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Über die Mitnahme des auszuwählenden Kameraden war sich Tresler sofort klar gewesen. Kein anderer als Arizona kam dafür in Frage. Joe wurde ausgeschickt, ihn herbeizuschaffen, denn er arbeitete derzeit irgendwo am Pine Creek.
Schon eine halbe Stunde später erschien Arizona. Seinem Gesicht sah man die lebhafte Spannung an. Tresler erzählte ihm alles ohne Rückhalt und verschwieg nur die Dinge, die ihn und Diana persönlich betrafen. Arizona gab seiner Entrüstung über das Verhalten des Vormanns lebhaften Ausdruck.
»Dieser Jake ist ja wirklich ein hundsgemeiner Lump. Und nun sollen wir beide wirklich nach Willow Bluff?« setzte er ungläubig hinzu.
»Das ist die Absicht, Arizona. Natürlich brauchst du nicht mitzukommen, wenn es dir nicht paßt. Ich selbst habe dich ausgesucht, weil Marbolt mir die Wahl freistellte.«
»Na, mir soll's recht sein. Willow Bluff Station ist ganz gut eingerichtet. Wir brauchen nur unsere Decken und was zu essen mitzunehmen … dazu auch gehörig Schießbedarf. Will mal gleich zu Teddy gehen, damit er uns ordentlich versorgt.«
Er eilte davon. Tresler sah ihm nach. Daß Arizona so bereitwillig mitkam, gefiel ihm.
Binnen zweier Stunden war alles geregelt. Tresler sorgte dafür, daß Diana durch Joes Vermittlung ein Briefchen bekam, in dem er ihr alles Wissenswerte mitteilte.
Dann ritten die beiden Männer los. Die hochbeinige Stute befand sich anscheinend in milder Stimmung. Mitten in der Furt saß Tresler ab und zog eine strohumwickelte Flasche aus der Packtasche.
»Was ist denn das?« wollte der Begleiter wissen. »Schnaps?«
»Nein«, lautete die einsilbige Antwort, worauf Tresler den Schraubenverschluß fester anzog. Behutsam ließ er die Flasche schwimmen und sah ihr noch eine ganze Weile nach, ob sie sich auch gut inmitten der Strömung hielt. Schließlich schwang er sich wieder in den Sattel seines ungeduldig werdenden Pferdes.
»Dies«, sagte er im Weiterreiten, »ist eine Botschaft. Drunten am Fluß warten die Leute des Sergeanten Fyles darauf. Ich forderte Fyles auf, uns Unterstützung nach Willow Bluff zu schicken.«
Arizona machte ein erstauntes Gesicht.
»Daran hätte ich nie und nimmer gedacht.«
Schweigend setzten sie ihren Weg fort, der nach geraumer Weile auf die Prärie mündete. Hier fühlte sich Arizona so recht heimisch. Er wurde mitteilsam. »Mir scheint, daß Sie sich da allerlei Gefahren auf den Hals ziehen, Tresler. Dabei ist es doch eigentlich gar nicht nötig, daß Sie sich in die blutigen Geschichten mit den Viehräubern und Pferdedieben mischen. Mann, Mann, wenn Sie da auf die Dauer bloß nicht der sind, der die Zeche bezahlen muß.«
»Meinen Sie?« lächelte der andere.
»Überhaupt gibt es für mich nur zwei Erklärungen, weswegen Sie es tun. Oder eine. Weswegen tut ein Mann etwas, was eigentlich außer der Reihe ist? … Wegen Trinken oder Weibern, meine ich …« Ein prüfender Blick streifte Tresler, aber als der sich nach wie vor mehr für die Fernsicht als für die Philosophie seines Begleiters zu interessieren schien, fuhr er vielsagend fort: »Daß Sie es mit dem Saufteufel haben, habe ich bisher nicht finden können.«
Da grinste ihm Tresler ins Gesicht.
