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Nach wenigen Tagen war aus Max eine stattliche Ameise geworden.
Sein Körper war kräftig entwickelt, seine Lehrzeit erfolgreich vollendet. Fuska entließ ihn aus ihrer Pflege und sagte:
»Du hast von mir nichts mehr nötig!«
»Sprich nicht so«, erwiderte Max; »deine Liebe habe ich immer nötig.« – Er wußte jetzt auch, daß man bei den Ameisen alle Leute mit »Du« anspricht, und deshalb ließ er das steife »Sie« fallen. Im täglichen, lustigen Ringkampfe mit seinen Gefährten war Max sehr kräftig geworden und in den Turnstunden – die Ameisen treiben alle gern körperliche Übungen – bekam er immer die erste Note. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn die ganze Ameisenfamilie in ihm einen der tüchtigsten Soldaten sah.
Wenn es galt, gewagte Unternehmungen zu veranstalten oder gefürchtete Wachtposten zu stehen, wurde stets Max dazu gewählt. Max bildete sich etwas darauf ein. Eines Tages fand er ein Hanfkörnlein und machte sich erfinderisch einen Panzer daraus. Er biß oben und unten sowie an jeder Seite ein Loch hinein, höhlte es aus und schlüpfte wie in einen Küraß hinein. Die Vorderbeinchen streckte er zu den Armlöchern heraus, und im Innern des Panzers hielt er das mittlere Beinpaar versteckt.
So sah er, auf den Hinterfüßen stehend, wie ein stolzer Krieger aus. Eine derartige Uniform hatten die Ameisen nie gesehen, zuerst staunten sie ihn an; aber bald schenkten sie der Neuheit keine Beachtung mehr. Gab es doch viel Wichtigeres zu denken.
Ernste Besorgnisse regten sie auf und störten das friedliche Leben des ruhigen, fleißigen Volkes.
Seit einigen Tagen konnte man in der Nähe öfter fremde Ameisen bemerken, die sich sehr verdächtig benahmen und schleunigst die Flucht ergriffen, sobald sie sich beobachtet wußten. Ihr auffallendes Benehmen konnte nichts Gutes bedeuten. Und wirklich, eines heißen Mittags, als alle ermüdet im Mittelraum Kühlung suchten, erscholl plötzlich der Schreckensruf:
Es waren die Wachen, die Lärm schlugen. – Auf diesen Ruf stürzten viele Ameisen, Max an der Spitze, in den vordersten Gang, während ein unbeschreibliches Gewimmel im Kinderzimmer losbrach. In höchster Eile schleppten Hunderte von Pflegeschwestern Eier, Larven und Puppen in die untersten Räume, um sie der Gefahr zu entreißen. An der engsten Stelle des Ganges stießen die Kämpfer bereits auf eine eindringende Schar. Sofort erfaßte Max den Vorteil der Stellung gegenüber dem angreifenden Feinde. Dieser suchte denn auch vergeblich, sich den Durchbruch zu erzwingen, denn die Hausgenossen leisteten grimmigen Widerstand.
»Einen Augenblick später«, behauptete Fuska, »und die Feinde wären in unsere ganze Stadt eingedrungen.«
»Wir stehen wie eine feste Mauer«, schwor Max, indem er einen der Hauptangreifer zurückdrängte; »hier kommt keiner durch!« Trotzdem war er von dem Fortgang des Kampfes unbefriedigt.
Festgehalten konnten in diesem Engpaß die Feinde wohl werden, allein sie wichen auch nicht wesentlich zurück, und da es in dieser Lage unmöglich war, eine Entscheidungsschlacht zu liefern, drohte die Sache gefährlich zu werden.
»Es müssen ihrer viele sein«, meinte düster Fuska; »denn wenn sie nicht von rückwärts Unterstützung hätten, wären sie sicher schon geflohen.«
Max überlegte eine Weile in schweren Gedanken versunken.
»Fuska«, sagte er dann, »willst du die Verteidigung des Ganges übernehmen?«
»Das ist nicht schwer«, erwiderte sie; »aber so, wie es jetzt ist, kann der Kampf ein Jahr dauern. Keiner wird nachgeben!«
»Das wollen wir sehen!« rief Max. – »Genügen dir zwanzig Leute, um den Feind hier festzuhalten?«
»Das ist mehr als genug!«
»Dann verlaß dich nur auf mich!«
Max befahl zwanzig Ameisen, bei Fuska auszuhalten, und ganz leise, ohne daß der Feind etwas merkte, führte er ein ganzes Regiment rückwärts zu dem Gange, den wir von dem Einbringen des Regenwurmes kennen.
Maxens Plan war eines großen Feldherrn würdig. Er fühlte sich bereits als ein Hindenburg der Ameisen. Am Ausgang des Ganges ließ er seine Schar, es waren etwa hundert Soldaten, lauter auserlesene Mannschaften, Haltmachen. Er selbst bestieg einen Hügel, von dem aus man zum Haustor Hinsehen konnte. Fuska hatte recht. Dort stand in langen Marschkolonnen das feindliche Heer vor den Toren und drängte den Vordersten nach, die bereits zum Angriffe eingedrungen waren. Max kam zu seiner Truppe zurück und befahl:
»So leise wie möglich muß vorgerückt werden! Vorwärts! Marsch!