe wiederzuerlangen, die durch den Anprall der Kugeln verbogen sein konnte, war eine nutzlose Tollkühnheit. Das hieß, sich der Gefahr aussetzen, in einem Augenblick von Feinden umzingelt zu sein, deren Anzahl den Jägern ganz unbekannt war; das hieß, sich den Indianern lebendig überliefern, während auf dem Gipfel der Pyramide wenigstens noch Rettung – das heißt, ein der Gefangenschaft vorzuziehender Tod in der Tiefe des nahen Abgrundes – zu finden war.

»Ich verstehe dich, Bois-Rosé«, sagte Pepe, der die Augen des Kanadiers überraschte, wie sie sich auf den Wasserfall hefteten, der einen Augenblick glänzte, um im Abgrund zu verschwinden; »aber soweit sind wir bei Gott noch nicht; du bist ein viel besserer Schütze als ich, und meine Büchse wird in deinen Händen besser aufgehoben sein als in den meinigen.« Mit diesen Worten schob Pepe seine Waffe auf dem Boden bis zu dem Kanadier hin.

»Solange noch ein Gewehr unter uns dreien übrigbleibt, muß es dir gehören, Bois-Rosé!« fügte Fabian hinzu. »Ich denke wie Pepe; welch besseren Händen könnten wir je unsere letzte Zuflucht anvertrauen?«

»Nein, ich danke, mein Kind; ich danke, mein alter Gefährte. Ich schlage euer Anerbieten aus, denn das Unglück ruht auf mir.« Und Bois-Rosé verweigerte die Annahme der Büchse, die Pepe in seine Hand legte. »Aber Gott sei Dank«, begann er abermals, und seine schmerzliche Niedergeschlagenheit machte nach und nach einem solchen löwenhaften Zorn Platz, wie ihn der Riese zuweilen fühlte, »habe ich noch ein Messer, um damit so vielen den Bauch aufzuschlitzen, als herankommen werden, und Arme, die stark genug sind, sie zu ersticken oder ihre Köpfe an den Felsen zu zerschmettern!«

Pepe hatte seine Büchse nicht wieder genommen.

»Nun, du Hund von Mestize, du Auswurf der weißen Rasse, ihr indianischen Landstreicher – werdet ihr es denn wagen, aus eurer Höhle hervorzukriechen und hier heraufzukommen?« rief der Kanadier, der sich einem Ausbruch der Wut überließ und Main-Rouge, Sang-Méle und ihre Bundesgenossen zugleich anredete. »Nur zwei sind noch hier, die euch erwarten. Was ist ein Krieger ohne Gewehr?«

Ein mahnender rollender Donner brach plötzlich am dunklen Gewölbe des Himmels los und übertönte Bois-Rosés Stimme. Ein anderer Indianer, der beinahe denselben Weg eingeschlagen hatte wie sein Vorgänger, war hinter der grünen Einfassung des Val d'Or angelangt; nur verbarg er sich so sorgfältig, daß man nur seine Augen und den oberen Teil seines Kopfes mit den roten Bändern sah, die seine Skalplocke schmückten.

»Ah! Er ist es; es ist dieser Hund von Mestize!« sagte Pepe, ohne die Augen von den Merkmalen abzuwenden, die in der Tat den Sohn des Renegaten kennzeichneten, und suchte dabei nach seiner Büchse.

Bois-Rosé war ihm zuvorgekommen. Blind vor Wut gegen Sang-Méle, aufgeregt durch den Verlust seiner Büchse, hatte der Kanadier die Pepes ergriffen, und in einem Augenblick, wo der Zorn, der wie der Donner am Himmel in seiner Brust grollte, ihm alle Kaltblütigkeit raubte, legte er auf den Mestizen an. Der Feind hatte dieselbe Stellung eingenommen wie der Indianer vor ihm und hatte den Jäger genötigt, sich wie das erstemal eine Blöße zu geben, um ihn treffen zu können; der Indianer stürzte auch tödlich getroffen hinter der Hecke nieder; aber zwei Schüsse knallten abermals zugleich mit dem Bois-Rosés.

