Heinrich Federer
Jungfer Therese
Heinrich Federer

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21

Im Nu waren die zwei Geistlichen zwischen Milch und Kaffee gemütliche Kameraden geworden. Der Gast erzählte kurz seinen etwas bunten Lebenslauf, als müßte er sich in seinem bisherigen Gehaben ausweisen, wer er sei und ob nach allem Getanen und Versäumten ein genügendes Vertrauensvotum für ihn übrigbleibe, um als Verweser mit einiger Hoffnung amtieren zu dürfen.

Er war in reichen Verhältnissen aufgewachsen und hatte Künstler werden wollen. Aber beim Studium der religiösen Malerei in München sah er ein, daß sein Pinsel zu schwach, sein Herz zu stark sei, um einzig und allein Religion zu malen. Und so ward er Theologe und hernach einige Jahre Stadtvikar. Dann Professor seine vollen fünfundzwanzig Jahre. Eine Halskrankheit nötigte ihn, das Katheder zu verlassen. Nun trat er mit ergrauenden Haaren ins Noviziat bei den von jung auf verehrten Benediktinern. Eine zweite Jugend! sagte er. Leider sei er schon zu verweltlicht gewesen, um noch in die ernste Zucht jenes idealen Ordens sich einpassen zu können. – In Wahrheit vertrieb ihn sein Halsleiden aus der klassischen Kutte. – Aber jeden Monat müsse er wenigstens einmal in den seelenkundigen Regeln des heiligen Erzvaters lesen und, wo er es nur ein bißchen einrichten könne, suche er von Zeit zu Zeit wieder einen Choral zu hören, wie ihn nur die Beuroner singen, oder dem wahrhaft himmlischen Salve Regina in der Wallfahrtskirche zu Einsiedeln zuzuhorchen. Das Heimweh treibe ihn förmlich danach. Seine Freunde hätten ihn nun trotz allem statt Bruder Nimmer Bruder Wiederkehr geheißen. Ob das nicht ein vollendet böser Witz sei? – Dann habe ihn sein Bischof zum Beichtiger im Frauenkloster zu Zwieberg ernannt. Das hätte ihm wohl gefallen. Aber da meldete sich gleich ein schier unüberwindliches Hindernis: der Nonnengesang. Diese spitzen, hohen, dünnen Stimmen mit ihrer unendlichen Süßigkeit machten ihn fast krank. Er mag schön sein, aber seinem Bassistenohr tat er weh. So fromm es im Kloster zuging und so ernst er sein Amt versah, dieser Gesang verdarb alles. Hundertmal wollte er resignieren und hundertmal sagte er sich, daß er ein eitler Tropf wäre, um einer solchen Kleinigkeit willen so einem schönen Beruf zu entsagen. Aber als die Choristinnen eine Pfingstmesse mit einem Sanktus einübten, wo die Stimmen fast nie unter das zweigestrichene  C hinuntergingen, so daß man einen Schwarm Violinen auf der höchsten Saite spielen zu hören meinte, da dankte er in heller Verzweiflung ab. – »Ich bin über meinem schiefen Ohr gestolpert,« sagte ich zum gnädigen Herrn.

»Besser als über einem schiefen Herzen!« meinte der Bischof gütig und verwendet mich fortdann als Verweser vakanter Posten oder als Ferienpfarrer. Und das behagt mir. Denn so alt ich bin und so ruhig ich scheine, ein hüpfendes Wandervogelblut trag' ich eben doch in mir. Und so bin ich denn gern einmal in diese Berggegend gekommen zu den berühmten Lachweilern, wiewohl ich dem Pfarrer Zelblein von Herzen eine schnelle Heimkehr wünsche.«

