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König Friedrich und sein Schimmel.

In Freudental ging es hoch her, als König Friedrich im erneuerten Schloß der Gräfin Würben (Grävenitz) in den heißen Monaten des Sommers alljährlich seit 1810 Aufenthalt nahm. Man kannte den sonst so ernsten Mann kaum mehr in der Gesellschaft seiner lustigen Räte und – traurigen Hofleute. Pahl sagt mit Bezug hierauf in seinen Denkwürdigkeiten: »Es ist schwer zu begreifen, wie der König, der unstreitig ein Mann von reicher Kenntnis und Weltbildung war und das Interesse einer geistreichen Konversation vollkommen fühlte und gern genoß, des steten Umgangs mit diesen Menschen nicht überdrüssig wurde, mit denen er in der Tat kein ernsthaftes Wort reden konnte. Zu einer Menge von Hofanekdoten, die man sich täglich erzählte, boten sie durch ihre Bubenstreiche den Stoff.«

Der Hofdichter Matthisson sieht den dortigen Aufenthalt des Königs freilich von einer anderen Seite an. Er singt:

O Freudental, gewähr ihm du
Mild, was dein Name spricht;
Dein Äther glänz' ihm Wonne zu
Und heitres Jugendlicht.

Und in der Tat war das Leben des Königs im Bannkreis des »Schönebergs«, wo er ein Jagdschloß besaß, innerlich nicht ein vergebliches, vielmehr zum Teil ein recht gesegnetes. Er lernte das Leben des hartschaffenden Landmannes kennen, und sein Herz ist manchmal aufgetaut, um in den Häusern der Armen Sonnenschein zu verbreiten.

Rührend war sein Verhältnis zu einem Reitpferde, das er um so lieber gewann, je älter es wurde. Es war für die Bedürfnisse des beleibten Herrn besonders abgerichtet und ließ sich augenblicklich auf die Kniee nieder, wenn er aufsteigen oder absteigen wollte. Das war seine Schimmelstute Helene. Als das Rößlein krank wurde, ließ der König sich tägliche Berichte über dessen Befinden erstatten. Es verdroß ihn, wenn er keine gute Auskunft erhielt, und er zeigte sich jedesmal empfindlich, so oft er etwas von einer Verschlimmerung im Zustand des kranken Tieres erfuhr. Als ein vermeintlich sicheres Mittel zur Bekämpfung der Krankheit desselben eben gar nicht anschlug, rief er entrüstet dem Berichterstatter zu: »Weh' dem, der mir die Nachricht von ihrem Tod bringt!« Diese Ahnung erfüllte sich nur zu bald; aber wer wollte dem Könige davon Mitteilung machen? Einer seiner Lieblingsdiener (im Volksmund der Hofnarr, den es aber damals in Württemberg nimmer gab) übernahm es, Seine Majestät von dem schmerzlichen Ereignis in Kenntnis zu setzen. »Majestät,« sagte er, »d' Helene liegt ebe grad so da..., se regt se net.« – »Sie ist eben noch schwach!« – »Majestät, se guckt oin nimme a'.« – »Ist freilich schwer krank.« – »Majestät, ich glaub', sie sieht nichts mehr.« – »Was?« – »Und hört nichts mehr.« – »Was? was?« – »Ma' hört koin Schnaufer...« – »Wa–s?« – »D' Füeß streckt se grad naus.« – »Dann ist sie hin!« donnerte der König. Ganz gelassen erwiderte der unglückliche Bote: »Majestät, ich hab's net gsagt, aber es sei so wie gewiß.« Der König war sprachlos, wandte sich um und ließ den Mann stehen; das Wetter war gnädig vorübergegangen.

Das tote Rößlein ward feierlich beigesetzt im Freudentaler Wald. Es erhielt bald einen Grabstein mit der Inschrift:

 

Helene
Schimmelstute
geboren auf dem Dobel 1785
geritten
von dem Herzog Friedrich Eugen
und
von dem König Friedrich
gestorben den 20. Mai 1812
alt 27 Jahre.

 

Ein Schelm schrieb später auf den Stein:

O Schimmel,
Kommst net in Himmel!
's wird a' Frag' sei',
Kommt dei' Herr drei'.

Der Grabstein ist jetzt in Löchgau zu sehen und befindet sich an der Hofeinfahrt des Maurermeisters Ludwig Bothner.

(A. Holder.)

Schlußvignette

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