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Allgemeine Grundregeln

Einleitung

 

Die Ernährung

Je mehr der Mensch in der Kultur fortschreitet, desto verfeinerter werden auch seine Ansprüche in bezug auf Ernährung. Der Kulturmensch von heute ist ganz anders organisiert als der Naturmensch früherer Zeiten, der sich seine Nahrung in der Natur suchte und seinem Körper die Stoffe in der Form zuführte, in welcher er sie vorfand. Je feiner organisiert ein Mensch ist, desto mehr wird er sich auch in seiner Ernährung feineren Genüssen zuwenden. Gut und Schmackhaft zu kochen, um diesen Ansprüchen zu genügen, ist in der Tat eine Kunst, die erlernt und geübt sein will.

 

Das Kochbuch – ein Ratgeber

Wollte man aber der praktischen Übung sich allein anvertrauen, so würde man wohl sehr hohes Lehrgeld zahlen müssen, sowohl durch unnütze Ausgaben als auch durch das Mißlingen mancher Speise. Daher ist es Pflicht der jungen unerfahrenen Anfängerin und auch der geübten Köchin, sich nach einem zuverlässigen Ratgeber umzusehen; und wo könnte sie diesen wohl besser finden als in einem »zweckmäßig eingerichteten Kochbuche mit zuverlässigen Rezepten«, worauf bei der Ausarbeitung dieses Buches schon die verstorbene Verfasserin hauptsächlich ihr Augenmerk gerichtet hat! Die ersten Anforderungen, die bei Zubereitung der Speisen an eine gute Hausfrau und aufmerksame Köchin gestellt werden müssen, schließt die verstorbene Verfasserin in vier Punkten so trefflich zusammen, daß diese hier fast unverändert folgen mögen.

 

Reinlichkeit

Die erste Anforderung, um wohlschmeckend und gut zu kochen, ist Reinlichkeit, die ich allen jungen Anfängerinnen freundlich anempfehle und die durch frühe Gewöhnung sich mit Leichtigkeit einübt. Es gehört dazu Sauberkeit der Hände, Reinlichkeit der Küchengeräte, Anrichten und Tische, Reinlichkeit im Waschen oder Spülen der Gemüse, wie überhaupt in allem, was zum Kochen gehört.

 

Sparsamkeit

Die zweite ist Sparsamkeit. Diese läßt sich sowohl bei feineren als auch bei gewöhnlichen Speisen anwenden. Das Übermaß an Zucker, Butter und Gewürz macht die Speisen nicht wohlschmeckend, sondern benimmt ihnen vielmehr das Feine und verdirbt manche gute Schüssel. Sparsamkeit besteht ferner im Benutzen jeder Kleinigkeit, sowie im zweckmäßigen Verwenden der Reste, die in anderer Gestalt oft wieder annehmbare Gerichte liefern.

 

Achtsamkeit beim Feuern

Die dritte ist Achtsamkeit und Überlegung, die darin besteht, die Speisen zur rechten Zeit ans Feuer zu bringen. Das Feuer muß gehörig besorgt werden, damit die Speisen weder zu stark noch zu wenig kochen oder gar aus dem Kochen kommen, so daß sie im ersteren Falle vor Anbrennen gesichert, im zweiten nicht halb gar zu Tische gebracht werden.

 

Aufmerksamkeit auf die Zutaten

Die vierte ist Aufmerksamkeit und Überlegung, daß man vor Beginn des Kochens die zu jedem Gericht nötigen Erfordernisse heranholt und mit ruhiger Überlegung vorarbeitet, damit sich später die Arbeit nicht häuft und man Zeit gewinnt, auch auf das feine Anrichten die nötige Sorgfalt zu verwenden, weil oft die schmackhaftesten Gerichte durch unordentliches Anrichten an Wert einbüßen. – Ferner gehört auch dazu, daß man während des Kochens für kochendes Wasser sorgt, damit erforderlichenfalls kochendes, aber niemals kaltes Wasser zu den Speisen hinzugegossen werde, und damit auch beim Anrichten die Schüsseln, besonders die zu den Braten mit Wasser erwärmt werden können. Durch das Erwärmen im Ofen verliert das Porzellan leicht seine Weiße und die Glasur bekommt kleine Risse.

 

Die Rezepte

Was nun die Fassung der Rezepte anbetrifft, so ist das allgemein Anerkannte und Gute beibehalten worden, das Veraltete dagegen ausgeschaltet und den Anforderungen der Neuzeit in jeder Hinsicht Rechnung getragen. In den Rezepten sind die Angaben über die Bestandteile der Speisen nicht nur nach ihrer Art sehr genau angegeben, sondern vor allen Dingen ist auch eine möglichst genaue Mengenangabe angestrebt worden, ohne daß jedoch eine pedantische Berechnung nach Grammbruchteilen stattgefunden hatte. Solche Angaben erschweren nur das Kochen und tragen dazu bei, die Anfängerin zu beunruhigen. Man sei bei der Bereitung eines Gerichts nicht ängstlich, wenn dieses oder jenes Gewürz fehlt. Man kann dies nach Belieben halten, und es ist ja auch nicht gesagt, daß die angegebenen Zutaten gerade einem jeden zusagen. Nur richte man sich bei den Hauptsachen genau nach der Angabe. - Vorsichtig sei man aber jedenfalls mit der Anwendung von Salz und besonders von Pfeffer, der, im Übermaß angewandt, der Gesundheit sehr nachteilig ist.

 

Ankauf der Lebensmittel

Für den Ankauf der Lebensmittel wähle man die Zeit, in der diese am besten und billigsten zu haben sind, woraus dem Haushalt ein wesentlicher Vorteil erwächst. Zugleich sehe man darauf, stets gute Ware einzukaufen. Man kaufe das Beste an Gemüsen, Fleisch, Federvieh, Butter und Mehl, und obgleich solches teurer bezahlt werden muß, so wird man doch beim Verwenden bald die Erfahrung machen, daß gute Ware auf jeden Fall billiger ist als schlechte, billiger bezahlte Lebensmittel. Trotzdem sei man genau so sparsam, ob man nun größere oder nur kleinere Vorrate hat, da sonst der Vorteil des großen Ankaufs verloren geht. Man sei auch darauf bedacht, die Vorräte gut aufzubewahren, und versäume nicht, von Zeit zu Zeit nachzusehen, damit nicht das Geringste verdirbt und auch das Kleinste seine verständige Verwendung findet.

Zum Schluß sei noch darauf aufmerksam gemacht, daß die Bemerkungen, die den Hauptabschnitten vorangehen, von großer Wichtigkeit sind. Man übersehe sie daher nicht, da gerade sie Winke enthalten, durch die beim Kochen Mißgriffe, die oft aus Unkenntnis gemacht werden, sicher vermieden werden.


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