Diese Erzählung machte dem Kaplan Mut. Das war ein weitgereister, künstlerisch veranlagter Herr. Jetzt begriff er seine strenge und jähe Kritik der Wandgemälde. Dem behagt wohl auch manche andere Verunzierung in der heiligen Kirche nicht. Johannes erzählte nun auch, wie er in Tübingen und Würzburg studiert und eine große Auffassung von Welt und Kirche empfangen habe, so daß er sich danach zwar im heimatlichen Seminar recht gemütlich befand, aber manchmal doch eine gewisse Einschachtelung und Beengung gegenüber der Liberalität jener deutschen Universitäten spürte. Man habe ja gewiß gescheit und praktisch doziert, aber den Zöglingen dabei doch immer eher ein Dorfkirchlein als die Weltkathedrale der Ecclesia gezeigt. – Hier schnupfte der Verweser eine höchst vergnügte Prise, und Johannes faßte das als ein Zeichen des stillen Einverständnisses auf. Der milde Regens habe ihm oft gesagt, er trage zu große Schuhe an seinen kleinen Apostelfüßen! – »Na, Herr Verweser, das war doch auch kein ganz feiner Witz!«

»Ja, es gibt recht arge Witze!« versetzte der rotbäckige Greis behutsam, und ein klassisches Lächeln huschte um seine feinen Lippen. »Aber die, welche treffen, sind die allerschlimmsten!« – Er tunkte eine Schnitte Bauernbrot in die Milch und knusperte mit dem unschuldigsten Gesicht der Welt daran.

»Und so hat es Celsissimus für gut befunden, mich in diese Berge zu stecken. Das verdroß mich zuerst. Aber nun seh' ich, daß es im letzten Winkel so große Arbeit gibt wie im mittelsten Platz der Welt.«

Pfarrer Nimmer nickte hübsch Beifall.

»Ja, hier vielleicht größere. Denn wissen Sie, ich kann die spitzen und überhohen Stimmen wohl ertragen, aber manches andere, was grell und schrill durch das katholische Leben schreit oder was dann wieder in einer faulen Dumpfheit brummt, – bitte, bitte, ich meine nicht einen schönen, ehrlichen Baß! – das mag auch ich um alles nicht leiden.«

»Das freut mich!« erwiderte der Verweser und nahm ein Schlücklein Milch. »Wie kräftig und süß ist doch die Milch in diesen Berggegenden.« –

»Was sich alles in die Domus Basilica unserer Kirche roh und verschmitzt unter dem falschen Titel einer Gewohnheit eingenistet hat . . .«

»Zum Beispiel,« fiel der Verweser hier ein, »diese Sucht der Gemeindepräsidenten und Kirchenräte, dem Pfarrer die Meßgewänder und die Kerzen am Altar und das Geläute mit der kleinen oder kleinsten Glocke genau vorzuschreiben, nicht wahr?«

»Nun ja das auch . . . aber das ist das Geringere, aber . . .«

»Sie wollen sagen, das noch viel größere Hineinpfuschen der Regierung ins Amt der Bischöfe oder sogar in die Hirtenhoheit des Papstes! Wie's die Welschen jetzt treiben! Daß man sagt: Heiliger Vater, hör' mal, nicht so . . . so sollst du's machen! Korrigiere gefälligst. – Oder gar das Abenteuer, das wir nun täglich im tollsten Schwung erleben können, daß nämlich die Halb- und Viertelskatholiken und solche, die es im Herzen zu keinem Teilchen mehr sind, daß nun die gerade uns regieren und kritisieren wollen. Daß sie die Inspektoren und Reformer unserer schönen Kirche spielen! Muß man nicht lachen? Sie, die kaum noch beten, uns lehren, wie wir beten sollen! Sie, die keine Sakramente empfangen, uns vorschreiben, wie früh und wie oft wir sie empfangen dürfen! Und solches Verrücktes in infinitum! Nicht wahr, das meinen Sie! Das sind so grelle Mißtöne! O,« – der Verweser griff an sein Ohr, als hörte er schon wieder schwindlig hohe Weisen.

»Ich meine,« stotterte der Kaplan, »nicht gerade genau . . .«

»O ja, Sie sind gnädig, Sie wollen nicht so schimpfen wie wir alte Rohrspatzen. Sie sind jung und noch voll der heiligen Schüchternheit . . .«

»Hochwürden!« wehrte Johannes bis zum Wirbel errötend.

»Schöne, schöne Demut unserer Neupriester! Aber Sie werden doch auch schimpfen lernen. Diese Reformer werden auch Ihre Wege durchkreuzen und mit ihrem Sudel bis vor Ihre Türe hausieren kommen, warten Sie nur! Ha, welche Reformer, die dabei noch nie gedacht haben, zuerst das kleinere und leichtere Reförmlein am eigenen Leib vorzunehmen. Aber einerlei, darum sind sie doch die Erneuerer der Welt!« –

Johannes redete und aß nichts mehr.