»Vielleicht halten Sie mich für einen Narren, wenn ich Ihnen sage, daß ich es nicht mit ansehen kann, wie ein schutzloses Mädel bedroht und gequält wird. Ein Mädel, das niemanden als den eigenen Vater als Beschützer hat.«
»Also Weiber …«
»Wenn Sie es so ausdrücken wollen.«
»Ich begreife aber immer noch nicht, was die Pferdediebe dabei zu bedeuten haben.«
»Sie haben nur indirekt etwas mit dem Fall zu tun.« Tresler dachte ein paar Augenblicke lang nach, sprach dann aber schnell weiter. »Auf Einzelheiten einzugehen, hat vorderhand keinen Zweck. Es liegt mir jedoch wirklich sehr viel daran, mit der Räuberbande handgemein zu werden, und wissen Sie auch warum? … Weil ich herausbringen will, wer dieser Kerl mit der roten Maske ist. Wenn ich hoffen will, ihr helfen zu können, dann muß ich erst einmal dieses Geheimnis lüften.«
»Hm …«
»Ich muß sie irgendwie von dem Lumpen, dem Jake, befreien.«
Arizonas Augen blitzten plötzlich ganz aufgeregt.
»Bravo! Das wollte ich ja schon gestern abend besorgen.«
»Womit Sie nur alles verdorben hätten.«
»Falsch … total falsch.«
»Meinetwegen«, lächelte Tresler. »Irren ist menschlich.«
Arizona ließ ein unzufriedenes Grunzen hören.
»Also eine Frau …?« wiederholte er dann sinnend.
»Und … und ist alles zwischen ihr und Ihnen klar?«
»Wenn ich mit ihrem Vater und … Jake fertig geworden sein werde, … ja.«
Da streckte Arizona seinem Gefährten die schwielige Rechte hin.
»Freut mich … freut mich ganz verdammt …«
Die Männer schüttelten einander verstehend die Hände. Dann wandte sich der Cowpuncher wieder ab und starrte auf die weite Prärie hinaus.
»Früher oder später muß es dazu kommen, Freund«, meinte Tresler. »Auf Biegen und Brechen. Und schließlich lernt doch jeder von uns mal die Liebe kennen, sollte ich meinen.«
»Ich tat es sogar … zweimal.«
»Nanu!«
Aber Arizona sah noch immer zum Horizont hinüber.
»Die eine starb, und die andere … doch was sprechen wir von der? Oder doch, gerade auf die kommt es an. Ich habe sie sehr liebgehabt. Hübsches Ding. Was für wundervolle Augen sie hatte! Die schönste Blume der Prärie war häßlich dagegen. Das war alles, ehe wir ein Gespann zusammen bildeten. Heiraten ist 'ne verdammt zweifelhafte Sache …«
»Sie waren verheiratet?«
»Ich bin's.«
Schweigen. Die Pferde trabten weiter. Arizona sah verbissen vor sich nieder. Plötzlich hob er den Kopf und wandte dem jüngeren Mann das Gesicht zu.
»Also mit meiner Ehe jedenfalls ging es schief, das kann man wohl behaupten … Dabei war das Unrecht ganz auf meiner Seite. Wissen Sie, es gibt wenig Männer, die wirklich mit Weibern umgehen können. Man versteht sie so schwer. Meistens bin ich ein ganz geduldiger Mensch, aber wenn man so den lieben langen Tag nichts wie herumkommandiert wird, dann kann man schließlich zuviel kriegen. Schon in aller Herrgottsfrühe fing es an. Da trieb sie mich vor Tag und Tau aus'm Bett, und ich schlafe dabei so gerne recht lange. Dann ging es frischfröhlich weiter mit den Befehlen, wobei sie aber so sanft blieb wie'n weißes Täubchen. Immer hieß ich dazu ›Liebling‹ oder ›Herzensschatz‹. Wasserholen, Holzhacken, Feuer anmachen, Hühner füttern, Kuhstall ausmisten, Lampen auffüllen, Pferde putzen, Küche ausfegen, Wäsche einweichen und so weiter und so weiter, während sie noch 'n Auge vollnahm. Gegen Mittag pflegte sie dann in einem langen Seidenkleid zu erscheinen, das sie ›Morgenrock‹ nannte. Während sie das Essen zusammenschnabulierte, das ich gekocht hatte, erzählte sie schon wieder, was sie nachmittags getan haben wollte. Am Hühnerstall mußte was geflickt werden, die Kühe hätten angeblich Läuse, das eine Pferdegeschirr war schadhaft geworden, und dabei brauchte sie es, weil sie doch nachher gleich in die Stadt fahren wollte. Auch müßte ich vorher noch die Spritzbretter abwaschen und die Achsen schmieren. Und ob ich denn noch immer nicht dazu gekommen wäre, die Kartoffelkiste instand zu setzen? …«
Arizona unterbrach sich und biß ein neues Stück Tabak, von seiner Rolle ab.
