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Der Bürgermeister von Buchau auf dem Reichstag.

Wie bekannt, war die Stadt Buchau am Federsee ehemals eine freie Reichsstadt, wenn auch die kleinste im schwäbischen Kreis, da sie nicht mehr Einwohner zählte als heute ein gewöhnliches Dorf im Königreich Württemberg. Und da die Bürgermeister der freien Städte ebensogut als die zahlreichen weltlichen und geistlichen Fürsten des Reiches Sitz und Stimme im Reichstag hatten, so wollte auch Buchau nicht minder als Augsburg, Ulm oder Straßburg sein Recht und seine Ehre behaupten und im Rate des Reiches nicht fehlen. Bisher hatte es sich immer durch andere Städte dabei vertreten lassen. Als nun aber im Jahre 1529 der mächtige Kaiser Karl V. einen Reichstag nach Speier ausschrieb, da beschlossen die Buchauer, diesmal einen eigenen Vertreter ihres Gemeinwesens dorthin zu senden. Sie erwählten dazu ihren Bürgermeister, seines Zeichens ein Fischer. Er sollte auf Kosten der Stadt nach Speier reisen und sehen und hören, wie es da zuging und was da ausgemacht werde. Da nun der gute Mann seinen Mitbürgern die Auslagen ersparen wollte, machte er sich auf, nahm ein Säcklein mit Wegzehrung unter den Arm, den Stock in die Hand und wanderte zu Fuß den weiten Weg von Buchau am Federsee nach Speier am Rheinstrom. Daselbst zog er in seiner schlichten Weise als wandernder Reichsbote ein, während die Abgesandten der andern Reichsstädte hoch zu Roß mit prunkvollem Wesen ihren Einzug hielten. Und man wollte sich kranklachen über den braven Mann, der treuherzig an seine vornehmen Kollegen sich anschloß, indem er ja als Bürgermeister von Buchau so gut als jene vor Kaiser und Reich zu erscheinen berechtigt war. Ja, man nannte ihn in Speier nur den »Apostel«, weil er zu Fuß die weite Reise gemacht hatte.

Als nun die Fürsten des Reiches und der Kaiser so lange auf sich warten ließen und Wochen vergingen, bis die Reichstagversammlung vollzählig beisammen war, wurde dem Buchauer Bürgermeister die Zeit zu lang, da es mit seinem Beutel ohnehin knapp bestellt war. Er machte sich also eines schönen Tages unbemerkt davon und pilgerte die Straße, die er gekommen, wieder zurück. Müde und mit Staub bedeckt kam er glücklich wieder in seiner Vaterstadt an und hatte, weil es so warm war, die Strümpfe und Hosen ausgezogen und über die Schulter gehängt. Vom Reichstag hat er nichts gesehen, und es gelüstete ihn auch nicht mehr darnach.

(Aus der Zimmerschen Chronik von F. Hummel.)

Schlußvignette

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