»Wissen Sie, wie ich es mit solchen neuen Heilanden mache?« fragte der Pfarrer lebhafter, aber mit einem unveränderlich milden Baß.

Johannes verneinte ungern und mit bösen Ahnungen. Was kam da noch alles?

»Nicht wahr,« fragte ich so ein Genie, »die Kirche hat keinen Fortschritt?«

»Keinen hat sie,« bestätigte das Genie.

»Man muß sie also in den Fortschritt zwingen, wenn sie nicht untergehen soll. Denn was nicht vorwärtsgeht, geht zugrunde.«

»Man muß sie zwingen, ob sie wolle oder nicht!«

»Gut! Und nur die Fortschrittsmänner können das.«

»Gewiß, die verstockten, alten römischen Reaktionäre können es nicht. Wir müssen!«

»Trefflich, mein Herr, – also wo sind die Fortschrittsmänner?«

»Wir, wir, die Reformer heißen!«

»Pardon, Sie heißen so, aber ich möchte doch einen bessern Beweis. Sie wissen, es gibt da so ein boshaftes Sprichwort: lucus a non lucendo

»Herr Pfarrer!« brauste mein Genie auf.

»Ich meine damit nur, daß Sie sich auch als Fortschrittler und Reformer ausweisen müssen, wie ein Schuhmacher mit seinem soliden Kunstwerk oder der Arzt mit einer flotten Heilung.«

»Das können wir! Lesen Sie . . .«

»Das freut mich! Erlauben Sie mir, daß ich mich davon in aller Höflichkeit ein bißchen vergewissere, aber ohne Lesen, ohne Papier, gleich an Ihnen!«

»Nur zu!«

»Sie, meine Herren Reformer, haben also selbst schon alle Reformen vollzogen, die Sie uns vorschreiben wollen. Wie einer, der etwas weiß machen will, nicht schwarze Hände behalten darf!«

Das Genie sah mich verwunderlich an.

»Christus lehrt, daß man wachen und beten müsse ohne Unterlaß. – Leider haben wir das immer ein wenig lässig befolgt. Sie werden uns das wieder beibringen müssen. Und da nehme ich an, daß Sie zu diesem Ende alle sehr eifrige Beter sind, voll Innerlichkeit, und auch wachsam, wie die Apostel nach dem Pfingsttag.«

»Sie werden seltsam!« redete das Genie ein.

»Gar nicht seltsam, sondern das ist doch so natürlich, wie der Schuhmacher Schuhe macht. – Und Christus sagt, daß der Mammon vom Bösen sei. Leider ist in unserer Kirche immer noch nicht alles Schielen nach dem Mammon geheilt. Ich setze nun als sicher voraus, daß Sie, meine Herren Reformer, sich wie der heilige Franz von Assisi mit der Armut vermählt haben, daß sie gleich zu Beginn Ihrer großen Mission Geld und Gut verließen, um uns Abtrünnige die wahre Nachfolge Christi zu lehren . . . so imponieren Sie uns . . . wir können nicht widerstehen.« –

Das Genie fing an, genial zu schweigen.

