Ludwig Aurbacher
Ein Volksbüchlein
Ludwig Aurbacher

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Wie der Spiegelschwab mit guten Landsleuten ein Galgenmahl hält.

Während die beiden Gesellen noch so sprachen, kam des Weges von Buchloe her ein Sauschneider aus Filzhofen, der Bauern Bayerland. Der stand still, und, indem er die Hände auf den Stecken, und den Kopf auf die Hände stützte, lugte er nach den beiden, die oben unter dem Galgen saßen. Der Spiegelschwab trat ihm entgegen, und besah ihn von vornen und von hinten. »Was lugst mich so an?« fragte der Sauschneider, »hast du noch nie einen Bayern gesehen?« »Wägerle!« sagte der Spiegelschwab, »es ist mir mein Lebtag noch nie kein Thier vorgekommen, das einem Menschen so ähnlich sieht.« Der Sauschneider wäre nicht faul gewesen, er hätte auf gut bayerisch Händel angefangen. Aber der Spiegelschwab sagte, indem er ihm mit der einen Hand tätschelte, und mit der andern die Flasche vorhielt: »Thue stät, Männle! du verschüttest mir sonst das Tränkle.« Da, wie jener den Branntwein schmeckte, ließ er alsbald seinen Zorn, und er trank, und gesellte sich zu den beiden. – Wie sie nun so beisammen saßen, die drei Landsleute, in Ruhe und Eintracht, unter dem Galgen, erzählte der Spiegelschwab von seinen Wanderungen und seltsamen Abenteuern, was jene sehr belustigte. Dann, als er geendet, sprach er: »Ihr Andern könntet uns Andern wol auch von ähnlichen Streichen verzählen.« »Ja wol,« sagte der Frank; »aber wir sind nicht die Narren, daß wir's verzählen.« Und der Bayer sagte: »Komm nur zu uns ins Land und nach Weilheim, da kannst du der Streich' und Stück' fuderweise haben.« Also fätzten und trätzten sie einander, wie es eben unter guten Gesellen der Brauch ist. Und es war ein Geschwätz und Geträtsch unter den Dreien, daß selbst die Fakeln, die um sie herum wühlten, und die Daheln, die über ihren Häupten saßen, einander nicht mehr verstehen konnten. Zuletzt, nachdem sie sich ewige Freundschaft gelobt, nahmen sie von einander Abschied.

Allda mag Niemand Gebietiger sein,
's sei denn Schwab, Bayer oder Fränklein.

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