Ludwig Aurbacher
Ein Volksbüchlein
Ludwig Aurbacher

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24. Die Kinderprozession.

Am dritten December 1800 Morgens haben die Bewohner in der Gegend von St. Wolfgang bei Hohenlinden nicht vermuthen können, daß es Mittags um ihre ruhigen Hütten herum so stürmisch hergehen werde zwischen den Kaiserlichen und den Franzosen und sie schickten daher, wie gewöhnlich, ihre Kinder in die Schule zum Klausner, welcher von ihren Einödhöfen zwei bis drei Stunden Wegs entfernt, im Walde wohnte. Und nach gehaltener Morgenschule saßen die Kinder Mittags ganz ruhig in der Stube, und vermehrten mit gutem Appetit ihr Mittagbrod, das sie von Hause mitgenommen hatten, und dachten an nichts. Da hörte man auf einmal in der Nähe Piff, Paff! und aus der Ferne Pumm, Pumm! Und der Klausner, der gleich vermuthete, was das bedeute, ging hinaus, und sah und hörte nun zu seinem Schrecken, daß das Treffen schon nahe sei, und daß die Kinder nicht mehr in ihre Heimat zurückkehren könnten. In der Angst seines Herzens faßte er einen Entschluß, der wol der beste war, den er in dieser bedrängten Lage fassen konnte. Er holte das Kruzifix aus dem Kirchlein, und stellte die Kinder Paar und Paar auf, und so zog er mit den Kleinen, das Zeichen des Friedens an der Spitze, über das Schlachtfeld, Panduren und Sanscülotten vorbei, und die wilden Menschen thaten den Kindlein nichts zu Leide und ließen sie fürder ziehen in Frieden. Und so kamen sie glücklich in St. Wolfgang an, wo die armen Waislein von den Einwohnern freundlich angenommen und verpflegt wurden, bis gegen Abend ihre Eltern kamen und sie heimführten. Und die Eltern vergaßen des Jammers, den sie hatten, daß ihre Hütten geplündert waren, ob der Freude, daß Keines von ihren Lieben verloren gegangen sei.


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