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XXII

Die Sonne sinkt und breitet die kegelförmigen Schatten der Klippen über das Meer. Die Stunden sind verflogen, und immer sitze ich noch unter dem Leinendach an der golden [beschienen] Mauer. Dort in der Ferne, ganz weit auf einer zackigen Klippe, eine kleine schwarze Silhouette. Sprunghaft verändert sie ihren Platz, sie nähert sich, bleibt stehen, kommt wieder näher. Er ist es. Auch er muß mein weißes Kleid sehen. Ohne zu eilen, wird er kommen, denn ich erwarte ihn. »Wenn ich ihn da unten schwarz und scharf umrissen auf dem hellen Strande sehe, dann erst werde ich mich erheben, um ihm entgegenzugehen. Ich werde mich auch nicht beeilen, denn er kommt ja zu mir. Er wird den Arm um meine Schultern legen, wird mir erzählen, daß der Tag schön war, mir von den Vögeln berichten, die er verfolgte, vom gelben Marder, der entflohen ist. Wir werden nur einige Worte wechseln; aber in unserem vertrauensvollen Schweigen erinnern wir uns, daß wir einander seit zwei Monaten alles gesagt haben und daß unsere Gespräche uns immer mehr bereichern, weil sie uns immer mehr voneinander mitteilen …

Morgen wird er wieder fortgehen, besorgt, jede Stunde seines kurzen Urlaubs in dem Lande, das er liebt, auszunützen. Er marschiert mit Freude und entwickelt die Geschäftigkeit eines glücklichen Bauern. Ich folge ihm, aber ich bleibe zurück, langsamer, sanfter, umgewandelt. Und wenn ich sehe, wie er sich ins Leben stürzt, scheint es mir, als habe er meine Rolle übernommen, als sei er nun der gierige Vagabund, während ich ihn betrachte, auf ewig verankert …

 

Ende

 


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