»Verflucht!« rief der Jäger mit Donnerstimme, indem er sich fast gerade aufrichtete und wütend den nutzlosen Kolben, der in seinen Händen zurückgeblieben war, nach dem Leichnam des eben von ihm getöteten Feindes schleuderte. So groß war die Kraft gewesen, mit der der Koloß seine Waffe umschlungen hielt, daß der Lauf sich vom Schaft gelöst hatte, ohne diesen den fest umspannenden Fingern entreißen zu können. »Die Hölle bekomme deine Seele bei lebendigem Leib, verdammter Mestize!« fuhr der Kanadier fort und zeigte mit der Faust nach dem regungslosen Leichnam.

Ein schallendes Gelächter, das ein Teufel, der mit der Erfüllung des Fluches des Kanadiers beauftragt war, ausgestoßen zu haben schien, erscholl auf den Felsen gegenüber, und der Mestize erschien einen Augenblick schnell wie der Blitz und voll Lebenskraft über dem Wall von Büffelhäuten. Sein Kopf war mit aufgelösten, wallenden Haaren bedeckt, und sein Gesicht strahlte von einem teuflischen Spott; dann verschwand die Erscheinung ebenso rasch, als sie sich gezeigt hatte.

Der Indianer, der zum letztenmal seine treulose Rolle spielte, hatte sich schlau genug den Kopfputz des Mestizen geliehen, um desto sicherer den Haß seiner Feinde zu reizen, und es war ihm nur zu gut geglückt. »Der Adler der Schneegebirge ist nur eine Eule am hellen Tag. Seine Augen können nicht in der Sonne das Gesicht eines Häuptlings von dem eines Kriegers unterscheiden!« rief die Stimme Sang-Mêlés nach der Prahlerei, die er eben durch sein Hervortreten bekundet hatte.

»Ach, Pepe! Dieser Mensch ist verderbenbringend für uns; aber von jetzt an soll zwischen ihm und uns ein Krieg auf Leben und Tod geführt werden«, sagte Bois-Rosé; »und die Prärien, so groß sie auch sind, sollen doch nicht mehr Raum genug für uns beide haben.« Er hatte seine Stellung mechanisch wieder eingenommen, dann murmelte er mit leiser Stimme: »›Wehe über den‹, hat der Herr gesagt, ›der in meinen Händen die Rute meines Zorns und der Stab meiner Gerechtigkeit sein wird!‹ Pepe, nachdem der Herr sich unserer zu seiner Rache bedient, hat er das Werkzeug, dessen er sich hat bedienen wollen, zerbrochen; er hat die Kraft in unseren Händen zerschmettert!«

»Ich fange an, es zu glauben«, antwortete Pepe; »aber ich schwöre bei der Seele meiner Mutter, daß ich, wenn Gott mich am Leben erhält, noch einmal seinem Zorn dadurch dienen werde, daß ich meinen Dolch bis an das Heft in das Herz dieses halb roten, halb weißen Teufels tauche!«

Als ob der Himmel diesen Schwur angenommen hätte, bedeckte eine plötzliche Dunkelheit die Ebene, Blitze durchfurchten gleich Flammenströmen den Horizont von einer Seite zur anderen, und der Donner brach wie eine Batterie von hundert Kanonen los. Die Berge und die Ebene wiederholten in klagenden Echos die gewaltige Stimme des Sturms, die in den Prärien wie mitten auf dem unermeßlichen Ozean erscholl. Das bleiche Licht der Blitze, das durch die fleischlosen Seiten des Pferdeskeletts sprühte, gab der Gruppe der Jäger einen fremdartigen, unheimlichen Ausdruck. Wie die Augen zweier in die Enge getriebener Löwen, so leuchteten die Augen des Kanadiers und Pepes von einem wilden Feuer.