»Und unser Meister, den Sie so groß im Munde führen, befiehlt uns, ein lauteres Herz zu haben. Ich argumentiere also, daß Sie in heiliger Uneigennützigkeit nur das Reich Gottes wollen. Es ist Ihnen also gleichgültig, wenn auch kein Mensch Ihren Namen kennt und nie eine Zeitung von Ihnen spricht. – Und Christum will, daß wir uns selbst verleugnen. Da hoff' ich, daß die Reformer weder in die Wirtschaften gehen, noch sich fein nach einer teuren Mode kleiden, noch den Spiegel kennen, noch weich sitzen oder köstlich speisen wollen. – Und Christus will, daß man lieb mit dem Schwachen sei. Da denke ich, daß Sie uns Rückständige mit Langmut behandeln, liebevoll belehren, nach und nach und nicht in einem wilden Galopp zu Ihrer Vollkommenheit führen und daß Sie nicht mit Spott und hoch von oben uns anpredigen und daß Sie zu jeder Kritik, wie man es nicht machen soll, das Beispiel fügen, wie man es machen soll. – Und Christus meint, daß wir werden sollen wie die Kinder. Die Reformer werden uns also zu allererst die kindliche Einfalt und Natürlichkeit zurückgeben, an der wir leider auch schwer Schaden gelitten haben. Sie werden uns lehren, ein irdisches Vielwissen geringer schätzen als ein braves, reines Leben. Nicht wahr, ein unverdorbenes Kinderköpflein gilt auch Ihnen mehr als das graue Haupt Salomons? – Ach, wie oft haben wir das vergessen! – Sie werden also die Maschinen und die Künste und die Erfindungen der schlauen Gegenwart, vor dem allen wir leider mehr und mehr wie vor goldenen Götzen knierutschen, uns als das anschauen lehren, was es ist: ein feines, kleines Leiterchen zu Gott. Aber sie werden uns ewig Vergeßlichen dabei scharf einprägen, daß ein reiner Sinn, ein einfältiges ehrliches Herz, ein inniges Gebetlein uns in einem Zug so hoch und höher führt, als jener ganze Genieapparat, gar, wenn er nur mit irdischem Streben gelenkt wird. – Und daß so ein barmherziger Samaritan, wie er in der Parabel steht, ein weit größerer Held und Helfer ist, als der satte Mann, der an einem amerikanischen Schreibtisch zwölf klassische Bände Theorie schreibt. – Das und vieles andere ist nicht bloß Ihre Überzeugung, Herr Reformer, sondern das praktizieren Sie auch, das machen Sie uns vor, das sehen wir Ihren Händen, Ihren Stirnen, Ihrem ganzen apostolischen Gehaben an . . . o so seien Sie uns willkommen, Reformer . . . das brauchen wir, das tut uns not: neue, moderne Heilige! . . . Ich breitete meine Arme danach aus.«

»Ja was, ich hatte ins Leere geredet. Das Genie war verduftet.«

Aber auch Johannes erhob sich, sehr bleich und das Schnupftuch an der Nase. »Entschuldigen Sie, ich blute ein wenig.« – – Aber er lief nicht in die Küche, sondern in sein Studierzimmer, um noch einige Blätter aus dem Manuskript zu reißen.

»Der hochwürdige Herr Kaplan bekommt das häufig,« sagte die abräumende Ottilie, »besonders nach einer Aufregung.«

»Hm, hm, nach einer Aufregung,« wiederholte der sanfte und nachdenkliche Baß des Verwesers. »Sie müssen ihn gut pflegen, Jungfer Köchin! Er scheint sehr leidend zu sein.«

»So, mein lieber, böser Strubelkopf,« sprach indessen der Kaplan und durchfingerte sein vielblättriges Manuskript, »jetzt mußt du alle deine wilden Haare lassen.«

Er fing an zu lesen von der ersten Seite weg. Doch da ging es ihm wie einem schwächlichen Zecher, der sich erst kaum getraut, ein einziges Spitzgläschen Wein auszutrinken. Dem Autor stießen auf der ersten Seite Bedenken um Bedenken auf. Aber beim zweiten Gläschen tat der Wein schon seine betörende Wirkung. Es kam dem Schmecker alles schon wahrer und natürlicher vor. Auf dem dritten Blatt hatte er bereits ein richtiges Reformräuschchen und duselte sich darin selig von Kapitel zu Kapitel weiter. Nein, das war alles Wahrheit, das war begeistertes, ideales Kämpfen fürs Große und Lautere! Da ward bewiesen, und da fehlte bei allem doch die Liebe nicht. Und es ging unparteiisch zu gegen die Schädlinge daheim und im Feindeslager. O es war kein eitles, noch weltliches Spazieren, sondern wahrhaft ein Kreuzzug, um der Kirche Land zu erobern. Altes, heiliges, verlorenes Land! Gott will es, Gott will es, ging wie ein Kriegsruf von Blatt zu Blatt. Weg mit aller Gemächlichkeit und Angst! Komme, was da wolle! Im Schlafrock wägt man jede Anstrengung ab. Ich aber trage den Panzer eines braven Soldaten Christi. Da ist mir nicht bang.