»Sie sind wohl noch niemals so hereingefallen?«
»Wenigstens bisher noch nicht.«
»Ja, ja … vorher und nachher, das ist ein Unterschied, kann ich Ihnen sagen.«
»Möglich. Ernüchtert einen, was?«
»Hm …«
»Und wo wohnt Ihre Frau jetzt?«
»Weiß ich nicht.«
Die Antwort klang so scharf, daß Tresler unwillkürlich aufsah.
»Ich taugte nicht zum Ehemann. Jedenfalls gewann sie selbst nach einiger Zeit die Überzeugung. Kann sein, daß ich ihr Dasein verpfuscht habe. So nahm ich sie zuweilen mit in die Kneipe, wo sie sich das Trinken angewöhnte. Pfui Teufel, das war schlecht von mir. Na, kurz und gut, ich ging wieder unter die Cowpuncher und gab ihr jeden Cent ab, den ich erübrigte. Dabei blieb es aber nicht. Wie ich einmal wieder unversehens nach Hause komme, da ist sie einfach verschwunden … Vielleicht wurde ihr das Alleinsein zu dumm. Schwer zu sagen. Sie hatte dabei alles mitgenommen, was nicht niet- und nagelfest war. Na, von den Nachbarn erfuhr ich's denn … die Nachbarn haben ja meistens die Gewohnheit, einen aufzuklären, nachher, versteht sich. Da war nämlich ein junger, hübscher Kerl von Montana herübergekommen. Ein Halbfarbiger obendrein. Pfui Kuckuck! … Er nannte sich Tough McCulloch.«
Bei der Nennung des Namens erschrak Tresler. Aber da Arizona nicht hersah, blieb sein Zusammenzucken unbeachtet.
»Es stellte sich heraus, daß die verdammte Geschichte zwischen den beiden schon lange spielte. Gerade am Vorabend meiner Heimkehr waren sie weggefahren. Ich jagte ihnen nach, konnte aber keine Spur von ihnen entdecken. Der Bursche war auch noch so frech, ein Andenken für mich zu hinterlassen, eine geladene Pistole, die auf dem Tisch lag … Wissen Sie, Tresler, ich habe in meinem Leben schon allerlei verloren … Geld, Pferde und was weiß ich nicht alles. Nichts aber ist scheußlicher, als seine Frau auf solche Weise zu verlieren.«
Tresler vermied es zu antworten. Tough McCulloch! … Der Name klang ihm im Ohr. So wurde doch Anton drüben in Montana genannt. Was sollte er tun? Arizona aufklären? Nein, das wagte er nicht, denn unzweifelhaft wäre es dann binnen kurzem zu einem Mord gekommen. Wohl wäre es um den Mischling keineswegs schade gewesen, aber es gab auf Mosquito Bend wahrhaftig schon genug Zündstoff, dem man besser nicht noch neuen hinzufügte. Plötzlich kam ihm ein anderer Gedanke.
»Kannten Sie den Menschen persönlich?«
»Habe ihn nie im Leben gesehen. Eines Tages wird das aber geschehen.«
Die Antwort genügte Tresler, um ihn in seinem bereits gefaßten Entschluß zu bestärken.
»Und das mit der Pistole?«
»Das ist in Texas so üblich. Ein geladenes Schießeisen stellt eine ganz gemeine Herausforderung dar. Wenn man sich danach irgendwo begegnet, bleibt mindestens einer von beiden auf der Strecke.«
Der Rest des Weges nach Willow Bluff wurde recht einsilbig zurückgelegt.
Die Ausdehnung der dem Blinden gehörenden Ranch wurde jetzt erst so richtig deutlich. Obwohl die Reiter fast zwanzig Kilometer in schnurgerader Richtung zurückgelegt hatten, waren die Grenzen noch nicht erreicht. Willow Bluff selbst verdankte seinen Namen einem Waldstück, das auf einer Landzunge stand, die sich aus dem Zusammenfluß zweier Wasserläufe heraushob. Nach Westen und Süden erstreckte sich die offene Prärie. Die Baulichkeiten beschränkten sich auf eine ziemlich kleine Wohnhütte und eine Anzahl Korrals, die über tausend Stück Vieh aufzunehmen vermochten. Schon von weitem sahen die beiden Männer die friedlich weidenden Rinder, die sie fortan bewachen sollten.