Der schreckliche Verlust, den sie eben erlitten hatten, hatte ihren Mut nicht zu Boden geworfen, aber ihn für den Augenblick in eine düstere, passive Resignation verwandelt. Es war jedoch klar, daß diese beiden Männer, die sich eine Zeitlang beugten wie zwei Eichen, die der Wind bis in ihre Wurzeln erbeben läßt, sich bald ebenso wie diese wieder aufrichten mußten. Schon machte in Bois-Rosés Seele der ungestüme Zorn der Demütigung eines alten Soldaten Platz, der sich von Neulingen entwaffnet sah. Pepe bekam nach und nach seinen angreifenden, spottenden Mut wieder.

Was Fabian anbelangt, so hatte er die Ruhe eines Mannes bewahrt, für den das Leben, ohne gerade eine schwere Last zu sein, doch unbequem genug ist, um ohne Schwäche den Augenblick zu erwarten, wo er davon befreit wird.

»Fabian«, sagte der Kanadier traurig, »ich habe bis jetzt zuviel Vertrauen auf meine Kraft und meine Erfahrung gehabt; was haben mir diese Erfahrung und diese Kraft, auf die ich so stolz war, geholfen? Durch meine Unbesonnenheit seid ihr verloren. Fabian, Pepe, werdet ihr mir verzeihen?«

»Wir wollen später davon sprechen«, antwortete der frühere Grenzjäger. »Deine Waffen sind in deinen Händen zerschmettert worden, wie es in den meinigen ebenfalls geschehen sein würde, und das ist alles. Aber glaubst du denn, daß wir nichts Besseres tun können, als wie Weiber uns etwas vorzujammern oder den Tod wie zwei verwundete Büffel zu erwarten?«

»Was willst du von einem Jäger hören, dessen Hände jetzt ein Hirsch ohne Gefahr lecken könnte?« antwortete der gedemütigte Kanadier.

»Es ist offenbar, daß wir von hier nicht vor Einbruch der Nacht entfliehen können; wir werden einen Ausfall auf die Belagerer machen. Fabian wird uns von diesem hohen Posten aus mit seiner Büchse decken. Siehst du, gerade diese kühnen Streiche gelingen immer. Wohlan denn; dort unten, unter diesen Steinen, sind vier Schelme, die wir in ihren Löchern töten müssen. Der Tag ist beinahe ebenso dunkel als die Nacht; wir sind zwei gegen vier, und das ist gewiß hinreichend.«

Dann wandte er sich an Fabian, der den kühnen Plan Pepes billigte: »Ihr werdet«, fuhr der Spanier fort, »ohne die Schelme auf den Felsen allzusehr aus den Augen zu verlieren und besonders, ohne Euch eine Blöße zu geben, die Taugenichtse in der Ebene überwachen. Wenn diese letzteren uns bemerken und einer von ihnen sich rührt, so schießt auf ihn – wenn nicht... das übrige geht uns an ... Nun Bois-Rosé, das ist ohne Zweifel auch deine Meinung. Wohlan, vorwärts! Wenn der Streich gelungen ist, Don Fabian, so werde ich Euch abholen, und wir wollen dann aufbrechen.«

Der Kanadier folgte einem Rat, der ihm gerade wegen seiner Tollkühnheit gefiel und den die Dunkelheit nicht unausführbar machte; dann hatte auch Bois-Rosé außer der Rettung seines Sohnes, die er bewerkstelligen mußte, eine bittere Demütigung zu rächen. Ein rascher Blick, den sie zuerst auf die den Felsen gegenüberliegende Ebene warfen, zeigte ihnen, daß nichts um sie her sich verändert hatte; nun ließen sich die beiden Jäger, das Messer zwischen den Zähnen, so rasch vom Gipfel der Pyramide hinabgleiten, daß Fabian glaubte, sie wären eben erst aufgebrochen, während sie doch schon alle beide längs des Schilfs am See hinschlichen.