Es klopfte. Das ist der Verweser! Rasch packte Johannes das Manuskript ein und öffnete. Nein, es war ein Bote des Pfarrers von Peraut. In einem lieben, kleinen Brieflein ward Johannes inständig gebeten, am 29. Heumonat die Festpredigt in Peraut zu halten. Das war am Tage der heiligen Martha, der Patronin von Peraut. Der eigentliche Prediger war an den Gesichtsrosen erkrankt und hatte soeben erst gemeldet, daß man auf ihn nicht rechnen dürfe. Man möge Johannes Keng in der Nachbarschaft darum anfragen. Er sei ein rascher und gewandter Helfer in der Not und werde seinem ehemaligen Seminargenossen Wilhelm Schädler einen so ehrenvollen Liebesdienst gern erweisen.

»Der Bromstadter Vikar, mein lieber Guglielmus!« rief Johannes verwundert und konnte sich den frischäugigen und witzigen Kollegen fast nicht im Bett vorstellen. »Das ist ein Schelm. Immer hat er mich geneckt. Und nun, wo er krank wird, tut er es nicht, ohne mir so einen Streich zu spielen, und lacht mich sicher mit allen seinen schönen, roten Gesichtsrosen aus. In vier Tagen eine Festpredigt, im großen Peraut, wo mein Albert mit den finsteren Brauen und der Tintenäugler zuhören können! Vor zwanzig oder dreißig Geistlichen! Wer kritisiert schärfer als der Priester den Priester? Clericus clerico diabolus! Wahrhaft, das jagt mir Angst ein. Aber darf ich nein sagen? Dem lieben Wilhelm nein sagen? Der spränge für mich ein, wo und wie es wäre. Und die Ehre, die große, heilige Ehre!«

Ratlos lief Johannes her und hin, während er dem Boten ein Glas Wein geben ließ. Endlich nahm er das Evangelienbuch und schlug das Fest auf. Da kam es wie ein Licht über ihn. Sieh da, sieh da, ist das nicht ein Wink? Die geschäftige, praktische Martha! Domine, non est tibi curae quod soror mea reliquit me solam ministrare? Dic ergo illi, ut me adjuvet.Herr, kümmert es dich nicht, daß meine Schwester mich allein dienen läßt? Sag ihr doch, daß sie mir helfe. Lukas 10, 40. Nun das bekannte, weltberühmte: Nur eines ist notwendig . . . und Maria hat den besten Teil erwählt . . . Über dieses Zweite wird nur immer gepredigt. Aber warum ist denn Martha eine Heilige? Auch ihr Teil ist ein guter. Vom Marthateil soll einmal gepredigt werden. Erst Maria und Martha zusammen, nicht die eine ohne die andere, machen die ideale, bethanische Stube aus, wo Jesus so gern einkehrte. Von dieser bethanischen Stube will ich reden.

Sogleich schrieb Johannes zwei fliegende Briefe, den einen an den Pfarrer von Peraut, daß er in vier Tagen um diese Zeit auf seiner berühmten Pfarrkanzel stehen und, so gut er könne, den Perautern ihren geschickten und frommen geistlichen Bürger, ihren Wilhelm Schädler, ersetzen wolle. Man müsse freilich mit seinem guten Willen zufrieden sein.

Den andern Brief schrieb er dem Redakteur Laus Tann. Hiermit sende er ihm das gesamte Manuskript zur Lesung. Er solle es prüfen und davon insgeheim drucken, was ihm behage, aber alles sorglich einschließen. Es sei gefährlich wie Dynamit. In vier Tagen werde er persönlich mit Laus die Buchausgabe ordnen. – Übrigens, hieß es in einem gemütlichen Notabene, wäre nun auch das Honorar für den Leitartikel fällig.

Er verpackte und versiegelte das wertvolle Ding und gab es dem Boten mit der Weisung, das Paket nirgends unterwegs abzulegen und dem Redakteur selber und keinem anderen in die Hand zu geben.

Dann machte sich Johannes an die Predigt von der idealen bethanischen Stube.


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