»'ne ganze Menge«, brummte Arizona.
»Ja, und so recht zum Wegnehmen aufgebaut …«
Drinnen in der Hütte trafen sie Jim Henderson, einen ziemlich wenig vertrauenerweckenden jungen Mischling. Er wurde zunächst einmal dazu angehalten, die verschmutzte Bude auszufegen. Die Einrichtung war an sich nicht schlecht, nur hatten die Mulatten sie ihrer Gepflogenheit nach verkommen lassen.
Solange es Arbeit zu verrichten gab, sprach Arizona wenig. Dafür zeigte er sich ganz als der tüchtige Cowboy, der er war. Die Abendstunden stellten an den Rinderhirten ganz besondere Anforderungen. Die Tiere mußten sicher in den Korrals untergebracht werden, damit kein Stück der bereits verkauften und jederzeit abmarschbereiten Herde abhanden kommen konnte. Schon das Zählen machte Schwierigkeiten. Das Vieh mußte zu je fünfzig zusammengetrieben und in einen der Pferche gebracht werden. Später bekam jeder Korral noch eine entsprechende Menge frisches Heu zugeteilt, damit die Rinder für die noch verbleibenden Stunden ihres Wachseins Beschäftigung hatten. Arizona war ein ganz erstklassiger Arbeiter seines Faches. Er ruhte nicht eher, bis sich alles in schönster Ordnung befand.
Der letzte Pferch wurde schließlich geschlossen, worauf sich die beiden Freunde endlich etwas Ruhe gönnten.
»So«, sagte Arizona, als sie nebeneinander an der Einfriedigung lehnten. »Ob wir wohl eine Nachtwache brauchen?«
»Ja. Die Burschen sind ganz gut zu brauchen. Sie sollen bis Mitternacht aufbleiben. Den Rest der Nacht übernehmen dann wir.«
»Und die Pferde?«
»Die bleiben gesattelt.«
»Und Ihre Freunde von der Polizei?«
»Weiß nicht. Glaube kaum, daß wir sie zu sehen bekommen werden.«
Während der ersten und zweiten Nacht erfolgte nichts. Auch liefen keinerlei beunruhigende Nachrichten ein. Am dritten Tage kam Jacob Smith auf den Hof geritten. Er befand sich auf einer Streife, die den Außenbezirken des Besitztums galt.
»Neugierig, wie lange der Alte euch hier lassen will«, lachte er. »Es war ein gemütlicher Spazierritt. Von Red Mask habe ich auch nicht die Spur zu sehen bekommen.«
»Der wird sich auch hüten, öffentlich zu erscheinen«, meinte Arizona.
Smith machte, daß er weiterkam.
Allmählich begann Tresler zu fürchten, er habe die Gendarmen zu früh benachrichtigt. Ihn selbst zog es zur Ranch zurück. Bittere Vorwürfe machte er sich, daß er Jake so ohne weiteres das Feld überlassen hatte. Ganz klar, der Vormann hatte ihn lediglich aus dem Wege räumen wollen, und das war ihm glänzend gelungen. Auch Arizonas Laune wurde immer schlechter. Er lungerte mürrisch herum, und die Boys bekamen keine Schmeicheleien von ihm zu hören.
In der dritten Nacht bekam Tresler einen gelinden Schrecken. Es ging auf zwölf Uhr, und einer der Burschen weckte ihn, damit er seine Wache antrete. Er richtete sich auf und sah zu seinem Erstaunen Arizona neben sich auf einem Baumklotz sitzen. Kaum hatte der junge Mulatte das Zimmer verlassen, als er sich auch schon nach dem Grund solchen Verhaltens erkundigte. Arizonas Antwort machte ihn vollends wach.
»Passen Sie mal auf, Tresler«, klang es müde und in einem schleppenden Tonfall, der so gar nicht zu Arizonas sonstiger Art paßte. »Es wäre mir lieb, wenn wir unsere Wachzeiten tauschen könnten. Ich kann doch noch nicht recht schlafen. Kann sein, daß ich später schläfrig werde, darum bleibe ich lieber jetzt gleich auf. Diese verdammte Verwundung rumort mir noch immer in den Knochen herum.«
Augenblicks war Tresler auf den Füßen. Blitzschnell kam ihm die Erkenntnis, daß dieser rauhe Sohn der Wildnis krank war.
