Ludwig Aurbacher
Ein Volksbüchlein
Ludwig Aurbacher

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57. Das Brauttänzlein.

Zwei arme, alte Leute, Mann und Weib, arbeiteten eines Tages in ihrem Aeckerlein, das an der Straße lag. Und sie spateten und hackten von früh Morgens bis Mittag in Einem fort; und wie es Mittag war, hatten sie wol viel Hunger, aber wenig Brod. Da sagte das Weib und seufzte: Ach Gott, was haben wir doch verschuldet, daß es uns so elend geht! Der Mann, der eines immer heitern Sinnes war, sagte: Es muß denn wol sein, daß wir unser Brauttänzlein zu machen vergessen haben. Was meinst, Annamarie, wenn wir es jetzt nachholten? Und er packte sogleich das Weib um die Mitte und drehte sie, und sie mußte selbst dazu lachen. Und weil es gar uneben auf dem Acker war, so gingen sie auf die Straße, und sie tanzten hier auf und ab und hin und her, bis sie endlich schwindlicht wurden und beide in den Straßengraben hinab fielen. Da lagen sie . . .; und der Mann lachte, und das Weib schimpfte über das tolle Brauttänzlein. Wie sie aber nun aufstanden, da bemerkte der Mann eine Geldkatze daneben liegen, und sie war auch voll von Geld. Da schrie der Mann: Juhei! als ob's auf der Hochzeit wäre. – Jedoch bald darauf kam ein Kaufherr des Wegs, und er fragte die Beiden, die nun wieder an der Arbeit waren, ob sie keine Geldkatze gefunden hätten. Der Mann war gleich beschlagen und sagte: O ja! damals, als wir das Brauttänzlein gemacht haben. Hierauf sagte der Mann: So lang ist's nicht her, daß ich sie verloren habe und ging weiter. – In dem, was folgt, weichen nun die Erzähler von einander ab. Einige sagen, die Geschichte habe sich in Ober-Ehrlingen zugetragen, und der arme Mann habe die Katze dem Kaufherrn zugestellt, wofür er denn auch ein schönes Geschenk zu seinem Brauttänzlein erhalten habe. Andere dagegen behaupten, es sei in Unter-Ehrlingen geschehen, und der Mann habe das Geld behalten, und die Katze obendrein. Und der günstige Leser mag nun glauben, was ihm das Beste zu sein dünkt.


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