Fabian war mehr beschäftigt, ihren Bewegungen zu folgen, und suchte ihr Leben mehr zu decken als sein eigenes; er ließ sich ganz von dem Schauspiel voll schrecklichen Interesses fesseln, das die beiden unerschrockenen Waffengefährten ausführten. Die breiten Steinplatten, die die Indianer bedeckten, blieben so gänzlich ohne Bewegung, als ob sie Leichensteine gewesen wären, die die Toten in ihrem Grab bedeckten. Fabian wurde durch die tiefe Ruhe, die auf dieser Seite herrschte, beruhigt und begleitete mit weniger ängstlichen Augen die Bewegungen des Kanadiers und des Spaniers.

Beide hatten haltgemacht und schienen sich eine Sekunde lang zu beraten, dann sah er sie leise in das Schilf gehen, mit dem die Ufer des Sees bedeckt waren, und darin verschwinden. Der Sturmwind warf dieses bewegliche Dickicht so heftig hin und her, daß die Bewegung, die durch den Marsch der beiden Jäger hervorgebracht wurde, den Indianern nicht zur Warnung dienen konnte.

Von der Sorge befreit, seine beiden nun unsichtbar gewordenen Freunde zu überwachen, da die Dunkelheit und die Dichte der Binsen und des Schilfs sie hinreichend beschützten, beruhigte sich Fabian über den Erfolg ihrer kühnen Unternehmung und beeilte sich, seinen Posten am entgegengesetzten Rand der Plattform wieder einzunehmen.

Es war Zeit. –

Damit wir jedoch nicht Verwirrung in die Erzählung der beiden gleichzeitigen Handlungen bringen, wollen wir uns einen einzigen Augenblick lang nur mit dem Waldläufer und dem spanischen Jäger beschäftigen.

Nachdem Fabian sie in dem mit Schilf bedeckten Schlammgrund hatte verschwinden sehen, hatten sie abermals haltgemacht. Ihre Augen konnten den Vorhang von Wasserpflanzen, der sie verbarg, nicht durchdringen, aber sie wußten, daß Fabian vom Gipfel der Anhöhe aus viel weiter sehen konnte. Bei der Dunkelheit des Himmels und unter dem hohen Schilf, dessen grüne Büsche der Wind niederbeugte, schienen die Ufer des Sees gänzlich verlassen.

»Wenn wir nicht in einer Minute«, sagte der Kanadier, »Fabians Büchse knallen hören, so ist das ein Zeichen, daß die Indianer uns nicht vom Hügel haben herabsteigen sehen; dann werden wir, da sie sich in gleicher Entfernung voneinander und in derselben Linie versteckt haben, uns jeder auf eines ihrer Enden werfen. Erdolche du den letzten, ich werde den ersten unter seinem Stein zerschmettern; was die beiden anderen anlangt, so werden sie, von beiden Seiten angegriffen und über den Tod ihrer Begleiter bestürzt, uns keine große Mühe verursachen.«

»Ich rechne darauf, caramba!« sagte Pepe.

Dieser Plan war von schrecklicher Einfachheit. Während einer Minute jedoch, wo der Donner rollte und die Blitze wie feurige Schlangen über die Ebene fuhren und in langen Strahlen durch das Schilf sprühten, waren die beiden Jäger jeden Augenblick darauf gefaßt, den Knall von Fabians Büchse zu hören. Die Ungeduld verzehrte sie, und mit der nervösen, von der Aufregung der Gefahr verursachten Ungeduld verband sich bei Bois-Rosé noch die Beunruhigung, den Schatz seines Lebens, seinen vielgeliebten Fabian, der allein einer schrecklichen Gefahr ausgesetzt war, verlassen zu haben, selbst wo es sich darum handelte, ihn zu retten.

Vergeblich hatte dieser seit dem kurzen Zeitraum, in dem er seinem Ziehvater Bois-Rosé zurückgegeben war, Proben von einem Mut abgelegt, der in keinem Punkt dem seinigen nachstand; Bois-Rosé sah immer noch, mitten in seinem Leben voll Gefahr, in dem energischen, kräftigen, jungen Mann nur das Kind mit den langen, lockigen Haaren, dessen Schwäche er zwei Jahre hindurch beschützt hatte. Er schauderte bei dem Gedanken, daß der Angstruf Fabians, mit dem er seine Hilfe forderte, vom Gipfel des Hügels bis zu ihm dringen könnte.