»Unsinn, Mann!« rief er. »Sie legen sich jetzt hin, und ich selbst wache bis Tagesanbruch.«
»Verdammt freundlich von Ihnen«, antwortete Arizona. »Hat aber keinen Zweck. Kann doch noch kein Auge zumachen.«
»Wie Sie wollen. Jedenfalls bleibe ich für den Rest der Nacht auf.« Tresler sprach sehr bestimmt, und der andere schien sich auch damit abzufinden.
»Meinetwegen. Dann setze ich mich eben zu Ihnen, bis ich richtig müde werde.«
Tresler fühlte sich ernstlich beunruhigt. Er ließ sich jedoch nichts anmerken und begann sofort einen Rundgang, wobei er sich tunlichst im Schatten hielt. Als er zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrte, hockte der Gefährte noch immer dort, wo er ihn verlassen hatte.
Zunächst schwiegen die Männer. Dann holte Arizona ganz gelassen seinen Revolver hervor und überzeugte sich davon, daß sich die Trommel gut drehte.
»Diese Dinger sind manchmal geradezu tückisch«, erläuterte er. »Ich habe schon mal eine sehr lästige Ladehemmung gehabt. Lieber ist mir der hier«, fuhr er fort und brachte eine zweite Waffe zum Vorschein. »Der haut einen Ochsen auf fünfzig Gänge um. Hat mal dem Schuft, dem McCulloch gehört. Warum haben denn Sie keine Waffe bei sich?«
»Ich habe gleichfalls zwei, trage sie aber lieber in der Tasche als am Gurt.«
»Ganz falsch. Hängen Sie sich die Dinger nur richtig an.«
»Es sieht zwar nicht so aus, als wenn ich sie benötigen sollte, aber dennoch …«
»Eben … dennoch«, wiederholte Arizona und schob seine Revolver wieder in die dazugehörigen Halfter. Dann blickte er auf. »Was ich noch sagen wollte, ich habe die Gäule anders aufgestellt. Unsere, meine ich. Stehen jetzt da, wo die beiden Korrals zusammenstoßen. Da sind sie leichter zu erreichen und haben doch ein bißchen Schutz vor dem kühlen Nachtwind … Recht dunkel heute nacht«, fuhr er fort, nachdem er einen Blick zum Himmel geworfen hatte. »Der Mond wird erst kurz vor Tagesanbruch aufgehen.« Tresler fühlte, daß sein Gefährte noch etwas anderes sagen wollte. Er brauchte auch nicht lange zu warten, da begann Arizona von neuem.
»Hören Sie mal, bisher habe ich Sie nie danach gefragt, wie Sie sich Ihre Auseinandersetzung mit Jake vorstellen. Ich nehme an, daß sie … nun sagen wir mal … endgültig sein wird.« Er tastete zur Hüfte und klopfte vielsagend auf die Revolvertasche. »Sehen Sie, hierauf wird es herauskommen!«
Er riß die schwere Waffe hervor, die einst McCulloch gehört hatte, und schlug auf einen unsichtbaren Gegner an. Tresler glaubte, der Mann handele im Fieber, und sprang daher einen Schritt beiseite. Arizona lachte.
»Ich mache es Ihnen nur vor. Sie werden ruhig abkommen. Ich denke, daß irgend jemand für Sie zählen wird. Eins … zwei … drei!«
Gellend zerriß der Schuß die Stille der Nacht. Ein Schrei antwortete. Mit sehniger Faust ergriff Arizona den Arm des Freundes und zerrte ihn um die Ecke des Korrals herum, während donnernde Hufe näherkamen.
»Sie sind's.«
So schnell sie konnten, liefen die beiden Männer zu ihren Pferden und schwangen sich in die Sättel.
»Ducken Sie sich«, flüsterte Arizona heiser. »Die Wände geben uns Deckung, und vom Eingang aus können wir die Leute wahrscheinlich sehen. Ruhig zielen. Achten Sie auf den Waldrand. Ich denke, daß die Polizei in der Nähe sein wird.«
Mit einemmal durchschaute Tresler die Absichten Arizonas. Das taktische Können des Mannes flößte ihm Bewunderung ein. Irgendwie mußte er den Überfall vorausgeahnt haben. Ihr gegenwärtiger Standort gestattete es ihnen, jeden einzelnen Eingang der Korrals unter Feuer zu nehmen. Wenn die Gendarmen eingriffen, desto besser!
Ein Dutzend schattenhafter Gestalten galoppierte näher. Nur das Klappern der Hufe verriet sie, denn im übrigen verhielten sich die Angreifer geradezu gespenstisch still. Die beiden Wächter beugten den Oberkörper weit vor auf den Pferdehals. Arizona feuerte zuerst. Einer der Räuber stürzte mit unterdrücktem Stöhnen aus dem Sattel. Dann krachte auch des Engländers Schuß in die Nacht. Er traf anscheinend nicht; dafür aber antwortete ihm eine ganze Salve. Sie war das Zeichen zum eigentlichen Beginn des Gefechtes. Die Räuber setzten zur Schwarmattacke an.
Darauf war Arizona gefaßt gewesen. Gefolgt von seinem Gefährten machte er einen Ausfall aus der behelfsmäßigen Befestigung. Im Augenblick tauchten sie in den dunklen Hohlweg unter, der von zwei benachbarten Korrals gebildet wurde. Die Angreifer stoben hinter ihnen vorüber. Zwei Kugeln folgten ihnen. Dann aber wurden sie erkannt, und weiter ging die wilde Jagd.
»Außen um die Korrals herum!« stieß Arizona leise hervor. Schüsse blitzten. In das harte Knallen mischten sich die pfeifenden Laute der Geschosse. Zwei weitere Sättel leerten sich, denn diesmal hatte auch Tresler seinen Mann erwischt. Dann aber verriet dem Amerikaner ein unterdrückter Aufschrei, daß Tresler verwundet worden war. Er griff gerade noch rechtzeitig zu, um ihn auf dem Rücken des Pferdes zu halten.
»Festhalten!« keuchte er. »Auf Tod und Leben festhalten! Ich werde die Kerle derweil beschäftigen.«
Der Getroffene riß sich zusammen und saß aufrecht, indem die Pferde dahingaloppierten. Abermals gelangten sie zur Vorderseite. Trotz Arizonas prächtigem Verhalten konnte es aber so auf die Dauer nicht weitergehen. Tresler blutete aus einer Nackenwunde. Immer schwerer fiel ihm das Zielen; er biß die Zähne zusammen, um nicht weich zu werden.
Gerade als sie auf den Waldstreifen zuhielten, parierte Arizona seinen Gaul so heftig durch, daß er mit der Hinterhand tief einknickte. Die Stute Treslers folgte ganz von selbst dem Beispiel und blieb jählings stehen. Nicht weit vor ihnen hielt ein einzelner Reiter. Der erfahrene Cowboy riß den Revolver empor. Aus seinen Augen blitzte die Absicht zu töten. Dann aber hallte vom Walde her eine warnende Stimme.
»Polizei!«
Der Ruf rettete dem Mann mit der roten Maske das Leben. Ehe Arizona das Ziel über Kimme und Korn gefunden hatte, riß der fremde Reiter sein Pferd mit einem einzigen Ruck herum und verschwand in der Dunkelheit. Drüben am Waldrande blitzten Schüsse auf.
»Zum Fluß reitet er!« brüllte Arizona. »Red Mask ist's!«
Dann aber mußte er sich Treslers annehmen, denn der schwankte wie ein Betrunkener im Sattel. Im Augenblick glitt Arizona zu Boden und fing den halb Ohnmächtigen in seinen Armen auf. Sein eigenes Pferd ließ er laufen, während er die hochbeinige Stute mit dem Verwundeten im Sattel zur Hütte führte. Dort angekommen, verlor Tresler endgültig das Bewußtsein. Die Nackenwunde blutete stark. Offenbar war eine Ader verletzt worden. Von der Kunst eines Wundarztes verstand Arizona nicht viel. Dennoch gelang es ihm, einen Notverband anzulegen und dem Verletzten etwas Whisky einzuflößen, was diesen ein wenig belebte. Wie er es weiterhin fertigbrachte, den Kameraden wieder auf den Rücken der Stute zu heben und selbst aufzusitzen, wußte er später nicht genau zu sagen. Ein ebenso großes Wunder war es zu nennen, daß die »Verbrecherin« keinen Einspruch erhob. Arizona gedachte, noch vor Tagesanbruch Mosquito Bend zu erreichen, und er war nicht nur ein erstklassiger Reiter, sondern er besaß auch einen eisernen Willen.