Ein seltsames Getöse hallte wirklich in der Ebene wider. Der Wind pfiff durch die Prärie mit einem Ton, der so traurig war, als ob die Einöde weinte. »Es ist Zeit«, sagte Bois-Rosé, »denn Fabian ist allein ... Vorwärts, Pepe! Du weißt... den ersten und den letzten!«

Das Schilf bog sich in einem breiten Raum wie unter einem ungestümen Stoß des Südwinds, und die beiden Jäger stürzten wie bengalische Tiger, die sich, ohne zu brüllen, aber ebenso schnell wie schweigsam, mitten aus den Dschungeln auf ihre Beute werfen, in die Ebene hinaus. Mit einer wunderbaren Genauigkeit eines unwillkürlichen Instinkts lief ein jeder der schrecklichen Kämpfer gerade auf seinen Feind zu; Bois-Rosé auf den ersten, Pepe auf den letzten.

In diesem Augenblick erscholl der wohlbekannte Knall von Fabians Büchse weithin. Bois-Rosé bebte, aber er konnte nicht anhalten; der Knall von Fabians Büchse war allein erschollen, und sie mußten mit ihren Feinden ein Ende machen.

Der Kanadier verließ sich auf die Kraft seiner Arme und preßte in dem Augenblick, wo der zu spät durch den Widerhall des Bodens gewarnte Indianer einen Versuch machte, durch die enge, freie Spalte herauszuspringen, mit einem Fuß, so schwer wie ein Granitblock, den Körper des Apachen. Den breiten Stein vom Boden aufheben und ihn auf den Wilden niederschmettern lassen, war für Bois-Rosé das Werk eines Augenblicks; dann sprang er auf den zweiten los.

Pepe hatte seinen Gegner auf andere Weise angegriffen; er hatte sich mit seinem ganzen Leib auf ihn geworfen, und sein mit dem Dolch bewaffneter Arm wühlte eine Sekunde lang unter dem Stein, dann erhob sich der Spanier mit einem Sprung und traf wieder mit Bois-Rosé zusammen.

»Zertritt das Gewürm, bevor es zischt!« rief Bois-Rosé in dem Augenblick, wo einer von den Indianern sein Bärengeheul ausstieß und zurückweichend von einem Bogen, den er in der Hand hielt, Gebrauch zu machen suchte, während der andere ebenfalls heulend auf Pepe losstürzte.

Die beiden von einem entgegengesetzten Antrieb fortgerissenen Feinde stießen mächtig aufeinander, aber nicht mit gleichem Erfolg. Der Indianer fiel schwer zu Boden; Pepe stürzte sich auf ihn. Der Apache hatte kaum die Kraft, sich einen Augenblick lang hin und her zu werfen, dann blieb er unbeweglich liegen.

Während dieser Zeit bückte sich Bois-Rosé, um dem Pfeil auszuweichen, der einige Linien über ihm zischend vorüberflog, und als er sich wieder aufrichtete, war der Indianer schon weit; aber die Schlange hatte, wie er es befürchtet hatte, gezischt. Sein Geheul widerhallte in der Ebene.

»Schnell, schnell, Pepe; zur Pyramide!« rief Bois-Rosé. Beide nahmen laufend wieder die Richtung nach der Stelle, wo Fabian kaum zehn Minuten lang allein zurückgeblieben war – so rasch hatten die beiden Jäger ihre Tat ausgeführt. Als sie, sich mit den Händen am Gesträuch haltend, fast atemlos die steilen Seiten des Hügels erstiegen, erschreckte sie das unheimliche Schweigen, das auf dem Gipfel herrschte.

»Fabian! Fabian!« rief der Kanadier außer sich, während seine nervigen Beine vor Angst unter ihm zusammenzuknicken schienen. »Fabian, lebst du noch?« Niemand antwortete; der Sturmwind allein brauste wütender durch die klirrenden Zweige der Tannen auf der Plattform.


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